Landgericht Hamburg:
Urteil vom 16. August 2005
Aktenzeichen: 312 O 423/05
(LG Hamburg: Urteil v. 16.08.2005, Az.: 312 O 423/05)
Tenor
Die einstweilige Verfügung vom 9.6.2005 wird bestätigt.
Der Antragsgegnerin hat die weiteren Kosten des Verfahrens nach einem Streitwert von Euro 150.000,00 zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Vertriebes von Arzneimitteln. Die Antragstellerin vertreibt u. a. B, die Antragsgegnerin ein Generikum hierzu unter der Bezeichnung M. Retardtabletten, das als erstes Generikum die Zok-Galenik enthielt. Über eine anlässlich der Markteinführung von M. stattgefundene Veranstaltung wurde mit freundlicher Unterstützung der Antragsgegnerin in der aus Anlage Ast. 2 ersichtlichen Weise in der Presse berichtet.
Diese Veröffentlichung beanstandet die Antragstellerin nach Rücknahme eines weitergehenden Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unter dem Gesichtspunkt der Werbung außerhalb der zugelassenen Anwendungsgebiete. M. ist - wie das Originalpräparat B - zugelassenen für die Behandlung der Angina pectoris. Beide Arzneimittel besitzen jedoch anders als andere M-Präparate keine Zulassung zur Behandlung der koronaren Herzkrankheit (KHK). Die koronare Herzkrankheit umfasst neben der Angina pectoris weitere klinisch relevante Krankheitsformen, u. a. den Herzinfarkt.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, die aus Anlage Ast. 2 ersichtliche Veröffentlichung enthalte eine unzulässige Werbung der Antragsgegnerin für ihr Arzneimittel M. mit der nicht zugelassenen Indikation der KHK.
Die Antragstellerin erwirkte nach teilweiser Antragsrücknahme am 9.6.2005 einen Beschluss, mit welchem der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Verfügung bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel verboten wurde,
im geschäftlichen Verkehr für das Arzneimittel "M. Retardtabletten" mit den Aussagen zu werben
"Ob Hypertonie, stabile koronare Herzkrankheit (KHK), akuter Myokardinfarkt oder Herzinsuffizienz - bei allen diesen Indikationen besitzt M einen herausragenden therapeutischen Stellenwert."
und/oder
"Dies hat insbesondere für KHK-Patienten erhebliche klinische Relevanz".
wenn dies geschieht wie in dem mit dem Beschluss vom 9.6.2005 verbundenen Artikel (entsprechend Anlage Ast. 2).
Hiergegen wenden sich die Antragsgegnerin mit ihrem Widerspruch, zu dessen Begründung sie geltend macht, für die angesprochenen Verkehrskreise sei eindeutig erkennbar, dass mit den beiden streitgegenständlichen Äußerungen keine nicht zugelassene Indikation im Sinne des § 3 a HWG beworben werde, sondern nur allgemein bekannte Erkenntnisse zu dem Wirkstoff M als solches referiert würden. Die zweite der streitgegenständlichen Äußerungen sei in dem gerichtlichen Verbot insofern unzutreffend wiedergegeben, als sie mit einem Doppelpunkt ende, nach dem eine Aussage über das zugelassene Anwendungsgebiet Angina pectoris erfolge.
Die Antragsgegnerin beantragt, die einstweilige Verfügung vom 9.6.2005 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag abzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt Bestätigung der einstweiligen Verfügung.
Zur Ergänzung des Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Gründe
Der zulässige Widerspruch ist nicht begründet. Die einstweilige Verfügung erweist sich auch unter Berücksichtigung des Parteivorbringens im Widerspruchsverfahren als zu Recht ergangen.
Die streitgegenständliche Veröffentlichung gem. Anlage Ast. 2, hinsichtlich derer die Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin zu Recht außer Streit steht, beinhaltet eine nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, 3 a HWG unlautere Werbung für das Arzneimittel M. mit der nicht zugelassenen Indikation der koronaren Herzkrankheit. Die Angina pectoris, zu deren Behandlung M. zugelassen ist, beinhaltet nur eine von mehreren klinisch relevanten Formen der koronaren Herzkrankheit. Die Zulassung zur Behandlung der Angina pectoris berechtigt die Antragsgegnerin daher nicht, für M. mit der Indikation der koronaren Herzkrankheit zu werben. Dies steht zwischen den Parteien auch nicht im Streit und hat bereits in anderer Sache zu der aus Anlage Ast. 1 ersichtlichen Unterlassungserklärung der Antragsgegnerin geführt.
Aber auch die hier streitgegenständliche Veröffentlichung enthält entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine unzulässige Werbung für ihr Arzneimittel mit der Indikation der koronaren Herzkrankheit. Diese Indikation wird in der aus Anlage Ast. 2 ersichtlichen Veröffentlichung als Anwendungsgebiet von M. beworben und nicht lediglich als mögliches Anwendungsgebiet von M-Präparaten allgemein erwähnt. Der streitgegenständliche Artikel "M-Generikum der 3. Generation bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen - Wirksame und wirtschaftliche Therapie" weist bereits in der Überschrift darauf hin, dass es hier um ein konkretes Arzneimittel geht und die nachfolgenden Ausführungen sich daher jedenfalls nicht nur auf die in Rede stehende Substanzklasse beziehen. Im zweiten Satz des nachfolgenden Textes wird das in Rede stehende M-Generikum der 3. Generation mit seinem Markennamen M. ausdrücklich erwähnt. Die darauf folgende, erste der hier streitgegenständlichen Äußerungen zur koronaren Herzkrankheit bezieht der Leser im konkreten Zusammenhang, auf den sich das gerichtliche Verbot beschränkt, daher nicht lediglich auf den Wirkstoff M, sondern auch auf das in dem Satz zuvor erwähnte Arzneimittel M. der Antragsgegnerin. Nach dem Gesamtzusammenhang des Artikels bezieht sich auch die zweite der hier streitgegenständlichen Äußerungen nicht lediglich auf den Wirkstoff M und die Zok-Galenik als solche, sondern wird vom Leser als jedenfalls auch für M. zutreffend verstanden. Dass diese Äußerung mit einem Doppelpunkt endet und in dem nachfolgenden Satz Angina pectoris-Patienten erwähnt werden, führt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht zu einer Beschränkung der Aussage über die koronare Herzkrankheit auf den zugelassenen Anwendungsbereich der Angina pectoris. Der nach dem Doppelpunkt folgende Satz enthält zwar die Aussage, dass die im vorigen Satz erwähnte klinische Relevanz für KHK-Patienten für Angina pectoris-Patienten besonders hoch sei. Damit wird jedoch in keiner Weise klargestellt, dass die in der zweiten streitgegenständlichen Äußerung behauptete erhebliche klinische Relevanz für KHK-Patienten nur für die Angina pectoris als Unterform der KHK behauptet werden soll.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
LG Hamburg:
Urteil v. 16.08.2005
Az: 312 O 423/05
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