Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. November 2009
Aktenzeichen: 33 W (pat) 48/08
(BPatG: Beschluss v. 24.11.2009, Az.: 33 W (pat) 48/08)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patentund Marken-
BPatG 152 amts vom 10. Oktober 2007 und vom 11. März 2008 aufgehoben, soweit darin die Anmeldung in Bezug auf die Dienstleistungen "Geschäftsführung für Dritte; Gestaltung und Unterhalt von Websites für Dritte; redaktionelle Betreuung von Internetauftritten" zurückgewiesen bzw. die Zurückweisung bestätigt worden ist.
Gründe
I.
Die Wortund Zeichenfolge Finanzieren & Lebenist am 7. September 2006 für folgende Dienstleistungen der Klassen 35, 36 und 42 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden:
Klasse 35: Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung; betriebswirtschaftliche Beratung; Dienstleitungen eines Bauträgers, insbesondere organisatorische Vorbereitung von Bauvorhaben; Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in betriebswirtschaftlicher Hinsicht (Facility management); Entwicklung von Werbeund Marketingkonzepten sowie Werbung und Marketing für Immobilien (Facility management); Geschäftsführung für Dritte; Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten; organisatorische Beratung; Vermittlung von betriebswirtschaftlichem Know-How (Franchising); Klasse 36: Bankgeschäfte; Dienstleistungen eines Bauträgers, insbesondere finanzielle Vorbereitung von Bauvorhaben; Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in finanzieller Hinsicht (Facility management); Finanzberatung; finanzielle Beratung; finanzielle Förderung; finanzielle Schätzungen [Versicherungs-, Bank-, Grundstücksangelegenheiten]; Finanzierungen; Finanzierungsberatung; Gebäudeverwaltung; Kreditvermittlung; Lebensversicherung; Vergabe von Darlehen; Vermittlung von finanziellem Know-How (Franchising); Versicherungsberatung;
Klasse 42: Bauberatung; Dienstleistungen eines Bauträgers, insbesondere technische Vorbereitung von Bauvorhaben; Entwicklung von Nutzungskonzepten in technischer Hinsicht (Facility management); Gestaltung und Unterhalt von Websites für Dritte; redaktionelle Betreuung von Internetauftritten; Vermittlung von rechtlichem Know-How (Franchising); Vermittlung von technischem Know-How (Franchising).
Die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patentund Markenamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Markenanmeldung wegen fehlender Schutzfähigkeit zurückgewiesen.
Der angemeldeten Marke fehle jegliche Unterscheidungskraft, da sie für die beanspruchten Dienstleistungen einen so stark im Vordergrund stehenden Sinngehalt habe, dass der Gedanke an einen betrieblichen Herkunftshinweis fernliege. Bei der angemeldeten Wortfolge handele es sich um einen Slogan werbeüblicher Art, der im Zusammenhang mit allen beanspruchten Dienstleistungen zumindest einen stark beschreibenden Anklang aufweise. Der Slogan suggeriere dem Verkehr, dass die fraglichen Dienstleistungen, welche die Finanzierung auf unterschiedlichen Gebieten zum Gegenstand haben könnten, besonders gute Möglichkeiten der Finanzierung bieten würden, die es erlaubten, die Finanzierung eines Objekts wegen der günstigen Konditionen mit einer guten bzw. angenehmen Lebensführung zu verbinden. Der Einsatz des Slogans diene lediglich dazu, Art und Qualität der beanspruchten Dienstleistungen werbend hervorzuheben.
Gegen diese Entscheidungen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die sinngemäß beantragt, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen.
Die Feststellungen der Markenstelle seien nicht geeignet, der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen. Es bleibe offen, welche der beanspruchten Dienstleistungen eine Beratung oder sonstige Leistung betreffe, die unmittelbar und eindeutig, also hinreichend eng mit dem Begriff "Leben" in Verbindung stehe. Der Aussagegehalt stehe nicht so deutlich und unmissverständlich im Vordergrund, dass dieser unmittelbar erkennbar sei, zumal die Wortfolge eine interpretationsbedürftige Mehrdeutigkeit aufweise. Schließlich seien zahlreiche Marken mit dem Bestandteil "Leben" im Markenregister eingetragen.
Mit der Terminsladung ist die Anmelderin unter Vorlage von Recherchematerial auf die fehlende Erfolgsaussichten ihrer Beschwerde hingewiesen worden, soweit es um den Bereich Finanzen und damit in einem mehr oder weniger engen Zusammenhang stehende Dienstleistungen geht. Daraufhin hat die Anmelderin ihr Dienstleistungsverzeichnis auf die im Tenor bezeichneten Dienstleistungen, für welche der Senat eine positive Entscheidung in Aussicht gestellt hat, beschränkt und mitgeteilt, dass sie den anberaumten Termin nicht wahrnehmen werde. Darüber hinaus hat sie um schriftliche Entscheidung gebeten. Der Termin zur mündlichen Verhandlung ist daraufhin abgesetzt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in dem zuletzt noch verfolgten Umfang Erfolg.
Entgegen der Beurteilung der Markenstelle steht nach Auffassung des Senats das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG der Eintragung der angemeldeten Marke in Bezug auf die wenigen, jetzt noch beanspruchten Dienstleistungen nicht entgegen. Insoweit ist auch kein Freihaltungsbedürfnis i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben.
Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 23 ff.). Von den jetzt noch beanspruchten Dienstleistungen werden insbesondere Fachverkehrskreise aus dem Bereich der Wirtschaft, nämlich Firmen, Freiberufler und Gewerbetreibende aus den verschiedensten Branchen angesprochen.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 429 f. (Nr. 30, 31) "Henkel"; BGH GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 17) "FUSSBALL WM 2006"). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, 854 (Nr. 19) "FUSSBALL WM 2006"; EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) "Postkantoor"). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird. Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen -wie die vorliegend angemeldete Wortbzw. Zeichenfolge -sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in Slogans regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sieht, wenn der Slogan eine Werbefunktion ausübt, die z. B. darin besteht, die Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen, es sei denn, dass die Werbefunktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 (Nr. 35) DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien, insbesondere der maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH kann der angemeldeten Marke für die jetzt noch beanspruchten Dienstleistungen "Geschäftsführung für Dritte; Gestaltung und Unterhalt von Websites für Dritte; redaktionelle Betreuung von Internetauftritten" die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Der Verkehr wird die angemeldete Bezeichnung im Zusammenhang etwa mit Finanzdienstleistungen zwar werbemäßig dahingehend verstehen können, dass die Finanzierung von Projekten jeglicher Art in Einklang gebracht werden kann mit dem Leben, was bedeuten kann, dass die durch die Finanzierung angeschafften Dinge selbst ein angenehmes Leben ermöglichen oder dass die Finanzierung größerer Anschaffungen derart günstig ist, dass nach wie vor genug Geld übrig bleibt, um ein angenehmes Leben führen zu können. Bei den jetzt noch beanspruchten Dienstleistungen stehen Finanzierungsfragen aber nicht im Vordergrund, insbesondere auch nicht unter dem spezifischen Aspekt, dass bei Inanspruchnahme der Dienstleistungen im Hinblick auf günstige Finanzierungskonditionen weiterhin eine angenehme Lebensführung möglich bleibt. Selbst wenn entsprechende Dienstleistungen speziell für Unternehmen aus dem Bereich der Finanzbranche angeboten werden, ist die Wortfolge für ein solches Dienstleistungsangebot weder beschreibend, und zwar auch nicht als Bestimmungsangabe, noch als werblicher Hinweis geeignet. Denn selbst in einem solchen Zusammenhang bedarf es mehrerer Gedankenschritte, um auch nur ansatzweise einen beschreibenden Zusammenhang herzustellen. Der Verkehr nimmt aber ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so auf, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen. Demzufolge kann der angemeldeten Marke insoweit die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.
Wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der jetzt noch beanspruchten Dienstleistungen kann bei der angemeldeten Marke auch ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden.
Bender Kätker Knoll Cl
BPatG:
Beschluss v. 24.11.2009
Az: 33 W (pat) 48/08
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