Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. November 2006
Aktenzeichen: 32 W (pat) 226/04
(BPatG: Beschluss v. 29.11.2006, Az.: 32 W (pat) 226/04)
Tenor
I. Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
II. Die Beschwerde der Widersprechenden zu 2) bezüglich des Widerspruchs aus der Marke 397 28 761 ist derzeit gegenstandslos.
Gründe
I.
Die Wortmarke EUROSTAR ist für die Waren
"Backmischungen, Backwaren, feine Backwaren, Brot, Kuchen, Konditorwaren, Backgrundstoffe, Mehl- und Getreidepräparate"
unter der Nummer 300 56 983 im Markenregister eingetragen.
Hiergegen ist Widerspruch erhoben worden 1. aus der am 31. März 1998 eingetragenen, der Widersprechenden zu 1) gehörenden Bildmarke 397 41 585 EUROSPAR, die für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen, darunter auch für die Waren
"Brot, feine Back- und Konditorwaren; Mehle und Getreidepräparate (ausgenommen Futtermittel), insbesondere Frühstückszerealien; Hefe, Backpulver, Gewürzmischungen"
eingetragen ist, und 2. aus der für die Widersprechenden zu 2) ac, am 29. Juni 2001 u. a. für
"Restaurant- oder Bar-Cafe-Dienstleistungen"
eingetragenen Wortmarke 397 28 761 EUROSTAR.
Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 16. September 2004 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 397 41 585 - EUROSPAR die vollständige Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 397 28 761 - EUROSTAR, der lediglich auf die "Restaurant- oder Bar-Cafe-Dienstleistungen" gestützt war, hat die Markenstelle die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die Waren "Backwaren, feine Backwaren, Brot, Kuchen, Konditorwaren" angeordnet und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen.
Zum Widerspruch aus der Marke 397 41 585 - EUROSPAR hat die Markenstelle ausgeführt, dass zwischen den Waren der jüngeren Marke und den für die Widerspruchsmarke u. a. eingetragenen Waren "Brot, feine Back- und Konditorwaren; Mehle und Getreidepräparate" teilweise Identität und im Übrigen eine hochgradige Ähnlichkeit bestehe. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin komme der Widerspruchsmarke eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Aber selbst wenn man eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zugrundelege, könne die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung nicht verneint werden. Die sich gegenüberstehenden Markenwörter unterschieden sich bei insgesamt acht Buchstaben in nur einem Laut. Die in der Wortmitte befindliche Abweichung zwischen den Buchstaben "P" und "T" reiche nicht aus, um die Gefahr klanglicher Verwechslungen entscheidend zu reduzieren. Dass der den Vergleichsmarken gemeinsame Bestandteil "EURO" häufig im Markenregister eingetragen sei, mindere die Gefahr von Verwechslungen nicht. Aufgrund der klanglichen Nähe der weiteren Bestandteile "SPAR" und "STAR" sei auch bei einer Verlagerung der Aufmerksamkeit des Verkehrs auf diese Markenelemente mit unmittelbaren klanglichen Verwechslungen zu rechnen. Im Übrigen dürften auch kennzeichnungsschwache oder schutzunfähige Bestandteile bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht außer Acht gelassen werden, da auch sie den Gesamteindruck einer Marke mitprägten. Die Unterschiede im Sinngehalt der Vergleichsmarken seien nicht geeignet, die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen, da das Publikum diese aufgrund der klanglichen Ähnlichkeit der Marken nicht wahrnehme.
Aufgrund des auf die "Restaurant- oder Bar-Cafe-Dienstleistungen" gestützten Widerspruchs aus der Marke 397 28 761 - EUROSTAR sei die angegriffene Marke in Bezug auf die Waren "Backwaren, feine Backwaren, Brot, Kuchen, Konditorwaren" zu löschen, weil diese mit den "Restaurant- oder Bar-Cafe-Dienstleistungen" ähnlich und die Vergleichsmarken identisch seien. Dagegen könnten die weiteren Waren der angegriffenen Marke "Backmischungen, Backgrundstoffe, Mehl- und Getreidepräparate" nicht als mit den "Restaurant- oder Bar-Cafe-Dienstleistungen" ähnlich angesehen werden, so dass trotz identischer Vergleichsmarken insoweit die Gefahr von Verwechslungen nicht zu befürchten sei.
Gegen diese Beurteilung richten sich die Beschwerden der Inhaberin der angegriffenen Marke und der Widersprechenden aus der Marke 397 28 761 - EUROSTAR.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 vom 16. September 2004 aufzuheben, soweit darin aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 397 41 585 die vollständige Löschung und aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 397 28 761 die teilweise Löschung der Marke 300 56 983 für die Waren "Backwaren, feine Backwaren, Brot, Kuchen, Konditorwaren" angeordnet worden ist und die Widersprüche aus den Marken 397 41 585 und 397 28 761 (in vollem Umfang) zurückzuweisen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat ihre Beschwerde nicht begründet. Im Widerspruchsverfahren vor der Markenstelle hat sie geltend gemacht, dass der aus den schutzunfähigen Bestandteilen "EURO" und "SPAR" bestehenden Widerspruchsmarke 397 41 585 allenfalls aufgrund der Zusammenfügung ein Minimum an Kennzeichnungskraft zukomme. Aufgrund des Unterschieds in den Bestandteilen "STAR" und "SPAR" sei eine Verwechslungsgefahr sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher sowie in begrifflicher Hinsicht ausgeschlossen. In Bezug auf die Marke 397 28 761 - EUROSTAR sei eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen, da zwischen den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke, auf die der Widerspruch gestützt sei, und den Waren der jüngeren Marke eine Ähnlichkeit weder der Art nach noch aufgrund einer gemeinsamen betrieblichen Herkunft bestehe.
Die Widersprechende aus der Marke 397 41 585 - EUROSPAR beantragt, die Beschwerde der Markeninhaberin zurückzuweisen.
In der Sache hat sich die Widersprechende aus der Marke 397 41 585 - EUROSPAR im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Die Widersprechenden aus der Marke 397 28 761 - EUROSTAR beantragen (sinngemäß), den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit der Widerspruch aus der Marke 397 28 761 - EUROSTAR zurückgewiesen wurde, und die Löschung der Marke 300 56 983 auch in Bezug auf die Waren "Backmischungen, Backgrundstoffe, Mehl- und Getreidepräparate" anzuordnen.
Die Widersprechenden aus der Marke 397 28 761 - EUROSTAR hatten gegen den ihnen am 30. September 2004 zugestellten Beschluss der Markenstelle vom 16. September 2004 unter dem 28. Oktober 2004 zunächst Erinnerung beim Deutschen Patent- und Markenamt eingelegt. Nach Zustellung der Beschwerde der Markeninhaberin am 5. Januar 2005 haben die Widersprechenden zu 2) mit Schriftsatz vom 28. Januar 2005 sodann ebenfalls Beschwerde gegen den Beschluss der Markenstelle eingelegt. Sie haben die Beschwerde an das Bundespatentgericht adressiert, wo sie am 28. Januar 2005 eingegangen ist. Sie sind der Auffassung, dass die Markenstelle die angegriffene Marke zu Unrecht nicht auch für die Waren "Backmischungen, Backgrundstoffe, Mehl- und Getreidepräparate" gelöscht habe. Auch diese Waren wiesen eine Vielzahl von Berührungspunkten mit den für die Widerspruchsmarke eingetragenen "Restaurant- oder Bar-Cafe-Dienstleistungen" auf, da Restaurationsbetriebe zunehmend selbst die von ihnen sonst in ihren Räumen zum Verzehr angebotenen Speisen sowie die Zutaten dazu zum Mitnehmen anböten. Ebenso verkauften Bäckereien neben fertigen Backwaren auch Mehlmischungen, Teige und Tortenböden. Die Widersprechenden zu 2) haben hierzu eine entsprechende Internetrecherche vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde der Markeninhaberin ist, da sie vor dem 31. Dezember 2004 eingelegt wurde, ohne vorherige Erinnerung statthaft und auch sonst zulässig (§ 66, § 165 Abs. 4 a. F. MarkenG). Sie ist jedoch in der Sache unbegründet.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von den Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr. 22) - Sabèl/Puma; GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) - Marca/Adidas; GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 18 f.) - PICASSO; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN; GRUR 2002, 626, 627 - IMS; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May; GRUR 2006, 859, 860 - Malteserkreuz).
a) Nach diesen Grundsätzen hat die Markenstelle zu Recht angenommen, dass zwischen der angegriffenen Marke "EUROSTAR" und der Widerspruchsmarke 397 41 585 - EUROSPAR unmittelbare Verwechslungsgefahr besteht (§ 43 Abs. 2 Satz 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).
Die Markenstelle ist zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen den Waren der Vergleichsmarken nach der hier maßgeblichen Registerlage teilweise Identität und im Übrigen eine hochgradige Ähnlichkeit besteht. So sind beide Marken für "feine Backwaren, Brot, Konditorwaren sowie Mehl- und Getreidepräparate" eingetragen. Die für die jüngere Marke eingetragenen "Backwaren" können sich mit den für die Widerspruchsmarke eingetragenen "feinen Backwaren" teilweise überschneiden und daher mit diesen identisch sein. Ebenso kann es zwischen "Kuchen" (eingetragen für die jüngere Marke) und den "feinen Backwaren" der Widerspruchsmarke zu Überschneidungen kommen (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 13. Aufl. 2005, S. 168, linke Spalte, Stichwort "Kuchen"). "Backmischungen" sind mit "Backwaren" als deutlich ähnlich anzusehen (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 21, mittlere und rechte Spalte, Stichwort "Backmischungen"). Die von der jüngeren Marke beanspruchten "Backgrundstoffe" umfassen als Oberbegriff die für die Widerspruchsmarke u. a. eingetragenen Waren "Hefe, Backpulver, Gewürzmischungen", so dass auch insoweit von Warenidentität auszugehen ist (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 21, mittlere Spalte, Stichwort "Backhilfsmittel").
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist von der Markenstelle mit Recht als durchschnittlich eingestuft worden. Die gegen die Annahme einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft vorgetragenen Argumente der Markeninhaberin greifen nicht durch. Insbesondere führt der von ihr zitierte Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 1978 (BlPMZ 1978, 326) zu keiner anderen Beurteilung. Dort hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein gegen eine Wort-Bildmarke mit dem Wortbestandteil "STAR" gerichteter Widerspruch, der allein auf den Wortbestandteil "SPAR" in einem Wort-Bildzeichen gestützt sei, keinen Erfolg haben könne, weil dieses Wort wegen mangelnder Unterscheidungskraft und als freizuhaltende beschreibende Angabe selbständig nicht schutzfähig sei und der Widerspruchsmarke somit nur ein geringer Schutzumfang zukomme. Dieser Sachverhalt ist mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar, da vorliegend - worauf auch schon die Markenstelle zutreffend hingewiesen hat - das Markenwort "EUROSPAR" zu beurteilen ist. Im Hinblick auf die Mehrdeutigkeit des Bestandteils "EURO" als Währungsbezeichnung und als Kurzwort für "europäisch" kann der Kombination "EUROSPAR" die Schutzfähigkeit nicht abgesprochen werden. Die Markenstelle ist daher zutreffend von einer noch durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke 397 41 585 ausgegangen.
Bei dieser Ausgangslage hat die angegriffene Marke einen deutlichen Abstand zu der Widerspruchsmarke einzuhalten. Diesen Anforderungen wird sie weder in klanglicher noch in schriftbildlicher Hinsicht gerecht. Die Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Marken ist nach ständiger Rechtsprechung anhand des jeweiligen Gesamteindrucks zu beurteilen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdn. 111 m. w. Nachweisen). Dabei dürfen schutzunfähige oder kennzeichnungsschwache Elemente bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr nicht von Vorneherein unberücksichtigt bleiben. Sie können vielmehr im Zusammenhang mit weiteren Ähnlichkeiten beider Marken als zusätzlicher Grund für die Bejahung der Verwechslungsgefahr Bedeutung erlangen, zumal der Verkehr erfahrungsgemäß eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 214; BGH GRUR 2004, 783, 785 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). Bei der Widerspruchsmarke "EUROSPAR" handelt es sich um eine Bildmarke, deren graphische Ausgestaltung sich aber nur auf eine bestimmte Schriftart beschränkt. Dementsprechend stehen sich hier die Markenwörter "EUROSTAR" und "EUROSPAR" gegenüber. Die Markenwörter stimmen in der Länge, der Silbengliederung sowie der Vokalfolge und damit in den wesentlichen Vergleichsmerkmalen überein (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 130). Die einzige Abweichung in den Buchstaben "T" und "P" befindet sich im Wortinnern und hat keinen entscheidenden Einfluss auf das Klang- und Schriftbild der Vergleichsmarken. Angesichts der hochgradigen klanglichen und bildlichen Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken kann ein möglicher Unterschied im Sinngehalt der beiden Marken die Verwechslungsgefahr nicht ausschließen, zumal davon auszugehen ist, dass der Sinngehalt der Vergleichsmarken vom Verkehr nicht sofort erfasst wird und ihm auch nicht ohne weiteres Nachdenken geläufig ist (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 155, 152).
Die Markenstelle hat die Löschung der angegriffenen Marke auf Grund des Widerspruchs aus der Marke 397 41 585 - EUROSPAR nach alledem zu Recht angeordnet.
b) Ebenso hat die Markenstelle zu Recht die teilweise Löschung der angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 397 28 761 -- EUROSTAR angeordnet (§ 43 Abs. 2 Satz 1 , § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Die Markenstelle ist zutreffend davon ausgegangen, dass die von der jüngeren Marke beanspruchten Waren "Backwaren, feine Backwaren, Brot, Kuchen, Konditorwaren" mit den "Restaurant- oder Bar-Cafe-Dienstleistungen" der Widerspruchsmarke als ähnlich anzusehen sind. Beim Vergleich der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen ist von dem im Register eingetragenen Verzeichnis auszugehen. Dabei kommt der Klasseneinteilung allerdings keine unmittelbare Bedeutung in dem Sinn zu, dass alle Waren oder Dienstleistungen derselben Klasse ähnlich und Waren und Dienstleistungen verschiedener Klassen stets unähnlich sind (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 56 f.). Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen ist vielmehr maßgeblich, ob bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck aufkommen kann, Ware und Dienstleistung unterlägen der Kontrolle desselben Unternehmens, sei es, dass das Dienstleistungsunternehmen sich selbständig auch mit der Herstellung oder dem Vertrieb der Ware befasst, sei es, dass der Warenhersteller oder -vertreiber sich auch auf dem entsprechenden Dienstleistungsbereich selbständig gewerblich betätigt (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 83). Die Umstände der tatsächlichen Markenbenutzung, wie beispielsweise das Argument, die Vergleichsmarken würden auf unterschiedlichen Märkten eingesetzt, sind in diesem Zusammenhang unerheblich (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 71). Daher ist hier entgegen der von der Markeninhaberin im Verfahren vor der Markenstelle vorgetragenen Auffassung nicht von Vorneherein von einer Verschiedenartigkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen auszugehen, weil die Widerspruchsmarke anders als die angegriffene Marke nicht für Waren der Klasse 30 eingetragen ist. Ebenso wenig ist entscheidend, dass die Widersprechenden in erster Linie als Transportdienstleister tätig sind, während es sich bei der Markeninhaberin um eine Großbäckerei handelt. Dies hat die Markenstelle überzeugend dargelegt. Bäckereien und vor allem Konditoreien beschränken sich regelmäßig nicht auf den bloßen Verkauf ihrer Waren, sondern betreiben häufig auch Cafes, in denen sie die Gäste außer mit von ihnen hergestellten Waren auch mit Waren, die sie von anderen Unternehmen beziehen, verpflegen. So werden in von Konditoreien betriebenen Cafes oft auch kleine Mahlzeiten, wie Suppen, Salate oder Würstchen angeboten, also keine typischen Back- oder Konditorwaren, die die Betreiber dieser Cafes wie jeder andere Restaurationsbetrieb von entsprechenden Anbietern beziehen. Somit kann die Verpflegung von Gästen in diesen Fällen auch nicht als lediglich unselbständige Nebenleistung angesehen werden kann. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Trend zurückgehe - wie die Markeninhaberin geltend macht - kann der Senat ebenso wenig wie die Markenstelle erkennen. Die Beurteilung der in den "Restaurant- oder Bar-Cafe-Dienstleistungen" der Widerspruchsmarke enthaltenen Dienstleistung "Verpflegung von Gästen" als ähnlich mit Lebens- und Genussmitteln, die bereits in den Herstellungsbetrieben zum unmittelbaren Verzehr angeboten werden, entspricht auch ständiger Rechtsprechung (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 374, Stichwort "Verpflegung von Gästen"; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 84). Bei dieser Ausgangslage ist angesichts der Identität der sich gegenüberstehenden Marken die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen unabhängig davon zu bejahen, ob man der Widerspruchsmarke nur eine durchschnittliche oder die von den Widersprechenden zu 2) aufgrund der intensiven Benutzung und der Bekanntheit des Hochgeschwindigkeitszuges "EUROSTAR" beanspruchte erhöhte Kennzeichnungskraft beimisst. Letzteres dürfte jedenfalls bei den hier in Rede stehenden "Restaurant- oder Bar-Cafe-Dienstleistungen" eher zweifelhaft sein.
2. Da der Widerspruch aus der Marke 397 41 585 Erfolg hat, ist die Beschwerde der Widersprechenden zu 2) im Hinblick auf den Widerspruch aus der Marke 397 28 761 derzeit (d. h. vorbehaltlich einer Eintragungsbewilligungsklage) gegenstandslos. Zwar ist die Beschwerde auch unzulässig, da sie entgegen § 66 Abs. 2 MarkenG nicht beim Deutschen Patent- und Markenamt, sondern unmittelbar beim Bundespatentgericht eingelegt wurde. § 165 Abs. 5 Nr. 2 MarkenG a. F. sieht für die Einlegung der Beschwerde in der dort erfassten Fallkonstellation keine vom Grundsatz des § 66 Abs. 2 MarkenG abweichende Regelung vor. Angesichts der derzeitigen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde der Widersprechenden zu 2) kommt es auf die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde derzeit jedoch nicht an.
3. Es besteht kein Anlass, einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
BPatG:
Beschluss v. 29.11.2006
Az: 32 W (pat) 226/04
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