Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Oktober 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 159/01

(BPatG: Beschluss v. 23.10.2001, Az.: 33 W (pat) 159/01)

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Widersprechenden auferlegt.

Gründe

I Die am 2. Dezember 1999 eingetragene Marke 399 61 685 MH - Plusist für die Waren

"Baumaterialien, nicht aus Metall (Klasse 19); Möbel (Klasse 20)"

bestimmt.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der rangälteren Marken 399 11 891 QLH-Duoplus 398 21 371 BSH-3plus, 399 11 892 QLH-Trioplus, 398 21 370 Xplus, 398 21 373 1plus, 398 48 903 UPplus, 398 21 372 QLH-2plus Die Marke "UPplus" ist eingetragen für Waren der Klassen 6 und 20, alle übrigen Widerspruchsmarken für Waren der Klassen 19 und 20.

Die Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Widersprüche mit Beschluß vom 13. Februar 2001 wegen fehlender Verwechslungsgefahr gem. §§ 9 Abs 1 Nr 2, 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, daß weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Verwechslungsgefahr gegeben sei. Zwar verfüge die Widersprechende über eine Zeichenserie mit dem Bestandteil "plus". Sie habe jedoch nichts dazu vorgetragen, daß ihre Abnehmer sich bereits an diese Zeichenserie gewöhnt hätten. Es handele sich im Gegenteil bei dem Wort "plus" um einen kennzeichnungsschwachen Bestandteil, dem der für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr erforderliche Hinweischarakter abzusprechen sei.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie trägt vor, daß die Besonderheit der Serienmarke im vorliegenden Fall in dem gesamten Aufbau, nämlich dem Voranstellen von mehreren Großbuchstaben in Kombination mit oder ohne Zahlen zuzüglich dem Wort "plus" am Ende liege. Das Markenelement "plus" trage maßgeblich sowohl zum Gesamteindruck der Einzelmarke als auch zum Gesamteindruck der Serienmarken bei. Sie legt verschiedene Informations- und Werbeprospekte vor und behauptet, daß sich aus diesen ergebe, daß sich die beteiligten Verkehrskreise seit 1998 an die Serienmarke der Widersprechenden gewöhnt hätten und beim Auftauchen des Bestandteiles "Plus" dieser Serienmarke unwillkürlich den gedanklichen Schluß zögen, daß das damit bezeichnete Produkt aus der Produktion der Widersprechenden stammen müsse.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Beschluß der Markenstelle vom 13. Februar 2001 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisenund der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Sie bestreitet, daß sich die maßgeblichen Abnehmerkreise an den Bestandteil "plus" als Hinweis auf den Betrieb der Beschwerdeführerin gewöhnt hätten. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, daß dem Bestandteil "plus" jegliche Kennzeichnungskraft fehle, da es sich um eine beschreibende Bezeichnung handle, die als Stammbestandteil einer Serienmarke nicht in Betracht komme.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II 1. Die Beschwerde ist nicht begründet. Auch der Senat hält die Gefahr von Verwechslungen der sich jeweils gegenüberstehenden Marken gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht für gegeben. Die Markenstelle hat die Widersprüche daher zu Recht gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen.

Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zunächst vor allem von der Identität oder Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfaßten Waren bzw Dienstleistungen ab, wobei von dem Leitbild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers auszugehen ist (vgl EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 - Lloyd; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND). Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (EuGH, aaO - Lloyd, EuGH, GRUR 1998, 922, 923 - CANON; BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 1999, 995, 997 - HONKA). Dabei stehen die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung, so daß zB ein geringerer Grad an Markenähnlichkeit durch eine höhere Kennzeichnungskraft der älteren Marke oder durch einen höheren Grad an Waren bzw Dienstleistungsähnlichkeit ausgeglichen werden kann (stRspr vgl EuGH, aaO - CANON; BGH GRUR 2000, 603, 604 - Cetof/ETOP). Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall hinsichtlich sämtlicher Widersprüche eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden.

a) Die beiderseitigen Waren, liegen im engeren Ähnlichkeits- bzw hinsichtlich der Waren der Klasse 19 im Identitätsbereich.

b) Anhaltspunkte für eine entscheidungserhebliche Ähnlichkeit der sich jeweils gegenüberstehenden Marken nach ihren Gesamtumständen gibt es nicht, dies wurde von der Widersprechenden auch nicht behauptet.

Eine assoziative Verwechslungsgefahr ist im vorliegenden Fall ebenfalls nicht gegeben. Diese setzt namentlich bei sogenannten Serienzeichen voraus, daß die beteiligten Verkehrskreise zwar die Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken erkennen und somit keinen unmittelbaren Verwechslungen unterliegen, gleichwohl einen in beiden Marken übereinstimmenden enthaltenen Bestandteil als Stammzeichen des Inhabers der älteren Marke werten, diesem Bestandteil also für sich schon die maßgebliche Herkunftsfunktion beimessen und daher die übrigen (abweichenden) Markenteile zB als Kennzeichen für bestimmte Waren oder Dienstleistungen aus dem Geschäftsbetrieb des Inhabers der älteren Marke ansehen (BGH GRUR 1996, 267, 269 - Aqua; BGH GRUR 1999, 240, 241 - Stephanskrone I). Dabei ist der für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr erforderliche Hinweischarakter insbesondere gemeinsamen schutzunfähigen oder kennzeichnungsschwachen Markenteilen abzusprechen. Der Grundsatz, daß aus solchen Markenelementen für sich gesehen keine Rechte hergeleitet werden können, gilt erst recht in diesem Zusammenhang, so daß beschreibende Angaben nicht als Stammbestandteile von Serienmarken in Betracht kommen, weil der Verkehr in ihnen nur einen Hinweis auf die betroffenen Waren, nicht aber auf ein bestimmtes Unternehmen sieht (BGH GRUR 1998, 927, 929 - COMPO-SANA; BGH GRUR 1998, 932, 934 - MEISTERBRAND). So verhält es sich im vorliegenden Fall. Der den Widerspruchsmarken gemeinsame Markenbestandteil "plus" ist eine unmittelbar beschreibende Sachangabe, die auf zusätzliche oder verbesserte Eigenschaften, auf einen Vorzug oder einen Vorteil der Waren hinweist. Eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit liegt nicht vor, es wird auch in Alleinstellung als Eigenschaftsangabe aufgefaßt (so schon BPatG Mitt 1972, 212 - Plus; BPatG 30 W (pat) 140/97, Beschluß v. 19.10.98 - Plus). Der Bestandteil "plus" kommt darüber hinaus in zahlreichen Marken in Alleinstellung oder als Bestandteil vor (vgl Markenlexikon, 2001, S 8827 ff), so daß bereits unter diesem Gesichtspunkt ein Hinweischarakter gerade auf die Widersprechende ausgeschlossen ist.

Zu einer anderen Beurteilung führt auch nicht die Behauptung der Widersprechenden, daß die beteiligten Verkehrskreise seit 1998 an die "Serienmarke" gewöhnt seien. Die von der Widersprechenden diesbezüglich vorgelegten Unterlagen geben nämlich Hinweise auf eine Gewöhnung bzw erhöhte Verkehrsgeltung von "plus" allenfalls im Zusammenhang mit Fachkreisen, ohne jedoch auch diesbezüglich konkrete Zahlen hinsichtlich des Marktanteils der Widersprechenden zu nennen. Als angesprochene Verkehrskreise kommen jedoch hier auch Endabnehmer in Betracht. Zur diesbezüglichen Kennzeichnungskraft hat die Widersprechende - mit Ausnahme von Werbeanzeigen in Tageszeitungen bzw Broschüren - keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen. Letztlich entscheidend ist indessen darauf abzustellen, daß im Widerspruchsverfahren die Behauptung, ein - wie hier - von Haus aus schutzunfähiger Bestandteil der Widerspruchsmarke habe sich im Verkehr als Kennzeichen der Waren des Widersprechenden durchgesetzt, grundsätzlich nicht berücksichtigt werden kann, außer wenn die Verkehrsdurchsetzung bereits in einem Eintragungsverfahren festgestellt worden ist (BGH GRUR 1965, S 183, 185 - derma).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 71 Abs 1 Satz 1 MarkenG. Es entspricht im vorliegenden Fall der Billigkeit, der Widersprechenden, die Verfahrenskosten aufzuerlegen, da sie in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen Situation versucht hat, ihr Interesse an dem Erlöschen des Markenschutzes der Markeninhaberin durchzusetzen. Wie ausgeführt, ist es angesichts der Sachlage, wie sie hier zu beurteilen war, ausgeschlossen, daß der schutzunfähige Markenbestandteil "plus" in Alleinstellung oder als Suffix den für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr erforderlichen Hinweischarakter begründen kann.

Winklerv. Zglinitzki Dr. Hock Cl






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Az: 33 W (pat) 159/01


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