Bayerischer Verwaltungsgerichtshof:
Beschluss vom 17. Juni 2013
Aktenzeichen: 6 CS 13.532
(Bayerischer VGH: Beschluss v. 17.06.2013, Az.: 6 CS 13.532)
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 19. Februar 2013 € AN 3 S 13.302 € wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.901,15 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Mit Bescheid vom 27. November 2012 zog die Antragsgegnerin den Antragsteller als Eigentümer eines Anliegergrundstücks für die Erneuerung der Oberflächenentwässerung in der Ortsstraße Spittlertormauer zwischen Schlotfegergasse und Mostgasse zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 7.604,62 Euro heran. Den zuvor ergangenen Bescheid vom 21. März 2012 mit dem ursprünglich zu Grunde gelegten Abrechnungsgebiet Spittlertormauer zwischen Schlotfegergasse und Schlehengasse in Höhe von 5.014,93 Euro erklärte die Antragsgegnerin für gegenstandslos (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 16.10.2012 € 6 CS 12.1594 € juris).
Der Antragsteller erhob gegen den neuen Bescheid Widerspruch, über den bislang nicht entschieden ist, und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Letzteres lehnte die Antragsgegnerin ab.
Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Straßenausbaubeitragsbescheid vom 27. November 2012 anzuordnen, mit Beschluss vom 19. Februar 2013 ab.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, auf deren Begründung Bezug genommen wird.
Die Antragsgegnerin widersetzt sich der Beschwerde.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes angezeigten summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Straßenausbaubeitragsbescheids. Die seitens des Antragstellers hiergegen innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgebrachten Einwände, die den Prüfungsrahmen im Beschwerdeverfahren bilden (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen zu keiner anderen Beurteilung.
Die Rüge, der Antragsteller sei von der Antragsgegnerin zur neuen Anlagenbildung (Spittlertormauer zwischen Schlotfegergasse und Mostgasse) nicht in der erforderlichen Weise angehört worden, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3b KAG i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 3 AO ist eine etwaige Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die € wie hier € den Verwaltungsakt nicht nach § 125 AO nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung des Beteiligten nachgeholt wird; dies kann nicht nur in dem vom Antragsteller in Gang gesetzten Widerspruchsverfahren, sondern nach § 126 Abs. 2 AO bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geschehen (vgl. auch OVG NW, B.v. 6.1.2005 € 15 A 5099.04 € juris Rn. 15; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 24 Rn. 24). Außerdem kann gemäß § 127 AO die Aufhebung eines (nicht nichtigen) Verwaltungsakts nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zu Stande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Zu Letzterem legt die Beschwerde substantiiert nichts dar.
Die von der Beschwerde geltend gemachte unzureichende Akteneinsichtsmöglichkeit bei der Antragsgegnerin führt ebenfalls nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Beitragsbescheids. Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat inzwischen am 14. Februar 2013 Einsicht in die Behördenakten genommen und am 20. Februar 2013 gewünschte Kopien zugesandt bekommen. Nach den € unwidersprochenen € Angaben der Antragsgegnerin handelte es sich dabei um einen Lageplan mit dem Abrechnungsgebiet, eine Auflistung mit der Verteilung des umlagefähigen Aufwands, eine Niederschrift über die Gründe für die neue Anlagenbildung sowie eine Fotoheftung von der Örtlichkeit der Spittlertormauer. Die Antragsgegnerin hat lediglich die Übermittlung von Kopien eines Luftbildes und zweier weiterer Lagepläne des Geodaten-Service abgelehnt, da diese urheberrechtlich geschützt seien. Dies begegnet zwar Zweifeln, weil es nach § 45 UrhG zulässig sein dürfte, einzelne Vervielfältigungsstücke von Werken zur Verwendung in Verfahren vor einem Gericht oder einer Behörde herzustellen und diese einem Organ der Rechtspflege zu überlassen. Letztlich kann die Frage aber dahinstehen, weil der Bevollmächtigte des Antragstellers selbst beantragt hat, die Akten der Widerspruchsbehörde zu übersenden, um dort Akteneinsicht zu nehmen. Diese ist ihm von der Widerspruchsbehörde mit Schreiben vom 23. April 2013 auch in Aussicht gestellt worden. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass sich der Bevollmächtigte des Antragstellers bei der Regierung von Mittelfranken vergeblich um Einsicht in die betreffenden Unterlagen sowie gegebenenfalls Ablichtungen davon bemüht hätte (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.8.2005 € OVG 9 S 2.05 € juris Rn. 9).
Es besteht somit keine Veranlassung zur begehrten €Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs zur effizienten Durchsetzung des Akteneinsichts- und Anhörungsrechts des Antragstellers bis zur Heilung des Anhörungsfehlers in einem Abhilfe-, Nichtabhilfe- oder Widerspruchsbescheid€.
Der vom Senat im Beschluss vom 16. Oktober 2012 (€ 6 CS 12.1594 € juris Rn. 10) zum ursprünglichen Abrechnungsgebiet enthaltene €vorsorgliche Hinweis€ ist im summarischen Verfahren anhand der damaligen Aktenlage (ohne Fotografien von der Örtlichkeit) ergangen. Die von der Antragsgegnerin vorgenommene neue Anlagenbildung beruht auf deren Ortseinsicht vom 20. November 2012. Sie wurde im Einzelnen begründet (Gutachten SÖR/V € 4/6 Bl.1, 2) und dem Antragsteller in Kopie zugesandt. Die Beschwerde legt hierzu nichts Substantiiertes dar. Dass der Antragsteller nunmehr zu einem höheren Straßenausbaubeitrag herangezogen wird, resultiert aus dem verkleinerten, nur noch bis zur Mostgasse reichenden Abrechnungsgebiet mit lediglich zwei Anliegergrundstücken. Der für die Erneuerung der Oberflächenentwässerung angesetzte umlagefähige Aufwand ergibt sich aus Seite 2 des Beitragsbescheides vom 27. November 2012; das gleiche gilt für die Gesamtgröße des Abrechnungsgebiets einschließlich Nutzungsfaktoren und die nach beitragspflichtiger Grundstücksfläche und Nutzungsfaktor aufgeschlüsselte Veranlagung des Grundstücks des Antragstellers. Bei dessen Annahme, dass €mehr als die angefallenen Kosten der Maßnahme umgesetzt€ worden seien, handelt es sich um eine nicht näher belegte Vermutung, für die es keine greifbaren Anhaltspunkte gibt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG, wobei der Senat in Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO in ständiger Rechtsprechung ein Viertel des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts ansetzt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Bayerischer VGH:
Beschluss v. 17.06.2013
Az: 6 CS 13.532
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