Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 7. Februar 2008
Aktenzeichen: 16 U 23/07

(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 07.02.2008, Az.: 16 U 23/07)

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hanau vom 29. Dezember 2006, Az. 1 O 653/06, abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 40.000,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7. Juli 2006 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den gesamten Schaden zu ersetzen, der ihm über die Erstattung der Zahlung von 40.000,- € an den Insolvenzverwalter A hinaus durch unterschiedliche Steuerprogressionen in den betreffenden Jahren des Ansatzes der Zahlung von 40.000,- € und der Erstattung der 40.000,- € entsteht.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird hinsichtlich der Frage der Verjährung zugelassen.

Gründe

I. Der Kläger, ein Gesellschafter der sich seit 1. Oktober 2001 in der Insolvenz befindlichen Fa. B-GmbH, nimmt den Beklagten, Steuerberater und Rechtsanwalt, auf Schadensersatz in Anspruch wegen einer Beratungsempfehlung des Beklagten für die Fa. B-GmbH. Gegenstand des Beratungsauftrags war die Prüfung von Gesellschafterbeschlüssen zur Kapitalerhöhung und die Einlage von Patenten, die dem Kläger und seinem Bruder gehörten, in die GmbH unter steuerlichen Gesichtspunkten. Der Beklagte riet, von einer Kapitalerhöhung im Wege der Sacheinlage des Patents abzusehen, den Verkaufserlös des Patents auszuzahlen und die Kapitalerhöhung im Wege der Bareinlage durchzuführen.

Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 180 - 184 d. A.) Bezug genommen.

Er wird wie folgt ergänzt:

Der Kläger war Inhaber einer Firma, zu der auch sein Anteil an den Patenten gehörte. Das Anlagevermögen dieser Firma hatte der Kläger im Juni 1998 veräußert.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe zwar eine Pflichtverletzung im Hinblick auf seinen Prüfungsauftrag begangen, die zu einem Schaden des Klägers geführt habe. Dessen Höhe könne aber offen bleiben, da der Anspruch des Klägers verjährt sei. Da die Leistung des Klägers auf die von ihm übernommene Stammeinlage keine schuldbefreiende Wirkung gehabt habe, sei der Schaden des Klägers bereits mit Eintragung und damit mit Wirksamwerden der Kapitalerhöhung am 3. März 1999 entstanden. Damit sei zugleich der Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten entstanden. Die dreijährige Verjährungsfrist des hier anwendbaren § 68 StBerG sei bereits Ende 2002 abgelaufen. Auf weitere Voraussetzungen wie eine Kenntnis des Klägers von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners komme es nicht an; § 199 BGB fände keine Anwendung. Unerheblich sei, ob es sich um eine Beratungsleistung durch den Beklagten als Steuerberater oder als Rechtsanwalt handele, da auch nach § 51 b BRAO Verjährung eingetreten sei. Die von dem Kläger zitierte Rechtsprechung zur Verjährung von Regressansprüchen bei fehlerhafter Vertragsgestaltung sei nicht einschlägig. Vielmehr sei die hiesige Fallkonstellation mit jener vergleichbar, in der der Steuerberater oder Rechtsanwalt zu einer nachteiligen Vermögenslage geraten habe und bei der der Schaden und damit der Verjährungsbeginn mit der Zeichnung der nachteiligen Anlage eintrete.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 184 - 188 d. A.) verwiesen.

Gegen dieses ihm am 8. Januar 2007 zugestellt Urteil hat der Kläger mit einem am 8. Februar 2007 bei Gericht eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz Berufung eingelegt, die nach Fristverlängerung bis 9. April 2007 mit einem am 3. April 2007 eingegangenen Schriftsatz begründet worden ist.

Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, in Fällen fehlerhafter Vertragsgestaltung träte der Schaden erst mit der Geltendmachung der Rechte durch den Vertragsgegner ein; damit begänne auch erst in diesem Zeitpunkt die Verjährungsfrist hinsichtlich des Regressanspruchs. Vor einer Geltendmachung des zum Regress führenden Anspruchs durch den Vertragsgegner sei die Gefahrenlage nicht so konkret, dass von einem bereits eingetretenen Schaden dem Grunde nach ausgegangen werden könne; vielmehr sei allenfalls eine Vermögensgefährdung anzunehmen.

Ihm, dem Kläger, sei auch ein Schaden entstanden. Soweit die Einbringung der Patente in die GmbH nichtig gewesen sein und er deshalb ein Aussonderungsrecht gehabt haben könnte, hätten diesem die Eigenkapitalregeln des § 32 a GmbHG entgegengestanden.

Im Übrigen ist der Kläger der Auffassung, dass das Steuerprivileg des halben Steuersatzes gemäß §§ 34, 16 EStG auch bei der zunächst beabsichtigen Sacheinlage zur Anwendung gekommen wäre.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hanau vom 29. Oktober 2006, Az. 1 O 653/06, abzuändern und den Beklagte zu verurteilen, an ihn 40.000,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm den gesamten Schaden zu ersetzen, der ihm über die Erstattung der Zahlung von 40.000,- € an den Insolvenzverwalter A hinaus durch unterschiedliche Steuerprogressionen in den betreffenden Jahren des Ansatzes der Zahlung von 40.000,- € und der Erstattung der 40.000,- € entsteht.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil, soweit es eine Verjährung des geltend gemachten Anspruchs annimmt. Mit der Eintragung der Kapitalerhöhung sei das Vermögen des Klägers trotz der erfolgten Zahlung an die GmbH weiterhin mit der entstandenen Stammeinlageforderung belastet gewesen. Die GmbH beziehungsweise deren Geschäftsführer sei gesetzlich verpflichtet gewesen, die nicht erfüllte Einlageschuld einzufordern. Jegliche Abschwächung der Einlageverpflichtung sei unzulässig. Zudem habe der Kläger nach wie vor den behaupteten Schaden nicht hinreichend dargelegt. Der Kläger habe einen Anspruch auf Herausgabe der im Übrigen werthaltigen Patente gehabt. Diese seien mit seiner Zustimmung unter Wert veräußert worden. § 32 a GmbHG hätte einem Aussonderungsrecht nicht entgegengestanden. Im Übrigen hätte der Kläger bei einer Sachkapitalerhöhung den halben Steuersatz gemäß §§ 16, 34 EStG nicht in Anspruch nehmen können. Bei einer Sachkapitalerhöhung hätte der Veräußerungsgewinn aufgrund der erst im Jahr 1999 erfolgten Eintragung der Kapitalerhöhung nicht mehr im Jahr 1998 geltend gemacht werden können; im Jahr 1999 habe der hälftige Steuersatz aber nicht mehr gegolten. Zudem hätte vor dem Hintergrund der im Juni 1998 erfolgten Veräußerung des Anlagevermögens des Betriebs des Klägers die Gewinnrealisierung so schnell wie möglich erfolgen müssen, um noch von einer Betriebsaufgabe sprechen zu können.

Wegen der Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II. Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen noch nicht verjährten Schadensersatzanspruch in Höhe von 40.000,- € aus positiver Vertragsverletzung eines Steuerberatervertrags.

1. Mit dem Landgericht ist zunächst eine Pflichtverletzung des Beklagten im Hinblick auf den Prüfungsauftrag vom 24. Oktober 1998 anzunehmen.

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte zwar mit Schreiben vom 24. Oktober 1998 zur Prüfung der beabsichtigten Gesellschafterbeschlüsse zur Kapitalerhöhung unter steuerlichen Gesichtspunkten beauftragt worden ist, dieser jedoch als Nebenpflicht des Vertrags darauf hätte hinweisen müssen, dass die vorgeschlagene Gestaltung als verdeckte Sacheinlage betrachtet werden könne mit der Folge, dass der Kläger von seiner Leistungspflicht hinsichtlich der Einlageverpflichtung nicht befreit würde. Dies wird von dem Beklagten in seiner Berufungserwiderung auch nicht mehr in Abrede gestellt und deckt sich zudem mit der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung zum Umfang der Beratungspflichten eines Steuerberaters. Danach hat der Steuerberater zwar auch bei einem umfassenden Steuerberatungsmandat grundsätzlich (nur) die Pflicht, den Mandanten umfassend steuerlich zu beraten, dabei den relativ sichersten Weg aufzuzeigen und ihn vor Schaden zu bewahren. Dennoch ergeben sich für ihn weitere Pflichten, wenn mit der von ihm angeratenen Gestaltung neben steuerrechtlichen Zwecken zugleich zivilrechtliche Wirkungen beabsichtigt sind oder vom Mandanten offensichtlich angenommen werden und dem Mandanten im Falle des Scheiterns ein zivilrechtlicher Schaden entstehen kann. In diesen Fällen hat der Steuerberater - ausnahmsweise - auch die anstehenden zivilrechtlichen bzw. gesellschaftsrechtlichen Fragen zu klären, den Mandanten darauf hinzuweisen bzw. - wenn er die zivilrechtliche oder gesellschaftsrechtliche Sachlage nicht überblickt oder etwa Verstöße gegen das Rechtsberatungsgesetz drohen - ihn vorsorglich an einen Rechtsanwalt zu verweisen (vgl. OLG Köln, VersR 2006, 87; Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 4. Aufl. 2006, Rdn. 101, Rdn. 319 speziell für den Fall, dass der Steuerberater als Rechtsanwalt auf das gesellschaftsrechtliche Verbot einer €verdeckten Sacheinlage€ und deren Folgen hinweisen muss).

Da hier - wie das Landgericht im einzelnen zutreffend dargelegt hat - die von dem Beklagten vorgeschlagene Gestaltung als verdeckte Sacheinlage zu qualifizieren ist, hätte der Beklagte, der zugleich Rechtsanwalt ist, den Kläger über die gesellschaftsrechtliche Problematik informieren müssen.

Der Kläger war auch, wie das Landgericht kurz ausführt, in den Schutzbereich des zwischen der Fa. B-GmbH und dem Beklagten geschlossenen Beratervertrags eingeschlossen; insofern liegt ein Vertrag mit Schutzwirkung Dritter vor (vgl. dazu Gräfe/Lenzen/Schmeer Rn. 434, Rn. 446 Var. 3; BGH, NJW 2000, 725).

2. Die Empfehlung und unterlassene Aufklärung des Beklagten war auch ursächlich für die Entscheidung der Gesellschafterversammlung, im Zusammenhang mit der Patentübertragung eine Kapitalerhöhung durch Bareinlage zu beschließen, die sich im Nachhinein als verdeckte Sacheinlage darstellt. Soweit der Beklagte in erster Instanz behauptet hat, eine Kapitalerhöhung mittels Sacheinlage sei gar nicht möglich gewesen, da die Patente überbewertet gewesen seien, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Ausweislich eines Gutachtens vom 15. Oktober 1998 (Bl. 115 ff. d. A.) betrug der Wert des Patents rund 600.000,- DM. Der Beklagte ist in seinem maßgeblichen Schreiben vom 29. Oktober 1998 selber von diesem Wert ausgegangen, so dass nicht ersichtlich ist, warum es nach dem damaligen Kenntnisstand nicht möglich gewesen sein soll, eine Sacheinlage zu empfehlen. Warum die Patente später im Rahmen der Insolvenz zu einem erheblich niedrigeren Preis veräußert wurden, hat der Kläger plausibel dargelegt.

3. Dem Kläger ist auch in Schaden in Höhe von 40.000,- € entstanden, der darin liegt, dass er in dieser Höhe die Bareinlage doppelt an die Gesellschaft leisten musste.

a) Rechtsfolge einer verdeckten Sacheinlage ist zunächst, dass die Bareinlageleistung erfüllungsuntauglich ist, so dass der Gesellschafter zu erneuten Leistung der Bareinlage verpflichtet bleibt. Er selbst hat lediglich einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückgewähr der erfüllungsuntauglichen Zahlung, mit dem er wegen § 19 Abs. 2 GmbHG nicht aufrechnen kann und der sich im Fall der Insolvenz der Gesellschaft nur auf die Quote richtet (Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. A., § 5 Rn. 50). Dementsprechend war der Kläger durch seine Zahlung in Höhe von 160.000,- DM auf die erhöhte Stammeinlage nicht von seiner Verpflichtung zur Bareinlage befreit worden und deshalb verpflichtet, die Bareinlage - im Wege des gerichtlichen Vergleichs auf 40.000,- € reduziert - nochmals zu entrichten. Die dadurch entstandene Doppelbelastung in Höhe von 40.000,- € wird auch nicht durch einen auf die Quote gerichteten Rückgewähranspruch hinsichtlich der erfüllungsuntauglichen Bareinlage von 160.000,- DM geschmälert, da ausweislich Ziff. 6 des gerichtlichen Vergleichs vom 2. Dezember 2005 (vgl. Bl. 53 d. A.) mit Wirksamkeit des Vergleichs alle Ansprüche zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Beklagten erledigt sein sollten und der Kläger deshalb einen Rückgewähranspruch nicht mehr zur Quote anmelden konnte.

b) Der Schaden entfällt auch nicht deshalb, weil dem Kläger gegen die Gesellschaft ein Aussonderungsrecht hinsichtlich der Patente zugestanden hätte.

Rechtsfolge einer verdeckten Sacheinlage ist - neben der Erfüllungsuntauglichkeit der Bareinlage - im Weiteren, dass der schuldrechtliche Teil des Umsatzgeschäfts nichtig ist, so dass es grundsätzlich zu einer Rückabwicklung kommt. Zudem hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2003 (Urteil vom 7. Juli 2003, GmbHR 2003, 1051) entschieden, dass darüber hinaus auch das dingliche Erfüllungsgeschäft unwirksam ist mit der Konsequenz, dass der Insolvenzverwalter zwar weiterhin die Rückzahlung des Kaufpreises bzw. der Gegenleistung an die Gesellschaft fordern kann, dem Gesellschafter seinerseits aber nicht mehr lediglich ein auf die Quote verwiesener Bereicherungsanspruch auf Rückübereignung, sondern ein Aussonderungsanspruch nach § 47 InsO zusteht (vgl. auch BGH, NJW 2007, 3425).

Unabhängig davon, ob dem Kläger danach ein Aussonderungsrecht zustand und ob diesem Aussonderungsrecht § 32 GmbHG hätte entgegengehalten werden können, hätte der Insolvenzverwalter in jedem Fall seinerseits die von der Gesellschaft an den Kläger geleisteten 250.000,- DM zurückfordern können, von denen der Kläger 160.000,- zwecks Leistung der Bareinlage an die Gesellschaft gezahlt hatte. Ein mögliches Aussonderungsrecht hätte demnach nichts daran geändert, dass der Kläger hinsichtlich der Bareinlage in Höhe von 40.000,- € doppelt zu zahlen hatte.

c) Der Schaden ist auch nicht deshalb geringer anzusetzen, weil der Kläger allein durch die gewählte Form der verdeckten Sacheinlage hinsichtlich des Aufgabegewinns nach §§ 34, 16 EStG in den Genuss des damals geltenden halben Steuersatzes gekommen wäre.

Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass der ermäßigte Steuersatz nicht zur Anwendung gekommen wäre, wenn statt der Bareinlage und gesonderten Übertragung der Patente eine Sacheinlage durch Einbringung der Patente vorgenommen worden wäre.

Zunächst ist unerheblich, auf welche Weise ein Gewerbebetrieb aufgegeben wird. Nachdem der Kläger bereits das Anlagevermögen seines Betriebs veräußert hatte, spielte es für die Anwendung der §§ 34, 16 EStG keine Rolle, ob er die Patente zur abschließenden Aufgabe seiner Betriebs entgeltlich veräußert oder ob er sie als Sacheinlage in eine andere Gesellschaft einbringt.

Des Weiteren ist auch dann von einer Betriebsaufgabe - im Gegensatz zu einer steuerlich nicht begünstigten sukzessiven Abwicklung des Betriebs - auszugehen, wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass im Fall eine Sacheinlage die Aufgabe des Betriebs erst mit Eintragung der Kapitalerhöhung am 3. März 1999 vollendet worden wäre. Zwar liegt eine Betriebsaufgabe nur vor, wenn sich die Abwicklung innerhalb eines kurzen Zeitraums zwischen der ersten vom Aufgabeentschluss getragenen Aufgabehandlung und der Veräußerung der letzten wesentlichen Betriebsgrundlage vollzieht, wobei sich die Aufgabe auch über mehrere Veranlagungszeiträume erstrecken kann (Schmidt, EStG, 26. A., § 16 Rn. 193; Kirchhof, EStG, 7. S., § 16 Rn. 302). In der Rechtsprechung sind aber Zeiträume von 9 bis im Ausnahmefall 36 Monate als ausreichend angesehen worden (Schmidt, a.a.O.), so dass hier bei dem Zeitraum von Juni 1998 bis März 1999 hinsichtlich der Bejahung einer Betriebsaufgabe keine Bedenken bestehen.

Soweit der Beklagte schließlich geltend macht, die Veräußerung der Patente und damit die Betriebsaufgabe wäre bei ordnungsgemäßer Durchführung einer Sacheinlage erst mit Eintragung der Kapitalerhöhung am 3. März 1999 eingetreten mit der Folge, dass der hälftige Steuersatz aufgrund der Gesetzesänderung ab 1. Januar 1999 dann nicht mehr für den Aufgabegewinn hätte in Anspruch genommen werden können, vermag dies den Senat nicht zu überzeugen.

Maßgebend für die Verwirklichung des Aufgabegewinns bei einer Betriebsaufgabe ist grundsätzlich der Zeitpunkt des einzelnen Aufgabeakts. Damit entsteht der Aufgabegewinn sukzessive und unter Umständen in verschiedenen Veranlagungszeiträumen (Schmidt, a.a.O. Rn. 262). Dabei knüpft § 16 EStG - wie der Beklagte zutreffend annimmt - zeitlich an die Realisation durch Übertragungsakte und nicht an einen zugrundeliegenden Verpflichtungsvertrag an (Kirchhof, a.a.O. Rn. 82). Die Erfüllungshandlung und damit die Betriebsaufgabe wäre aber nicht erst mit der Eintragung der Kapitalerhöhung vollzogen worden. Zwar trifft zu, dass eine Kapitalerhöhung erst mit ihrer Eintragung wirksam wird. Das Eigentum an den Patenten wäre aber bereits mit Übertragung an die Gesellschaft übergegangen, und zwar unabhängig von der Eintragung der Kapitalerhöhung. Damit wäre steuerrechtlich die Übertragung der Patente und damit die Betriebsaufgabe vollzogen worden. Maßgebend ist nämlich, dass die Vermögensgegenstände dem Erwerber so übertragen werden, dass sie steuerlich gesprochen in das wirtschaftliche Eigentum des Erwerbers übergehen (Kirchhof, a.a.O. Rn. 81). Das ist aber bereits mit der Übertragung der Inhaberschaft an den Patenten und nicht erst mit der Eintragung der Kapitalerhöhung der Fall. Sofern der Beklagte darauf hinweist, dass die Einbringung einer Sacheinlage wegen der erforderlichen Einhaltung der dafür vorgesehenen Vorschriften länger gedauert hätte als die Übertragung der Patente durch einen Übertragungsvertrag, ist nicht ersichtlich, dass die wirtschaftliche Einbringung der Sacheinlage bei beschleunigter Behandlung der Angelegenheit nicht noch im Jahr 1998 hätte erfolgen könne, zumal auch bereits ein Wertgutachten hinsichtlich der Patente vom 15. Oktober 1998 vorlag.

d) Der Beklagte scheitert schließlich mit seinem Einwand, der Kläger könne die 40.000,- € als nachträgliche Anschaffungskosten nach § 17 Abs. 2 EStG steuermindernd geltend machen, was zum Vorteilsausgleich führe. Die Vorteilsausgleichung entfällt nämlich, wenn - wovon hier auszugehen ist - die Ersatzleistung gleichfalls der Steuerpflicht unterliegt (Palandt/Heinrichs, 67. A., Vorb v § 249 Rn. 145).

4. Der Anspruch des Klägers ist - entgegen der Auffassung des Landgerichts - auch nicht verjährt.

a) Der Eintritt der Verjährung richtet sich - entgegen der Auffassung des Beklagten - nach § 68 StBerG in der bis zum 14. Dezember 2004 geltenden Fassung und nicht nach § 51 b BRAO in der bis zum 14. Dezember 2004 geltenden Fassung. Beiden Vorschriften ist gemein, dass der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz aus dem zwischen ihm und dem Steuerberater bzw. Rechtsanwalt bestehenden Vertragsverhältnis in drei Jahren von dem Zeitpunkt an verjährt, in dem der Anspruch entstanden ist; § 51 b BRAO a.F. sieht jedoch darüber hinaus vor, dass der Anspruch gegen den Rechtsanwalt spätestens in drei Jahren nach der Beendigung des Auftrags verjährt. Da die Vertragsverhältnisse des Beklagten mit dem Kläger im Jahr 1999 und mit der B-GmbH im August 2000 beendet wurden, wäre bei Anwendbarkeit des § 51 b BRAO die Regressforderung in jedem Fall bereits verjährt, da dem Beklagten erst mit Klageerwiderungsschriftsatz vom 9. März 2005 in dem Verfahren 5 O 190/04 LG Hanau der Streit verkündet worden ist.

Der Beklagte begründet die von ihm vertreten Auffassung der alleinigen Anwendbarkeit von § 51 b BRAO a. F. damit, dass er wegen einer unterbliebenen gesellschaftsrechtlichen Beratung in Anspruch genommen werde, die er nur als Rechtsanwalt habe vornehmen dürfen (sog. Vorbehaltsaufgabe). Dem steht aber die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen. Danach wird man bei einem Steuerberater, der gleichzeitig Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer ist, beim Fehlen von hinreichenden Anhaltspunkten für einen abweichenden Willen annehmen müssen, dass er seinen Mandanten die Hilfe und Beratung in Steuersachen in seiner Eigenschaft als Steuerberater versprochen hat, jedenfalls dann, wenn diese der ausschließliche Gegenstand des Vertrages ist oder wenn hierauf der Schwerpunkt der vertraglich geschuldeten Tätigkeit liegt. Soweit ihm im Rahmen dieser Tätigkeit ein Fehler unterläuft, richtet sich in der Regel die Verjährung nach § 68 StBerG (BGH NJW 1982, 1866, bestätigt durch NJW 1994, 1405).

Vorliegend war der Beklagte schwerpunktmäßig als Steuerberater tätig. Für in diesem Zusammenhang erfolgte Beratungsfehler ist deshalb § 68 StBerG a. F. einschlägig, unabhängig davon, dass der Beratungsfehler eine gesellschaftsrechtliche Frage betraf.

Dabei werden von § 68 StBerG a. F. auch Ansprüche Dritter erfasst, die sich auf einen Steuerberatervertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter stützen (Gräfe/ Lenzen/Schmeer Rn. 860; BGH, NJW 1971, 1931).

b) Nach § 68 StBerG a. F. beginnt die Verjährung in dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch entstanden ist.

Grundsätzlich entstehen Schadensersatzansprüche mit Schadenseintritt. Dieser ist gegeben, wenn sich die Vermögenslage des Auftraggebers infolge der Pflichtverletzung des Steuerberaters objektiv verschlechtert hat (vgl. Gräfe/Lenzen/ Schmeer Rn. 872). Dabei ist die objektive Verschlechterung der Vermögenslage von der bloßen, noch keinen Schaden begründenden risikoreichen Lage abzugrenzen. Eine solche besteht nach der Rechtsprechung, wenn noch offen ist, ob ein pflichtwidriges, ein Risiko begründendes Verhalten zu einem Schaden führt, wenn also die betroffene Rechtsposition bloß gefährdet ist und sich die risikobehaftete Lage noch nicht in der Gesamtbewertung des Vermögens negativ niederschlägt (vgl. beispielsweise BGHZ 119, 69). Im Laufe der Zeit hat sich zu dieser Abgrenzung eine Judikatur gebildet, die in einzelne Fallgruppen unterteilt werden kann.

Der Kläger beruft sich auf die Judikatur des Bundesgerichtshofs zur Verjährung von Regressforderungen bei fehlerhaften Rechtsgestaltungen, etwa der Erstellung eines fehlerhaften Vertrags. So hat der Bundesgerichtshof in der im Urteil zitierten Entscheidung NJW 1996, 2929 in dem Fall eines fehlerhaften Vertragsentwurfs eines Pachtvertrags entschieden, dass der Schaden nicht schon mit dem Abschluss des Pachtvertrags entstanden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei es nämlich offen gewesen, ob und gegebenenfalls welche Rechte die Pächterin gegen den Kläger geltend machen werde. Solange diese mögliche Ansprüche aus §§ 537, 538, 581 BGB gegen den Kläger nicht geltend mache, habe bei der gebotenen wertenden Betrachtung allenfalls eine Vermögensgefährdung vorgelegen, die aus Gründen der Rechtsklarheit jedenfalls für das Entstehen eines Regressanspruchs gegen einen Dritten noch nicht einem Schaden gleichgestanden habe.

Ergänzend verweist der Kläger auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Fällen der mangelhaften Gestaltungsberatung, in denen ein Bescheid des Finanzamts ergehen muss, um die steuerlichen Folgen des Gestaltungsgeschäfts zu regeln. Danach hat der Steuerpflichtige grundsätzlich noch keine Vermögenseinbuße erlitten, solange sich der Beratungsfehler seines Steuerberaters nicht in einem belastenden Bescheid der Finanzbehörde ausgewirkt hat. Der Bundesgerichtshof begründet dies damit, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Entstehung des Schadens häufig noch von vielen ungewissen Umständen abhänge. Dabei könne unsicher sein, ob die Finanzbehörde einen steuerlich bedeutsamen Sachverhalt aufdeckt; es läge nämlich in der Regel in ihrem Ermessen, ob sie bestimmte Tatbestände aufgreife und welche Rechtsfolgen sie daraus zöge (vgl. BGHZ 119, 69).

Der Beklagte seinerseits beruft sich auf die - auch vom Landgericht als maßgeblich erachtete - Rechtsprechung zum Verjährungsbeginn bei einer nachteiligen Vermögensanlageentscheidung infolge fehlerhafter Beratung durch den Steuerberater. In diesen Fällen beginnt die Verjährungsfrist in dem Zeitpunkt, zu welchem der Mandant sein Geld weggegeben hat und an das Beteiligungsobjekt rechtlich unwiderruflich gebunden ist, so dass er eine Vermögenseinbuße auch tatsächlich nicht mehr vermeiden kann (vgl. nur BGH, NJW 1994, 1405). Außerdem verweist der Beklagte darauf, dass in den Fällen, in denen der mit der Durchsetzung eines Anspruchs seines Mandanten betraute Anwalt diesen Anspruch verjähren lässt, schon der bloße Verjährungseintritt für den Schadenseintritt genügt (BGH, NJW 1994, 2822).

Vorliegend ist davon auszugehen, dass der Schaden nicht bereits mit Eintragung der Kapitalerhöhung am 3. März 1999, sondern erst mit der Geltendmachung der - zum Regress führenden - Forderung auf Zahlung der Bareinlage durch den Insolvenzverwalter entstanden ist.

Allerdings lässt sich weder die Rechtsprechung zum Verjährungsbeginn bei fehlerhafter Vertragsgestaltung noch jene zur Verjährung bei der fehlerhaften Anlageberatung ohne weiteres auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum fehlerhaften Pachtvertrag lag die Situation zugrunde, dass der Pachtvertrag ein wirksamer Vertrag war, der lediglich den Keim in sich trug, dass er sich durch Geltendmachung von Mängelansprüchen wirtschaftlich ungünstig auswirken könnte. Demgegenüber war das Vermögen des Klägers hier von Anfang an unmittelbar negativ belastet, da der Kläger durch die Bareinlage von seiner Einlagepflicht überhaupt nicht frei wurde. Diese Folge trat von Rechts wegen ein und war nicht davon abhängig, dass ein Dritter mögliche Rechte geltend macht. Allerdings hing die tatsächliche Realisierung des Schadens - anders als in den Fällen der fehlerhaften Anlageberatung, bei der aufgrund der tatsächlichen Umstände eine Vermögenseinbuße gar nicht mehr zu verhindern ist - letztlich davon ab, ob die Gesellschaft bzw. der Insolvenzverwalter einen entsprechenden Anspruch erkennt und geltend macht. Davon war aber - zumindest hinsichtlich der Gesellschaft - nicht ohne weiteres auszugehen. Von daher ist die Situation auch nicht ohne Einschränkung mit jener vergleichbar, in der ein Anwalt die Forderung seines Mandanten verjähren lässt.

Hier hat der Bundesgerichtshof den Schadenseintritt bereits mit Verjährungseintritt deshalb bejaht, weil nach der Lebenserfahrung damit gerechnet werden müsse, dass der Schuldner zur Abwehr des erhobenen Anspruchs von der Verjährungseinrede Gebrauch machen werde (BGHZ 119, 69). Von einer solchen Lebenserfahrung wird man hier - insbesondere angesichts der Verquickung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft - nicht sprechen können. Letztlich erscheint am ehesten ein Vergleich mit den Fällen sinnvoll, in denen sich ein Beratungsfehler in einem Steuerbescheid auswirkt. Auch in diesen Fällen ist das Vermögen des Betroffenen grundsätzlich von Anfang an mit einer - lediglich noch zu konkretisierenden - Steuerschuld belastet. Dennoch soll wegen der Unsicherheit darüber, ob das Finanzamt dies erkennt und den Schuldner in Anspruch nimmt, der Schaden erst mit Erlass des Steuerbescheids eintreten.

Auch vorliegend war letztlich unklar, ob die Gesellschaft oder nach einer Insolvenz der Insolvenzverwalter die Bareinlage als verdeckte Sacheinlage erkennt und die daraus folgenden Ansprüche gegen die Gesellschafter geltend macht. Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung zum fehlerhaften Pachtvertrag auch die Kriterien der €wertenden Betrachtung€ und der €Gründe der Rechtsklarheit€ herangezogen, die hier ebenfalls dafür streiten, dass der Schaden erst mit der Geltendmachung der Forderung durch den Insolvenzverwalter entstanden ist. Nicht verkannt wird dabei, dass diese Auffassung zu einer Ausuferung der Verjährungsfrist führen kann, die der Gesetzgeber mit der Drei-Jahres-Frist auf einen überschaubaren Zeitraum begrenzen wollte. Zudem birgt sie die Gefahr, entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 68 StBerG a. F. das subjektive Element der Erkennbarkeit des Schadens als weiteres (ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal einzuführen. Auf der anderen Seite berücksichtigt die hier vertretene Auffassung jedoch, dass der Kläger erst ab Geltendmachung eines Anspruchs gegen ihn ein schutzwürdiges Interesse an einem Rückgriff gegen den Steuerberater hat und zuvor kein Anlass für einen Rückgriff besteht, der das wechselseitige Vertrauens- und Vertragsverhältnis stören würde (so: BGHZ 119, 69).

Soweit der Beklagte auf eine weitere Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. Oktober 1985 (NJW 1986, 581) hinweist, steht diese der hier vertretenen Auffassung nicht zwingend entgegen.

Darin hat der Bundesgerichtshof kurz angeführt, dass der Schaden, der einer GmbH dadurch entsteht, dass sie aufgrund eines Anwaltsfehlers nach § 25 HGB mit den Altschulden des fortgeführten Unternehmens belastet ist, mit Eintragung der GmbH in das Handelsregister entstanden ist. Abgesehen davon, dass es im Rahmen der Entscheidung auf den Eintritt der Verjährung nicht ankam, handelt es sich um einen speziellen, nicht ohne weiteres verallgemeinerungsfähigen Fall. Durch die in § 25 HGB angeordnete gesetzliche Haftung des Erwerbers bei einer Firmenfortführung wird sowohl für den Erwerber als auch für die Gläubiger des früheren Inhabers die Frage der Haftung klargestellt. Es verbleiben also keine Ungewissheiten, und ähnlich wie in den Fällen, in denen der Anwalt eine Verjährungsfrist verstreichen lässt, ist nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die Altgläubiger ihre Forderungen gegenüber dem Erwerber geltend machen werden, so dass dessen Vermögen real mit Verbindlichkeiten belastet ist.

Da der Schaden damit erst mit der gerichtlichen Inanspruchnahme des Klägers im Jahr 2004 eingetreten ist, hat die Verjährung nach § 68 StBerG a.F. erst zu diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen und war im Zeitpunkt der Streitverkündung am 9. März 2005 noch nicht eingetreten.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB. Rechtshängigkeit ist am 7. Juli 2006 eingetreten.

Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm den Schaden zu ersetzen, der durch unterschiedliche Steuerprogressionen in den betreffenden Jahren des Ansatzes der Zahlung von 40.000,- € und der Erstattung von 40.000,- € entsteht. Insofern besteht zumindest die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO. Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO hinsichtlich der Frage der Verjährung zuzulassen, da eine eindeutige Einordnung der Frage, wann ein Regressanspruch gegen einen Steuerberater aufgrund zu einer verdeckten Sacheinlage führenden Beratung verjährt, in die bislang entschiedenen Sachverhalte nicht möglich und von grundsätzlicher Bedeutung ist.






OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 07.02.2008
Az: 16 U 23/07


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