Bundesgerichtshof:
Urteil vom 29. Januar 2001
Aktenzeichen: II ZR 368/98
(BGH: Urteil v. 29.01.2001, Az.: II ZR 368/98)
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 27. November 1998 aufgehoben.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 26. Februar 1997 wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Kläger, Kleinaktionäre der Beklagten, wenden sich mit ihrer Anfechtungsklage gegen einen Beschluß der Hauptversammlung vom 10. Juli 1996 (TOP 5), mit dem die Umwandlung der Beklagten in eine GmbH beschlossen worden ist. Sie haben gegen den Beschluß Widerspruch zu notariellem Protokoll erklärt. Sie rügen, der Umwandlungsbericht sei mangelhaft, weil er keine nachvollziehbaren und plausiblen Ausführungen zur Ermittlung der zu gewährenden Barabfindung enthalte. Ferner habe die Beklagte den von ihr dazu eingeholten Prüfungsbericht den Aktionären weder vor noch in der Hauptversammlung zugänglich gemacht und die Auskunft über Fragen zu diesem Bericht grundlos verweigert.
Die Beklagte hat ausgeführt, aus dem Gesetz ergebe sich nicht, daß die Höhe der Barabfindung im Umwandlungsbericht zu erläutern sei. Darüber hinaus vertritt sie die Ansicht, eine Anfechtungsklage könne im Hinblick auf die Regelung des § 210 UmwG nicht auf die von den Klägern angeführten Gründe gestützt werden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Die Beklagte verfolgt mit der Revision ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Gründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
I. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, daß auch bei der Umwandlung einer AG in eine GmbH in dem von dem Vorstand zu erstattenden Umwandlungsbericht die Barabfindung, die nach § 207 UmwG den Aktionären angeboten werden muß, die gegen den Umwandlungsbeschluß Widerspruch zur Niederschrift erklärt haben, rechtlich und wirtschaftlich zu erläutern und zu begründen ist (s. Sen.Urt. v. 18. Dezember 2000 -II ZR 1/99 in Übereinstimmung mit der herrsch. Meinung im Schrifttum; Lutter/Decher, UmwR 2. Aufl. § 192 Rdn. 32; Kallmeyer/Meister/Klöcker, UmwG § 192 Rdn. 9; Widmann/Mayer, UmwR § 192 Rdn. 44; Dehmer, UmwG/UmwStG 2. Aufl. § 192 Rdn. 14). Dem Berufungsgericht kann jedoch nicht gefolgt werden, soweit es annimmt, daß eine Verletzung der Erläuterungs- und Begründungspflicht zum Barabfindungsangebot zur Anfechtung des Umwandlungsbeschlusses berechtigt. Eine solche ist vielmehr, wie der Senat bereits in seiner Grundsatzentscheidung vom 18. Dezember 2000 (II ZR 1/99) ausgeführt hat, gemäß §§ 210, 212 UmwG ausgeschlossen.
§ 210 UmwG schließt Klagen gegen die Wirksamkeit eines Umwandlungsbeschlusses aus, die darauf gestützt werden, daß das Barabfindungsangebot zu niedrig bemessen oder die Barabfindung im Umwandlungsbeschluß nicht oder nicht ordnungsgemäß angeboten worden ist. § 212 UmwG sieht für diese Fälle vor, daß die angemessene Barabfindung auf Antrag des gemäß § 207 UmwG antragsberechtigten Anteilsinhabers durch das Gericht im Spruchverfahren gemäß §§ 305 ff. UmwG zu bestimmen ist. Nach Sinn und Zweck dieser Vorschriften gilt der Klageausschluß - verbunden mit der entsprechenden Verweisung in das Spruchverfahren -auch insoweit, als die von der Strukturmaßnahme betroffenen Minderheitsaktionäre die Verletzung von Informationsrechten im Zusammenhang mit der gemäß § 207 UmwG anzubietenden Barabfindung geltend machen.
1. Die §§ 210, 212 UmwG verfolgen das Ziel, zu einem angemessenen Ausgleich der Interessen der Gesellschaft und der ihr weiter angehörenden Gesellschafter einerseits und der aus Anlaß der Umwandlung ausscheidenden Gesellschafter andererseits beizutragen. Im Hinblick auf das berechtigte Unternehmensinteresse an einer zügigen Durchführung der beschlossenen Strukturmaßnahme beschränkt § 210 UmwG den Umfang der Eintragungssperre, die § 198 Abs. 3 in Verbindung mit § 16 Abs. 2 und 3 UmwG bei Erhebung einer Anfechtungsklage anordnet und die zu erheblichen finanziellen Schäden bei der Gesellschaft führen kann. Den schutzwürdigen Belangen der freiwillig ausscheidenden Anteilsinhaber wird gemäß § 212 UmwG dadurch Rechnung getragen, daß die Höhe der ihnen nach § 207 UmwG zustehenden Abfindung im gerichtlichen Spruchverfahren gemäß §§ 305 ff. UmwG überprüft und festgesetzt wird; dadurch ist sichergestellt, daß sie für die aufgegebene Beteiligung einen vollen Wertausgleich erlangen.
a) Das wirklich oder nur angeblich zu niedrige Angebot (§ 210 Variante 1 UmwG) berechtigt nicht zur Anfechtungsklage. Demgegenüber dienen Rügen, die abfindungswertbezogene Informationsmängel -wie fehlende Angaben zur Berechnung der Höhe der Abfindung, die mangelnde Plausibilität der Begründung zur Angebotshöhe oder die Unrichtigkeit der zugrundeliegenden Berechnungen - beanstanden, fast ausschließlich dem Ziel, die "Hauptrüge", das Angebot sei zu niedrig, zu begründen. Insofern könnten derartige abfindungswertbezogene Rügen schon deshalb als unzulässig anzusehen sein, weil sie den Gesetzeszweck, die Durchführung der im Unternehmensinteresse liegenden Umwandlung nicht durch einen bloßen Streit über die Höhe der Abfindung zu blockieren, unterlaufen würden. Allerdings griffe eine solche Argumentation zu kurz, weil die Information über die Abfindung auch dem weitergehenden Ziel dient, dem noch unentschiedenen Gesellschafter die Beurteilung zu ermöglichen, ob der angebotene bzw. vereinbarte Ausgleichsanspruch angemessen ist und der Strukturmaßnahme unter diesem Gesichtspunkt ohne Bedenken zugestimmt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 18. Dezember 1989 -II ZR 254/88, WM 1990, 140, 142 - zu § 352 c AktG a.F.; BGHZ 122, 211, 238 - zu § 304 AktG; Urt. v. 19. Juni 1995 -II ZR 58/94, ZIP 1995, 1256, 1258 - zu § 305 Abs. 5 AktG). Allein aus dem zu niedrigen Angebot ließe sich daher der vollständige Anfechtungsausschluß für die Rüge abfindungswertbezogener Informationsmängel nicht herleiten. Er ergibt sich jedoch aus dem Zusammenhang mit den Regelungen über das fehlende und das nicht ordnungsgemäße Angebot, die weitergehend auch Fälle der Beeinträchtigung aktionärsrechtlicher Informationsrechte betreffen.
b) Das Fehlen des Barabfindungsangebots im Umwandlungsbeschluß bewirkt das am weitesten gehende Defizit an Information des Anteilsinhabers über die ihm nach § 207 UmwG geschuldete Abfindung. Der für diesen Fall angeordnete Anfechtungsausschluß steht daher in einem Spannungsverhältnis zu den Bestrebungen des Reformgesetzgebers, den Interessen der von der formwechselnden Umwandlung betroffenen Anteilsinhaber an einer hinreichend ausführlichen Vorabinformation auch hinsichtlich der zu gewährenden Barabfindung durch Formalisierung grundlegender Information in einer Reihe von Vorschriften Rechnung zu tragen: So muß der schriftliche Umwandlungsbericht nach § 192 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit §§ 193, 194 Abs. 1 Nr. 6 UmwG ein Abfindungsgebot nach § 207 UmwG enthalten, das -wie bereits ausgeführt - rechtlich und wirtschaftlich zu erläutern und zu begründen ist; gemäß § 238 in Verbindung mit § 231 UmwG hat die formwechselnde Kapitalgesellschaft anläßlich der Vorbereitung der Hauptversammlung den Anteilsinhabern das Barabfindungsangebot nach § 207 UmwG zu übersenden oder im Bundesanzeiger und den sonst bestimmten Gesellschaftsblättern bekannt zu machen; die formwechselnde AG hat den Umwandlungsbericht in ihren Geschäftsräumen zur Einsicht der Aktionäre auszulegen und ihnen auf Verlangen in Abschrift zu übersenden (§ 238 in Verbindung mit § 230 Abs. 2 UmwG); weiterhin hat nach §§ 208, 30 Abs. 2 UmwG eine Prüfung der Barabfindung durch Umwandlungsprüfer zu erfolgen; schließlich schreibt § 239 UmwG die Auslegung des Umwandlungsberichts und eine mündliche Erläuterung des Entwurfs des Umwandlungsbeschlusses in der Hauptversammlung durch das Vertretungsorgan vor. Gleichwohl hat der Gesetzgeber in §§ 210, 212 Satz 2 UmwG auch für das fehlende und das nicht ordnungsgemäße Abfindungsangebot -in bewußter Abkehr von den früheren Regelungen der §§ 375 Abs. 2 Satz 2 und 3 AktG a.F., 13 UmwG 1969, die in diesen Fällen eine Subsidiarität des Spruchstellenverfahrens gegenüber der Anfechtungsklage vorsahen -den Ausschluß der Anfechtungsklage angeordnet; er verlagert die ausschließliche Entscheidung über das Angebot in das Spruchverfahren. Im Falle des fehlenden Barabfindungsangebots sind sämtliche vorstehend erwähnten, durch das Umwandlungsgesetz eingeräumten Informationsrechte der Anteilsinhaber tangiert: So gibt es mangels Darstellung des Angebotes keine Herleitung und Erläuterung dazu im Umwandlungsbericht, keine Barabfindungsprüfung und keine der verschiedenen Mitteilungen aus Anlaß der Vorbereitung der Hauptversammlung. Dieses durch das fehlende Barabfindungsangebot verursachte Ausbleiben der vorgesehenen Vorabinformation des Anteilsinhabers unterfällt ebenso dem Anfechtungsausschluß wie die daraus resultierenden sachlichen Informationsdefizite, die im Zusammenhang mit Berichten des Vertretungsorgans der Gesellschaft auftreten. Denn es ist nicht ersichtlich, welche essentiellen mündlichen Erläuterungen des Entwurfs des Umwandlungsbeschlusses der Vorstand nach § 239 Abs. 2 UmwG zu einem fehlenden Abfindungsangebot geben könnte. Der Bericht -und dasselbe muß, da die Informationspflicht als Gesamtheit zu sehen ist, auch für Auskünfte gemäß § 131 AktG gelten - könnte allenfalls (wahrheitsgemäß) ausführen, man habe das Angebot schlicht vergessen oder bewußt unterlassen, um Anfechtungsklagen, die auf die unvollständige Begründung eines solchen Angebots gestützt werden, den Boden zu entziehen; man wolle sich mit etwa ausscheidenden Anteilseignern darüber erst im Beschlußverfahren auseinandersetzen. Danach ist in diesem Fall das gesamte die Barabfindung betreffende Verfahren -ohne daß eine Anfechtung unter dem Blickwinkel einer Verletzung der Berichts-und Erläuterungspflicht des Vorstandes in Betracht käme -von Gesetzes wegen in das Spruchverfahren verwiesen. Soweit in der Kommentarliteratur (vgl. Lutter/Decher, UmwG 2. Aufl. § 210 Rdn. 3 unter Hinweis auf Lutter/Grunewald aaO, § 32 Rdn. 3, 4) die Ansicht vertreten wird, bei einem fehlenden Angebot könne der Registerrichter die Eintragung der Umwandlung ablehnen, steht das nicht in Einklang mit den §§ 210, 212 UmwG; denn dadurch würde der Vollzug der Umwandlung blockiert. Das soll gerade durch den Ausschluß der Anfechtungsklage in § 210 UmwG verhindert werden.
c) Der verbleibende Bereich zwischen dem zu niedrigen und dem fehlenden Angebot wird durch das ebenfalls dem Klageausschluß unterliegende nicht ordnungsgemäße Angebot ausgefüllt. Es ist -entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht (Lutter/Grunewald aaO, § 32 Rdn. 4; Kallmeyer/Marsch-Barner, UmwG § 32 Rdn. 2) -nicht nur bei unklarer, widersprüchlicher oder unverständlicher Formulierung gegeben, sondern es erfaßt darüber hinaus sämtliche Verstöße -einzeln oder kombiniert -gegen die bereits vorstehend unter 1 b erwähnten, durch das Umwandlungsgesetz 1994 zugunsten der Anteilsinhaber angeordneten Informations-bzw. Mitteilungspflichten der Gesellschaft zu dem Barabfindungsangebot (vgl. § 192 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. §§ 193, 194 Abs. 1 Nr. 6 UmwG; § 238 i.V.m. §§ 230, 231 UmwG; § 239 sowie §§ 208, 30 UmwG; vgl. insoweit auch zum alten Umwandlungsrecht § 375 Abs. 2 Satz 2 und 3 i.V.m. § 369 Abs. 4 AktG a.F.). Bei Informationsrechtsverstößen dieser Art ist die Barabfindung im Umwandlungsbeschluß sowohl im Wort-als auch im Rechtssinne "nicht ordnungsgemäß" angeboten worden.
d) Die solchermaßen gesetzlich vorgesehene Einbeziehung von Informationsmängeln über die Höhe der angemessenen Abfindung in den Ausschluß des Anfechtungsrechts wegen eines zu niedrig bemessenen, nicht ordnungsgemäßen oder gar fehlenden Angebots der Abfindung (§ 210 UmwG) führt allerdings dazu, daß die Gesellschaft Auseinandersetzungen über die Höhe der Abfindung durch Unterlassen von Angaben, die zu ihrer Berechnung erforderlich sind, ganz oder teilweise in das Spruchstellenverfahren verlagern kann. Damit wird zwar sowohl den zum Ausscheiden entschlossenen als auch den noch unentschlossenen Anteilseignern zugemutet, über die Umwandlung zu befinden, ohne konkret zu wissen, wie hoch die ihnen bei ihrem Ausscheiden zustehende Abfindung wäre. Diese Rechtsfolge ist indessen aufgrund der teilweise vorgenommenen Neugestaltung des Verhältnisses zwischen Anfechtungsklage und Spruchverfahren hinzunehmen. Wenn die Anteilsinhaber diesen Unsicherheitsfaktor nicht in Kauf nehmen wollen, steht es ihnen frei, die Umwandlung insgesamt abzulehnen. Im übrigen besteht die Ungewißheit praktisch ohnehin fast ausnahmslos, weil die Höhe der Abfindung erst Jahre später -nach Abschluß eines langwierigen Spruchverfahrens -feststeht. Wie die bisherige Erfahrung mit Anfechtungsklagen bei anderen Strukturmaßnahmen gezeigt hat, ist der durch Anfechtung erzielbare Informationsgewinn mit Blick auf die Frage der Durchführung des Spruchverfahrens eher gering. Von daher bedeutet der Verzicht des Gesetzgebers in den §§ 210, 212 UmwG auf die frühere Zweigleisigkeit gerichtlicher Verfahren für die Barabfindung bei der formwechselnden Umwandlung zugleich eine Straffung und Beschleunigung des Umwandlungsvorganges, die auch dem wohlverstandenen Interesse der Minderheitsaktionäre, die aus der Gesellschaft ausscheiden wollen, an einem gezielten und effektiven Rechtsschutz entspricht (vgl. bereits Hommelhoff, ZGR 1993, 452, 471). Eine bleibende rechtliche Beeinträchtigung dieses Gesellschafterkreises ist in keinem Falle zu befürchten. Der Anspruch auf die volle, dem Wert der aufgegebenen Beteiligung entsprechende Abfindung ist durch das von Amts wegen zu führende, zugunsten aller, nicht nur der Beteiligten wirkende streitige Spruchverfahren gemäß §§ 305 ff. UmwG sichergestellt. Auch Kostennachteile muß der ausscheidende Gesellschafter nicht befürchten, weil gerade in den von §§ 210, 212 UmwG erfaßten Fällen des zu niedrigen, nicht ordnungsgemäßen oder gar fehlenden Barabfindungsangebots eine Abweichung von der Grundregel des § 312 Abs. 4 Satz 1 UmwG, wonach der Rechtsträger neuer Rechtsform die Gerichtskosten des Spruchverfahrens zu tragen hat, nicht veranlaßt ist. Entsprechendes gilt gemäß § 13 a Abs. 1 FGG für die nach Billigkeit von der Gesellschaft zu übernehmenden außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
2.
Gegen eine Erstreckung des Anfechtungsausschlusses nach § 210 UmwG auf Verletzungen des Informationsrechtes über die Angemessenheit des Barabfindungsangebotes läßt sich nicht der Gang des Gesetzgebungsverfahrens zum Klageausschluß hinsichtlich des Verschmelzungsbeschlusses bei zu niedrigem Umtauschverhältnis gemäß § 14 Abs. 2 UmwG anführen.
Zwar ist danach ein Vorschlag des Bundesrats, daß nach § 14 Abs. 2 UmwG bereits die unzureichende Erläuterung des Umtauschverhältnisses zur Anfechtung des Strukturbeschlusses nicht genügen soll, nach ablehnender Stellungnahme der Bundesregierung nicht Gesetz geworden (vgl. Begr. RegE bei Neye, UmwG/UmwStG 1994, S. 137 f.). Dieser Umstand läßt indes sichere Rückschlüsse für den hier betroffenen weitergehenden Anfechtungsausschluß im Zusammenhang mit der Barabfindung gemäß § 210 UmwG (vgl. zur Verschmelzung: § 32 UmwG) nicht zu, zumal ein vergleichbarer Hinweis in den Gesetzesmaterialien zu §§ 210, 212 UmwG nicht zu finden ist. Dagegen spricht vor allem die bereits erwähnte bewußte Erweiterung des Anfechtungsausschlusses in Abkehr von den einschlägigen Regelungen des alten Rechts in §§ 375 Abs. 2 Satz 2 und 3 AktG, 13 UmwG a.F.
3.
Soweit der Senat -wie bereits erwähnt -zu Teilausschlüssen des Klagerechts im Zusammenhang mit Abfindungsregelungen aus Anlaß anderer aktienrechtlicher Strukturmaßnahmen entschieden hat, die Aktionäre müßten durch hinreichende Informationen in die Lage versetzt werden zu beurteilen, ob der angebotene oder vereinbarte Ausgleichs-bzw. Abfindungsanspruch angemessen sei und der Zustimmung zu der Strukturmaßnahme unter diesem Gesichtspunkt keine Bedenken entgegenstünden (vgl. BGH, Urt. v. 18. Dezember 1989 -II ZR 254/88, WM 1990, 140, 142 - zu § 352 c AktG a.F.; BGHZ 122, 211, 238 - zu § 304 AktG; Urt. v. 19. Juni 1995 -II ZR 58/94, ZIP 1995, 1256, 1258 - zu § 305 Abs. 5 AktG), kann daran im Hinblick auf die gesetzlichen Neuregelungen der §§ 210, 212 UmwG, soweit es den Abfindungsanspruch betrifft, nicht festgehalten werden (Aufgabe von BGH, Urt. v. 19. Juni 1995 -II ZR 58/94, ZIP 1995, 1256, 1258 - zu § 305 Abs. 5 AktG).
4.
Aus dem Umstand, daß die §§ 210, 212 UmwG keine ausdrückliche Aussage hinsichtlich eines zu hohen Angebots enthalten, läßt sich nichts Entscheidendes gegen die vom Senat für richtig gehaltene Auslegung der Varianten des fehlenden oder des nicht angemessenen Angebotes in § 210 UmwG ableiten. Ein zu hohes Angebot kann für die bei dem Unternehmensträger der neuen Rechtsform verbleibenden Anteilseigner eine Beeinträchtigung darstellen. Es muß ihnen ermöglicht werden, sich dagegen gerichtlich zur Wehr zu setzen. Soweit das neue Umwandlungsgesetz für diese Form der Beeinträchtigung nicht ausdrücklich ein Spruchverfahren vorsieht, könnte ihnen Rechtsschutz sowohl durch die analoge Anwendung der Vorschriften über das Spruchverfahren als auch durch die Eröffnung der Möglichkeit einer Anfechtungsklage gewährt werden. Die Eröffnung der Anfechtungsklage stünde allerdings im Widerspruch zu den Zielen, die der Gesetzgeber mit den §§ 210, 212 UmwG verfolgt, und könnte den erforderlichen Rechtsschutz der verbleibenden Anteilsinhaber überdies auch nur in einem Teil der in Betracht kommenden Fälle gewährleisten. Wird nämlich die Abfindung ausscheidender Anteilseigner erst im Spruchverfahren heraufgesetzt oder erstmals zu hoch festgesetzt und ist dann wegen Ablaufs der Anfechtungsfrist die Anfechtungsklage für die betroffenen, im Unternehmen verbliebenen Anteilseigner nicht mehr möglich, so stünde ihnen - vom Gesetzgeber offenbar nicht bedacht -kein Rechtsbehelf zur Verfügung, mit dessen Hilfe sie auf eine zutreffende Festsetzung der Abfindung hinwirken könnten. Deshalb könnte es auch von Verfassungs wegen geboten sein, ihnen ebenfalls Rechtsschutz im Spruchverfahren zu gewähren, weil sie ansonsten einen Vermögensverlust hinnehmen müßten, der möglicherweise auf eine verfassungswidrige Beeinträchtigung ihres durch Art. 14 GG geschützten Mitgliedschaftsrechtes hinausliefe (zu diesem Schutz vgl. BVerfGE 14, 263, 281 ff.; BVerfG, Beschl. v. 27. April 1999
-1 BvR 1613/94, ZIP 1999, 1436, 1440; BVerfG, Beschl. v. 28. März 2000 -1 BvR 68/95 u. 147/97, ZIP 2000, 1670, 1671 f.).
II. Die Kläger haben die Anfechtungsklage auch darauf gestützt, daß der Vorstand den Umwandlungsprüfungsbericht weder in den Geschäftsräumen der AG noch in der Hauptversammlung zur Einsicht der Aktionäre ausgelegt und Fragen zu den darin enthaltenen Ausführungen zur Angemessenheit der Barabfindung nicht beantwortet habe. Auch dieses Verhalten des Vorstandes berechtigt nicht zur Anfechtung des Umwandlungsbeschlusses.
1.
Die Gesellschaft ist zwar verpflichtet, die Angemessenheit der Barabfindung durch unabhängige Sachverständige überprüfen zu lassen (§§ 208, 30 Abs. 2 UmwG). Sie ist jedoch nicht gehalten, den von diesen erstatteten Prüfungsbericht vor der Hauptversammlung in ihren Geschäftsräumen oder in der Hauptversammlung zur Einsicht der Aktionäre auszulegen. Diese Maßnahme schreibt das Gesetz lediglich für den vom Vorstand zu erstattenden Umwandlungsbericht vor (§§ 239 Abs. 1, 238, 230 Abs. 2 UmwG). Auch aus der in § 63 Abs. 1 Nr. 5 in Verbindung mit § 12 UmwG getroffenen Regelung kann eine solche Pflicht nicht hergeleitet werden. Das folgt bereits daraus, daß sich § 12 UmwG nicht auf den Prüfungsbericht nach § 30 UmwG bezieht.
2.
Zutreffend geht die Revision allerdings davon aus, daß der Vorstand Fragen, die von Aktionären in der Hauptversammlung zu den im Prüfungsbericht gehaltenen Ausführungen über die Angemessenheit der Barabfindung gestellt werden, nach § 131 Abs. 1 AktG zu beantworten hat. Die Verletzung dieser Auskunftspflicht zu abfindungswertrelevanten Fragen, die dadurch begangen wird, daß die Fragen nur unzureichend oder überhaupt nicht beantwortet werden, berechtigt jedoch ebenfalls nicht zur Anfechtung.
Aus dem systematischen Zusammenhang der drei Tatbestandsvarianten des zu niedrigen, des fehlenden und des nicht ordnungsgemäßen Barabfindungsangebotes in § 210 UmwG ist zugleich der weiterreichende generelle Ausschluß von Anfechtungsklagen wegen Verletzung der Informationsrechte zur Barabfindung einschließlich derjenigen aus § 131 AktG abzuleiten. Denn die Folgen der Verletzung der Pflicht aus § 131 AktG stehen denen gleich, die sich aus einem nicht ordnungsgemäßen Angebot im Sinne des § 210 UmwG ergeben. Gerade im Verhältnis zu einer fehlerhaften, unvollständigen oder ganz fehlenden rechtlichen und wirtschaftlichen Erläuterung und Begründung des Barabfindungsangebotes im Umwandlungsbericht oder seiner mündlichen Erläuterung im Sinne des § 239 UmwG, deren Verletzung der Anfechtungsausschluß unterliegt, ist eine unterschiedliche Behandlung von Informationsdefiziten, die unter dem Aspekt des § 131 AktG auftreten, nicht gerechtfertigt.
Die Gleichstellung derartiger Verstöße gegen das Auskunftsrecht nach § 131 AktG mit dem nicht ordnungsgemäßen Angebot im Sinne des § 212 UmwG im Hinblick auf wertrelevante, das Abfindungsangebot betreffende Fragen ist jedenfalls im Vergleich zu dem fehlenden Angebot gerechtfertigt: Wenn nicht einmal das gänzliche Fehlen eines Abfindungsangebotes, das ein vollständiges Informationsdefizit des Aktionärs zur Folge hat, die Anfechtbarkeit des Umwandlungsbeschlusses begründet, kann erst recht nicht eine Auskunftspflichtverletzung in Form des nur unvollständig oder mangelhaft begründeten und erläuterten Abfindungsangebots -als geringerer Mangel im Hinblick auf die Willensbildung des Aktionärs - die Anfechtungsklage eröffnen.
4. Die von den Klägern gerügte Verletzung ihrer Informationsrechte zu dem von der Beklagten unterbreiteten Barabfindungsangebot kann unter den gegebenen Umständen nicht zur Anfechtung des Umwandlungsbeschlusses führen. Die Kläger sind vielmehr auf das Spruchverfahren (§§ 305 ff. UmwG) zu verweisen. Ihre Anfechtungsklage war daher abzuweisen.
BGH:
Urteil v. 29.01.2001
Az: II ZR 368/98
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