Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. April 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 281/04

(BPatG: Beschluss v. 19.04.2005, Az.: 27 W (pat) 281/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wort-/Bildmarkefür die Waren und Dienstleistungen Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Reise-, Handkoffer sowie Taschen und Geldbörsen; Regen-, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästenhat die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen, weil es sich um einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 5, 2. Halbsatz MarkenG handele; im Hinblick auf die Dienstleistungen "Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten" fehle der Marke darüber hinaus jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Die Verwendung der angemeldeten Bezeichnung, die allgemein als "JESUS LOVES YOU" bzw. "JESUS LIEBT DICH/SIE" verstanden werde, zu kommerziellen Zwecken könne von einem beachtlichen Teil des Verkehrs als religiös anstößig empfunden werden; im Hinblick auf "Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten" stehe zudem ein beschreibender Sachaussagegehalt im Vordergrund. Die werbeübliche graphische Ausgestaltung vermöge der Aussage keine unterscheidungskräftige Besonderheit zu verleihen.

Dagegen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde, mit der er die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse begehrt, soweit die Waren "Bekleidungsstücke ohne Unterwäsche, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" betroffen sind, auf welche er das Warenverzeichnis beschränkt. Der Anmelder vertritt die Ansicht, dass jedenfalls insoweit die Verwendung der angemeldeten Marke nicht als anstößig empfunden werden könne angesichts der schwindenden Bedeutung des christlichen Glaubens und der zunehmenden Liberalisierung der Anschauungen über Sitte und Moral.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht auch im Hinblick auf die noch beanspruchten Waren jedenfalls das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen.

Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. BGH GRUR 2004, 683, 684 - Farbige Arzneimittelkapsel, m.w.N.). Da nur das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab zugrunde zu legen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2000, 321 - Radio von hier; 2000, 323 - Partner with the Best).

Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, handelt es sich bei der angemeldeten Marke um die in üblicher Art durch eine Mischung aus Worten und dem Herzsymbol ausgestaltete Aussage "JESUS LOVES YOU", die der Verkehr ohne weiteres als "Jesus liebt dich" bzw. "Jesus liebt Sie" versteht. Diese Aussage stellt eine prägnante Zusammenfassung eines Aspekts des christlichen Glaubens dar, der im Zuge volksmissionarischer Bewegungen vielfach verwendet wird, um Menschen für diesen Glauben zu interessieren. Durch die auf ein "DU" gerichtete Aussage soll die Bedeutung der Liebe Gottes bzw. von Jesus Christus für jeden einzelnen Menschen unterstrichen werden. In unterschiedlicher Gestaltung erfreut sich diese Aussage angesichts ihrer plakativen Prägnanz großer Beliebtheit. Sie findet sich auf Baseballkappen ebenso wie auf Autoaufklebern, Plakaten, in Rundfunk- und Fernsehbeiträgen oder auf Kirchentagen und Missionsveranstaltungen. Der Verkehr ist daran gewöhnt, dass diese Aussage, getragen von missionarischem Eifer, ihm an den unterschiedlichsten Stellen und in den unterschiedlichsten Zusammenhängen begegnet. Der Gedanke, es könne sich bei einer Verwendung auf den beanspruchten Waren um eine Herkunftsbezeichnung eines bestimmten Unternehmers handeln, verbietet sich daher geradezu.

An dieser Beurteilung vermag auch die gewählte Darstellungsform nichts zu ändern. Zwar können graphische Elemente einer Wort-/Bildmarke Unterscheidungskraft verleihen, wenn sie charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK). An derartigen Merkmalen fehlt es hier aber. Es handelt sich um die - seit der weithin bekannten und vielfach kopierten Werbekampagne für den Staat New York üblich gewordene - Ersetzung des "LOVE" bzw. "LOVES" durch ein Herzsymbol. Hierin ist keine in irgendeiner Weise auffällige Besonderheit zu sehen. Die Gestaltung ist auf die reine Aussage der Wortelemente bezogen und kann vom Verkehr folglich nicht als Herkunftshinweis erfasst werden.

Auf die von der Markenstelle angestellte Überlegung, dass in bestimmten Nutzungszusammenhängen die Verwendung der angemeldeten Marke als religiös anstößig angesehen und damit einen Verstoß gegen die guten Sitten darstellen könnte, kommt es angesichts der fehlenden markenrechtlichen Unterscheidungskraft nicht mehr an.

Schwarz Prietzel-Funk Dr. van Raden Na






BPatG:
Beschluss v. 19.04.2005
Az: 27 W (pat) 281/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/804e2fb35bb6/BPatG_Beschluss_vom_19-April-2005_Az_27-W-pat-281-04




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share