Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 17. Oktober 2012
Aktenzeichen: 2a O 25/10 U.
(LG Düsseldorf: Urteil v. 17.10.2012, Az.: 2a O 25/10 U.)
Tenor
I.
Die Beklagte wird verurteilt,
1.
es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Zeichen
AMPLITEQ,
auch als Bildmarke
für Telefone, insbesondere Telefone zum besseren Hören und Sehen, zu benutzen, insbesondere das Zeichen auf Waren oder deren Aufmachung anzubringen, unter dem Zeichen die genannten Waren anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu den genannten Zwecken zu besitzen und/oder das Zeichen in Geschäftspapieren und in der Werbung zu benutzen;
2.
der Klägerin Auskunft über Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer und / oder des Auftraggebers sowie die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Gegenstände gemäß Ziffer I.1. zu erteilen;
3.
der Klägerin Auskunft über die Umsätze zu erteilen, die mit den nach Ziffer I.1. gekennzeichneten Waren erzielt wurden sowie über den Umfang und die Art der getätigten Werbung, jeweils aufgegliedert nach Kalendervierteljahren und Bundesländern.
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch das Benutzen im geschäftlichen Verkehr der Zeichen gemäß Ziffer I.1., insbesondere durch das Benutzen auf Telefonen, insbesondere Telefonen zum besseren Hören und Sehen, der Zeichen gemäß Ziffer I.1., insbesondere durch das Anbringen auf diesen Waren, das Anbieten dieser und das Inverkehrbringen von diesen Waren unter dem Zeichen gemäß Ziffer I.1., durch das Besitzen zu dem genannten Zweck und / oder das Benutzen des Zeichens gemäß Ziffer I.1. in Geschäftspapieren und in der Werbung im geschäftlichen Verkehr bereits entstanden ist und noch entstehen wird.
III.
Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem Besitz noch befindlichen widerrechtlichen Gegenstände, die das Zeichen AMPLITEQ, auch als Bildmarke insbesondere auf Telefonen, Etiketten, Verpackungen und Katalogen tragen, zu vernichten.
IV.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.164,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03. März 2010 zu zahlen.
V.
Der Beklagten wird für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot gemäß Ziffer I.1. als Zwangsvollstreckungsmaßnahme ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle der Wiederholung bis zu zwei Jahren, letztere zu vollziehen an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Beklagten, angedroht.
VI.
Auf die Widerklage wird die Gemeinschaftsmarke AMPLIDECT (EM ...#/...) ab dem 25.05.2010 für verfallen erklärt.
VII.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 2/7 und die Beklagte zu 5/7.
VIII.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin hinsichtlich Ziffer I.1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 75.000,00 €, hinsichtlich Ziffern I.2. und I.3. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 €, hinsichtlich Ziffer III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 € und im Übrigen für die Klägerin sowie auch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten unter anderem Unterlassung der Nutzung des Zeichens "AMPLITEQ" als Wort- sowie als Wortbildzeichen für Telefone.
Die Klägerin produziert und vertreibt weltweit technische Geräte für Menschen mit Hör- und Sehschwächen, darunter auch Telefone. Im Rahmen ihrer Produktpalette vertreibt sie seit Mai 2004 ein schnurloses Telefon unter der Bezeichnung AMPLIDECT. Der Vertrieb in Deutschland erfolgt unter anderem durch die Firma I in Augsburg, die den Internetshop www.I.de unterhält.
Die Klägerin ist Inhaberin der am 09.01.2004 angemeldeten und am 25.05.2005 eingetragenen Gemeinschaftsmarke "AMPLIDECT" (EM XXXXX/XXXX), welche unter anderem für die Waren-/Dienstleistungsklasse 9 "Telekommunikationsapparate und -instrumente, Telefone und Telefonanrufbeantworter, Teile und Zusatzteile für alle vorstehend genannten Waren" und 16 "Verpackungsmaterial aus Kunststoff soweit es nicht in anderen Klassenenthalten ist, Handbücher, Faltbücher, Broschüren, Magazine" Schutz genoss. Wie nachfolgend beschrieben ist die Gemeinschaftsmarke nach einem von der Beklagten beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt angestrebten Löschungsverfahren mittlerweile für die Warenklasse 9 gelöscht worden und nur noch für die Warenklasse 16 in Kraft.
Die Beklagte ist ebenfalls auf dem Gebiet der Entwicklung und des Vertriebs technischer Geräte für hör- und sehbehinderte Menschen tätig. Während der CEBIT 2006 verhandelten die Parteien über eine Zusammenarbeit und über die Möglichkeit der Errichtung eines Joint-Ventures in Deutschland. Dabei stellte die Klägerin der Beklagten auch Informationen über den Gebrauch der Marke AMPLIDECT sowie Marketinginformationen zur Verfügung. Zu einer Zusammenarbeit kam es jedoch nicht.
Die Beklagte, die auch unter der Bezeichnung "AMPLITEQ Vertrieb" tätig war, vertrieb seit Mai 2008 unter der Bezeichnung "AMPLITEQ" bzw. "ampliteq" ebenfalls ein schnurloses Telefon für seh- und hörgeschädigte Menschen über den Internetshop www.I.de. Sie ist Inhaberin der deutschen Wortmarke "ampliteq" (DE 302008012983.2) sowie der deutschen Wort-/Bildmarke (DE 302008012984.0), beide unter anderem eingetragen für die Warenklasse 9 mit Priorität zum 28.02.2008. Ferner sind beide Zeichen auch beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt als Gemeinschaftswort- bzw. Gemeinschaftswort-/bildmarke mit Priorität zum 27.02.2008 für die Warenklasse 9 eingetragen.
Auf Antrag der Klägerin hat die Kammer im einstweiligen Verfügungsverfahren (Az.: 2a O 124/08) mit Beschluss vom 16.07.2008 der Beklagten untersagt, im geschäftlichen Verkehr das Zeichen "AMPLITEQ" auch als Bildmarke für Telefone, insbesondere Telefone zum besseren Hören und Sehen, zu benutzen, insbesondere das Zeichen auf Waren oder deren Aufmachung anzubringen, unter dem Zeichen die genannte Ware anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu den genannten Zwecken zu besitzen und/oder das Zeichen in Geschäftspapieren und in der Werbung zu benutzen. Auf den Widerspruch der Beklagten wurde die einstweilige Verfügung durch Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 01.10.2008 bestätigt. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 03.11.2009 (Az.: I-20 U 223/08) zurückgewiesen.
Sofort nach Zustellung der einstweiligen Verfügung im August 2008 stellte die Beklagte die Weiternutzung der Marke "ampliteq" ein und vertreibt ihre Produkte nunmehr unter der Bezeichnung "Amplicom". Eine Abschlusserklärung gab sie indes, trotz Aufforderung durch die Klägerin, nicht ab.
Bereits am 30.07.2008 stellte die Beklagte beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) Antrag auf Löschung der Gemeinschaftswortmarke AMPLIDECT (EM XXXXX/XXXX) in Klasse 9. Mit Entscheidung der Löschungsabteilung vom 10.06.2009 wurde dieser Antrag zunächst zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Beklagten entschied die 2. Beschwerdekammer des HABM am 20.11.2009, dass die Marke AMPLIDECT für die in Klasse 9 geschützten Waren nichtig sei, weil sie eine gewisse beschreibende Bedeutung in der französischen Sprache habe. Die daraufhin von der Klägerin zum EuG erhobene Klage wies dieses am 23.11.2011 zurück.
Die Klägerin hat daraufhin einen Antrag auf Umwandlung der Gemeinschaftswortmarke AMPLIDECT in eine deutsche Wortmarke gestellt. Das Zeichen AMPLIDECT ist nunmehr seit dem 09.07.2012 unter der Registernummer Nr. 302012027194 beim Deutschen Marken- und Patentamt als Wortmarke für die Warenklasse 9 eingetragen.
Die Klägerin ist der Ansicht, die umgewandelte Gemeinschaftswortmarke AMPLIDECT und die deutsche Wortmarke AMPLIDECT stellen dasselbe Schutzrecht dar, so dass sie dieselben Wirkungen entfalten. Sie könne daher nunmehr ihre Ansprüche mit Erfolg auf die deutsche Wortmarke AMPLIDECT stützen.
Zwischen ihrer durch Umwandlung eingetragenen deutschen Wortmarke AMPLIDECT und dem Zeichen AMPLITEQ bestehe unter Beachtung der Einzelheiten des Falles, nämlich der Warenidentität, des quasi identischen klanglichen sowie schriftbildlichen Eindrucks der Vergleichszeichen, der Benutzung der Marke AMPLIDECT seit 2007 in Deutschland und des Vertriebs der Waren über denselben Vertriebskanal Verwechslungsgefahr. Ihre Marke verfüge über eine von Haus aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft, die durch die lange Benutzungszeit, auch in Deutschland, noch erhöht worden sei. Zur Beurteilung der Kennzeichnungskraft müsse die Marke insgesamt betrachtet werden, sie dürfe nicht auf die Untersuchung jedes ihrer isoliert betrachteten Wort-/Bildbestandteile gerichtet sein. Zudem sei allein auf den deutschen Durchschnittsverbraucher abzustellen, da die Beklagte das Zeichen AMPLITEQ nur im deutschsprachigen Raum verwendet habe. Wegen der Warenidentität und der sehr hohen Zeichenähnlichkeit sei ferner eine geringe Kennzeichnungskraft ausreichend, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen. In Deutschland sowie beim Harmonisierungsamt seien eine Reihe von "DECT"-Marken eingetragen. Auf die Anlagenkonvolute K 24 und K 26 wird Bezug genommen.
Im Übrigen sei die Klagemarke nach wie vor für die Warenklasse 16 (Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist, Handbücher, Faltblätter, Broschüren, Magazine) eingetragen - was zwischen den Parteien unstreitig ist -, auch insoweit bestehe wegen der Warenähnlichkeit Verwechslungsgefahr.
Darüber hinaus ergebe sich der Unterlassungsanspruch hilfsweise auch aus den Vorschriften des unlauteren Wettbewerbs, da die Beklagte ihren guten Ruf und vertrauliche Informationen im Rahmen der Verhandlungen über eine Zusammenarbeit betreffend den einschlägigen Markt und den Vertriebskanal zu ihren Gunsten ausgenutzt habe.
Schließlich habe die Beklagte auch durch Verwendung eines ähnlichen Zeichens für identische Ware zum einen ihre Absatzmöglichkeiten an schnurlosen Telefonen für Hörgeschädigte behindert und zum anderen auch wettbewerbsrechtlich eine Verwechslungsgefahr begründet.
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.
Hilfsweise beantragt sie,
I.
festzustellen, dass die Beklagte bis zum 24. Mai 2010 verpflichtet war, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Zeichen
AMPLITEQ,
auch als Bildmarke
für Telefone, insbesondere Telefone zum besseren Hören und Sehen, zu benutzen, insbesondere das Zeichen auf Waren oder deren Aufmachung anzubringen, unter dem Zeichen die genannten Waren anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu den genannten Zwecken zu besitzen und/oder das Zeichen in Geschäftspapieren und in der Werbung zu benutzen;
II.
die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft über Name und Anschrift der Hersteller, der Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer und / oder des Auftraggebers sowie der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Gegenstände gemäß Antrag zu Ziffer I. bis zum 24. Mai 2010 zu erteilen;
III.
die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft über die Umsätze zu erteilen, die mit den nach Antrag zu Ziffer I. gekennzeichneten Waren erzielt wurden sowie über den Umfang und die Art der getätigten Werbung, jeweils aufgegliedert nach Kalendervierteljahren und Bundesländern, bis zum 24. Mai 2010;
IV.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden bis zum 24. Mai 2010 zu ersetzen, der ihr durch das Benutzen im geschäftlichen Verkehr der Zeichen gemäß Ziffer I.1., insbesondere durch das Benutzen auf Telefonen, insbesondere Telefonen zum besseren Hören und Sehen, der Zeichen gemäß Ziffer I.1., insbesondere durch das Anbringen auf diesen Waren, das Anbieten dieser und das Inverkehrbringen von diesen Waren unter dem Zeichen gemäß Ziffer I.1., durch das Besitzen zu dem genannten Zweck und / oder das Benutzen des Zeichens gemäß Ziffer I.1. in Geschäftspapieren und in der Werbung im geschäftlichen Verkehr bereits entstanden ist und noch entstehen wird;
V.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, die in ihrem Besitz noch befindlichen widerrechtlichen Gegenstände, die das Zeichen AMPLITEQ, auch als Bildmarke insbesondere auf Telefonen, Etiketten, Verpackungen und Katalogen tragen, zu vernichten;
VI.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, an sie 1.164,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03. März 2010 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Widerklagend beantragt sie,
die Gemeinschaftsmarke AMPLIDECT (EM XXXXX/XXXX) ab dem 25.05.2010 für verfallen zu erklären.
Die Klägerin beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin könne nicht gegen in der Vergangenheit liegenden Benutzungshandlungen wie der streitgegenständlichen mit der im Wege der Umwandlung eingetragenen deutschen Wortmarke AMPLIDECT erfolgreich vorgehen. Rechte aus der Marke könnten erst nach deren Eintragung - hier am 09.07.2012 - geltend gemacht werden, was sich bereits aus dem Wortlaut des Art. 112 Abs. 1 GMV ergebe. Auch komme es bei Annahme einer Identität von Gemeinschaftsmarke und nationaler Marke zu unerträglichen Schwebezuständen.
Zwischen den Zeichen AMPLIDECT und AMPLITEQ bestehe keine Verwechslungsgefahr. Die Wortmarke AMPLIDECT bestehe aus zwei rein beschreibenden Bestandteilen, deren Kombination nicht zu einer schutzfähigen Neukreation führe, so dass der Schutzumfang der Marke äußerst gering sei. "DECT" sei - dies ist unstreitig - eine Abkürzung für die von schnurlosen Telefonen benutzte Technologie, nämlich "Digital Enhanced Cordless Telecommunication". Es handele sich daher um einen im Bereich der Telekommunikation feststehenden, beschreibenden Begriff. Das Deutsche Patent- und Markenamt habe daher in der Vergangenheit eine Reihe von Marken, die den Bestandteil "DECT" aufwiesen, wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht eingetragen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Markenaufzählung auf Seite 5f. des Schriftsatzes vom 22.03.2010 (Bl. 26ff GA.) sowie die Anlage B 4 Bezug genommen.
"AMPLI" sei die Abkürzung der englischen Begriffe "amplifier", "amplification" bzw. "amplify", was "Erweiterung, Vergrößerung oder Verstärkung" bzw. "etwas erweitern, etwas vergrößern" bedeute und damit ein Hinweis darauf, dass es sich um ein verstärktes Telefon handele. Die Begriffe "amplified telephone" bzw. "ampliphone" werden dabei in vielfältiger Form benutzt, um auf verstärkte Telefone hinzuweisen. Die Zusammensetzung beider Begriffe bedeute daher nichts anderes, als dass ein verstärktes Telefon beschrieben werde, welches die DECT-Technologie benutze. Auch Verbraucher verstünden die Bezeichnung "amplified telephone" rein beschreibend. Eine entsprechende Eingabe bei der Suchmaschine Google ergebe 1.050.000 Anzeigen. Auch eine Suche des Begriffs "amplifier" bei Ebay ergebe bereits 1.943 Einträge. Auch der englisch- und der französischsprachige Verbraucher hätten keine Schwierigkeiten, den Begriff AMPLIDECT als rein beschreibend zu erkennen, wie sich aus den vorgelegten Unterlagen ergebe. Auf den Vortrag der Beklagten Bl. 31 - 34 und 75 bis 87 GA wird insoweit Bezug genommen. Selbst die Klägerin benutze die Bezeichnung "Amplified Telephone" in ihren Prospektunterlagen rein beschreibend. Unter Berücksichtigung des Registerstandes, der eine Vielzahl von Marken mit dem Bestandteil "AMPLI" für die Warenklasse 9 aufweise, sei von einem kennzeichnungsschwachen Bestandteil der Klagemarke bzw. davon auszugehen, dass diese aus markenrechtlicher Sicht als "verbraucht" anzusehen sei.
Zwischen der Marke AMPLIDECT und der Bezeichnung AMPLITEQ bestünden ausreichende schriftliche und klangliche Unterschiede, um Verwechslungen auszuschließen. Auch begrifflich unterschieden sich die Marken in ihrem zweiten Bestandteil deutlich, da "TEQ" eine phantasievolle Abwandlung der Abkürzung von TECH sei, während "DECT" auf die verwendete Technologie hinweise.
Soweit die Gemeinschaftswortmarke AMPLIDECT auch für die Warenklasse 16 eingetragen sei, liege, auch mangels Warenähnlichkeit, keine Verwechslungsgefahr vor. Im Übrigen erhebt sie insoweit die Einrede der Verjährung.
Ein Unterlassungsanspruch ergebe sich auch nicht aus den Vorschriften des UWG. Es sei weder vorgetragen, dass die Produkte der Klägerin sich eines besonders guten Rufs erfreuten, noch habe sie vertrauliche Informationen der Klägerin erhalten. Auch hinsichtlich möglicher wettbewerbsrechtlicher Ansprüche erhebt sie die Einrede der Verjährung.
Zur Widerklage behauptet die Beklagte, für die Waren der Klasse 16 werde die Gemeinschaftswortmarke AMPLIDECT nicht benutzt und sei daher für verfallen zu erklären. Verpackungsmaterialien, Handbücher und Faltblätter, die die Klägerin zur Verpackung und Bewerbung ihrer Telefone verwende, seien lediglich Hilfswaren für die Produkte, die eigentlich angeboten werden und fielen nicht unter die Warenklasse 16. Solche Waren würden vielmehr regelmäßig von Druckereien oder anderen papierverarbeitenden Unternehmen gegenüber Dritten angeboten, üblicherweise jedoch nicht von Anbietern von Telefonen. Die Klägerin selbst befasse sich, wie man auch ihrem Internetauftritt entnehmen könne, nicht mit der Herstellung von Printmaterialien.
Die Klägerin behauptet zur Widerklage, die Gemeinschaftswortmarke AMPLIDECT werde für Handbücher und Verpackungsmaterial, mithin Waren der Klasse 16 auch seit dem 18.11.2004 benutzt, wie aus Anlage K 42 ersichtlich sei. Seit dem Jahr 2004 seien mehr als 10.000 Handbücher und nach dem 25.05.2010 mehr als 100 Handbücher und 10.000 Kataloge pro Jahr im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vertrieben worden. Gerade der Aufdruck des Zeichens auf den Handbüchern selber diene dazu, diese von denen anderer Anbieter zu unterscheiden.
Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien in Kopie zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen.
Gründe
Klage und Widerklage sind zulässig und begründet.
A.
Die zulässige Klage hat Erfolg.
I.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte die begehrte Unterlassung zu, im geschäftlichen Verkehr das Zeichen AMPLITEQ, auch als Bildmarke für Telefone, insbesondere Telefone zum besseren Hören und Sehen, zu benutzen, § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Danach ist es Dritten untersagt, ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.
1.
Nachdem die 2. Beschwerdekammer des HABM am 20.11.2009 nunmehr rechtskräftig entschieden hat, dass die Gemeinschaftswortmarke AMPLIDECT (EM XXXXX/XXXX) für die in Klasse 9 geschützten Waren nichtig ist, weil sie eine gewisse beschreibende Bedeutung in der französischen Sprache hat, und eine Löschung für die Warenklasse 9 angeordnet hat, kann die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch nicht mehr mit Erfolg auf die Gemeinschaftswortmarke AMPLIDECT stützen.
Die Klägerin kann sich indes erfolgreich auf ihre deutsche Wortmarke AMPLIDECT (DE 302012027194) berufen. Diese ist, nachdem die Gemeinschaftswortmarke AMPLIDECT der Klägerin für nichtig erklärt worden ist, auf Antrag der Klägerin beim Deutschen Patent- und Markenamt im Wege der Umwandlung der Gemeinschaftsmarke AMPLIDECT (EM XXXXX/XXXX) am 09.07.2012 für die Warenklasse 9 eingetragen worden.
Die Kammer ist der Auffassung, dass die im Wege der Umwandlung eingetragene deutsche Wortmarke AMPLIDECT nicht nur den Zeitrang und die Priorität der Gemeinschaftsmarkenanmeldung genießt, sondern dass es sich bei dem umgewandelten Zeichen materiellrechtlich um das gleiche Schutzrecht handelt wie die weggefallene Gemeinschaftswortmarke AMPLIDECT.
Wesen und Wirkung des durch Umwandlung einer Gemeinschaftsmarke angemeldeten nationalen Folgerechts sind in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Der 27. Senat des Bundespatentgerichts hat in seiner Entscheidung vom 09.11.2004 (27 W (pat) 172/02 - TAXI MOTO) hierzu ausgeführt, aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck des die Umwandlung einer Gemeinschaftsmarke oder Gemeinschaftsmarkenanmeldung in eine nationale Marke betreffenden Art. 108 Abs. 1 und 3 GMV - jetzt Art. 112 Abs. 1 und 3 GMV - ergebe sich, dass einziger Rechtsvorteil der durch die Gemeinschaftsmarkenanmeldung begründete Zeitrang sein soll. Im Übrigen handele es sich um eine von der Gemeinschaftsmarkenanmeldung unabhängige und eigenständige nationale Anmeldung. Die Vorschrift des Art. 108 GMV - jetzt Art. 112 GMV - könne auch nicht erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass der nationalen Marke neben dem Zeitrang auch materiellrechtlich die gleiche Wirkung zukomme wie der weggefallenen Gemeinschaftsmarke (so wohl auch Eisenführ in Festschrift für Mühlendahl, S. 357).
Demgegenüber vertreten der 32. Senat des Bundespatentgerichts in einer Entscheidung vom 08.08.2007 (32 W (pat) 272/03 - WEB VIP / VIP) sowie auch der 26. Senat des Bundespatentgerichts in einer Entscheidung vom 11.10.2007 (26 W (pat) 78/04 - CANNABIS) die Auffassung, bei der weggefallenen Gemeinschaftsmarke und des im Wege der Umwandlung eingetragenen nationalen Folgerechts handele es sich materiellrechtlich um das gleiche Schutzrecht.
So führt der 32. Senat des Bundespatentgerichts in seiner Entscheidung vom 08.08.2007 (32 W (pat) 272/03 - WEB VIP / VIP) aus:
"Das nationale Folgerecht nimmt den Zeitrang und die Priorität des gescheiterten Gemeinschaftsrechts in Anspruch, wie sich aus Art. 108 Abs. 3 GMV - jetzt Art. 112 Abs. 3 GMV - ergibt. Die Gemeinschaftsmarke und die aus dieser im Wege der Umwandlung entstandene nationale Marke verkörpern, unbeschadet der räumlich beschränkten Geltung der Letzteren, dasselbe materielle Schutzrecht. Besonders deutlich tritt dies in den Bestimmungen der Art. 32 und 108 Abs. 7 GMV zutage. Nach Art. 32 GMV hat die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke, deren Anmeldetag feststeht, in den Mitgliedstaaten die Wirkung einer vorschriftsmäßigen nationalen Hinterlegung. Hieran anknüpfend bestimmt Art. 108 Abs. 7 GMV, dass diese Wirkung erlischt, wenn der Umwandlungsantrag nicht innerhalb der - vorliegend einschlägigen - Frist des Art. 108 Abs. 6 GMV eingereicht wurde. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Wirkung des Art. 32 GMV zunächst bis zum Ablauf der Umwandlungsfrist und, falls der Antrag rechtzeitig gestellt wird, auch darüber hinaus erhalten bleibt. Dabei stellt sich die Wirkungsanordnung des Art. 32 GMV letztlich als eine gesetzliche Fiktion dar, die mit der Überleitung der Umwandlung in das nationale Verfahren zur Wirklichkeit wird. Dieser Regelungszusammenhang steht nach Auffassung des Senats der Annahme entgegen, dass die Gemeinschaftsmarkenanmeldung mit ihrer rechtskräftigen Zurückweisung schlechthin untergehe und eine aus der Umwandlung hervorgehende nationale Folgeanmeldung und -marke als unabhängiges und eigenständiges Schutzrecht zu begreifen sei, so dass zwischen dem Eintritt der Rechtskraft der Zurückweisung der Gemeinschaftsmarkenanmeldung und dem Eingang der Umwandlungsanmeldung bei der nationalen Behörde juristisches Niemandsland liegt. Es ist vielmehr von einer Kontinuität von Gemeinschaftsmarkenanmeldung und nationalem Folgerecht auszugehen. Intention des europäischen Gesetzgebers war es offensichtlich, dem mit einer Gemeinschaftsmarkenanmeldung gescheiterten Inhaber gleichwohl auf nationaler Ebene die Wirkungen der Anmeldung so weit wie möglich zu erhalten".
Der Meinung des 27. und 32. Senats des Bundespatentgerichts, dass die im Wege der Umwandlung eingetragene nationale Marke in Kontinuität zur eingetragenen oder angemeldeten Gemeinschaftsmarke entsteht und die gleiche materiellrechtliche Wirkung entfaltet, wird auch in der Literatur vertreten (vgl. Fezer, Markenrecht, 4. Auflage, § 42 Rz. 71; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 125b Rz. 7, Kober-Dehm in Ströberle/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage, § 125d Rz. 12).
Dieser Auffassung schließt sich auch die Kammer an. Zwar spricht der Wortlaut des Art. 112 Abs. 3 GMV davon, dass die nationale Marke, die aus der Umwandlung einer Anmeldung oder einer Gemeinschaftsmarke hervorgeht, in dem betreffenden Mitgliedstaat den Anmeldetag oder den Prioritätstag der Anmeldung bzw. den nach Art. 34 und 35 GMV beanspruchten Zeitrang einer Marke dieses Staates genießt. Sinn und Zweck der Umwandlung ist es jedoch, die Wirkungen der Gemeinschaftsmarkenanmeldung auf nationaler Ebene so weit wie möglich zu erhalten.
Dass mit Wirkungsverlust der Gemeinschaftsmarke zunächst ein Schwebezustand eintritt, weil nicht bekannt ist, ob überhaupt ein Umwandlungsantrag gestellt werden wird, ist hinnehmbar. Denn der Schwebezustand ist durch die in Art. 112 Abs. 4 - 6 GMV vorgesehenen Fristen für die Stellung des Umwandlungsantrags (jeweils drei Monate mit verschiedenen Anknüpfungszeitpunkten) zeitlich abschließend begrenzt. Im übrigen unterscheidet sich dieser Schwebezustand auch nicht wesentlich von dem, der bei jeder Widerspruchserhebung aus einer bloßen Anmeldung eintritt (vgl. auch BPatG 32 W (pat) 272/03 - WEB VIP / VIP).
Zwar handelt es sich vorliegend - anders als in den dem Bundespatentgericht zugrundeliegenden Entscheidungen - nicht um ein Widerspruchsverfahren. Da der umgewandelten nationalen Marke aber - wie ausgeführt - die Wirkungen der Gemeinschaftsmarke auf nationaler Ebene so weit wie möglich erhalten bleiben und diese die gleiche materiellrechtliche Wirkung wie die weggefallene Gemeinschaftsmarke hat, kann die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch nunmehr erfolgreich auf die umgewandelte deutsche Klagemarke stützen.
2.
Zwischen den in Rede stehenden Zeichen besteht Verwechslungsgefahr. Diese liegt vor, wenn die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen die angesprochenen Verkehrskreise zu der irrigen Annahme verleiten können, die konkurrierend angebotenen Waren oder Dienstleistungen stammten aus demselben Geschäftsbetrieb. Ob eine solche Gefahr besteht, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei kommt es auf die Ähnlichkeit der Waren, die Kennzeichnungskraft der Klagemarke sowie auf das Maß der Ähnlichkeit der zu vergleichenden Kennzeichnungen an, wobei zwischen diesen Faktoren eine Wechselbeziehung dergestalt besteht, dass ein geringerer Grad des einen Faktors durch einen höheren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden kann (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, § 14 Rz 415, 430, 431 m.w.N. )
a)
Die für die Klägerin geschützte Bezeichnung ist jedenfalls für den deutschsprachigen Raum kennzeichnungskräftig.
Hiervon ist auch nach der Entscheidung der 2. Beschwerdekammer des HABM auszugehen. Denn diese hat ihre Entscheidung in erster Linie auf den französisch sprechenden Verbraucher gestützt und festgestellt, es reiche aus, dass dem Zeichen eine beschreibende Bedeutung in irgendeinem Teil der Gemeinschaft zugewiesen werden kann, damit es in Konflikt mit Art. 7 (1) (c) GMV gerät.
Dazu, ob die Marke auch im deutschsprachigen Raum rein beschreibende Bedeutung hat, hat die Beschwerdekammer hingegen keine Ausführungen gemacht.
Entgegen der Ansicht der Beklagten hält die Kammer weiter an ihrer bereits in dem einstweiligen Verfügungsverfahren (Az.: 2a O 124/08) geäußerten Auffassung fest, dass der Klagemarke jedenfalls für Deutschland normale Kennzeichnungskraft zukommt. Denn die Marke weist ausreichende individuelle Eigenart auf, um als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen verstanden zu werden, es mithin von anderen zu unterscheiden. Es handelt sich nicht um eine lediglich beschreibende Bezeichnung. Insoweit ist die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BGH vom 20.03.2003 - I ZR 60/01 - (GRUR 2003, 963ff. - AntiVir/AntiVirus) nicht einschlägig. Zwar mag DECT die Abkürzung für eine bestimmte Technologie sein, wobei zweifelhaft ist, ob der hier angesprochene Verkehr diesen Begriff zum einen in seiner Bedeutung, zum anderen als selbständiges Zeichen versteht. Der angesprochene Verkehr besteht hier vorrangig aus den Endabnehmern, die nicht zwangsläufig über technische Kenntnisse verfügen. Solche können insbesondere bei hörgeschädigten älteren Menschen nicht vorausgesetzt werden, zumal es heute praktisch nur noch DECT-Telefone gibt, so dass der Verkehr auf die Angabe auch keinen großen Wert (mehr) legt. Darüber geht die Selbständigkeit des Bestandteils "DECT" auch im Gesamtbegriff "AMPLIDECT" unter. Insofern liegt es nahe, dass der Verkehr das Zeichen als ein einheitliches Wort versteht und den Teilbestandteil DECT gar nicht als solchen erkennt. Aber selbst wenn dies nicht zutreffen sollte, wird der angesprochene Verkehr, der hier aus den Endabnehmern in Deutschland besteht, zumindest die Abkürzung "Ampli" nicht als beschreibend verstehen, da bereits der Begriff "ampflified" oder "Amplification" nicht als im hiesigen Sprachraum geläufig angesehen werden kann. Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus den von der Beklagten vorgelegten Anlagen B 36 bis B 59, die alle den französisch sprachigen Raum betreffen und keinen Bezug zu deutschen Endabnehmern erkennen lassen.
Die Beurteilung der Kennzeichnungskraft einer Marke ist zudem nicht auf eine Untersuchung jedes ihrer isoliert betrachteten Wort- oder Bestandteile gerichtet, sondern muss vielmehr auf die Gesamtwahrnehmung der Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise gestützt werden (EuGH, GRUR 2008, 608 - EUROHYPO). Demzufolge verstehen die angesprochenen Verkehrskreise die Kombination der beiden Zeichen "AMPLI" und "DECT" nicht beschreibend. Vielmehr stellt die Kombination der Begriffe eine durchaus originelle Verknüpfung dar, der durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt.
Aber selbst wenn der Klagemarke beschreibende Anklänge zukämen, ergibt sich nichts anderes. Denn der Schutzumfang eines Zeichens, das sich an eine beschreibende oder sonst freizuhaltende Angabe anlehnt, unterliegt keiner besonderen Beschränkung, wenn es um das Verhältnis zu anderen Bezeichnungen geht, die sich in gleicher oder ähnlicher Weise an den beschreibenden oder freizuhaltenden Begriff anlehnen und ihn verfremden (BGH GRUR 2008, 803, 804 - HEITEC).
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aufgrund der Nichteintragung diverser Marken mit dem Bestandteil "DECT", wie "DECT.COM", "DECT.LAN", "DECT.NET" etc. Diese Marken unterscheiden sich von der Klagemarke dadurch, dass sie sich jeweils aus zwei beschreibenden Begriffen zusammensetzen, deren Eigenständigkeit jeweils durch einen die Begriffe abgrenzenden Punkt verdeutlicht wird.
Auch die in der Zeichenrolle eingetragenen Drittzeichen, die jeweils am Wortanfang den Bestandteil "Ampli" aufweisen, führen nicht dazu, die originäre Kennzeichnungskraft der Klagemarke abweichend, nämlich als von Hause aus schwach zu beurteilen. Zwar trifft es zu, dass Drittzeichen, die in das Markenregister eingetragen sind, unabhängig von der Benutzungslage, bei der Prüfung bedeutsam sein können, welche Kennzeichnungskraft einem Zeichen von Hause aus zukommt. Denn der Rollenstand kann Aufschlüsse über die Originalität eines Zeichens vermitteln: Sind in die Zeichenrolle für gleiche oder benachbarte Warengebiete eine Reihe ähnlicher Zeichen zur Eintragung gelangt, ohne dass deren Inhaber gegen weitere Anmeldungen eingeschritten sind, kann dies ein wichtiger Fingerzeig dafür sein, dass es sich um naheliegende, verbrauchte Wortbildungen von geringer Originalität handelt (vgl. BGH WRP 1999, 192, 195 - Lions, m.w. Nachw.; OLG Köln GRUR-RR 2003, 71, 72 - Fiorini). Den von der Beklagten angeführten Drittzeichen lässt sich indessen keine derartige, gegen die Originalität der Klagemarke sprechende Indizwirkung entnehmen. Denn für die Beurteilung der Kennzeichnungskraft kommt es auf die Marke als Ganzes an. Drittzeichen, die nur in ihrem Wortanfang mit der Marke übereinstimmen, sind zur Schwächung nicht geeignet. Die Berücksichtigung des bloßen Rollenstands beschränkt sich regelmäßig auf Zeichen im engsten Ähnlichkeitsbereich und ist auch hier nur bei einer größeren Anzahl ähnlicher Zeichen veranlasst (BGH GRUR 1971, 577, 578f. - Raupetin; OLG Hamburg NJOZ 2008, 2753, 2756 - Navigon/Nav N Go). Die von der Beklagten aufgezählten Zeichen bewegen sich aber - bis auf möglicherweise "AMPLICHECK" und "AMPLISELECT" - nicht im engsten Ähnlichkeitsbereich. Zwei Marken reichen aber nicht aus, um von einer Schwächung der Klagemarke auszugehen.
Aus denselben Gründen ist die Kennzeichnungskraft der Klagemarke auch nicht nachträglich infolge benutzter ähnlicher Drittzeichen geschwächt worden. Denn Drittzeichen, die den gleichen oder einen größeren Abstand zu dem geschützten Zeichen halten als die angegriffene Kennzeichnung, bewirken keine Schwächung (BGH GRUR 1971, 577, 578 - Raupetin). Wie bereits festgestellt, sind allenfalls die Marken "AMPLICHECK" und "AMPLISELECT" der Klagemarke klanglich ähnlich. Diese halten aber noch einen größeren Abstand zur Klagemarke als die Marke "AMPLITEQ". Darüber hinaus reichen zwei ähnliche Marken für eine Schwächung der Kennzeichnungskraft nicht aus.
b)
Zwischen den von der Klagemarke geschützten Waren, nämlich Telefone, und den von der Beklagten unter dem Zeichen "AMPLITEQ" vertriebenen Telefonen für Hör- und Sehbehinderte besteht Warenidentität.
c)
Die von der Beklagten verwendeten Wort- bzw. Wort-/Bildzeichen amplitec sind der für die Klägerin geschützten Marke in hohem Maße ähnlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Publikum die Zeichen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und bewusst vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines undeutlichen Erinnerungseindrucks gewinnt. Dabei treten die übereinstimmenden Merkmale mehr hervor als die Unterschiede, so dass es nicht so sehr auf die Unterschiede als auf die Übereinstimmungen zweier Zeichen ankommt (BGH GRUR 2000, 506, 509 ATTACHE/TISSERAND). Bei beiden Zeichen sind die Silbenzahlen, der Rhythmus der üblichen Aussprache und die die Klangwirkung maßgeblich bestimmenden Vokalfolgen völlig identisch. Außerdem stimmen jeweils die Wortanfänge überein. Insoweit kann die Abweichung in den mittleren Konsonanten am Anfang der dritten Silbe "d" bzw. "t" sowie in den Endbuchstaben "ct" bzw. "q" die Verwechslungsgefahr nicht ausschließen, denn Wortanfänge werden im allgemeinen stärker beachtet als nachfolgende Wortteile (BGH GRUR 2002, 1067, 1070 DKV/OKV). Hinzu kommt, dass diese Unterschiede klanglich auch kaum auffallen. Der Konsonant "d" wird zwar grundsätzlich weicher ausgesprochen als der Konsonant "t". Dieser Unterschied geht aber aufgrund der Stellung in der Wortmitte, insbesondere bei schnellerer Aussprache fast völlig unter. Auch die Wortendung "t" und "q" sind klanglich sehr ähnlich. Das "Q" im Beklagtenzeichen wird wie "k" ausgesprochen, das "ct" im Klagezeichen wie "kt", wobei das "t" durch den "k"-Laut klanglich überlagert wird.
Die hochgradige klangliche Verwechslungsgefahr ist auch vorliegend nicht etwa irrelevant, wie die Beklagte meint. Denn Telefone werden nicht ausschließlich über Internet oder im Laden auf Sicht gekauft, sondern auch telefonisch.
Die Zeichen unterscheiden sich aber auch schriftbildlich nicht wesentlich. Zwar ist das von der Beklagten genutzte Wort-/Bildzeichen AMPLITEQ durch drei kreisförmige Umrandungen des Anfangsbuchstabens "a" graphisch gestaltet. Dabei handelt es sich aber um eine werbeübliche graphische Ausgestaltung des Anfangsbuchstabens, die nicht ausreicht, um Zeichenähnlichkeit zu verneinen. Vielmehr bleibt es bei dem Grundsatz, dass bei Wort-/Bildzeichen der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend ist, da dieser für den Verkehr regelmäßig die einfachste Bezeichnungsform darstellt (BGH GRUR 2002, 809, 811 FRÜHSTÜCKS-DRINK I). Die Wortzeichen sind aber, wie bereits ausgeführt, hinsichtlich ihres Wortanfanges und der Vokalfolge identisch. Auch in ihrer Länge sind sie fast gleich - das Klagezeichen hat 9, das Beklagtenzeichen 8 Buchstaben. Dass sie sich im mittleren Konsonanten "d" bzw. "t" unterscheiden, fällt kaum auf, weil diesen aufgrund ihrer Stellung mitten im Wort nicht so große Beachtung geschenkt wird. Lediglich die Endung "ct" bzw" "q" ist schriftbildlich unterschiedlich. Dies vermag aber angesichts der sonstigen hochgradigen Übereinstimmungen die Verwechslungsgefahr nicht auszuräumen.
Nach alledem ist aufgrund der hochgradigen Zeichenähnlichkeit und der Warenidentität bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Klagemarke von der Verwechslungsfähigkeit der Zeichen "AMPLIDECT" und "AMPLITEQ" im deutschsprachigen Raum auszugehen.
II.
Die von der Klägerin geltend gemachten Folgeansprüche sind ebenfalls begründet.
1.
Soweit die Klägerin mit ihren Klageanträgen zu Ziffern II. und III. umfangreich Auskunft über die Herkunft und den W-Weg der gemäß Klageantrag zu Ziffer I. gekennzeichneten Telefone begehrt, folgt dieser Anspruch aus § 19 Abs. 1, 2 MarkenG.
2.
Der Feststellungsschadensersatzanspruch (Klageantrag zu Ziffer IV.) ist aus § 14 Abs. 6 MarkenG gerechtfertigt.
Die Beklagte handelte jedenfalls auch fahrlässig. Nach dem unbestrittenen Vortrag hatten Vertragsverhandlungen über ein gemeinsames Projekt zwischen den Parteien stattgefunden aufgrund derer die Beklagte wusste, dass die Klägerin ein Telefon für schlecht hörende Menschen unter der Bezeichnung AMPLIDECT verkauft.
3.
Der Anspruch auf Vernichtung von mit den angegriffenen Zeichen versehener Gegenstände folgt aus § 18 Abs. 1 MarkenG.
4.
Schließlich kann die Klägerin von der Beklagten mit Erfolg Erstattung von Rechtsanwaltskosten für das Abschlussschreiben unter Berücksichtigung eines Streitwerts von 125.000,00 € und einer 0,8 Gebühr, mithin in Höhe von 1.164,80 €, verlangen, 14 Abs. 6 MarkenG. Die vorgerichtliche Einschaltung eines Rechtsanwalts war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.
III.
Über die hilfsweise gestellten Klageanträge war, nachdem die Klägerin mit ihren Hauptanträgen Erfolg hat, nicht mehr zu entscheiden.
B.
Die zulässige Widerklage ist ebenfalls begründet.
Die Gemeinschaftsmarke AMPLIDECT (EM XXXXX/XXXX) ist ab dem 25.05.2010 für verfallen zu erklären ist, Art. 15, 99, 100 GMV.
Nach diesen Vorschriften kann eine Gemeinschaftsmarke für verfallen erklärt werden, wenn der Inhaber sie für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen sind, innerhalb von 5 Jahren, gerechnet von der Eintragung an, nicht ernsthaft in der Gemeinschaft benutzt hat.
Dies ist vorliegend der Fall.
Die Gemeinschaftsmarke AMPLIDECT wurde am 25.05.2005 eingetragen, so dass sie seit dem 25.05.2010 dem Benutzungszwang unterliegt.
Die Klägerin hat nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, dass sie die am 25.05.2005 eingetragene Gemeinschaftswortmarke AMPLIDECT (EM XXXXX/XXXX) für Waren der Klasse 16 (Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist, Handbücher, Faltblätter, Broschüren und Magazine) benutzt hat.
Die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen bestimmen den Kreis der Produkte, für die die Gemeinschaftsmarke zwecks Rechtserhaltung benutzt werden muss. Lassen sich die mit der Marke gekennzeichneten Produkte nicht unter die Begriffe des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses der Eintragung subsumieren, so ist die Benutzungsanforderung nicht erfüllt (Eisenführ in Eisenführ / Schennen, GMV, 3. Auflage, Art. 15 Rz. 21, 22).
Die Klägerin verwendet die Gemeinschaftswortmarke AMPLIDECT ausschließlich für Handbücher und Verpackungsmaterial für die von ihr vertriebenen Telefone. Hierin liegt keine Benutzung für die oben genannten Waren der Klasse 16. Der Markenschutz sichert in erster Linie die Herkunftsfunktion. Dies bedeutet, dass der angesprochene Verkehr Produkte, die ihm unter einer bestimmten Marke angeboten werden, einem Hersteller zuordnet. Der Markenschutz betrifft daher immer solche Waren und Dienstleistungen, die dem angesprochenen Verkehr angeboten werden und zwar als eigenständiges Wirtschaftsgut. Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist, Handbücher, Faltblätter, Broschüren und Magazine werden regelmäßig von Druckereien oder anderen papierverarbeitenden Unternehmen gegenüber Dritten angeboten. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass sie ihre Broschüren, Verpackungen und Handbücher im eigenen Unternehmen herstellt und druckt oder Dritten entsprechende Druckereierzeugnisse anbietet. Vielmehr wird auch die Klägerin Druckereiunternehmen mit der Herstellung der für ihre Telefone benötigten Verpackungsmaterialien, Handbücher und Broschüren beauftragen. Bei den von der Klägerin verwendeten Verpackungsmaterialien und Handbüchern mit der Bezeichnung AMPLIDECT handelt es sich mithin nur um Hilfsmittel für den Vertrieb des eigentlich angebotenen Produkts "Telefon".
Eine andere Betrachtungsweise würde im Übrigen dazu führen, dass für jedes Unternehmen, dass seine Waren unter einer bestimmten Marke vertreibt und diese in Kisten / Kartons mit der entsprechenden Bezeichnung verpackt, eine Benutzung auch von Waren der Klasse 16 bejaht werden müsste.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Streitwert
Klage: 125.000,00 €
Antrag zu I: 75.000,00 €
Antrag zu II. und III. 20.000,00 €
Antrag zu IV. 20.000,00 €
Antrag zu V. 10.000,00 €
Widerklage: 50.000,00 €
LG Düsseldorf:
Urteil v. 17.10.2012
Az: 2a O 25/10 U.
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/7e8b226db677/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_17-Oktober-2012_Az_2a-O-25-10-U