Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 20. Mai 2010
Aktenzeichen: I-2 U 37/08
(OLG Düsseldorf: Urteil v. 20.05.2010, Az.: I-2 U 37/08)
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 17. April 2008 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithilfe zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten und ihrer Streithelferin durch Sicher-heitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zwangsweise durchzusetzenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte und/oder deren Streithelferin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 250.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Geschäftsführer der Klägerin ist eingetragener Inhaber des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland und in der Verfahrenssprache Deutsch erteilten europäischen Patentes 0 690 xxx (Klagepatent I) betreffend ein Verfahren und eine Vorrichtung zur getrennten Schmierung und Kühlung bei spanabhebenden Bearbeitungsprozessen; die Klägerin hat an dem Gegenstand dieses Schutzrechtes nach ihrem Vorbringen eine ausschließliche Lizenz und nimmt die Beklagte auf Unterlassung sowie - aus abgetretenem Recht - auf Rechnungslegung und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadenersatz in Anspruch. Ihre Ansprüche stützt sie erstmals im Berufungsverfahren ferner auf das parallele ebenfalls zu Gunsten ihres Geschäftsführers eingetragene deutsche Patent 43 09 yyy (Klagepatent II, Anlage MH 1 zum Schriftsatz vom 1. Juli 2009), das in einem Einspruchsverfahren durch rechtskräftigen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes von Juni 2006 (Anlage MDP 6) unbeschränkt aufrechterhalten worden ist und ausschließlich ein Verfahren unter Schutz stellt.
Das Klagepatent I beruht auf einer im März 1994 unter Inanspruchnahme der Priorität des Klagepatentes II vom März 1993 eingereichten und im Januar 1996 im Patentblatt veröffentlichten Anmeldung; der Hinweis auf die Patenterteilung ist im Mai 1997 veröffentlicht worden. Seit Oktober 2006 ist das Klagepatent wegen Nichtzahlung der Jahresgebühren mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erloschen.
Die im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Patentansprüche 1 und 9 lauten wie folgt:
Verfahren zur Schmierung und Kühlung von Schneiden und/oder Werkstücken bei spanabhebenden Bearbeitungsprozessen, wobei den Schneiden bzw. den Werkstücken wenigstens zwei untereinander nicht mischbare Fluide zugeleitet werden und dabei
ein fluides Substrat (a) zur Herabsetzung der Reibung zwischen Schneide und Werkstück bzw. Span, sowie ein fluides Substrat (b) zur Kühlung von Schneide, Werkstück, Schneidenträger und fallweise auch der Späne verwendet wird, wobei die beiden Fluide (a, b) getrennt voneinander in je einem separaten Behälter (1, 2) bevorratet bzw. aufbereitet, und jedes Fluid (a, b) von dem ihm zugeordneten Behälter (1, 2) über eine separate Zuführungsleitung (10, 11) zu einem Applikationsorgan (3, 4) gefördert, und jedes Fluid (a, b) aus dem ihm zugeordneten Applikationsorgan (3, 4) auf das zu bearbeitende Werkstück (15) bzw. auf die im Einsatz befindliche Schneide aufgesprüht werden, dadurch gekennzeichnet, dass bei der Relativbewegung von Schneide und Werkstück (15) in Richtung auf den Durchdringungs- bzw. Spanabhebebereich zuerst das Schmiermittelfluid (a) unter Ausbildung eines haftfähigen Schmiermittelfilms und danach das Kühlmittelfluid (b) auf den ausgebreiteten Schmiermittelfilm nach Maßgabe der erforderlichen Kühlung von Werkstück (15) und/oder Werkzeug (27) in einer so abgestimmt bemessenen Menge aufgesprüht wird, dass es im Bearbeitungsprozess spontan verdampft, derart, dass das Schmiermittelfluid (a) beim separaten Aufsprühen auf eine Stelle des Werkstücks (15) oder Werkzeugs (27) im Abstand vor dem Spanabhebebereich auf eine von Kühlmittelfluid (b) freie, trockene Oberfläche des Werkstücks (15) oder Werkzeugs (27) auftrifft und dabei an der Werkstück- oder Werkzeugoberfläche einen gut haftenden Schmiermittelfilm ausbildet.
9. Vorrichtung zur Schmierung und Kühlung von Schneiden und/oder Werkstücken bei spanabhebenden Bearbeitungsprozessen, geeignet zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 8, unter Verwendung eines Schmiermittelfluids (a) und eines Kühlmittelfluids (b), wobei jedem der Fluide (a; b)
ein separater Vorrats- und Entnahmebehälter 1; 2), und wenigstens ein separates Applikationsorgan (3; 4), sowie eine separate Zuführungsleitung (10; 11) mit je einer Dosierpumpe (7; 8) als Fördermittel zwischen dem Entnahmebehälter (1; 2) und dem/den Applikationsorganen (3; 4) zugeordnet ist
und die Applikationsorgane (3; 4) in unterschiedlichem Abstand vom Spanabhebebereich angeordnet und das dem Schmiermittelfluid (a) zugeordnete Applikationsorgan (3) - in Richtung der relativen Schneidenbewegung zum Werkstück gesehen - einen größeren Abstand vom Spanabhebereich aufweist, als das dem Kühlmittelfluid (b) zugeordnete Applikationsorgan (4),
dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung ein Messglied (48) zur Erfassung der Leistungsaufnahme der Arbeitsmaschine beim Spanabheben und eine Signalleitung (47) zur Aufschaltung des Messwertes auf eine Mess- und Regeleinheit (42) aufweist, welche die Fördermittel (7; 8) für die Fördermenge der Fluide (a; b) nach Maßgabe des Messwertes einstellt.
Das Klagepatent II beruht auf einer im März 1993 eingereichten und im September 1994 offengelegten Anmeldung; die Patenterteilung ist im März 1999 veröffentlicht worden. Anspruch 1 lautet wie folgt:
Verfahren zur Schmierung und Kühlung von Schneiden und/oder Werkstücken bei zerspanenden Arbeitsprozessen mittels zweier untereinander nicht mischbarer Fluide (a,b), wobei
ein Schmiermittel-Fluid (a) zur Herabsetzung der Reibung zwischen Schneide und Werkstück (15) bzw. Span, sowie ein Kühlmittel-Fluid (b) zur Kühlung von Schneide, Werkstück (15), Schneidenträger und fallweise der Späne verwendet wird, und wobei beide Fluide (a, b) getrennt voneinander bevorratet, und jedes Fluid (a, b) über eine separate Zuführungsleitung (10, 11) zu einem Applikationsorgan (3, 4) gefördert, und
jedes Fluid (a, b) aus dem ihm zugeordneten Applikationsorgan (3, 4) auf das zu bearbeitende Werkstück (15) bzw. auf die im Einsatz befindliche Schneide aufgesprüht wird,
dadurch gekennzeichnet, dass bei der Relativbewegung von Schneide und Werkstück (15) in Richtung auf den Zerspanungsbereich zuerst das Schmiermittelfluid (a) und erst danach das Kühlmittelfluid (b) nach Maßgabe der erforderlichen Kühlung von Werkstück (15) und Werkzeug (27) mittels gezielter Applikation geringer Fluidmengen aufgesprüht wird, wobei nur eine solche Fluidmenge appliziert wird, die zur Erzielung einer ausreichenden Wirkung erforderlich ist, so dass kein überschüssiges Fluid zu entsorgen ist und trockene Späne entstehen.
Die nachfolgend wiedergegebenen Figurendarstellungen zeigen ein Ausführungsbeispiel der Erfindung, und zwar Figur 1 ein Blockschaltbild der erfindungsgemäßen Vorrichtung in teilweiser Draufsicht auf einen Sägetisch, Figur 2 diese Vorrichtung in Seiten- und Figur 3 in Vorderansicht und die nur in der Klagepatentschrift I enthaltene Figur 6 in Seitenansicht ein Kreissägeblatt mit den für Schmier- und Kühlmittel jeweils vorgesehenen Aufgabestellen.
Nachdem die Beklagte im Jahre 1994 zunächst von der Klägerin eine Anlage zur Ausübung des erfindungsgemäßen Verfahrens bezogen und betrieben hatte, beschaffte sie sich später eine Maschine der Streithelferin, die nach Auffassung der Klägerin ebenfalls von der unter Schutz gestellten technischen Lehre Gebrauch macht. Vor dem Landgericht hat sie sich nur auf das Klagepatent I gestützt.
Die Beklagte hat vor dem Landgericht in Abrede gestellt, dass die Klägerin ausschließliche Lizenznehmerin an dem Klagepatent I sei und ihr die aus diesem Schutzrecht resultierenden Ansprüche im Jahre 2002 abgetreten worden seien. Auch mache die angegriffene Maschine von der Lehre des Klagepatentes I keinen Gebrauch, weil sie erfindungswidrig das Kühl- vor dem Schmiermittel aufbringe, welches hierdurch nicht auf eine trockene, sondern eine noch vom Kühlmittel benetzte Oberfläche auftreffe.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 17. April 2008 abgewiesen. Es hat dem Wortlaut der Patentansprüche 1 und 9, der Klagepatentbeschreibung (Spalte 6, Zeilen 3 bis 8, Spalte 9, Zeilen 1 bis 11 und Spalte 9 Zeile 54 bis Spalte 10, Zeile 3) und den Ausführungsbeispielen gemäß Figuren 3 und 6 entnommen, dass erfindungsgemäß zuerst das Schmier- und danach das Kühlmittel aufgesprüht werden müsse, wobei Letzteres so zu dosieren sei, dass es verdampfe und das Schmiermittel bei einem erneuten Aufbringen auf eine trockene und nicht mit Kühlmittel benetzte Oberfläche auftreffe. Dass auch die angegriffene Maschine Schmier- und Kühlmittel in dieser Reihenfolge aufsprühe, habe die Klägerin nicht schlüssig bzw. nicht substantiiert dargelegt.
Im Hinblick auf den Vorrichtungsanspruch 9 habe die Klägerin außerdem nicht schlüssig vorgetragen, dass und inwiefern die angegriffene Vorrichtung ein Messglied zur Erfassung der Leistungsaufnahme der Arbeitsmaschine beim Spanabheben und eine Signalleitung zur Aufschaltung des Messwertes auf eine Mess- und Regeleinheit besitze, die die Fördermenge der Flüssigkeiten nach Maßgabe dieses Messwertes einstelle. Ihr Vorbringen, ein solches Messglied müsse vorhanden sein, genüge nicht; konkrete Feststellungen hierzu habe die Klägerin offensichtlich nicht getroffen. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Klagebegehren weiter und stützt ihre Ansprüche erstmalig auch auf das Klagepatent II, dessen Einbeziehung sie mit Blick auf § 145 PatG für sachdienlich hält. Zur Begründung ihres Rechtsmittels - und sinngemäß auch ihrer Klageerweiterung - führt sie unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages aus, das Landgericht habe übersehen, dass sie unter Beweisantritt vorgetragen habe, auch die angegriffene Ausführungsform sprühe an Werkstück und Schneide zuerst das Schmier- und danach das Kühlmittel auf, und nur ergänzend geltend gemacht habe, es sei bei Maschinen der hier in Rede stehenden Konfiguration physikalisch zwingend, dass zuerst das Schmiermittel unter Bildung eines haftfähigen Films und erst danach das Kühlmittel aufgebracht werde, das dann im Bearbeitungsprozess verdampfe bzw. danach allenfalls in Spuren an die Schneide gelange. Das Landgericht habe die Substantiierungspflicht überspannt und - trotz entsprechender Bitte - ohne vorherigen Hinweis das Klagevorbringen für unzureichend gehalten anstatt die angebotenen Beweise zu erheben. Bei den im Verarbeitungsprozess vorherrschenden Temperaturen von über 300°C erreiche das Kühlmittel abgesehen von Resten durch Nebelbildung die Schneidstelle ohnehin nicht. Lediglich das Schmiermittel setze sich auf das Sägeblatt; die Kühlung entstehe allein durch das Sprühen des Kühlmittels. Sofern man davon ausgehe, Kühl- und Schmiermittel würden in umgekehrter Reihenfolge als in Anspruch 1 angegeben aufgesprüht, werde die Erfindung jedenfalls mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln verwirklicht. Im übrigen könne man Fluidbehälter und Applikationsorgane auch so umrüsten und herrichten, dass nach dem klagepatentgemäßen Verfahren gearbeitet werde. Ihr Geschäftsführer habe die Maschine zwar erst nach Erlöschen des Klagepatentes I im Dezember 2006 bei der Beklagten besichtigen können, sie habe aber schon 1998 und 2002 ernst zu nehmende Hinweise darauf erhalten, dass die 1998 an die Beklagte gelieferte Maschine patentverletzend arbeite; allerdings habe sie damals die Schutzrechtsverletzung nicht beweisen können, weil sie die Maschine nicht gesehen habe. In der anschließenden Korrespondenz habe die Beklagte nicht in Abrede gestellt, die Maschine zu besitzen und zu benutzen; sie sei in der Zeit von 2002 bis zur Besichtigung auch nicht verändert worden. In ihrem Schriftsatz vom 5. März 2010 trägt die Klägerin vor, die Maschine sei spätestens 2003 an die Beklagte geliefert und bis zur Besichtigung im Dezember 2006 unverändert geblieben. Anlässlich eines Arbeitsessens am 24. März 2003 sei die Konfiguration der Maschine genau beschrieben und in Einzelheiten erörtert worden; man sei zu dem Schluss gekommen, zur Lösung der im einzelnen besprochenen Probleme sei das für die Klägerin patentierte System das überlegene.
Außerdem habe sie einen Anspruch auf Besichtigung der streitgegenständlichen Maschine und rege eine Anordnung nach § 144 ZPO durch den Senat an.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und
A.I.1.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang die Beklagte in der Zeit vom 1. April 2006 bis zum 2. Oktober 2006
a)
ein Verfahren zur Schmierung und Kühlung bei spanabhebenden Bearbeitungsprozessen, bei welchem den Schneiden bzw. den Werkstücken wenigstens zwei untereinander nicht mischbare Fluide zugeleitet werden,
anzuwenden, bei welchem folgende Merkmale erfüllt sind:
verwendet werden
ein fluides Substrat zur Herabsetzung der Reibung zwischen Schneide und Werkstück bzw. Span, sowie ein fluides Substrat zur Kühlung von Schneide, Werkstück, Schneidenträger und fallweise auch der Späne, wobei die beiden Fluide getrennt voneinander in je einem separaten Behälter bevorratet bzw. aufbereitet werden und jedes Fluid von dem ihm zugeordneten Behälter über eine separate Zuführungsleitung zu einem Applikationsorgan gefördert wird, und jedes Fluid aus dem ihm zugeordneten Applikationsorgan auf das zu bearbeitende Werkstück bzw. auf die im Einsatz befindliche Schneide aufgesprüht werden, dadurch gekennzeichnet, dass bei der Relativbewegung von Schneide und Werkstück in Richtung auf den Durchdringungs- bzw. Spanabhebebereich zuerst das Schmiermittelfluid unter Ausbildung eines haftfähigen Schmiermittelfilms und danach das Kühlmittelfluid auf den ausgebreiteten Schmiermittelfilm nach Maßgabe der erforderlichen Kühlung von Werkstück und/oder Werkzeug in einer so abgestimmt bemessenen Menge aufgesprüht wird, dass es im Bearbeitungsprozess spontan verdampft, derart, dass das Schmiermittelfluid beim separaten Aufsprühen auf eine Stelle des Werkstücks oder Werkzeugs im Abstand von dem Spanabhebebereich auf eine von Kühlmittelfluid freie, trockene Oberfläche des Werkstücks oder Werkzeugs auftrifft und dabei an der Werkstück- oder Werkzeugoberfläche einen gut haftenden Schmiermittelfilm ausbildet.
b) eine Vorrichtung zur Schmierung und Kühlung von Schneide und/oder Werkstücken bei spanabhebenden Bearbeitungsprozessen, geeignet zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 (entsprechend dem Klageantrag zu 1a) bis 8 des europäischen Patents 0 690 xxx gebraucht oder zu diesen Zwecken besessen hat, bei welchem folgende Merkmale erfüllt sind:
jedem der Fluide wird
ein separater Vorrats- und Entnahmebehälter, und wenigstens ein separates Applikationsorgan, sowie eine separate Zuführungsleitung mit je einer Dosierpumpe als Fördermittel zwischen dem Entnahmebehälter und dem/den Applikationsorganen zugeordnet
und es werden
die Applikationsorgane in unterschiedlichem Abstand vom Spanabhebebereich angeordnet und das dem Schmiermittelfluid zugeordnete Werkstück gesehen einen größeren Abstand vom Spanabhebebereich aufweist, als das dem Kühlmittelfluid zugeordnete Applikationsorgan, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung ein Messglied zur Erfassung der Leistungsaufnahme der Arbeitsmaschine beim Spanabheben und eine Signalleitung zur Aufschaltung des Messwertes auf eine Mess- und Regeleinheit aufweist, welche die Fördermittel für die Fördermenge der Fluide nach Maßgabe des Messwertes einstellt,
und zwar unter Angabe von Ort, Zeit und Umfang der Verfahrensanwendung bzw. des Gebrauchs dazu I.1.a) bezeichneten Vorrichtung;
II.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den unter I. bezeichneten und vom 1. April 2006 bis zum 2. Oktober 2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;
B.I.1.
die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- Euro oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu zwei Jahren - zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland
ein Verfahren zur Schmierung und Kühlung und/oder Werkstücken bei spanabhebenden Arbeitsprozessen mittels zweier untereinander nicht mischbarer Fluide anzuwenden, bei dem folgende Merkmale erfüllt sind:
verwendet werden
ein Schmiermittel-Fluid zur Herabsetzung der Reibung zwischen Schneide und Werkstück bzw. Span, sowie ein Kühlmittel-Fluid zur Kühlung von Schneide, Werkstück, Schneidenträger und fallweise der Späne, wobei beide Fluide getrennt voneinander bevorratet, und jedes Fluid über eine separate Zuführungsleitung zu einem Applikationsorgan gefördert, und jedes Fluid aus dem ihm zugeordneten Applikationsorgan auf das zu bearbeitende Werkstück bzw. auf die im Einsatz befindliche Schneide aufgesprüht werden, dadurch gekennzeichnet, dass bei der Relativbewegung von Schneide und Werkstück in Richtung auf den Zerspannungsbereich zuerst das Schmiermittel-Fluid und erst danach das Kühlmittel-Fluid nach Maßgabe der erforderlichen Kühlung von Werkstück und Werkzeug mittels gezielter Applikation geringer Fluidmengen aufgesprüht wird, wobei nur eine solche Fluidmenge appliziert wird, die zur Erzielung einer ausreichenden Wirkung erforderlich ist, so dass kein überschüssiges Fluid zu entsorgen ist und trockene Späne entstehen;
2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 1. April 2006 begangen hat, wobei im Einzelnen Ort, Zeit und Umfang der Verfahrensanwendung zu nennen sind;
II.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den unter I. bezeichneten und seit dem 1. April 2006 begangenen Handlungen entstanden bzw. noch entstehen wird.
Die weitergehende Klage, mit der sie aus dem Klagepatent I Unterlassung und Rechnungslegung nebst Schadenersatz ohne zeitliche Begrenzung geltend gemacht sowie aus dem Vorrichtungsanspruch 9 auch die weiteren Handlungsalternativen des § 9 Nr. 1 PatG angegriffen hatte, hat sie im Verhandlungstermin vom 15. April 2010 mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurück- und die Klage auch im Umfang ihrer Erweiterung
abzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen; sie zieht die Aktivlegitimation der Klägerin hinsichtlich beider Schutzrechte in Zweifel und tritt auch dem Verletzungsvorwurf nach wie vor entgegen. Die streitgegenständliche Maschine der Streithelferin sei erst im Jahre 2006 geliefert und am 12. Mai 2006 abgenommen worden. Das Vorbringen der Klägerin zu den Vorgängen aus den Jahren 1998 bis 2006 werde mit Nichtwissen bestritten; hierüber seien keine schriftlichen Unterlagen vorhanden. Das Klagepatent II unterliege dem Doppelschutzverbot und habe seine Wirkung verloren, nachdem die das Schutzrecht I betreffende Einspruchsfrist abgelaufen und ein Einspruch nicht eingelegt worden sei. Sofern das Klagepatent II gegenüber dem Schutzrecht I einen Überschuss aufweise, möge zwar § 145 PatG eingreifen, das Schutzrecht könne aber jedenfalls im Berufungsrechtszug nicht mehr eingeführt werden.
Die Streithelferin folgt im wesentlichen dem Vorbringen der Beklagten; ergänzend macht sie geltend, die angegriffene Maschine erfülle auch die Dosierungsanweisungen beider Klagepatente nicht.
Sie beantragt,
die erweiterte Klage nicht zuzulassen und die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
die erweiterte Klage ab- und die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
den Beitritt der Streitverkündeten für unzulässig zu erklären.
Sie meint, ein rechtliches Interesse der Streitverkündeten für ihren Beitritt sei nicht vorhanden; sofern sie die in Rede stehende Maschine überhaupt an die Beklagte verkauft habe, seien daraus resultierende Rechte der Beklagten verjährt, so dass sie im Fall der Verurteilung der Beklagten wegen Patentverletzung keinen Ansprüchen ausgesetzt sei.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Der Beitritt der Streithelferin auf Seiten der Beklagten ist zulässig. Durch den Beitritt bestimmt sich ihr Verhältnis zu den Parteien gemäß § 74 Abs. 1 ZPO nach den Regeln der Nebenintervention. Daher unterliegt die Prüfung der Zulässigkeit § 71 ZPO (Musielak/Weth, ZPO, 6. Aufl. § 74 Rdn. 2; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 74 Rdn.4). Über die Zulassung ist nach § 71 Abs. 2 ZPO aufgrund mündlicher Verhandlung und grundsätzlich durch Zwischenurteil zu entscheiden; möglich ist aber auch eine Entscheidung durch Endurteil (BGH, NJW 1982, 2070; NJW 1963, 2027; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 606; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 71 Rdn.5; Musielak/Weth, a.a.O:, § 71, Rdn. 6). Es ist sogar möglich, den Beitritt stillschweigend zuzulassen, indem im Endurteil dem Gegner die Kosten auferlegt werden (BGH, NJW 1963, 2027). Die Streitverkündung ist wegen ihrer Interventionswirkung nach §§ 74, 68 ZPO regelmäßig schon für sich allein ein ausreichender Beitrittsgrund, es sei denn, die Streitverkündung war grundlos (OLG Köln, OLGR 2005, 219; Musielak/Weth, a.a.O., § 74, Rdn. 2; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 74 Rdn. 1). Bei der Prüfung, ob die Streitverkündung grundlos bzw. zulässig ist, genügt es nach dem eindeutigen Wortlaut des § 72 ZPO, dass der Streitverkünder im Zeitpunkt der Streitverkündung aus in diesem Augenblick nahe liegenden Gründen für den Fall eines ihm ungünstigen Ausganges des vorliegenden Hauptverfahrens Ansprüche auf Gewährleistung oder Schadloshaltung erheben zu können glaubt. Dass solche Ansprüche tatsächlich bestehen, ist ebenso wenig erforderlich wie ihre Geltendmachung (BGH, NJW 1976, 39, 40; NJW 1978, 643 f.).
Geht man hiervon aus, war die Streitverkündung keinesfalls grundlos. Zwar kommen zugunsten der Beklagten wohl keine Gewährleistungsansprüche wegen Rechtsmängeln an der Maschine mehr in Betracht; sie dürften sämtlich verjährt sein, mag die Streithelferin die angegriffene Maschine nun 1998, 2003 oder 2006 geliefert haben. Möglich erscheinen aber Ansprüche der Beklagten gegen ihre Streithelferin, sie von Ansprüchen der Klägerin wegen Verletzung der Klagepatente freizustellen; diese Ansprüche sind noch nicht verjährt, weil für den Beginn der Verjährungsfrist hier u.a. das Entstehen des Anspruchs und Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis des Berechtigten sind, und letztere vor einer Verurteilung der Beklagten im hiesigen Rechtsstreit nicht vorliegen können. Anderenfalls käme man zu dem unbefriedigenden Ergebnis, dass Freistellungsansprüche wegen Patentverletzung schon verjährt sein können, wenn über ihre Existenz Unklarheit besteht, weil die von ihnen vorausgesetzte Patentverletzung noch nicht geklärt ist.
III.
Zutreffend hat das Landgericht Ansprüche der Klägerin aus dem Klageschutzrecht I verneint.
Dass das Klagepatent I während seiner Geltungsdauer benutzt worden ist, lässt sich nicht feststellen. Ob die Klägerin an dem Gegenstand des Schutzrechtes eine ausschließliche Lizenz besitzt, die sie befähigt, selbständig Ansprüche wegen Patentverletzung im eigenen Namen gegen die Beklagte geltend zu machen, bedarf daher keiner Entscheidung.
1.a)
Das Klagepatent I betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Schmierung und Kühlung von Schneiden- und/oder Werkstücken bei Spanabhebungsbearbeitungen.
Im Stand der Technik leitete man nach den Ausführungen der Klagepatentbeschreibung den Schneiden bzw. Werkstücken wenigstens zwei untereinander nicht mischbare Fluide zu, nämlich ein erstes als Schmiermittel, um die Reibung zwischen Schneide und Werkstück bzw. Span zu vermindern, und ein zweites, um die Schneide, das Werkstück, den Schneidenträger oder auch die Späne zu kühlen. Beide Mittel werden aus getrennten Behältern von einem Applikationsorgan auf das Werkstück bzw. die Schneide aufgesprüht.
In der Klagepatentschrift werden verschiedene Funktionen und Verfahren aus dem Stand der Technik beschrieben. An Emulsionen "Ölin-Wasser" wird bemängelt, weder die Schmier- noch die Kühlwirkung sei optimal (Spalte 1, Zeilen 53 ff.); die Emulsionen könnten auf der Schneide keinen zusammenhängenden Schmierfilm mit hoher Haft- und Scherfestigkeit ausbilden. Organische Fluide mit besonders hoher Schmierwirkung seien nur schwer emulgierbar, weshalb zur Herstellung stabiler Emulsionen zumeist Öle mit vergleichsweise niedriger Schmierwirkung verwendet würden. Die emulgierte Phase der Schneidflüssigkeit mindere auch die Kühlwirkung erheblich, und Emulsionen seien anfällig gegen bakterielle Zersetzung und veränderten im Betrieb infolge unterschiedlichen Verbrauchs beider Phasen ihre Konsistenz und spezifische Wirkung (Spalte 2, Zeilen 5 bis 18).
An dem aus der Schweizer Patentschrift 543 344 bekannten Verfahren zum Kühlen und Schmieren, bei dem den Werkzeugen mindestens zwei miteinander nicht mischbare Flüssigkeiten unterschiedlicher Eigenschaften in Bezug auf Schmierung und Kühlung zugeleitet werden, wird bemängelt, die von den Werkzeugen abgeführten Flüssigkeiten müssten wieder getrennt werden, veränderten sich in ihrer Konsistenz und bedürften einer periodischen Aufarbeitung. Kühl- und Schmierwirkung seien eng begrenzt, zumal eine zwischenzeitliche Veränderung der Phasenanteile nicht möglich sei (Klagepatentschrift Spalte 2, Zeilen 19-43).
Erörtert wird in der Klagepatentschrift ferner die aus dem Gebrauchsmuster 91 16 481 bekannte Kühlschmiervorrichtung, mit der sich sehr kleine Flüssigkeitsmengen exakt auf die vorgesehene Stelle am Zerspanungsort aufbringen lassen, indem der Flüssigkeitsstrom gezielt in mindestens zwei gebündelten Strahlen an den Ort der Zerspanung geblasen wird. Hierbei ist auch die getrennte Einführung jeweils für Kühlung und Schmierung besonders geeigneter Flüssigkeiten in die Mischkammer bzw. den Gasstrom vorgesehen, so dass keine Emulsion verwendet zu werden braucht. Als nachteilig beanstandet wird, dass die unterschiedlichen Flüssigkeiten in dem gebündelten Gasstrom gemeinsam in feinster Verteilung als Aerosole vorliegen, weshalb sich ihre Wirkungen gegenseitig erheblich beeinträchtigen sollen, es am Zerspanungsort nicht zur Ausbildung eines geschlossenen, haftfähigen und scherfesten Schmiermittelfilms kommt und die im Flüssigkeitsstrom mitgeführten Öltröpfchen die Kühlwirkung reduzieren (Klagepatentschrift Spalte 2, Zeile 44 bis Spalte 3, Zeile 8).
Das aus der deutschen Patentschrift 930 790 (Anlage MDP 7) bekannte Verfahren zum Kühlen und Schmieren der Schneidkante eines metallbearbeitenden Werkzeuges sieht vor, die Kühlflüssigkeit in einem Strahl in den Raum zwischen Werkzeug und Werkstück an die Schneide zu spritzen. Der Strahl wird aus einem Düsenmundstück mit einem Druck von mindestens 21 bar und mit einer Geschwindigkeit ausgetragen, die über 40 mal größer ist als die Schnittgeschwindigkeit und zumindest 52 m/sec beträgt (Klagepatentschrift, Spalte 3, Zeilen 16 bis 27).
Die Beschreibung erörtert neben weiteren bekannten Vorrichtungen und Verfahren das in der US-Patentanmeldung 4 635 513 gelehrte Verfahren mit Vorrichtung zur Kühlung und Schmierung (Spalte 4, Zeilen 29-42), bei dem je einem Fluid aus Öl oder Wasser ein separater Vorrats- und Entnahmebehälter sowie wenigstens ein separates Applikationsorgan nebst Zuführungsleitung zugeordnet ist und die Applikationsorgane in unterschiedlichem Abstand vom Spanabhebebereich angeordnet sind, nämlich dasjenige für den Auftrag des Schmiermittels in der relativen Bewegungsrichtung des Schneidwerkzeuges zum Werkstück vor demjenigen für das Kühlmittel.
Die Nachteile dieses Standes der Technik sieht die Klagepatentbeschreibung in einer unzureichenden Schmier- und Kühlwirkung und einem zu hohen Verbrauch an Material, Energie und Einrichtungen (Spalte 5, Zeilen 7-18).
Als Aufgabe (technisches Problem) der Erfindung gibt die Klagepatentschrift an (Spalte 4, Zeilen 44-54), ein Verfahren und eine zu seiner Durchführung geeignete Vorrichtung zu schaffen, mit deren Hilfe getrennte miteinander nicht mischbare Mittel zur Schmierung und zur Kühlung getrennt voneinander über separate Applikationsorgane auf das zu bearbeitende Werkstück bzw. die Schneide gesprüht werden, wobei eine wesentliche Steigerung der Schmier- und Kühlwirkung erzielt und dennoch die benötigten Mittel und Aufwendungen an Material, Energie und Einrichtungen in möglichst engen ökonomischen Grenzen gehalten werden.
Zur Lösung sieht Anspruch 1 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:
Verfahren zur Schmierung und Kühlung von Schneiden und/oder Werkstücken bei spanabhebenden Bearbeitungsprozessen: Den Schneiden bzw. Werkstücken werden wenigstens zwei Fluide zugeleitet.
Die Fluide sind untereinander nicht mischbar. Ein fluides Substrat (a) wird zur Herabsetzung der Reibung zwischen Schneide und Werkstück bzw. Span verwendet. Ein fluides Substrat (b) wird zur Kühlung von Schneide, Werkstück, Schneidenträger und fallweise auch der Späne verwendet.
Die beiden Fluide (a, b) werden getrennt voneinander in je einem separaten Behälter (1, 2) bevorratet bzw. aufbereitet. Jedes Fluid (a, b) wird von dem ihm zugeordneten Behälter (1, 2) über eine separate Zuführungsleitung (10, 11) zu einem Applikationsorgan (3, 4) gefördert. Jedes Fluid (a, b) wird aus dem ihm zugeordneten Applikationsorgan (3, 4) auf das zu bearbeitende Werkstück (15) bzw. auf die in Einsatz befindliche Schneide aufgesprüht.
Bei der Relativbewegung von Schneide und Werkstück (15) in Richtung auf den Durchdringungs- bzw. Spanabhebebereich wird zuerst das Schmiermittelfluid (a) unter Ausbildung eines haftfähigen Schmiermittelfilms aufgesprüht. Danach wird das Kühlmittelfluid (b) auf den ausgebreiteten Schmiermittelfilm nach Maßgabe der erforderlichen Kühlung von Werkstück (15) und/oder Werkzeug (27) aufgesprüht. Das Kühlmittelfluid (b) wird in einer so abgestimmt bemessenen Menge aufgesprüht, dass es im Bearbeitungsprozess spontan verdampft, derart, dass das Schmiermittelfluid (a) beim separaten Aufsprühen auf eine Stelle des Werkstücks (15) oder Werkzeugs (27) im Abstand vor dem Spanabhebebereich auf eine von Kühlmittelfluid (b) freie, trockene Oberfläche des Werkstücks (15) oder Werkzeugs (27) auftrifft.
Das Schmiermittelfluid (a) bildet dabei an der Werkstück- oder Werkzeugoberfläche einen gut haftenden Schmiermittelfilm aus.
Die in Anspruch 9 beschriebene Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens soll folgende Merkmale aufweisen:
Vorrichtung zur Schmierung und Kühlung von Schneiden und/oder Werkstücken bei spanabhebenden Bearbeitungsprozessen, geeignet zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 8, unter Verwendung eines Schmiermittelfluids (a) und eines Kühlmittelfluids (b). Jedem der Fluide ist zugeordnet:
ein separater Vorrats- und Entnahmebehälter (1, 2), wenigstens ein separates Applikationsorgan (3, 4) sowie eine separate Zuführungsleitung (10, 11) mit je einer Dosierpumpe (7, 8) als Fördermittel zwischen dem Entnahmebehälter (1, 2) und dem/den Applikationsorganen (3, 4).
Die Applikationsorgane (3, 4) sind in unterschiedlichem Abstand vom Spanabhebebereich angeordnet. Das dem Schmiermittelfluid (a) zugeordnete Applikationsorgan (3) weist - in Richtung der relativen Schneidenbewegung zum Werkstück gesehen - einen größeren Abstand vom Spanabhebebereich auf als das dem Kühlmittelfluid (b) zugeordnete Applikationsorgan (4). Die Vorrichtung weist weiter auf:
ein Messglied (48) zur Erfassung der Leistungsaufnahme der Arbeitsmaschine beim Spanabheben und eine Signalleitung (47) zur Aufschaltung des Messwertes auf eine Mess- und Regeleinheit (42),
welche die Fördermittel (7, 8) für die Fördermenge der Fluide (a, b) nach Maßgabe des Messwertes einstellt.
Im Rahmen des Klagepatentes I bzw. seines Verfahrensanspruches 1 und seines Vorrichtungsanspruches 9 ist nach der eindeutigen Anspruchsfassung notwendig, dass Schmier- und Kühlmittel im zeitlichen Versatz zueinander auf das Werkstück bzw. die Schneide aufgesprüht werden bzw. werden können, und zwar so, dass in Bezug auf die Anwendung im Zerspanungsbereich zuerst das Schmier- und erst danach das Kühlmittel aufgebracht wird. Dass das Klagepatent von einer Applikation ausschließlich in dieser Reihenfolge ausgeht, zeigt der Verfahrensanspruch dem angesprochenen Durchschnittsfachmann - ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit wenigstens Fachhochschulabschluss und einschlägiger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Technologie spanender Werkzeugmaschinen und deren Komponenten (vgl. Deutsches Patent- und Markenamt, Anl. MDP 6, S. 7 betr. das parallele Klagepatent II) - eindeutig in der Merkmalsgruppe 5, insbesondere den Merkmalen 5.1 bis 5.3. Da diese Reihenfolge auch mehrfach in der Patentbeschreibung als erfindungswesentlich hervorgehoben wird (Klagepatentschrift Spalte 5, Zeilen 11 und 12, Spalte 8, Zeilen 42 bis 49, Spalte 9, Zeilen 8 bis 11 und Spalte 9, Zeile 40 bis Spalte 10, Zeile 3), besteht für den Fachmann kein Auslegungsspielraum.
Die Ausführungsbeispiele lassen auch keinen Zweifel daran, dass das Klagepatent nicht voraussetzt, das Schmiermittel erst unmittelbar an der Bearbeitungsstelle oder kurz vorher aufzutragen, sondern dass es durchaus in größerem Abstand von der Bearbeitungsstelle aufgebracht werden kann. Nur das Kühlmittel muss unmittelbar auf die Bearbeitungsstelle aufgegeben werden, wo die Kühlwirkung eintreten soll; das liegt in der Natur der Sache.
Die Begriffe "zuerst" und "danach" geben eindeutig eine zeitliche - nicht dagegen örtliche - Reihenfolge für das Aufsprühen der Fluide vor. So hat dies auch die fachkundige Patentabteilung des Deutschen Patent- und Markenamtes im Einspruchsverfahren gegen das parallele und prioritätsbegründende Klagepatent II gesehen (vgl. Anlage MDP 6, S. 9). "Aufsprühen" meint dabei - wie das Deutsche Patent- und Markenamt ebenfalls richtig ausgeführt hat - einen Vorgang, bei dem allgemein viele kleine und fein verteilte Tröpfchen in zerstäubter Form an eine bestimmte Stelle gelangen (Anlage MDP 6, S. 8).
Es reicht auch nicht aus, nur die erfindungsgemäß vorgegebene Reihenfolge einzuhalten und zuerst Schmier- und dann Kühlmittel aufzugeben; wichtig ist auch die weitere Maßnahme, das Kühlmittel in einer solchen Dosierung zu applizieren, dass es rückstandsfrei verdampft und keinen Film hinterlässt, sondern etwa ein als Schneidwerkzeug eingesetztes Sägeblatt, wenn es durch den Durchlauf der Schnittstelle auch vom Schmiermittelfilm befreit ist, bei der zur nächsten Umdrehung folgenden erneuten Beaufschlagung mit Schmiermittel trocken ist (vgl.Klagepatentschrift Spalte 9, Zeile 54 bis Spalte 10, Zeile 3).
b)
Dass die angegriffene Vorrichtung so arbeitet, ist dem Vorbringen der Klägerin auch nach den Hinweisen des Senats in seiner Verfügung vom 2. Juli 2009 (Bl. 222 d.A.) nicht zu entnehmen.
Nachdem die Beklagte die Einhaltung der erfindungsgemäß vorgesehenen Auftragsreihenfolge bestritten und vorgetragen hat, die angegriffene Vorrichtung sprühe gerade umgekehrt zuerst das Kühlmittel und danach das Schmiermittel auf die vom Kühlmittel noch feuchte Schneide auf, hätte die Klägerin ihr Vorbringen näher substantiieren und im einzelnen darlegen müssen, dass die angegriffene Maschine die vom Klagepatent I vorgesehene Reihenfolge einhält bzw. einhalten kann, und auf welche Wahrnehmungen sie diese Behauptung stützt. Dies hat sie jedoch nicht getan.
Zur Ausgestaltung der angegriffenen Vorrichtung hat sie lediglich Lichtbilder (Anlagen 3 bis 6) vorgelegt, die den grundsätzlichen Aufbau der Schmier- und Kühlaggregate und deren Anordnung erkennen lassen. Ungeachtet dessen, dass streitig ist, ob diese Fotos überhaupt die angegriffene Maschine zeigen, können sie allenfalls belegen, dass Kühl- und Schmiermittel separat aus gesonderten Vorratsbehältern über getrennte Zuleitungen und Applikationsvorrichtungen transportiert und ausgetragen werden. Trifft die aus dem Foto gemäß Anlage 3 ersichtliche Darstellung zu, so befindet sich die Kühlmitteldüse - unter Berücksichtigung der in der Zeichnung eingetragenen Drehrichtung des Schneidblattes gegen den Uhrzeigersinn - in Arbeitsrichtung gesehen vor der Schmiermitteldüse. Dies legt die Annahme nahe, dass tatsächlich zuerst Kühlmittel und erst im Anschluss daran Schmiermittel aufgetragen wird. Auch wenn diese Folgerung nicht technisch zwingend sein mag, weil prinzipiell auch zuerst die Sprühmittel- und erst danach die Kühlmitteldüse betätigt werden kann, besagen die Fotos jedenfalls nichts über die tatsächliche (umgekehrte) Reihenfolge des Aus- und Auftrages im Betrieb. Der Sachvortrag der Klägerin ergibt auch nicht, dass ihr Geschäftsführer anlässlich der Besichtigung der angegriffenen Vorrichtung am 13. Dezember 2006 entsprechende Feststellungen über die Applikationsreihenfolge getroffen hat und überhaupt hat treffen können. Die Klägerin behauptet nicht einmal, dass ihr Geschäftsführer das Kühl- und Schmieraggregat im laufenden Betrieb gesehen oder beobachtet hat. Die Behauptung, bei der angegriffenen Ausführungsform sei die Konstruktion so getroffen, dass ein zeitlich aufeinander folgendes Aufsprühen des Schmier- und des Kühlmittels stattfindet, ist daher ohne tatsächliche Grundlage und letztlich nur eine von grundsätzlich drei möglichen Verfahrensweisen, nämlich zuerst Schmier- und sodann Kühlmittel, oder zuerst Kühl- und dann Schmiermittel oder beide gleichzeitig zu applizieren. Nichts spricht dafür, dass auf die angegriffene Ausführungsform die erste und nicht etwa die an zweiter Stelle genannte Alternative zutrifft. Ersichtlich liegen der Klägerin auch keine Erkenntnisse dazu vor, dass die angegriffene Vorrichtung Schnittgeschwindigkeiten und Standzeiten der Schneidwerkzeuge erreicht, die auf eine patentgemäße Applikationsreihenfolge zurückschließen lassen.
Ihr Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 15. April 2010 hat daran nichts geändert. Soweit sie dort ausgeführt hat, ihr Prozessbevollmächtigter habe in einschlägig tätigen Betrieben Schneidwerkzeuge besichtigt, die nach kurzer Standzeit aussortiert worden seien, während nach dem Klagepatent bedeutend längere Standzeiten erreicht würden, besagt das in diesem Zusammenhang nichts. Es enthält nur die Behauptung, dass das Klagepatent längere Standzeiten ermögliche, enthält aber keine Tatsachenbehauptungen dazu, wie die angegriffene Ausführungsform verfährt.
Auch der Hinweis der Klägerin in der letzten mündlichen Verhandlung, man könne die angegriffene Maschine so umrüsten, dass sie nach dem klagepatentgemäßen Verfahren arbeitet, vermag eine Verwirklichung der klagepatentgeschützten Erfindung nicht schlüssig darzulegen. Hierzu hätte im einzelnen vorgetragen werden müssen, welche konkreten Umrüstungsmaßnahmen hierzu erforderlich sind, und aus welchem Grund derartige Umrüstungsmaßnahmen der Beklagten zugerechnet werden können. Der Beklagten zurechenbar ist lediglich der Zustand, in dem sie die angegriffene Maschine in den Verkehr gebracht hat; für Veränderungen dieses Zustandes muss sie nur dann einstehen, wenn sie selbst den Abnehmer hierzu veranlasst, etwa indem entsprechende Veränderungen des Lieferzustandes bereits in der Betriebsanweisung aufgezeigt werden.
Wie ihre Schriftsätze vom 28. August 2009 und vom 5. März 2010 erkennen lassen, leitet die Klägerin die Benutzung des Klagepatentes offenbar allein aus dem Umstand ab, dass die angegriffene Vorrichtung zwei nicht miteinander mischbare Fluide appliziert; entsprechend hatte sie ihre an die Streithelferin gerichtete Abmahnung vom 13. November 2002 begründet (vgl. Anlage MH 10 zum Schriftsatz vom 28. Oktober 2009), die sie im vorliegenden Verfahren als Beleg für die von ihr erwähnten seinerzeitigen Hinweise auf eine Verletzung des Klagepatentes vorgelegt hat. Auch das besagt jedoch allenfalls, dass die beiden Fluide getrennt aufgegeben werden, enthält aber keinen Vortrag dazu, dass die Merkmale 5 bis 6 des Anspruches 1 und 5 bis 7.2.1 des Anspruches 9 verwirklicht werden.
Ohne Erfolg macht die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend, die Reihenfolge des Austrages von Schmier- und Kühlmittel sei unerheblich, weil aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten nur das Schmiermittel aufgrund der ihm eigenen Materialbeschaffenheit an der Schneide haften könne, während das Kühlmittel aufgrund der im laufenden Zerspanungsbetrieb auftretenden hohen Temperaturen ganz bzw. zumindest weitestgehend verdampfe, bevor es die Schneide erreicht habe. Richtig daran ist, dass es erfindungsgemäß nicht entscheidend auf die Reihenfolge des Austrages von Schmier- und Kühlmittel aus den Applikationsorganen ankommt, sondern auf eine bestimmte Reihenfolge des Auftrages auf der Schneide bzw. dem Werkstück. In eine zeitliche Abfolge gesetzt wird das "Aufsprühen" von Schmier- und Kühlmittel, welches - wie dargelegt - meint, dass fein zerstäubte Tropfen an eine bestimmte Stelle - eben das Werkstück oder das Schneidwerkzeug - gelangen. Insofern mag es sein, dass die Kühlmitteldüse zwar zu einem früheren Zeitpunkt - in Bezug auf das Erreichen des Zerspanungsbereiches - betätigt wird als die Schmiermitteldüse, das Schmiermittel sich aber dennoch eher auf der Schneide oder dem Werkstück absetzt. Grund hierfür können etwa unterschiedliche Abstände des Düsenaustritts zur Applikationsstelle oder unterschiedliche Ausströmgeschwindigkeiten sein. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Zielorte von Schmier- und Kühlmitteldüse nicht wie in der Figur 6 des Klagepatentes I dargestellt, weit voneinander entfernt angeordnet sind. Das Klagepatent verlangt aber, dass die Fluide - das Schmiermittel und das Kühlmittel - auf das zu bearbeitende Werkstück bzw. die im Einsatz befindlichen Schneide gelangen, nämlich auf diese aufgesprüht werden. Nur durch einen Oberflächenkontakt kann das Kühlmittel die ihm zugedachte Wirkung im Zerspanungsbereich optimal entfalten. Dass zunächst das Schmiermittel auf der Schneide bzw. dem Werkstück haftet und erst danach das Kühlmittel dorthin gelangt, setzt in jedem Fall konstruktive Maßnahmen voraus, die diesen Erfolg herbeiführen. Bei einer Anordnung, wie sie etwa Figur 6 des Klagepatentes I entspricht, wäre es, wenn das Vorrichtungsteil mit der Bezugsziffer 3 die Kühl- und dasjenige mit der Bezugszahl 4 die Schmiermitteldüse wäre, ersichtlich ausgeschlossen, dass dennoch zuerst das Schmiermittel auf die Schneide bzw. das Werkstück gelangt. Bei allen physikalischen Gesetzmäßigkeiten müssen daher Vorkehrungen konstruktiver Art vorliegen, wenn ein Schmier- und Kühlmittelauftrag in der vom Klagepatent geforderten Reihenfolge erzielt werden soll. Dass solche Vorkehrungen bei der angegriffenen Ausführungsform getroffen sind, ist nicht ersichtlich; es ist dem Vorbringen der Klägerin nicht einmal ansatzweise zu entnehmen, worin sie bestehen könnten.
Erst recht ist nichts dafür zu erkennen, dass die angegriffene Maschine die Dosieranweisungen in den Merkmalen 5 bis 5.4 des Anspruches 1 befolgen kann und eine Mess- und Dosiervorrichtung entsprechend der Merkmalsgruppe 7 des Vorrichtungsanspruches 9 aufweist. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang nicht vorgetragen, ihr Geschäftsführer habe an der Maschine beobachtet, dass diese Anweisungen eingehalten werden und welche Vorrichtungen hierfür Sorge tragen. Es genügt nicht, dass irgendeine Mess- und Regelungsvorrichtung vorhanden ist, die nach bestimmten nicht näher definierten Kriterien die beiden Fluide dosiert, sondern sie muss das Kühlmittel gerade so dosieren können, dass die Vorgaben von Merkmal 5.4 des Anspruches 1 umgesetzt werden.
Unter den hier gegebenen Umständen besteht demzufolge auch keine Wahrscheinlichkeit für eine Verletzung des Klagepatentes, die eine Besichtigungsanordnung rechtfertigen könnte (vgl. hierzu BGH GRUR 2006, 962 - Restschadstoffentfernung).
c)
Es lässt sich auch nicht feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform die im Klagepatent I unter Schutz gestellte technische Lehre mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln verwirklicht. Insoweit hat die Klägerin nicht einmal ein Ersatzmittel benannt, und sie hat auch keine Merkmale der geltend gemachten Klagepatentansprüche 1 und 9 angegeben, die das Ersatzmittel abgewandelt haben soll. In Betracht käme allenfalls, die in Anspruch 1 angegebene Applikationsreihenfolge umzukehren. Eine solche Umkehrung, bei der zuerst das Kühl- und dann das Schmiermittel appliziert wird, wäre jedoch genau das Gegenteil dessen, was im Klagepatent gelehrt wird. Eine solche Veränderung kann der angesprochene Durchschnittsfachmann dem Klagepatent anhand von Überlegungen, die an der in den Patentansprüchen umschriebenen Erfindung orientiert sind, nicht als der im Wortsinn der Ansprüche beschriebenen Lösung gleichwertiges Ersatzmittel auffinden.
IV.
Die erweiterte auf das Klagepatent II gestützte Klage ist zwar zulässig, aber ebenfalls unbegründet.
1.
Die Klageerweiterung ist zulässig.
Die Einführung eines neuen Schutzrechts ist eine Klageerweiterung im Sinne der §§ 533, 263 ZPO. In der Berufungsinstanz ist sie nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zulässig, zu denen, wenn die Beklagte - wie im vorliegenden Fall - der Klageänderung nicht zugestimmt hat, gehört, dass das Gericht sie für sachdienlich erachtet. Die Sachdienlichkeit ist nach der neueren Rechtsprechung des Senates, auf die sich auch die Klägerin bezieht, zu bejahen, wenn die Klägerin befürchten muss, dass ihr § 145 PatG mit Erfolg entgegen gehalten werden kann, wenn sie das im Wege der Klageerweiterung neu eingeführte Schutzrecht in einem neuen Verfahren geltend machte. Das ist hier zu bejahen. Davon, dass die im Klagepatent II unter Schutz gestellten Handlungen zumindest gleichartig im Sinne des § 145 PatG mit denen sind, die das Klagepatent I erfasst, gehen zu Recht auch die Beklagte und ihre Streithelferin aus. Der Hauptanspruch des Klagepatentes II ist weiter gefasst und so formuliert, dass mit der Verwirklichung des Klagepatentes I gleichzeitig auch das Klagepatent II benutzt wird (vgl. die gegenüberstellende Merkmalsgliederung der Streithelferin in Anlage rop 4).
2.
Die auf das Klagepatent II gestützte Klage ist jedoch unbegründet, so dass es keiner abschließenden Klärung der Frage bedarf, ob die Klägerin zur Geltendmachung der von ihr eingeklagten Ansprüche aktivlegitimiert ist und ob das Klagepatent dem Doppelschutzverbot gemäß Art. II § 8 IntPatÜG unterliegt. Auch hier lässt sich nicht feststellen, dass die angegriffene Maschine die unter Schutz gestellte Erfindung verwirklicht.
a)
Auch das Klagepatent II betrifft ein Verfahren zur Schmierung und Kühlung von Schneiden und/oder Werkstücken bei zerspanenden Arbeitsprozessen.
Wie die Klagepatentschrift II einleitend ausführt, ist aus der Schweizer Patentschrift 543 344 ein gattungsgemäßes Verfahren beschrieben, bei dem den Werkzeugen wenigstens zwei miteinander nicht mischbare Flüssigkeiten von unterschiedlichen Eigenschaften in Bezug auf Schmierung und Kühlung zugeleitet werden, die nach Applikation einschließlich einer sich aus ihnen bildenden instabilen Emulsion von den Werkzeugen abgeführt und in einen gemeinsamen Trennbehälter geleitet werden, in dem sie sich schichtweise ordnen können. Die oben abgesetzte Flüssigkeit wird abgenommen, und beide Flüssigkeiten werden wieder getrennt den Werkzeugen zugeleitet.
Nach den weiteren Ausführungen der Klagepatentschrift II offenbart die deutsche Patentschrift 930 790 (Anlage MDP 7) ein Verfahren zum Kühlen und Schmieren der Schneidkante eines metallbearbeitenden Werkzeugs, bei dem die Kühlflüssigkeit in einem Strahl in den Raum zwischen der Freifläche des Werkzeuges und dem Werkstück an die Schneide gespritzt wird. Damit die Schneidkante wirksam gekühlt und geschmiert wird, tritt der Strahl aus einem Düsenmundstück mit einem Druck von mindestens 21 kg/cm² und einer Geschwindigkeit von mindestens 52 m/sec aus und trifft mit unverminderter Kraft und Energie auf die Schneidkante.
Als Aufgabe der Erfindung ist angegeben, ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Anspruches 1 anzugeben, das die Standzeit der Schneiden und/oder die Schnittgeschwindigkeit bei der spanabhebenden Bearbeitung signifikant erhöht (Spalte 1, Zeilen 42 - 50; Deutsches Patent- und Markenamt, Anl. MDP 6, S.7).
Das in Anspruch 1 zur Lösung dieser Aufgabe vorgeschlagene Verfahren kombiniert folgende Merkmale miteinander:
Verfahren zur Schmierung und Kühlung von Schneiden und/oder Werkstücken bei zerspannenden Arbeitsprozessen mittels zweier untereinander nicht mischbarer Fluide, wobei
ein Schmiermittel-Fluid (a) wird zur Herabsetzung der Reibung zwischen Schneide und Werkstück (15) bzw. Span sowie ein Kühlmittel-Fluid (b) wird zur Kühlung von Schneide, Werkstück, Schneidenträger und fallweise auch der Späne verwendet wird, und wobei
beide Fluide (a, b) voneinander bevorratet, und jedes Fluid (a, b) über eine separate Zuführungsleitung (10, 11) zu einem Applikationsorgan (3, 4) gefördert, und jedes Fluid (a, b) aus dem ihm zugeordneten Applikationsorgan (3, 4) auf das zu bearbeitende Werkstück bzw. auf die in Einsatz befindliche Schneide aufgesprüht wird, wobei
bei der Relativbewegung von Schneide und Werkstück in Richtung auf den Zerspanungsbereich zuerst das Schmiermittel-Fluid (a) und erst danach das Kühlmittel-Fluid (b) mittels gezielter Applikation geringer Fluidmengen nach Maßgabe der erforderlichen Kühlung von Werkstück und Werkzeug (27) aufgesprüht werden, wobei nur eine solche Fluidmenge appliziert wird, die zur Erzielung einer ausreichenden Wirkung erforderlich ist, damit kein überschüssiges Fluid zu entsorgen ist und damit trockene Späne entstehen.
Auch im Rahmen des Klagepatentes II ist es wesentlich, zuerst das Schmier- und dann erst das Kühlmittel zu applizieren (Klagepatentschrift II Spalte 1, Zeilen 51 - 55; Spalte 4, Zeilen 6 - 22); das hat auch die fachkundige Patentabteilung 14 des Deutschen Patent- und Markenamtes nicht anders gesehen, als sie das Klagepatent II aufrecht erhalten hat (Anlage MDP 6, S.9); ebenso wichtig sind die Dosiervorschriften gemäß Merkmalen 5.3 bis 5.5 (Klagepatentschrift, Spalte 1. a.a.O bis Zeile 60, Spalte 2, Zeilen 13 bis 33, Spalte 3, Zeile 59 bis Spalte 4, Zeile 1; DPMA, a.a.O.).
b)
Dass die angegriffene Maschine der Streithelferin von diesen Vorgaben Gebrauch macht, hat die Klägerin ebenso wenig schlüssig und substantiiert vorgetragen wie das Vorliegen der Lehre gemäß den Ansprüchen 1 und 9 des Klagepatentes I. Vor allem Behauptungen zu einer Verwirklichung der Merkmale 5.3 - 5.5 sind dem Vorbringen der Klägerin nicht zu entnehmen.
Weiterer Hinweise des Senats an die Klägerin bedurfte es nicht mehr, nachdem die für die Beurteilung der Verletzungsfrage relevanten Gesichtspunkte sämtlich in den vorbereitenden Schriftsätzen und den bisherigen Hinweisen erörtert worden sind, ohne dass es der Klägerin gelungen wäre, im einzelnen vorzutragen, welches Vorrichtungsteil bzw. welche Vorrichtungsteile der angegriffenen Maschine welchen Schritt der unter Schutz gestellten Verfahren ausüben bzw. welcher einzelne Vorrichtungsteil welchem Merkmal des Vorrichtungsanspruches 9 entspricht. Überdies war in der mündlichen Verhandlung ihr Vertreter Jürgen Wahl anwesend, von dem die Klägerin behauptet hat, er vertrete ihren Geschäftsführer und könne zur Frage der Verletzung der Klagepatente etwa noch benötigte Informationen geben. In seiner Gegenwart sind die relevanten Fragen noch einmal ausführlich erörtert worden. Wenn ihr Prozessbevollmächtigter zu einer abschließenden Stellungnahme noch weitere Informationen benötigte, hätte er zunächst versuchen müssen, diese von ihm zu beschaffen. Von dieser Möglichkeit hat er jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 12. Mai 2010 rechtfertigt keine andere Beurteilung und veranlasst auch nicht, die mündliche Verhandlung nach § 156 ZPO wieder zu eröffnen.
V.
Nachdem die Berufung der Klägerin erfolglos geblieben ist, hat sie nach den §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithilfe zu tragen; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. Satz 1 ZPO.
Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen aufwirft, deren Beantwortung durch den Bundesgerichtshof zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.
OLG Düsseldorf:
Urteil v. 20.05.2010
Az: I-2 U 37/08
Link zum Urteil:
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