Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Februar 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 167/03
(BPatG: Beschluss v. 10.02.2004, Az.: 33 W (pat) 167/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Mai 2003 aufgehoben.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 11. Juni 2002 die Wortmarke Bavaria Equityfür folgende Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden:
"36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten".
Die Markenstelle für Klasse 36 hat die Anmeldung durch Beschluß eines Angestellten des gehobenen Dienstes vom 7. Mai 2003 gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, daß die angesprochenen Verkehrskreise in der angemeldeten Marke lediglich eine gängige Wortfolge dahingehend erkennen würden, daß Dienstleistungen im Zusammenhang mit "Unternehmensanteilen" erbracht würden, wobei die Herkunft oder der Tätigkeitsschwerpunkt der angebotenen Dienstleistungen in Bayern läge. Die angemeldete Marke habe damit einen unmittelbaren Produktbezug und vermöge nicht, identische Dienstleistungen unterschiedlicher Anbieter unterscheidbar zu machen.
Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde erhoben und beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Sie trägt vor, daß es sich bei der angemeldeten Marke um einen lexikalisch weder in seiner englischen Form noch in der deutschen Übersetzung nachweisbaren Begriff handle. Bereits der Bestandteil "Equity" habe zahlreiche verschiedene Bedeutungen. Im übrigen stelle das Element "Bavaria" sowohl im Englischen als auch im Lateinischen eine substantivische Ortsangabe dar. Bei einer entsprechenden deutschen Übersetzung käme man zu dem bedeutungslosen Begriff "Bayern Eigenkapital" oder "Bayern Unternehmensanteil". Es handle sich daher um eine entgegen grammatikalischen Regeln entsprechende Zusammenfügung von an sich bereits nicht unmittelbar beschreibenden Wortbestandteilen, die sprachlich keinen Sinn ergebe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 3. Februar 2004 sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die nach § 165 Abs 4 MarkenG zulässige Beschwerde ist begründet.
Der Senat hält die angemeldete Wortmarke - entgegen der Beurteilung der Markenstelle - für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG stehen daher keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.
1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2002, 540 - OMEPRAZOK). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß ihr die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (stRspr BGH aaO - marktfrisch; BGH aaO - Cityservice).
Es kann dahinstehen, ob diese Grundsätze der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach dem Erlaß der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs "Farbe Orange" (MarkenR 2003, zu 27 ff) in Zukunft in vollem Umfang weiter aufrechterhalten werden können. Die angemeldete Marke ist jedoch auch unter Berücksichtigung der möglicherweise strengeren Maßstäbe des Europäischen Gerichtshofs in der genannten Entscheidung schutzfähig.
Das angemeldete Zeichen setzt sich aus den beiden Begriffen "Bavaria" und "Equity" zusammen. "Equity" wird mit "Fairness", "Billigkeit" aber auch "Eigenkapital" bzw "Rechte der Anteilseigner an Vermögenswerten" übersetzt (Pons Collins Englisch-Deutsch, 1991, S 216, Dietl/Lorenz Wörterbuch für Recht, Wirtschaft und Politik, 1990, S 282). Den angesprochenen Verkehrskreisen, hier neben Fachkreisen auch dem allgemeinen Publikum ist der Begriff insbesondere im Zusammenhang mit dem vorangestellten Wort "Private" bekannt (vgl z.B. Spiegel, Nr 29/2003, S 72 ff "Krise als Geschäft" - der Artikel beschäftigt sich mit "Private-Equity-Managern").
Der Markenbestandteil "Bavaria" ist sowohl nach seinem lateinischen als auch nach seinem englischen Ursprung im Sinne von "Bayern" zu verstehen.
Der Senat geht davon aus, daß das hier angemeldete Gesamtzeichen in seiner Bedeutung ohne entsprechende analysierende Zwischenschritte nicht ohne weiteres in einen rein beschreibenden Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen gebracht werden kann. Wörtlich bedeutet der Gesamtbegriff "Bayern Eigenkapital". Der Bestandteil "Equity" der angemeldeten Marke erscheint hierbei zwar als Hinweis darauf geeignet, daß sich die beanspruchten Dienstleistungen - insbesondere die Dienstleistungen "Finanzwesen; Geldgeschäfte; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung" - auf Eigenkapital-Finanzierungen und - Services beziehen. In Verbindung mit dem Bestandteil "Bavaria" bleibt die Gesamtaussage der angemeldeten Marke jedoch unklar. Zwar könnte die Gesamtmarke - entsprechend den ermittelten Ausdrücken "Indian Equity", "Chinese Equity" usw. - dahin gehend gedeutet werden, daß die genannten Dienstleistungen sich (nur) auf Unternehmen im bayerischen Raum erstrecken. Eine derartige Einschränkung erscheint angesichts der regelmäßig überregionalen (zumindest gesamtdeutschen) Tätigkeit der hier einschlägigen Anbieter jedoch als zu willkürlich. Hinzukommt, daß die angemeldete Marke nicht "Bavarian Equity" lautet, sondern durch den substantivischen Gebrauch des Wortes "Bavaria" eine Sprachregelwidrigkeit aufweist, sodaß diese Deutung nach Auffassung des Senats insgesamt eher fern liegt. In Betracht käme allenfalls noch der durch "Bavaria" gegebene Hinweis auf den Ort, bzw. das Bundesland, von welchem aus die beanspruchten Dienstleistungen angeboten werden. Doch auch in diesem Fall bildet "Bavaria Equity" eine für eine beschreibende Sachaussage eher ungewöhnliche Zusammenstellung, deren Sinngehalt (zu) verschiedene Aspekte anspricht und sich nicht ausreichend unmittelbar und ohne weiteres für beschreibende Zwecke eignet oder erschließt. Es fehlt daher insgesamt an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, daß die angesprochenen Verkehrskreise die sprachunüblich gebildete begehrte Marke im Sinne einer schlagwortartigen Aussage über eine bestimmte Eigenschaft oder ein sonstiges Merkmal der damit gekennzeichneten Dienstleistungen werten, und nicht aber als Kennzeichnungsmittel verstehen werden.
2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Dienstleistungen dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (vgl BGH Mitt 2001, 366 - Test it; 1202 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten).
Solche Umstände werden durch die angemeldete Wortmarke "Bavaria Equity" nicht klar und eindeutig verständlich genannt. Eine Verwendung der Gesamtbezeichnung als beschreibende Angabe im Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen konnte der Senat nicht nachweisen. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltebedürfnis kann daher insoweit nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen in Zukunft eine Verwendung der sprachunüblich gebildeten angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.
Winkler Pagenberg Dr. Hock Cl
BPatG:
Beschluss v. 10.02.2004
Az: 33 W (pat) 167/03
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