ArbG Hamburg:
Beschluss vom 7. November 2012
Aktenzeichen: 27 BVGa 3/12
(ArbG Hamburg: Beschluss v. 07.11.2012, Az.: 27 BVGa 3/12)
Tenor
1. Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, es zu unterlassen, die in Ziffer 3 der Dienstanweisung zur Nutzung des Internets vom 24.10.2012 enthaltenen Regelungen anzuwenden, solange der Betriebsrat hierzu nicht sein Einverständnis erklärt hat oder dieses durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt ist.
2. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Antragsteller (Betriebsrat) begehrt von der Antragsgegnerin (Arbeitgeberin) die Unterlassung der Unterzeichnung bzw. Anwendung von Dienstanweisungen zur Internetnutzung.
Die Antragsgegnerin ist eine Wohnungsbaugenossenschaft. Sie beschäftigt rund 22 Arbeitnehmer. Der Antragsteller ist der bei ihr gebildete Betriebsrat.
Im Sommer 2012 legte die Antragsgegnerin den Arbeitnehmern eine €Ergänzung zum Arbeitsvertrag/Nutzung des Internets€ vor. Inhaltlich sollte den Arbeitnehmern u.a. die Privatnutzung des Internets (einschließlich E-Mail) sowie das Abrufen, Anbieten und Vertreiben rechtswidriger Inhalte untersagt werden. Einige Arbeitnehmer nahmen das Angebot zur Änderung ihrer Arbeitsverträge durch ihre Unterschrift an, von anderen Arbeitnehmern wurde die Annahme verweigert.
Mit Datum vom 24.10.2012 legte die Antragsgegnerin den Arbeitnehmern eine €Dienstanweisung zur Nutzung des Internets€ zur Unterschrift vor, die u.a. folgende Regelungen enthält:
1. Die Nutzung des betrieblichen Internetanschlusses ist Ihnen sowohl zu dienstlichen als auch zu privaten Zwecken untersagt. Die Nutzung des E-Mail-Systems ist ausschließlich zu betrieblichen Zwecken erlaubt. Eine private Nutzung durch den Mitarbeiter ist nicht gestattet.2. Es dürfen keine fremden Programme/Dateien auf die Festplatte kopiert, über Diskette, CD-Rom, ähnliche Datenträger oder das Internet auf dem Rechner installiert und / oder eingesetzt werden. Auf Virenkontrolle ist zu achten. Virenschutzprogramme sind zu nutzen. Auftretende Störungen, die mit einem Virenbefall in Zusammenhang stehen könnten, sind umgehend der Netzverwaltung / dem Systemadministrator zu melden. Das Abrufen, Anbieten oder Verbreiten von rechtswidrigen Inhalten über das Internet oder das E-Mail-System, insbesondere rassistischer und / oder pornographischer Art ist verboten.3. Die Arbeitgeber ist berechtigt, jede Nutzung des E-Mail-Systems für die Dauer von maximal drei Monaten zu speichern, um die Einhaltung der obigen Bestimmungen anhand der gespeicherten Daten zu überprüfen. Ebenfalls ist die Arbeitgeberin berechtigt, jede Nutzung des Internets anhand gespeicherter Daten rückwirkend zu überprüfen. Jede Nutzung wird für die Dauer von maximal drei Monaten gespeichert und ist für die Arbeitgeberin damit nachvollziehbar. Der Mitarbeiter erteilt zu allen aufgeführten Maßnahmen seine Einwilligung gemäß § 4a BDSG. (...) Dienstanweisung zur Nutzung des Internets Von der Dienstanweisung zum Verbot der Nutzung des Internets habe ich heute Kenntnis genommen. Mir ist bekannt, dass ich das Internet weder zu dienstlichen noch zu privaten Zwecken nutzen darf und ein Verstoß arbeitsrechtliche Konsequenzen zur Folge haben kann. Hamburg, den __________ Unterschrift: ________________________Im Übrigen wird Bezug genommen auf die Anlage BR 1 (Bl. 7 d.A.)
Die Dienstanweisung wurde von mindestens zwei Arbeitnehmern unterschrieben.
Mit Schreiben vom 25.10.2012 wies der Antragsteller die Antragsgegnerin auf das nach seiner Ansicht bestehende Mitbestimmungsrecht hin und forderte die Antragsgegnerin auf, bis um 16.00 Uhr desselben Tages zu erklären, die Dienstanweisung zurückzuziehen. Es wird Bezug genommen auf die Anlage BR 2 (Bl. 9 d.A.). Die Antragsgegnerin teilte am 25.10.2012 mündlich mit, dass die Dienstanweisung nicht zurückgenommen werde.
Am 29.10.2012 beschloss der Betriebsrat in Anwesenheit aller Mitglieder, den hiesigen Verfahrensbevollmächtigten mit dem Erlass einer einstweiligen Verfügung zu beauftragen.
Der Antragsteller ist der Ansicht, dass durch die Dienstanweisung seine Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 BetrVG betroffen seien. Bei dem Verbot der Internetnutzung sowie den weiteren Anweisungen in Nr. 2 der Dienstanweisung handele es sich um Regelungen des Ordnungsverhaltens. Durch Nr. 3 der Dienstanweisung werde der Tatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG erfüllt. Auch bestehe die Besorgnis - so der Antragsteller im Termin zur Anhörung vor der Kammer -, dass die Antragsgegnerin von der Korrespondenz des Betriebsrats Kenntnis erlange.
Der Antragsteller beantragt zuletzt,
1. der Beteiligten zu 2. aufzugeben, es zu unterlassen, von ihren Arbeitnehmern Unterschriften unter eine €Dienstanweisung zur Nutzung des Internets€ - insbesondere eine solche vom 24.10.2012 - zu fordern oder entgegenzunehmen, solange der Betriebsrat zu dieser nicht sein Einverständnis erklärt hat oder dieses durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt ist,
2. der Beteiligten zu 2 aufzugeben, es zu unterlassen, die in der Dienstanweisung zur Nutzung des Internets vom 24.10.2012 enthaltenen Regelungen durchzusetzen, solange der Betriebsrat hierzu nicht sein Einverständnis erklärt hat oder dieses durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt ist,
3. hilfsweise der Beteiligten zu 2 aufzugeben, es zu unterlassen, die in Ziffer 2 und 3 der Dienstanweisung zur Nutzung des Internets vom 24.10.2012 enthaltenen Regelungen anzuwenden, solange der Betriebsrat hierzu nicht sein Einverständnis erklärt hat oder dieses durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt wird,
4. hilfsweise der Beteiligten zu 2 aufzugeben, es zu unterlassen, die in Ziffer 3 der Dienstanweisung zur Nutzung des Internets vom 24.10.2012 enthaltenen Regelungen anzuwenden, solange der Betriebsrat hierzu nicht sein Einverständnis erklärt hat oder dieses durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt ist,
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin meint, dass durch die Dienstanweisung die Mitbestimmungsrechte nicht berührt seien. Es obliege der Arbeitgeberin, die Privatnutzung der Betriebsmittel vollständig zu untersagen. Dies gehöre zum Arbeits- und nicht zum Ordnungsverhalten. Ziffer 2 der Dienstanweisung sei lediglich eine Konkretisierung dieses Verbots. Hinsichtlich der Ziffer 3 der Dienstanweisung enthalte das Bundesdatenschutzgesetz mit § 4 eine gesetzliche Regelung, sodass nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbsatz BetrVG kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehe. In Ziffer 5 der Dienstanweisung werde lediglich auf die rechtlichen Konsequenzen von Verstößen hingewiesen. Soweit der Antragsteller Globalanträge stelle, seien diese insgesamt unbegründet und nicht teilweise begründet.
Wegen des weiteren Sachvortrages der Beteiligten, ihrer Glaubhaftmachung und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen (§ 80 Abs. 2, § 46 Abs. 2 ArbGG, § 313 Abs. 2 ZPO).
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Verhinderung von Verstößen gegen das Mitbestimmungsrecht ist zulässig. Die Anträge sind in ihrer letzten Fassung auch bestimmt genug. Der Antrag zu Ziffer 1. ist umfassend formuliert. Durch diesen soll dem Arbeitgeber untersagt werden, Unterschriften der Arbeitnehmer unter jegliche €Dienstanweisung zur Nutzung des Internets€ zu fordern oder entgegenzunehmen. Etwaige Unklarheiten ergeben sich hieraus nicht. Dass es sich um einen sehr weit gefassten Globalantrag handelt, der unter Umständen auch solche Fallkonstellationen erfasst, bei denen kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht, betrifft nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit. Ein solcher Globalantrag ist umfassend, aber nicht unbestimmt (vgl. BAG v. 29.06.2011, 7 ABR 135/09, juris, Rn. 14).
Schließlich hat der Antragsteller einen Beschluss zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens getroffen. Da der Antragsteller zudem glaubhaft gemacht hat, dass an der betreffenden Betriebsratssitzung sämtliche Mitglieder des Betriebsrats teilgenommen haben, kommt es für die Ordnungsgemäßheit des Beschlusses nicht auf die Ladung zur Betriebsratssitzung an.
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist teilweise begründet.
Dem Betriebsrat steht grundsätzlich ein Anspruch auf Unterlassung von mitbestimmungswidrigen Maßnahmen zu, wenn der Arbeitgeber Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats aus § 87 BetrVG verletzt. Dieser Anspruch setzt grundsätzlich auch keine grobe Pflichtverletzung des Arbeitgebers im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG voraus (BAG v. 27.01.2004, 1 ABR 7/03, AP Nr. 40 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung; v. 03.05.1994, 1 ABR 24/93, AP Nr. 23 zu § 23 BetrVG 1972; Fitting, BetrVG, 26. Aufl. 2012, § 87 Rn. 596 und § 23 Rn. 99 ff. m. w. N.).
a. Der Antragsteller hat einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin, dass sie die in Ziffer 3. Dienstanweisung enthaltenen Regelungen nicht anwendet. Im Übrigen fehlt es an einem Verfügungsanspruch, da durch die sonstigen Regelungen der Dienstanweisung die Mitbestimmungsrechte des Antragstellers nicht berührt werden.
aa. Für den Antrag zu 1. fehlt es dem Antragsteller an dem erforderlichen Verfügungsanspruch. Mit seinem Antrag zu 1. begehrt der Antragsteller ein Unterlassen der Antragsgegnerin, Unterschriften von Arbeitnehmern unter jegliche Dienstanweisungen betreffend die Nutzung des Internets zu fordern beziehungsweise entgegenzunehmen. Hierbei handelt es sich um einen Globalantrag, da der Antragsteller keine weiteren Einschränkungen für den Inhalt einer etwaigen Dienstanweisung vorgenommen hat. Zwar hat er durch den Einschub €insbesondere eine solche vom 24.010.2012€ eine konkrete Fallgestaltung benannt. Dem Antrag ist jedoch durch Auslegung nicht zu entnehmen, dass auch die sonstigen Dienstanweisungen die inhaltlichen Regelungen der vorgenannten Dienstanweisung enthalten sollen. Weiterhin enthält der vorgenannte Einschub keinen Hilfsantrag (vgl. zur Benennung einer besonderen Fallgestaltung durch den Einschub €jedenfalls€ BAG v. 03.06.2003, 1 ABR 19/02, juris, Rn. 22). Durch die weiteren Anträge und Hilfsanträge hat der Antragsteller zum Ausdruck gebracht, dass es ihm mit dem Antrag zu 1. um eine umfassende Untersagung geht, er sich auch nicht hilfsweise auf die Dienstanweisung vom 24.10.2012 beschränken wollte.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein Globalantrag, der eine Vielzahl von Fallgestaltungen erfasst, insgesamt als unbegründet abzuweisen, wenn es darunter zumindest auch Fallgestaltungen gibt, in denen sich der Antrag als unbegründet erweist (BAG v. 10.03.2009, 1 ABR 87/07, juris, Rn. 21; v. 03.06.2003, 1 ABR 19/02, juris, Rn. 27 m.w.N.). Es sind Fallgestaltungen denkbar - bei der Dienstanweisung vom 24.10.2012 handelt es sich um eine solche -, in denen dem Antragsteller kein Mitbestimmungsrecht zusteht. Beispielsweise könnte der Arbeitgeber bestimmen, dass das Internet nicht zu privaten, sondern ausschließlich zu dienstlichen Zwecken genutzt werden kann. Nach der Rechtsprechung des LAG Hamm, der sich die Kammer anschließt, kann der Arbeitgeber die Nutzung von Betriebsmitteln für private Zwecke generell untersagen, ohne dass hierdurch Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats betroffen werden (LAG Hamm v. 07.04.2006, 10 TaBV 1/06, juris). Eine Dienstanweisung, die sich hierauf beschränkt, wäre nicht nach § 87 BetrVG mitbestimmungspflichtig. In diesem Fall könnte der Antragsteller kein Unterlassen der Umsetzung verlangen.
Die Kammer war auch nicht befugt, den von dem Antragsteller gestellten Antrag zu 1. auf die Dienstanweisung vom 24.10.2012 zu beschränken. Wie bereits dargelegt, hat der Antragsteller durch seinen Einschub €insbesondere€ keinen Hilfsantrag gestellt, sondern lediglich eine mögliche Gestaltung beispielhaft benannt. Im Übrigen ist das Gericht daran gehindert, einen Globalantrag auf das begründete Maß €zurechtzustutzen€. In einem solchen Fall würde etwas anderes zugesprochen werden, aber nicht ein Weniger (ErfK-Koch, 11. Aufl. 2011, § 81 ArbGG Rn. 3). Hieran ändert auch § 938 ZPO nicht. Zwar kann das Gericht beim Erlass einer einstweiligen Verfügung nach freiem Ermessen bestimmen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zwecks erforderlich sind. Dies enthebt das Gericht jedoch nicht von der Bindung an den Willen der Beteiligten, wie er in der Antragstellung zum Ausdruck gekommen ist (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 938 Rn.2). Die Stellung eines Globalantrags ist zudem auch nicht unzweckmäßig. Sie ist in der vorliegenden Konstellation lediglich unbegründet, worauf das Gericht in der Anhörung vorab hingewiesen hat. Damit fehlt es bereits an den Tatbestandsvoraussetzungen des § 938 ZPO.
bb. Auch hinsichtlich des Antrags zu 2. ist ein Verfügungsanspruch nicht gegeben. Mit dem Antrag zu 2. begehrt der Antragsteller die Unterlassung der Durchsetzung der Dienstanweisung vom 24.10.2012. Anders als bei dem Antrag zu 1. beschränkt sich der Antragsteller damit auf die konkrete als Anlage BR 1 vorgelegte Dienstanweisung. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Unterlassung der Umsetzung der gesamten Dienstanweisung.
(1) Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führt eine einzelne mitbestimmungspflichtige Regelung nicht dazu, dass ein Gesamtwerk insgesamt der Mitbestimmungspflicht unterliegen würde (BAG v. 22.07.2008, 1 ABR 40/07, juris, Rn. 41, 45). Dies gilt möglicherweise dann nicht, wenn es sich um ein unauflösbares Gesamtwerk handelt, was vorliegend jedoch keiner Entscheidung bedarf. Die Dienstanweisung vom 24.10.2012 enthält u.a. Regelungen zur privaten Internetnutzung und zur Speicherung und Verwertung der anfallenden Daten. Diese Regelungen stehen nicht in einem unauflösbaren Zusammenhang, sondern können auch separat für sich bestehen bleiben. Begehrt der Betriebsrat die Feststellung, dass ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich eines Gesamtwerks besteht, kann einem solchen Antrag nur insgesamt entsprochen werden oder er muss insgesamt zurückgewiesen werden (BAG v. 22.07.2008, 1 ABR 40/07, juris, Rn. 37). Entsprechendes gilt vorliegend für den Unterlassungsantrag des Antragstellers. Soweit hinsichtlich einzelner Regelungen der Dienstanweisung kein Mitbestimmungsrecht besteht, kann der Antragsteller nicht die Unterlassung des gesamten Regelwerks verlangen.
(2) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb mitzubestimmen. Gegenstand dieses Mitbestimmungsrechts ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat aber nur mitzubestimmen bei Maßnahmen, die das sogenannte Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb betreffen. Nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig sind dagegen Maßnahmen, die das sogenannte Arbeitsverhalten regeln sollen. Dies sind solche Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert und abgefordert wird (LAG Hamm v. 07.04.2006, 10 TaBV 1/06, juris, Rn. 41 m.w.N.). Es obliegt dem Arbeitgeber, über die Verwendung der Betriebsmittel zu bestimmen. Insofern entscheidet der Arbeitgeber darüber, ob die Betriebsmittel ausschließlich für betriebliche Zwecke eingesetzt oder aber auch privat von den Arbeitnehmern genutzt werden dürfen. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats könnte sich nach der überzeugenden Rechtsprechung des LAG Hamm, der sich die Kammer anschließt, allenfalls dann ergeben, wenn konkrete Regelungen zur Privatnutzung von Internet und E-Mail aufgestellt werden sollten, beispielsweise durch die Beschränkung auf bestimmte Tageszeiten. Soweit es aber um die Frage geht, ob eine Privatnutzung überhaupt gestattet wird, kann der Arbeitgeber mitbestimmungsfrei über die Gewährung freiwilliger Leistungen entscheiden (LAG Hamm v. 07.04.2006, 10 TaBV 1/06, juris, Rn. 43; zur Privatnutzung von Diensttelefonen vgl. LAG Nürnberg v. 29.01.1987, 5 TaBV 4/86, NZA 1987, 572). Aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Radiohören im Betrieb (BAG v. 14.01.1986, 1 ABR 75/83, juris) ergibt sich nichts anderes. In der dortigen Entscheidung ging es um das Verbot, während der Arbeit mit privaten Transistorradios Radio zu hören. Insofern ging es in der Entscheidung nicht - wie vorliegend - um die Nutzung der Betriebsmittel. Im Übrigen lässt sich während der Arbeitszeit zwar nebenbei Radio hören, jedoch nicht privat im Internet surfen oder privat E-Mails schreiben. Hieraus folgt die Unterscheidung, dass im ersten Fall die Ordnung im Betrieb betroffen ist, während es im letzteren Fall um die Erbringung der Arbeitsleistung während der vorgegebenen Arbeitszeit, mithin das Arbeitsverhalten geht.
(3) Unter Anwendung der vorstehenden Grundsätze ergibt sich Folgendes: Die Regelungen in Ziffern 1. und 2. der Dienstanweisung unterliegen nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG. Die Antragsgegnerin trifft in Ziffern 1. und 2. keine Regelung zum Ordnungsverhalten i.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Vielmehr geht es um das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer, für das der Antragsteller kein Mitbestimmungsrecht hat.
Die Antragsgegnerin hat den Arbeitnehmern in Ziffern 1. und 2. die private Nutzung der Internetanschlüsse und des E-Mail-Systems generell untersagt. Ausnahmen hiervon sind in der Dienstanweisung nicht vorgesehen. Insofern lässt die von der Antragsgegnerin getroffene Regelung keinen Raum für ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers.
(4) Auch andere Tatbestände des § 87 Abs. 1 BetrVG werden durch die Regelungen in Ziffern 1. und 2. nicht berührt. Bei der Untersagung der privaten Nutzung ist § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht einschlägig. Soweit in der Vergangenheit die private Internetnutzung gestattet war, handelte es sich um eine freiwillige Leistung, zu deren Aufrechterhaltung der Antragsgegner nicht verpflichtet werden kann (vgl. LAG Hamm v. 07.04.2006, 10 TaBV 1/06, juris, Rn. 50). Die weiteren Regelungen in Ziffer 2. betreffen vorrangig die Umsetzung des Verbots der Privatnutzung. Zudem wird auf die Verwendung von Virenschutzprogrammen bei der Erfüllung der Arbeitspflichten hingewiesen. Ein Zusammenhang zu § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist hierbei nicht erkennbar und auch vom Antragsteller nicht vorgetragen.
(5) Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass dem Antragsteller kein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Ziffern 1. und 2. der Dienstanweisung vom 24.10.2012 zusteht. Insofern kann er auch kein generelles Unterlassen der Umsetzung verlangen. Aus diesem Grund fehlt es an einem entsprechenden Verfügungsanspruch.
cc. Der hilfsweise gestellt Antrag zu 3., über den nach der Zurückweisung der Anträge zu 1. und 2. zu entscheiden war, ist gleichfalls zu weit gefasst, sodass es auch insofern an einem Verfügungsanspruch fehlt. Mit dem Antrag begehrt der Antragsteller die Unterlassung der Anwendung der Regelungen zu Ziffern 2. und 3. der Dienstanweisung vom 24.10.2012. Aus den unter lit. bb. dargelegten Gründen fehlt es jedoch hinsichtlich der Ziffer 2. an einem Mitbestimmungsrecht, auf das sich der Antragsteller berufen könnte, sodass es für den Antrag zu 3. an einem Unterlassungsanspruch fehlt.
dd. Der Antragsteller hat nach dem hilfsweise gestellten Antrags zu 4. einen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin die mitbestimmungswidrigen Handlungen unterlässt. Mit der Ziffer 3. der Dienstanweisung ist das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG betroffen.
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, mitzubestimmen. In Nr. 3 der Dienstanweisung ist u.a. geregelt, dass die Antragsgegnerin berechtigt ist, Daten maximal drei Monate zu speichern und anhand dieser Daten die Einhaltung der Dienstanweisung zu überprüfen. Weiterhin erklärt der Arbeitnehmer durch Unterzeichnung der Dienstanweisung sein Einverständnis nach § 4a BDSG. Damit handelt es sich, unabhängig davon, dass das E-Mails-System bereits seit längerer Zeit genutzt wird, um eine Anwendung einer technischen Einrichtung i.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die Daten dienen auch - ausweislich der Dienstanweisung - der Kontrolle des Verhaltens der Arbeitnehmer. Eine entsprechende Speicherung und Zweckbestimmung der Daten hat es zuvor noch nicht gegeben. Mitbestimmungspflichtig ist beispielsweise auch die Vergrößerung der Zahl der erfassten Daten (vgl. ErfK-Kania, 11. Aufl. 2011, § 87 BetrVG Rn. 99).
Ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ist nicht aufgrund des BDSG ausgeschlossen. Das BDSG stellt keine vollständige und abschließende Regelung über den Umgang mit Arbeitnehmerdaten dar, die eine Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbsatz BetrVG ausschlösse (BAG v. 22.08.2008, 1 ABR 40/07, juris, Rn. 80; ähnlich bereits BAG v. 23.04.1985, 1 ABR 2/82, juris, Rn. 26). Das BDSG legt beispielsweise nicht abschließend fest, welche Daten wie lange gespeichert werden müssen, zu welchen einzelnen Zwecken die Daten ausgewertet werden dürfen und wie der Vorgang der Auswertung abzulaufen hat, dass beispielsweise ein Mitglied des Betriebsrats anwesend sein muss. Damit lässt das BDSG dem Arbeitgeber einen erheblichen Spielraum zur Ausgestaltung, für den nach Sinn und Zweck der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer der Betriebsrat zu beteiligen ist.
Da dem Antragsteller ein Recht zur Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG im Hinblick auf Nr. 3 der Dienstanweisung zusteht, der Antragsgegner gleichwohl - ohne Beteiligung des Antragstellers - die Regelung zur Anwendung bringt bzw. bringen möchte, hat der Antragsteller einen Unterlassungsanspruch.
b. Es besteht auch der erforderliche Verfügungsgrund.
Nach §§ 940, 935 ZPO in Verbindung mit § 85 Abs. 2 ArbGG ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung zum Zweck der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
Der Verfügungsgrund, also die besondere Dringlichkeit, folgt hier daraus, dass die Antragsgegnerin bereits mit der Umsetzung der in der €Dienstanweisung zur Nutzung des Internets€ in Ziffer 3. genannten Regelungen begonnen hat. Die Arbeitgeberin hat die Dienstanweisung den Arbeitnehmern bereits zur Unterschrift vorgelegt. Einige Mitarbeiter haben diese auch unterschrieben und damit nicht nur die Kenntnisnahme bestätigt, sondern auch ihre Einwilligung in die in Ziffer 3. geregelte Datenspeicherung und -nutzung erklärt. Insofern hat die Antragsgegnerin bereits mit der Umsetzung der mitbestimmungswidrigen Maßnahme begonnen. Überwiegende Interessen der Antragsgegnerin, bereits zum jetzigen Zeitpunkt die Regelungen in Ziffer 3. umzusetzen, bevor der Antragsgegner ordnungsgemäß beteiligt wurde, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Würde die Arbeitgeberin bis zu einer (rechtskräftigen) Entscheidung in der Hauptsache die Daten entsprechend speichern und gemäß der Einwilligung der Arbeitnehmer nutzen, liefe das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers für einen erheblichen Zeitraum leer.
3. Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei (§ 2 Abs. 2 GKG i.V.m. § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG). Eine gesonderte Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten ist wegen der Besonderheiten des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens nicht zu treffen (BAG v. 20.4.1999, Az. 1 ABR 13/98, juris).
ArbG Hamburg:
Beschluss v. 07.11.2012
Az: 27 BVGa 3/12
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