Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 6. Juli 2009
Aktenzeichen: AnwZ (B) 79/08
(BGH: Beschluss v. 06.07.2009, Az.: AnwZ (B) 79/08)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des II. Senats des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 2. April 2008 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist als Rechtsanwalt in B. zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 14. August 2007 die Zulassung des Antragstellers gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.
Den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist mit Recht widerrufen worden.
1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt.
a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschl. vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Beschl. vom 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126). Zum Zeitpunkt des Widerrufs waren gegen den Antragsteller die in der Anlage zum Widerrufsbescheid im Einzelnen aufgeführten Vollstreckungsmaßnahmen bekannt geworden. Danach beliefen sich seine Verbindlichkeiten auf über 65.000 €. Den wiederholten Aufforderungen der Antragsgegnerin, eine substantiierte Vermögensaufstellung unter Angabe aller bestehenden Verbindlichkeiten vorzulegen, war der Antragsteller nicht nachgekommen.
b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor. Vielmehr zeigte die rechtskräftige Verurteilung des Antragstellers durch das Anwaltsgericht B. vom 24. April 2007 wegen nicht rechtzeitig weitergeleiteter Mandantengelder, dass sich eine derartige Gefährdung in der Vergangenheit bereits realisiert hatte.
2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356, 357; 84, 149, 150), kann nicht festgestellt werden.
Eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat der Antragsteller nicht dargetan. Vielmehr hat sich seine finanzielle Situation verschlechtert. Unmittelbar nach dem Widerruf ergingen gegen ihn insgesamt fünf Haftbefehlsanordnungen. Mit Beschluss des Amtsgerichts C. vom 30. Oktober 2007 wurde auf Antrag des Finanzamts C. wegen Steuerrückstände in Höhe von 34.176 € über das Vermögen des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Vermögensverfall wird daher nunmehr auch nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet. Erst mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens und mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgericht könnten die Vermögensverhältnisse des Antragstellers wieder als geordnet angesehen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Dezember 2004 - AnwZ (B) 40/04, NJW 2005, 1271 unter II 2 und 3). Dies zeichnet sich derzeit jedoch nicht ab.
3. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall ausnahmsweise nicht (mehr) gefährdet sind. Die Durchführung des Insolvenzverfahrens genügt hierfür nicht, worauf bereits der Anwaltsgerichtshof zutreffend hingewiesen hat.
4. Der Senat konnte mündlich verhandeln und in der Sache entscheiden, weil der ordnungsgemäß geladene Antragsteller seine Abwesenheit nicht hinreichend entschuldigt hat.
Ganter Ernemann Schmidt-Räntsch Lohmann Martini Quaas Stüer Vorinstanz:
AGH Berlin, Entscheidung vom 02.04.2008 - II AGH 20/07 -
BGH:
Beschluss v. 06.07.2009
Az: AnwZ (B) 79/08
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