Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 18. Juli 1997
Aktenzeichen: 6 U 217/96
(OLG Köln: Urteil v. 18.07.1997, Az.: 6 U 217/96)
1. Die Verwendung des Zeichens BOSS! für Biere und andere alkoholische Getränke, Mineralwässer und kohlesäurehaltige Wässer, andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte sowie Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken stellt eine unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeute wettbewerbsrechtlich unzulässige Anlehnung an die - u.a. - für Bekleidungsstücke eingetragene Marke BOSS dar. 2. Aus Altzeichen können bei fehlender Warengleichartigkeit bzw. bei fehlender Branchennähe auch nach Einführung des neuen Markenrechts markenrechtliche bzw. firmenrechtliche Ansprüche nicht hergeleitet werden. 3. Zur Frage der Verwertbarkeit einer Meinungsumfrage zum Bekanntheitsgrad einer Marke, die nur in den alten Bundesländern durchgeführt worden ist.
Tenor
A) Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24.9.1996 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 31 O 9/96 - teilweise abgeändert und im Hauptausspruch insgesamt wie folgt neu gefaßt:1.) Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, Biere und andere alkoholische Getränke, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte sowie Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken mit dem Zeichen BOSS!zu versehen und derartig gekennzeichnete Getränke in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr anzubieten, feilzuhalten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen;2.) Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, in die Entziehung des Schutzes der am 21.10.1994 international registrierten Marke "BOSS!", Anmelde-Nr.: 624 036, für alle registrierten Waren für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Patentamt einzuwilligen;3.) Im übrigen wird die Klage, soweit der Rechtsstreit nicht im Berufungsverfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, abgewiesen. B) Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. C) Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 7 %, die Beklagte zu 1) zu 60 % und der Beklagte zu 2) zu 33 % zu tragen. D) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. I.) Die Beklagten können jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in nachbenannter Höhe abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit jeweils in derselben Höhe leistet. Es ist Sicherheit in folgender Höhe zu leisten:1.) Vollstreckung gegen die Beklagte zu 1)Bei Vollstreckung des Anspruches aufa) Unterlassung: 375.000 DM,b) Einwilligung in Schutzrechtsentziehung: 200.000 DM,c) Kostenerstattung: 27.000 DM;2.) Vollstreckung gegen den Beklagten zu 2)Bei Vollstreckung des Anspruches aufa) Unterlassung: 375.000 DM,b) Kostenerstattung: 15.000 DM;II.) Die Klägerin kann die Vollstreckung der Kostenerstattungsansprüche der Beklagten durch Sicherheitsleistung in nachbenannter Höhe abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit jeweils in derselben Höhe leisten. Es ist Sicherheit in folgender Höhe zu leisten:1.) Bei Vollstreckung der Beklagten zu 1) 4.500 DM,2.) Bei Vollstreckung des Beklagten zu 2) 3.800 DM. Beiden Parteien wird nachgelassen, die vorstehend unter I) und II) aufgeführten Sicherheiten auch durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstitutes zu leisten. E) Die Beschwer der Parteien wird wie folgt festgesetzt:a) für die Klägerin auf 37.500 DM,b) für die Beklagte zu 1) auf 537.500 DM,c) für den Beklagten zu 2) auf 337.500 DM.
Tatbestand
Die Klägerin, deren Firmierung auf den Namen ihres Gründers Hugo
Boss zurückgeht, ist eine Herstellerin von Herrenober- bekleidung
des mittleren bis gehobenen Marktsegmentes. Sie besteht seit 1948
und ist im Jahre 1984 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt
worden. Zu Gunsten der Klägerin sind mit Priorität aus dem Jahre
1980 die Marken BOSS und HUGO BOSS, wegen deren Ausgestaltung auf
die als Bl.88 f vorgelegten Auszüge aus der Warenzeichenrolle Bezug
genommen wird, u.a. für Bekleidungsstücke eingetragen. Darüber
hinaus besteht mit Priorität zum 29.5.1987 die weitere Marke der
Klägerin "BOSS HUGO BOSS" in der aus Bl.329 ersichtlichen
Ausgestaltung. Bezüglich ihrer Marke BOSS hat die Klägerin in der
Vergangenheit eine Reihe von Lizenzverträgen abgeschlossen, und
zwar für Bekleidungsstücke, aber auch für Kosmetika und Brillen.
Die Klägerin tritt überdies nach ihren Angaben werblich als
Sponsorin sowohl im Bereich des Sports als auch der Kultur auf.
Die Beklagte zu 1), ein Unternehmen mit Sitz in Àsterreich,
meldete im August 1994 sowohl in Àstereich, als auch für die
Mitgliedsländer des Madrider Markenabkommens die Marke BOSS! für
die Waren der Klassen 32 und 33 an. Die Marke, wegen deren
Ausgestaltung auf die als Bl.138 bei den Akten befindliche
Photokopie Bezug genommen wird, wurde im Oktober 1994 ein-
getragen. Im November 1994 wurde die Eintragung veröffentlicht. Der
Beklagte zu 2) ist Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer
der Komplementärin der Beklagten zu 1). Er ist überdies
vertretungsberechtiger Gesellschafter der B. & Söhne oHG mit
Sitz in G., die seit vielen Jahren von der Klägerin mit
Herrenbekleidung beliefert wurde.
Auf der Nahrungsmittelmesse ANUGA 1995, die vom 30.9.1995 bis
zum 5.10.1995 in Köln stattfand, stellte die Beklagte zu 1) einen
Energy Drink "BOSS!" vor, wegen dessen Ausgestaltung auf die
Anlagen B 2 - B 4 zur Klageerwiderung (Bl.139 ff) Bezug genommen
wird.
Die Klägerin beanstandet im vorliegenden Verfahren die Ver-
wendung des Zeichens BOSS! durch die Beklagten. Sie hat ihr
Begehren auf Markenrecht und auf § 1 UWG gestützt und unter Vorlage
von Studien und Befragungen die Auffassung vertreten, ihre Marke
BOSS sei inzwischen eine bekannte, wenn nicht sogar berühmte Marke,
für die markenrechtlicher Schutz auch außerhalb des
Warenähnlichkeitsbereichs bestehe. Óberdies lehnten sich die
Beklagten in unlauterer und nach § 1 UWG zu untersagender Weise
offen an den guten Ruf ihrer bekannten Marke an. Dem Verkehr sei
bekannt, daß die Inhaber bekannter Marken Lizenzen vergeben,
überdies wisse der Verkehr auch, daß sie - die Klägerin - im Sport
als Sponsorin auftrete. Aus diesen Gründen liege es für den Verkehr
nahe, Verbindungen zwischen Getränken mit der Bezeichnung BOSS! und
ihr zu vermuten.
Die Klägerin hat sinngemäß b e a n t r a g t ,
Die Beklagten zu verurteilen,
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM,
ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu
unterlassen,
in der Bundesrepublik Deutschland im
geschäftlichen Verkehr die Zeichen
BOSS
und/oder
BOSS!
für Getränke zu benutzen, insbesondere,
die genannten Zeichen auf Getränken oder ihrer Aufmachung oder Ver-
packung anzubringen, unter den genannten Zeichen Getränke
anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu den genannten Zwecken zu
besitzen, einzuführen oder auszuführen sowie die genannten Zeichen
in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen;
ihr über den Umfang der vorstehend bezeichneten Handlungen seit
dem 21.10.1994 Auskunft zu erteilen durch Vorlage eines
Verzeichnisses, das enthält
die monatlichen Stückzahlen und die monatlichen Umsätze in
Deutscher Mark mit Getränken, auf denen die in der vorstehenden
Ziffer genannten Zeichen angebracht sind, wobei die Stückzahlen und
Umsätze den einzelnen belieferten Abnehmern zuzuordnen und die
Namen und Adressen der belieferten Abnehmer anzugeben sind,
sowie
eine Zusammenstellung der betriebenen Werbung, auf-
geschlüsselt nach Kalendervierteljahren, Bundesländern und
Werbeträgern,
wobei ihnen vorbehalten bleibt, die
Namen und Anschriften der belieferten Abnehmer auf ihre Kosten an
einen von ihr zu bestimmenden, zur Verschwiegenheit verpflichteten
Wirtschaftsprüfer bekannt zu geben, der seinerseits ermächtigt und
verpflichtet ist, ihr auf Anforderung mitzuteilen, ob eine
bestimmte Lieferung oder ein bestimmter Abnehmer in der Auskunft
der Beklagten enthalten ist;
Die Beklagte zu 1) zu verurteilen, in die Entziehung des
Schutzes der am 21.10.1994 international registrierten Marke
"BOSS!", Anmelde-Nr.: 624 036, für alle registrierten Waren für das
Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durch Erklärung gegenüber dem
Deutschen Patentamt ein- zuwilligen;
III.) Festzustellen, daß die Beklagten
verpflichtet sind, ihr gesamtschuldnerisch allen Schaden zu
ersetzen, der ihr durch die vorstehend unter I 1.) bezeichneten
Handlungen der Beklagten entstanden ist oder noch entstehen
wird;
Die Beklagten haben b e a n t r a g t ,
die Klage abzuweisen.
Sie haben die geltendgemachten Ansprüche in Abrede gestellt und
insbesondere die Ansicht vertreten, BOSS könne weder im Hinblick
auf die Bekanntheit noch im Hinblick auf den qualitativen Ruf den
Schutz einer bekannten Marke für sich in Anspruch nehmen. Durch die
Verwendung der Bezeichnung BOSS! für Getränke werde weder die
Wertschätzung der Marke BOSS der Klägerin beeinträchtigt, noch ein
guter Ruf der Klägerin unlauter ausgenutzt. Im übrigen sei die
Kennzeichnungskraft von BOSS gering, weil der Verkehr den Begriff
eher beschreibend, nämlich als synonym für "Chef" oder
"Vorgesetzter" verstehe. Zudem sei die Kennzeichnungskraft von BOSS
auch dadurch geschwächt, daß andere Unternehmen die Bezeichnung
ebenfalls verwendeten.
Das L a n d g e r i c h t hat der Klage aus § 1 UWG unter dem
Gesichtspunkt des unlauteren Anlehnens und der Ausnutzung des guten
Rufes einer bekannten Marke bzw. einer bekannten geschäftlichen
Bezeichnung stattgegeben.
Die Marke bzw. Geschäftsbezeichnung BOSS sei seit Jahrzehnten in
Deutschland eingeführt und weitesten Kreisen der Bevölkerung
bekannt, was sich u.a. aus dem von der Klägerin vorgelegten
Gutachten über die Verkehrsbekanntheit ergebe. Mit dem Begriff sei
auch eine Wertschätzung verbunden. Der gute Ruf werde durch die
angegriffene Marke BOSS! für Getränke beeinträchtigt. Dies sei
unlauter, weil die Beklagten in der Absicht handelten, sich den
Werbe- und Aufmerksamkeitswert der Bezeichnung der Klägerin zu
Nutze zu machen. Diese Absicht werde durch die als Anlage K 13 mit
der Klageschrift vorgelegten Photos Bl.104 ff belegt. Unabhängig
hiervon liege eine Anlehnung deswegen vor, weil seit langem gerade
bei Unternehmen der Modebranche die Óbung bestehe, u.a. durch die
Vergabe von Lizenzen ihre Produkt- palette zu diversifizieren.
Sowohl diese Tatsache, als auch, daß die Klägerin ebenfalls
derartige Lizensierungen vornehme, sei auch dem Verkehr
bekannt.
Ihre B e r u f u n g gegen dieses Urteil begründen die Beklagten
im wesentlichen wie folgt:
Sie behaupten zunächst - und zwar von der Klägerin unwider-
sprochen -, daß diese die streitgegenständlichen Bezeichnungen
immer nur in der kombinierten Form als "BOSS" mit der kleiner
geschriebenen Unterzeile "Hugo Boss", also unter Verwendung der
Marke, deren Eintragung auf Bl.329 wiedergebenen ist, verwende.
Der streitgegenständliche "Energy-Drink" sei im übrigen bisher
in Deutschland nicht vertrieben und hier auch nur einmal auf der
ANUGA 1995 präsentiert worden.
Schließlich greifen sie das als Anlage K 4 zur Klageschrift
vorgelegte Gutachten an und legen ihrerseits als Anlage BB 2 zur
Berufungsbegründung ein privat eingeholtes, lose bei den Akten
befindliches Gutachten vor, auf das wegen der Einzel- heiten
verwiesen wird.
Rechtlich meinen sie, die Grundsätze aus den Entscheidungen
"Dimple", "Rolls Royce" und "SL" könnten im vorliegenden Fall nicht
ohne weiteres angewendet werden, weil die Bezeichnung "BOSS" auch
andere als Namensfunktionen habe. Die Bezeichung "BOSS" assoziiere
der Verkehr nämlich zunächst mit dem Begriff "Chef". Die mögliche
Rufübertragung müsse aber besonders sorgfältig geprüft werden, wenn
der geschützte Begriff auch Assoziationen erwecke, die von dem
Markenverständnis abwichen.
Es finde auch kein unlauterer Imagetransfer oder eine unlautere
Rufausbeutung statt. Auch wenn die Klägerin im Sport als Sponsorin
auftrete, werde niemand auf Grund ihrer Marke annehmen, daß sie
nunmehr auch im Getränkebereich Produkte anbiete.
Schließlich handele es sich bei der auf den vom Landgericht
erwähnten Photos abgebildeten gemeinsamen Präsentation des
Energy-Drinks im Zusammenhang mit BOSS-Bekleidung nur um einen Gag,
der für die behauptete Absicht, sich an den guten Ruf der
Bezeichnung "BOSS" anzuhängen, nichts hergebe.
In der mündlichen Verhandlung vom 21.05.1997 haben die Beklagten
erklärt, daß sie nur das Recht für sich in Anspruch nähmen, das
Zeichen BOSS!, nicht aber das Zeichen BOSS (also ohne
Ausrufezeichen) zu benutzen. Das Recht werde auch nur in Anspruch
genommen zur Benutzung für die Getränke, die in den Klassen 32 und
33 der Anlage zu § 2 Abs.3 WZG aufgeführt seien, insbesondere also
nicht für Tee und Kaffee.
Weiter haben die Beklagten erklärt, daß sie in der Vergangenheit
Waren mit dem Zeichen BOSS! in der Bundesrepublik Deutschland weder
in Verkehr gebracht haben, noch derartige Waren durch Dritte in
Verkehr haben bringen lassen. Es sei lediglich der Energy Drink auf
der Anuga 95 präsentiert worden, dies habe aber nicht zu
Vertriebshandlungen in Deutschland geführt.
Im Hinblick auf diese Erklärungen haben die Parteien den
Rechtsstreit teilweise übereinstimmend in der Hauptsache für
erledigt erklärt und wechselseitig Kostenanträge gestellt. Die
Erledigungserklärungen erfassen den Auskunftsanspruch und den
Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht in vollem Umfange
und den Unterlassungsanspruch insoweit, als sich der Antrag gegen
die Verwendung des Zeichens BOSS (also ohne Aus- rufezeichen)
gerichtet hat.
Die Beklagten b e a n t r a g e n ,
unter Abänderung des Urteils des
Landgerichts vom 24.9. 1996 die Klage insoweit abzuweisen, als der
Rechtsstreit nicht durch die vorstehend wiedergegebenen Erklärungen
in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist.
Die Klägerin b e a n t r a g t ,
die Berufung mit der Maßgabe
zurückzuweisen, daß das angefochtene Urteil nur insoweit
aufrechterhalten wird, als der Rechtsstreit nicht übereinstimmend
in der Haupt- sache für erledigt erklärt worden ist.
Sie stellt klar, daß sich ihr Begehren allein auf die für das
angegriffene Zeichen BOSS! registrierten Waren bezieht.
Im übrigen verteidigt sie das angegriffene Urteil und meint, die
(noch) geltend gemachten Ansprüche ergäben sich nicht nur aus § 1
UWG, sondern auch aus Marken- und Firmenrecht.
Angesichts seiner konkreten Ausgestaltung werde das aus Bl.329
ersichtliche kombinierte Zeichen BOSS HUGO BOSS gänzlich von dem
Wort BOSS dominiert. Óberdies seien ihre Waren unter dem Zeichen
BOSS bekanntgeworden. Im übrigen ergebe sich aus der von ihr
bereits in erster Instanz vorgelegten Umfrage, die inhaltlich nicht
zu beanstanden sei, die erforderliche Bekanntheit von BOSS.
Ausgehend hiervon habe das Landgericht zu Recht die Voraussetzungen
eines Anspruches aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des unlauteren
Anlehnens und der Ausnutzung des Rufes einer bekannten Marke bzw.
einer geschäftlichen Bezeichnung für begründet gehalten. Óberdies
seien die Ansprüche sowohl aus § 14 Abs.2 Nr.2 und 3 MarkenG wegen
der Benutzung einer verwechslungfähigen Marke, als auch, weil die
Beklagten ihre Erzeugnisse in einer mit ihrem - der Klägerin
-Unternehmenskennzeichen kollidierenden Weise kennzeichneten, aus §
15 Abs.4 MarkenG begründet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die
gewechselten Schriftsätze, die sämtlich Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren, und die zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemachten Akten des einstweiligen Ver-
fügungsverfahrens 31 O 655/95 LG Köln Bezug genommen, das dem
vorliegenden Verfahren vorausgegangen ist.
Gründe
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache nur zu einem
kleinen Teil Erfolg.
Soweit der Rechtsstreit nicht übereinstimmend in der Hauptsache
für erledigt erklärt worden ist, ist die Berufung weitgehend
zurückzuweisen. Denn das Landgericht hat zu Recht die Beklagten zur
Unterlassung der Bezeichnung BOSS! für die registrierten Getränke
und darüber hinaus die Beklagte zu 1) zur Einwilligung in die
Entziehung des Schutzes der streitgegenständlichen Marke BOSS! für
alle registrierten Waren für das Gebiet der Bundes- republik
Deutschland verurteilt. Beide Ansprüche stehen der Klägerin nämlich
aus § 1 UWG zu. Die Berufung ist nur insoweit begründet, als die
Beklagten über die in dem obigen Urteils- tenor beschriebenen
Begehungsformen hinaus verurteilt worden sind, die Verwendung des
Zeichens BOSS! zu unterlassen, weil der Anspruch der Klägerin diese
sich im Verkehr (noch) nicht auswirkenden Handlungen nicht
erfaßt.
Die Verwendung des Kennzeichens BOSS! für diejenigen Getränke,
die die Beklagten bei der Anmeldung des beanstandeten Zeichens
haben registrieren lassen, ist unter dem Gesichtspunkt der
Rufausbeutung, und zwar der Anlehnung an fremde Kennzeichen zur
Empfehlung der eigenen Ware, im Sinne des § 1 UWG unlauter (vgl. zu
dieser Fallgruppe des § 1 UWG allgemein z.B. Baumbach/Hefermehl,
Wettbewerbsrecht, 19.Aufl., § 1 UWG RZ 559 a ff m.w.N.).
Es besteht zunächst - was die Parteien dementsprechend auch
nicht problematisiert haben - das für einen derartigen Anspruch
erforderliche konkrete Wettbewerbsverhältnis. Dafür ist nicht etwa
erforderlich, daß die Parteien bereits vor der Anmeldung der
beanstandeten Marke durch die Beklagten miteinander im Wettbewerb
standen. Es reicht vielmehr zur Begründung des
Wettbewerbsverhältnisses aus, daß der Verletzer sich an den guten
Ruf und das Ansehen des fremden Namens oder der fremden Ware
anhängt und dadurch Vorteile für den Absatz der eigenen Ware sucht
(vgl. BGH GRUR 85,550,552 - "Dimple"; GRUR 91,465,466 - "Salomon").
Diese Voraussetzungen, die zugleich die Sitten- widrigkeit
begründen, liegen indes aus den nachfolgend dar- zustellenden
Gründen vor.
Das Benutzen einer fremden Kennzeichnung für die eigene Ware
stellt dann eine sittenwidrige Rufausbeutung dar, wenn zum einen
die betreffende Marke im Verkehr einen gewissen Ruf erlangt hat,
also bekannt geworden ist, ohne bereits eine berühmte Marke zu
sein, und wenn zum anderen diesem Ruf auch eine Werbewirkung und
Ausstrahlung für das infrage stehende Warengebiet zukommt (vgl. BGH
a.a.O. - "Salomon", S.466 m.w.N.). Nach diesen Kriterien stellt die
Benutzung der Marke BOSS! durch die Beklagten für die registrierten
Getränke eine sittenwidrige Ausbeutung des guten Rufes des Namens
und der Ware der Klägerin dar.
Die Bezeichnung BOSS hat im Verkehr einen für die Rufausbeutung
ausreichenden Ruf erlangt. Dies belegt die von der Klägerin schon
in erster Instanz vorgelegte Umfrage der GfK. Danach war das Wort
BOSS 87,9 % der befragten Frauen und Männer im Alter zwischen 16
und 69 Jahren in den alten Bundesländern einschließlich West-Berlin
bekannt. 67 % der Befragten ordneten dabei "BOSS" zutreffend den
unter der Marke "BOSS" vertriebenen Waren zu, wie die Tabelle 30
der Umfrage als Ergebnis der Frage 3 ausweist, nachdem bereits 72,5
% der Befragten bei der vorangehenden Frage 2, bei der die
Befragten angeben sollten, in welchem Zusammenhang sie das Wort
"BOSS" schon einmal gehört odr gelesen haben, zutreffende
Zusammenhänge zwischen "BOSS" und den unter dieser Marke
angebotenen Waren herstellten.
Es besteht kein Grund, an der Aussagekraft der Untersuchung für
das vorliegende Verfahren zu zweifeln.
So kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deswegen von
einem geringeren Assoziationswert ausgegangen werden, weil die
Klägerin inzwischen das Zeichen nicht mehr als BOSS in
Alleinstellung, sondern in der aus Bl.265 ersichtlichen Fassung
verwendet. Dadurch ist die Bekanntheit von BOSS im
Kollisionszeitpunkt nämlich nicht geschwächt worden. Das ergibt
sich schon daraus, daß die die Bekanntheit bestätigende Umfrage nur
wenige Monate vor der Anmeldung der Marke im Herbst 1994 erfolgt
ist und auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
erst gut 3 Jahre alt war, vor allem aber daraus, daß die neue Marke
durch die Schreibweise und unterschiedliche Größe der Wörter
blickfangmäßig von "BOSS" beherrscht wird.
Die Umfrage belegt die hinreichende Bekanntheit auch unter
Berücksichtigung der Tatsache, daß sie nur in den alten, und nicht
auch in den neuen Bundesländern durchgeführt worden ist. Denn zum
einen erfassen Werbemaßnahmen der Klägerin, die im Fernsehen
überdies bereits vor der Wende dort zu sehen waren, inzwischen auch
die neuen Bundesländer. Zum anderen schränkt die gleichwohl
anzunehmende geringere Bekanntheit der Marke BOSS in den neuen
Bundesländern deren Ruf nicht so weitgehend ein, daß eine
Rufausbeutung nicht mehr möglich wäre. Das ergibt sich schon aus
der wesentlich geringeren Bevölkerungszahl von ca.18 Millionen in
den neuen Bundesländern gegenüber ca.60 Millionen Einwohnern in den
alten Bundesländern und in West-Berlin. Der Bundesgerichtshof hat
in der Entscheidung "Dimple" (a.a.O.) eine Bekanntheit von sogar
weniger als einem Drittel als ausreichend angesehen. Vor diesem
Hintergrund kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Ergebnisse
der GfK-Umfrage auch unter zusätzlicher Berücksichtigung der
Bevölkerung in den neuen Bundesländern eine hinreichende
Bekanntheit von BOSS belegen.
Schließlich sind auch keine methodischen Mängel ersichtlich, die
der Verwertbarkeit der im Omnibus-Verfahren durchgeführten Umfrage
entgegenstünden. Soweit die Beklagten hierzu in der
Berufungbegründung gerügt haben, die Klägerin habe erstinstanzlich
nicht dargelegt, daß sich die anderen Fragenkomplexe der Umfrage
nicht mit verwandten Themen aus der Textilbranche befaßt hätten,
hat die Klägerin in der Berufungserwiderung unwidersprochen
vorgetragen, daß bei der Umfrage keine Fragen zu anderen
Textilmarken gestellt worden seien.
Daß die von den Beklagten angeführten Drittunternehmen mit dem
Bestandteil "BOSS" in ihren Firmen und der Umstand, daß BOSS
durchaus kein seltener Firmenname sei, nicht geeignet sind, die
Kennzeichnungskraft der Bezeichnung der Klägerin zu schwächen, ist
bereits zutreffend vom Landgericht festgestellt worden, auf dessen
Erörterung insoweit verwiesen wird.
Dem nach dem Vorstehenden für eine Rufausbeutung hinreichenden
Ruf von BOSS kommt auch eine Werbewirkung und Ausstrahlung für das
infragestehende Warengebiet, also für die in dem obigen Tenor
aufgeführten Getränke, zu. Dies setzt nach der Recht- sprechung des
BGH (GRUR 83,247 - "Rolls Royce" und a.a.O. "Dimple" und "Salomon")
voraus, daß eine wirtschaftliche Verwertung des Rufes in diesem
Warengebiet auch seitens des Inhabers der Kennzeichnung möglich
ist. Bei der Beurteilung dieser Frage kommt es entscheidend auf die
Eigenart der Kennzeichung selbst, auf die Art der unter der
Kennzeichnung vertriebenen Ware, auf deren Qualität und Ansehen,
auf einen etwa damit verbundenen Prestigewert und vor allem auf das
Verhältnis dieser Waren zu denjenigen an, für die der Ruf der
Kennzeichnung genutzt werden soll (BGH a.a.O.).
Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ist die Verwendung von
BOSS! für Getränke als sittenwidrige Ausbeutung des Rufes der
Klägerin anzusehen. Die Bezeichnung BOSS der Klägerin ist zunächst
von einiger Eigenart und daher gut geeignet, die Erinnerung an die
Klägerin wachzurufen. Das englische Wort "Boss" als Begriff für
"Chef", "Anführer" oder auch "Vorgesetzter" ist zwar auch im
deutschen Sprachraum gut bekannt. Gleichwohl hat BOSS für
Herrenbekleidung aber eine nicht unerhebliche Kennzeichnungskraft,
weil Herrenbekleidung nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem
vorbeschriebenen Wortsinn von "Boss" steht. Die Klägerin vertreibt
unter der aus diesem Grunde eigenartigen Marke BOSS bzw. der Marke
BOSS Hugo Boss in der auf Bl.265 dargestellten Schreibweise
hochwertige Herrenbekleidung von guter Qualität und entsprechendem
Ansehen und hat sich - wie die Ergebnisse der GfK-Umfrage zeigen -
auch ein dementsprechendes Prestige verschafft.
Diesen guten Ruf nutzen die Beklagten durch die Marke BOSS! bei
deren Verwendung für den Absatz von Getränken aus, denn der
Prestigewert von BOSS Herrenbekleidung überträgt sich durch die
Verwendung von BOSS! für Getränke auf diese. Die Käufer der unter
der Marke BOSS vertriebenen Waren sind nämlich auch potentielle
Käufer der Waren, für die das Zeichen BOSS! ein- getragen ist,
einschließlich des von der Beklagten zu 1) unter diesem Zeichen
angebotenen Energy-Drinks. Selbst wenn aber insoweit gewisse
Zweifel bestehen sollten, ändert dies nichts an der Beurteilung der
beanstandeten Wettbewerbshandlung als Rufausbeutung. Wie die
GfK-Umfrage ergeben hat, ist die Bezeichnung BOSS auch in den
Bevölkerungskreisen weithin bekannt, die nicht selbst
Herrenbekleidung der Qualität kaufen, wie sie die Klägerin
vertreibt. Ausweislich der Tabelle 60 des Gutachtens haben 82,6 %
derjenigen Befragten, die nicht selbst hochwertige
Herrenoberbekleidung und/oder Accessoirs kaufen oder tragen, die
Bezeichung BOSS zutreffend den von der Klägerin vertriebenen Waren
zugeordnet. Für die Frage einer Rufausbeutung kann es indes nicht
entscheidend sein, ob die umworbenen Verkehrskreise die unter dem
ausgebeuteten Zeichen vertriebenen Waren auch selbst kaufen. Eine
Rufausbeutung kann vielmehr schon dann stattfinden, wenn die
betreffenden Kunden nur wissen, daß das Zeichen ansonsten für
bestimmte hochwertige Waren verwendet wird. Es kommt hinzu, daß die
Klägerin das Zeichen BOSS selbst für andere Waren lizensiert und -
wie im Verlauf des Berufungsverfahrens unstreitig geworden ist -
unter diesem Zeichen auch als Sponsorin im sportlichen Bereich
auftritt. Auf diese Weise wird nämlich der Kreis derjenigen, die
Konsumenten von mit BOSS bezeichneten Waren sind oder im Rahmen des
Sponsoring mit der Marke BOSS konfrontiert werden, so groß und
indifferent, daß eine Unterscheidung zu den Verkehrskreisen, die
mit der Marke BOSS! für Getränke ange- sprochen werden können, kaum
zu treffen ist.
Die soeben erwähnte Lizensierung von BOSS durch die Klägerin
stellt im übrigen für sich genommen einen wesentlichen
Gesichtspunkt dar, weswegen die Verwendung der Marke BOSS! durch
die Beklagten sich als Rufausbeutung darstellt. Denn der Verkehr
begegnet auf diese Weise dem Zeichen BOSS nicht mehr nur in
Verbindung mit Herrenkleidung, sondern auch zur Kennzeichnung ganz
anderer Waren bzw. sogar gänzlich außerhalb des Handels. Der
Verkehr wird daher bei einem mit BOSS! gekennzeichneten Getränk
erwarten, daß es sich um ein solches handelt, hinter dem der gute
Name der Klägerin bzw. ihrer Marke steht. Er wird aus diesem Grunde
dem Produkt das gleiche hohe Ansehen entgegenbringen, das er den
Produkten der Klägerin entgegenbringt.
Der auf diese Weise erfolgenden Rufausbeutung steht auch nicht
entgegen, daß - worauf die Beklagten in der Berufungsinstanz
maßgeblich abstellen - das Zeichen BOSS auch einen Wortsinn,
nämlich den für das englische Wort "Boss", hat. Denn BOSS! ist
seinem Wortsinne nach nicht geeignet, Herrenkleidung oder Getränke
zu beschreiben. Óberdies haben nur 7,1 % der in der GfK-Umfrage
Befragten den Begriff seinem Wortsinn zugeordnet (vgl. Tabelle 60/1
der Umfrage). Schließlich haben die Beklagten bei der Marke BOSS!
dieselbe Schreibweise wie die Klägerin gewählt, nämlich große
Druckbuchstaben, und so abgesehen von dem hinzugefügten
Ausrufezeichen das identische Erscheinungbild beider Marken
herbeigeführt.
Die vorstehenden Gesichtspunkte zeigen, daß - wie es nach der
oben angegebenen Rechtsprechung des BGH Voraussetzung einer
Rufausbeutung ist - die Klägerin auch selbst im Bereich des
Vertriebs von Getränken die bekannte Kennzeichnung BOSS verwerten
könnte. Dies wird im übrigen durch die Tatsache bestätigt, daß die
Klägerin nach ihrer unwidersprochen gebliebenen Behauptung
Lizensierungsangebote von Getränkeherstellern erhalten hat.
Der Rufausbeutung steht schließlich auch nicht das von den
Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte Gutachten des
IMAS-Instituts über eine Umfrage aus dem Jahre 1996 entgegen. Denn
die Ergebnisse des Gutachtens bestätigen zum Teil die obigen
Feststellungen und beruhen im übrigen auf Fragestellungen, die
nicht geeignet sind, für die Frage der Rufausbeutung maßgebliche
Erkenntnisse zu erbringen. So ist schon durch die erste Frage
(Frage 23a des Gutachtens) die Aufmerksamkeit des/der Befragten
keineswegs allein auf das Wort BOSS, sondern sogleich und sogar in
erster Linie auf ein Getränk mit dieser Bezeichnung gelenkt worden,
indem ihm/ihr ein Photo eines energy drinks mit der Bezeichnung THE
BOSS! gezeigt worden ist. Vor diesem Hintergrund stellt die
Tatsache, daß immerhin noch 6 % der in Deutschland Befragten
gleichwohl erklärt hat, ihnen gehe angesichts des Photos
(Mode-)Bekleidung (für Herren) oder gar HugoBoss durch den Kopf,
eine erhebliche Bekanntheit der klägerischen Marke unter Beweis.
Dem stehen auch die Antworten auf die Frage 23c nicht entgegen.
Darin haben zwar 47 % der in Deutschland Befragten erklärt, sie
verstünden unter der Bezeichnung Boss den englischen Wortsinn. Dies
beruht aber darauf, daß gerade danach gefragt war, woher das Wort
Boss stamme oder was unter dieser Bezeichnung zu verstehen sei.
Soweit schließlich mit den Fragen 23d und 23e nach anderen
Produkten mit dem Namen "Boss" gefragt worden ist, erklärt sich der
gegenüber der GfK-Umfrage geringere Anteil derjenigen, die
überhaupt andere Produkte, und sodann solche aus der
Bekleidungsbranche angegeben haben, ohne weiteres daraus, daß das
Vorstellungsbild der Befragten durch die Vorlage des Photos auf
eben das Produkt der Beklagten fixiert war. Aus demselben Grunde
vermag schließlich auch die Tatsache, daß die Befragten, die
überhaupt andere Produkte mit der Bezeichnung Boss kannten,
überwiegend angenommen haben, die Namensgleichheit sei rein
zufällig, an der Rufausbeutung nichts zu ändern. Auf die Frage 23b
braucht nicht eingegangen zu werden, weil sie ausschließlich auf
die Beschreibung des photographierten Produktes der Beklagten
abzielt.
Schließlich ist mit dem Landgericht, auf dessen Ausführungen
insoweit Bezug genommen wird, davon auszugehen, daß die Beklagten
nicht nur - wie im Rahmen von § 1 UWG ausreichend - in Kenntnis
aller maßgeblichen Tatumstände gehandelt haben und handeln, sondern
ersichtlich gerade beabsichtigen, sich mit dem Zeichen BOSS! den
Werbe- und Aufmerksamkeitswert der Bezeichnung der Klägerin zu
Nutze zu machen. Andere nachvollziehbare Gründe für die Eintragung
eines Zeichens BOSS! für Getränke sind nämlich von den Beklagten
nicht vorgetragen worden und auch nicht sonst ersichtlich.
Nach alledem stellt die Verwendung des Zeichens BOSS! im Verkehr
durch die Beklagten eine sittenwidrige Ausbeutung des guten Rufes
des Zeichens der Klägerin dar. Das gilt bezüglich sämtlicher
Getränke, für die das Zeichen im Rahmen der inter- nationalen
Registrierung angemeldet ist. Es ist nämlich weder vorgetragen noch
ersichtlich, daß für eine oder mehrere der zu Gunsten der Beklagten
zu 1) registrierten Getränkearten andere als die oben dargestellten
Gesichtspunkte, die die Rufaus- beutung begründen, gelten
sollten.
Der Senat hat zur Klarstellung die betroffenen Getränkearten,
bei denen es sich um dieselben handelt, die auch in den Klassen 32
und 33 der Anlage zu § 2 Abs.3 WZG bzw. zu § 15 MarkenV aufgeführt
sind, in den Urteilstenor aufgenommen. Eine Teil- abweisung der
Klage liegt hierin nicht, weil die Klägerin - wie sich aus ihrem
Gesamtvorbringen ergibt - von Anfang an die Unterlassung der
Kennzeichnung nur für solche Getränke begehrt hat, für die das
Zeichen angemeldet ist.
Die Klage ist allerdings insoweit abzuweisen - und hierin liegt
der Teilerfolg der Berufung - als die Klägerin auch über die von
dem obigen Urteilstenor erfaßten Verwendungsformen hinaus die
Kennzeichnung von Getränken mit dem Zeichen BOSS! begehrt.
Eine Rufausbeutung durch Verwendung eines fremden Zeichens setzt
- was nicht näher erläutert werden muß - voraus, daß der Verkehr
mit dem Zeichen tatsächlich konfrontiert wird. Das ist indes
ausschließlich in denjenigen von dem Klageantrag erfaßten
Fallgestaltungen der Fall, die - zur Klarstellung neuformuliert -
in den obigen Tenor aufgenommen worden sind. Demgegenüber sind die
übrigen in dem Unterlassungsantrag enthaltenen Fallgestaltungen -
wie etwa der bloße Besitz und das bloße Anbringen des Zeiches auf
Ware oder Verpackung - nicht zu untersagen, weil sie alleine sich
auf den guten Ruf der Klägerin nicht auswirken können.
Die nicht von dem aus § 1 UWG bestehenden Unterlassungsanspruch
erfaßten Fallgestaltungen könnten zwar möglicherweise von einem
markenrechtlichen Anspruch aus § 14 Abs.2 Ziff.2, Abs.5 MarkenG
oder einem firmenrechtlichen Anspruch aus § 15 Abs.2 und 4 MarkenG
erfaßt sein, indes bestehen derartige Ansprüche auf Grund der
gegebenen Branchenferne nicht.
Der markenrechtliche Anspruch gegen die bereits im Jahre 1994
registrierte Marke setzt mit Blick auf die Óberleitungs- vorschrift
des § 153 Abs.1 MarkenG und auf §§ 5 Abs.4 Ziff.1, 31 WZG
Warengleichartigkeit voraus, die indes ersichtlich nicht
vorliegt.
Entsprechendes gilt für den firmenrechtlichen Anspruch, für den
nach altem wie neuem Recht eine gewisse Branchennähe Voraus-
setzung ist (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., 17. Aufl., § 16 UWG
RZ 59 a ff; Fezer, Markenrecht, § 15 MarkenG, RZ 73, jew. m.w. N.),
die ebenfalls offenkundig nicht gegeben ist.
Neben dem Unterlassungsanspruch in dem zuerkannten Umfang ist
schließlich gegen die Beklagte zu 1) auch der Anspruch auf
Einwilligung in die Schutzrechtsentziehung für alle für das Zeichen
BOSS! registrierten Waren, d.h. für die Waren der Klassen 32 und
33, als Beseitigungsanspruch aus § 1 UWG begründet. Der Senat sieht
hierzu von einer näheren Begründung ab, weil sich der Anspruch ohne
weiteres aus den das Unter- lassungsbegehren tragenden Gründen
ergibt und die Beklagten spezielle Einwände hiergegen auch nicht
erhoben haben. Daß das Unterlassungsbegehren zu einem - kleinen -
Teil erfolglos geblieben ist, hat auf den Beseitigungsanspruch
keinen Einfluß. Die Beklagte zu 1) hat in die
Schutzrechtsentziehung einzu- willigen, weil sich die Benutzung des
Zeichens im Verkehr als sittenwidrige Rufausbeutung erweist.
Der erst nach dem Berufungstermin eingegangene Schriftsatz der
Klägerin vom 13.06.1997 hat vorgelegen. Er hat, da ein
Schriftsatznachlaß der Klägerin nicht eingeräumt war, bei der
Entscheidung des Senats keine Berücksichtigung gefunden und gibt im
übrigen auch keinen Anlaß zu einer Wiedereröffnung der mündlichen
Verhandlung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs.1, 91 a, 100 Abs.1
ZPO.
Der Anteil der abgewiesenen Ansprüche ist auf 10 % des gesamten
Unterlassungsbegehrens zu schätzen, weil die verbleibende
Untersagung der Verwendung des Zeichens im Verkehr ganz im
Vordergrund des Interesses der Klägerin steht. Danach entfällt auf
die Klägerin gleichwohl eine Kostenquote von nur 7 %, weil die
Teilabweisung der Klage den Antrag auf Einwilligung in die
Schutzrechtsentziehung nicht betrifft. Die übrigen Kosten haben die
Beklagten in unterschiedlicher Höhe zu tragen, weil nur die
Beklagte zu 1) auch auf Einwilligung in die Schutzrechtsentziehung
in Anspruch genommen worden ist. Soweit die Klägerin gegen beide
Beklagten erfolgreich ist, haften diese für die Kosten nicht als
Gesamtschuldner, weil sie auch in der Hauptsache nicht als
Gesamtschuldner zu verurteilen sind (§ 100 Abs.4 ZPO).
Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für
erledigt erklärt worden ist, haben die Beklagten die Kosten zu
tragen. Dies entspricht nämlich unter Berücksichtigung des Sach-
und Streitstandes im Zeitpunkt der Abgabe der
Erledigungserklärungen billigem Ermessen (§ 91 a Abs.1 ZPO). Denn
die Beklagten wären ohne Eintritt der jeweiligen erledigenden
Ereignisse auch nach diesen Klageanträgen zu verurteilen.
Das gilt zunächst, soweit die Klägerin ihre Anträge ursprünglich
auch bezogen auf die Verwendung der Bezeichnung BOSS (ohne
Ausrufezeichen) gestellt hat. Denn insoweit bestand bis zu der
Abgabe der diesbezüglichen Erklärung der Beklagten in der
Berufungsverhandlung Erstbegehungefahr, weil die Beklagten sich des
Rechts zur Verwendung des Zeichens auch in dieser Fassung berühmt
haben. Das ergibt sich aus der im Berufungsverfahren
unangegriffenen Darstellung der Kammer auf Seite 15 des
angefochtenen Urteils, die zwar in den Entscheidungsgründen
enthalten ist, der aber gleichwohl Tatbestandswirkung zukommt (§
314 ZPO).
Ebenso wären die Beklagten - bezogen auf das Zeichen BOSS! (mit
Ausrufezeichen) - hinsichtlich des Antrags auf Fest- stellung der
Schadensersatzpflicht und des Auskunftsantrages unterlegen gewesen.
Nachdem auf der Anuga 1995 ein Getränk mit dem Zeichen BOSS!
präsentiert worden ist, ist nämlich davon auszugehen, daß bereits
ein Marktverwirrungsschaden eingetreten sein kann, der sowohl den
Feststellungsantrag als auch den auf die Feststellung der Höhe des
Schadens und dessen Beseitigung gerichteten Auskunftsanspruch bis
zu der Erledigung dieser Anträge gemäß §§ 1 UWG, 242 AGB
rechtfertigt.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§
708 Nr.10, 711 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer der Parteien
entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird unter nach-
folgender Differenzierung wie folgt festgesetzt:
Bis zur teilweisen Erledigungserklärung nach Antrag- stellung
im Berufungstermin entsprechend dem im Einverständnis mit den
Parteien gefaßten Senatsbeschluß vom 21. 5.1997:
Antrag auf Unterlassung
500.000 DM
Antrag auf Einwilligung in
Schutzrechtsentziehung
200.000 DM
Antrag auf Auskunft
70.000 DM
Antrag auf Schadensersatzfeststellung
30.000 DM
Gesamtstreitwert
800.000 DM
B) Im Anschluß an die teilweise Erledigungserklärung im Termin
zur mündlichen Verhandlung:
Antrag auf Unterlassung
375.000 DM
Antrag auf Einwilligung in
Schutzrechtsentziehung
200.000 DM
Gesamtstreitwert
575.000 DM
Mangels näherer Angaben der Klägerin schätzt der Senat gem. §§
12 Abs.1 GKG, 3 ZPO deren für die Wertfestsetzung maßgebliches
Interesse an der Unterlassung des Zeichens BOSS! auf 3/4 ihres
Gesamtinteresses an der Unterlassung, weil das Zeichen nur in
dieser, und nicht auch in der ursprünglich ebenfalls angegriffenen
Fassung ohne Ausrufezeichen als Marke eingetragen ist.
OLG Köln:
Urteil v. 18.07.1997
Az: 6 U 217/96
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/7e9324d29ab6/OLG-Koeln_Urteil_vom_18-Juli-1997_Az_6-U-217-96