Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Februar 2009
Aktenzeichen: 27 W (pat) 65/09

(BPatG: Beschluss v. 17.02.2009, Az.: 27 W (pat) 65/09)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Anmelder hat die Kennzeichnung AUTOAUTO!

als Wortmarke für die folgenden Waren und Dienstleistungen angemeldet:

Bildund Tonträger, Datenträger, DVDs, Compact-Disks, Magnetbänder, Videobänder, Disketten, Schallplatten; Sonnenbrillen Papier, Pappe und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Abziehbilder Anspitzer, Aufkleber, Bierdeckel Bleistifte, Blöcke, Booklets, Broschüren, Druckereierzeugnisse, Eintrittskarten, Etiketten, Fahnen (aus Papier), Folien, Fotografien, Hefte, Hüllen, Kalender, Karten Lineale, Locher, Malkästen, Mappen, Notizbücher, Radiergummis, Schreibund Papierwaren, Ordner, Pinsel, Plakate, Prospekte, Radiergummis, Schablonen, Schreibwaren, Servietten, Stempel, Taschentücher, Tischdecken aus Papier, Toilettenpapier, Tüten aus Papier Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Aktentaschen, Beutel, Brieftaschen, Decken, Dokumentenmappen, Einkaufstaschen, Etuis, Handkoffer, Handtaschen, Hundehalsbänder, Hutschachteln aus Leder, Kästen aus Leder oder Ledermappe, Kindertragetaschen, Kleidersäcke für die Reise, Koffer, Kosmetikkoffer, Regenschirme, Rucksäcke, Schultaschen und -ranzen, Sonnenschirme, Sporttaschen, Taschen Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Abfalleimer, Becher, Bierkrüge, Blumentöpfe, Bonbonieren, Brotbretter, Brotkästen, Brotkörbe, Bügelbretter, Bürsten, Butterdosen, Dosen, Eierbecher, Essigund Ölkännchen, Feldflaschen, Flakons, Flaschen, Flaschenöffner, Formen für Eiswürfel, Gläser, Glaswaren (soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, Grillständer, Isolierflaschen, Kaffeeservice, Kämme, Kannen, Karaffen, Käseglocken, Keksdosen, Kerzenauslöscher, Kerzenleuchter, Kleiderspanner, Kochgeschirr, Korkenzieher, Kuchenformen, Kühltaschen, Möbelwischtücher, Nagelbürsten, Obstschalen, Pfefferstreuer, Polierleder, Porzellanwaren (soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind), Putztücher, Putzzeug, Rasierpinsel, Salzstreuer, Schalen, Schwämme, Seifendosen, Seifenspender, Tafelgeschirr, Tafelservice, Tassen, Teedosen, Teeservice, Teller Toilettennecessaires, Töpfe, Überzüge für Bügelbretter, Untersetzer, Vasen, Wäscheklammern, Zahnbürsten Webstoffe und Textilien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Bettwäsche, Decken, Duschvorhänge, Fahnen (nicht aus Papier), Gardinen aus Textilien oder aus Kunststoff, Handtücher, Haushaltswäsche, Kissen, Kissenbezüge, Schlafsäcke, Stoffservietten, Sets, Tischwäsche Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Anzüge, Babywäsche, Badeanzüge, Badehosen, Bademäntel, Badeschuhe, Bekleidung für Autofahrer, Bodysuits, Büstenhalter, Damenkleider, Duschhauben, Einlegesohlen, Einstecktücher, Faschingskostüme, Fußballschuhe, Gürtel, Halstücher, Handschuhe, Hausschuhe, Hemden, Hosen, Hosenträger, Hüte, Jacken, Krawatten, Lederbekleidung, Mäntel, Mützen, Overalls, Pullover, Pyamas, Radfahrerbekleidung, Regenmäntel, Röcke, Sandalen, Schals, Schlafanzüge, Schlafmasken, Schuhe, Schürzen, Socken, Stirnbänder, Sweater, Trikots, T-Shirts, Unterwäsche Bänder und Schnürbänder; Knöpfe, Haken und Ösen, Nadeln; künstliche Blumen; Buttons (Anstecker), Nähnecessaire Spiele, Spielzeug; Turnund Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Christbaumschmuck, Angeln, Bälle, Bauklötze, Brettspiele, Fahrzeugmodelle, Kartenspiele, Plüschtiere, Puppen, Puzzles, Rasseln, Scherzartikel, Würfel Anzeigenwerbung; Fernsehund Filmwerbung; Überlassung und Verbreitung von Werbematerial; Veranstaltung von Shows zu gewerblichen oder zu Werbezwecken; Präsentation von Shows in Medien zu Werbezwecken, Dienste von Unterhaltungskünstlern; Filmproduktion, Musikdarbietungen; Produktion von Shows; Theateraufführungen; Veranstaltung und Durchführung von Unterhaltungsshows, Veranstaltung und Durchführung von kulturellen Ausstellungen; Vermietung von Tonund Filmaufnahmen Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patentund Markenamts hat mit Erstbeschluss vom 10. Juni 2008 die Anmeldung insgesamt nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Auf die Erinnerung des Anmelders hat sie mit Erinnerungsbeschluss vom 6. August 2008 den Erstbeschluss insoweit aufgehoben, als der Anmeldemarke die Eintragung für "Fahnen (aus Papier); Beutel; Teller" versagt worden ist und im Übrigen die Erinnerung zurückgewiesen. Dies ist damit begründet, dass es sich bei der angemeldeten Kennzeichnung um eine den beschreibenden Aussagegehalt lediglich verstärkenden werbeübliche Doppelung des beschreibenden Begriffs "Auto" mit einem ebenfalls werbeüblichen Ausrufezeichen handele. Für die angesprochenen Verkehrskreise enthalte die Anmeldemarke damit lediglich den beschreibenden Hinweis, dass die angemeldeten Waren und Dienstleistungen für den Gebrauch im Auto bestimmt oder sich hiermit thematisch befassten. Damit könne dem Publikum der Gedanke, dass die Marke auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen hinweise, erst gar nicht kommen. Soweit der Anmelder auf angeblich identische oder vergleichbare Voreintragungen hingewiesen habe, ändere sich hieran nichts, da eine Bindung des Patentamts an frühere Eintragungen nach überwiegender Ansicht nicht bestehe. Lediglich für die obengenannten Waren gälten die vorstehenden Ausführungen nicht, weil diese regelmäßig nicht für den Einsatz in einem Kraftfahrzeug bestimmt seien, so dass nur insoweit ein Schutzversagungsgrund nicht bestehe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders vom 4. September 2009, mit der er beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patentund Markenamts vom 10. Juni 2008 und 6. August 2008 aufzuheben, soweit die Anmeldung hierin zurückgewiesen worden sei.

Hilfsweise beantragt er, unter teilweiser Aufhebung der vorgenannten Beschlüsse die Marke für die Waren und Dienstleistungen "Bildund Tonträger, Datenträger, DVDs, Compact-Disks, Magnetbänder, Videobänder, Disketten und Schallplatten von Musikdarbietungen und Theateraufführungen; Abziehbilder, Aufkleber, Booklets, Broschüren, Druckereierzeugnisse, Fotografien, Kalender, Karten, Plakate, Prospekte von Musikdarbietungen und Theateraufführungen; veranstaltung von Musik-Shows zu gewerblichen oder Werbezwecken; Präsentation von Musik-Shows in Medien zu Werbezwecken; Dienste von Unterhaltungskünstlern in Musikshows, Filmproduktion von Musikshows, Produktion von Musikshows, Veranstaltung und Durchführung von Musikshows" einzutragen.

Darüber hinaus beantragt er, das Verfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über den Vorlagebschluss des 29. Senats vom 19. Dezember 2007 auszusetzen.

Hierzu führt er in seiner Beschwerdebegründung vom 4. September 2009 aus, dass die Anmeldemarke für alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen schutzfähig sei, weil zwar der Begriff "Auto" einen beschreibenden Inhalt aufweisen könne, dies aber nicht für seine Verdoppelung gelte; auch fehlten Nachweise für eine angebliche werbeübliche Verwendung. Eine beschreibende Bedeutung der Anmeldemarke in ihrer konkreten Ausgestaltung liege daher nicht vor, so dass die Verbraucher sie eher als produktund herkunftsidentifizierenden Hinweis auffassten. Zumindest bei den mit dem Hilfsantrag begehrten Waren und Dienstleistungen scheide ein solcher beschreibender Sinngehalt aus. Darüber hinaus seien im Register bereits drei identische Marken u. a. für Waren und Dienstleistungen, die eindeutig im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen stünden, eingetragen; es stelle daher eine Ungleichbehandlung dar, wenn der vorliegenden Anmeldemarke ohne sachliche und rechtliche Änderung die Eintragung versagt werde.

II.

1) Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.

2) Einer Entscheidung des Senats steht der Aussetzungsantrag des Anmelders nicht entgegen. Eine Vorgreiflichkeit i. S. d. § 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 148 ZPO begründet die Vorlageentscheidung des 29. Senats des Bundespatentgerichts vom 19. Dezember 2009 (vgl. MarkenR 2008, 124-Schwabenpost) nicht.

Nach § 148 ZPO kann, sofern die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, angeordnet werden, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits ausgesetzt wird.

Abgesehen davon, dass die Entscheidung über die Aussetzung im pflichtgemäßen Ermessen des Senats steht, mithin grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf deren Anordnung besteht, begründet das Vorabentscheidungsersuchen des 29. Senats des Bundespatentgerichts zu "Schwabenpost" (a. a. O.) keine Vorgreiflichkeit für die Entscheidung im vorliegend anhängigen Beschwerdeverfahren (vgl. auch BGH GRUR 2005, 615, 616). In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist nämlich bereits geklärt, dass Voreintragungen -wie hier -nur ähnlicher (nicht identischer) Marken keine rechtliche Bindungswirkung entfalten und dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Eintragbarkeit von Marken ausschließlich auf der Grundlage des (geschriebenen) Gesetzesrechts, nicht aber im Hinblick auf eine vorherige Entscheidungspraxis zu beurteilen ist (vgl. auch die zeitlich nach dem Vorlagebeschluss zu "Schwabenpost" ergangenen Beschlüsse MarkenR 2008, 160, Nr. 43, 44 -HAIRTRANSFER, und MarkenR 2008 163 -Terranus).

Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass auch der Bundesgerichtshof -zeitlich nach Veröffentlichung zu "Schwabenpost" -an der gefestigten bisherigen Rechtsprechung zur (fehlenden) Bedeutung von Voreintragungen festhält (vgl. WRP 2008, 1428, 1431, Nr. 18 -Marlene-Dietrich-Bildnis). Dass ein Marken-Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts (von insgesamt acht) unter Hinweis auf das gemeinschaftsrechtliche Gebot der Gleichheit der Wettbewerbschancen und den (verwaltungsrechtlichen) Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung eine -durch allgemeine Verwaltungsvorschriftten gesteuerte -nachvollziehbare und vorhersehbare Amtspraxis der Markenstellen des Deutschen Patentund Markenamts im (absoluten) Verfahren der Eintragung von Marken anmahnt, rechtfertigt nicht die Aussetzung des anhängigen Verfahrens. Der Europäische Gerichtshof betont zwar die Verpflichtung zur Kohärenz in der Entscheidungsfindung (MarkenR 2008, 160, 163, Nr. 50 -HAIRTRANSFER), weicht aber deshalb nicht von seiner bisherigen Rechtsprechung zur ausschließlichen Maßgeblichkeit der rechtlichen Regelungen (und nicht einer vorherigen Entscheidungspraxis) ab. Von daher besteht kein Anlass, das vorliegende Verfahren auszusetzen und in diesem ein Vorabentscheidungsersuchen (gemäß Art. 234 EG) an den Europäischen Gerichtshof zu richten.

Damit entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass ein Anmelder aus der Schutzgewährung für andere, seiner Ansicht nach vergleichbarer Marken keinen Anspruch auf Eintragung ableiten kann, da Voreintragungen weder für sich noch in Verbindung mit dem -auch im europäischen Primärrecht geltenden -Gleichheitssatz zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen führen, welche über die Eintragung zu befinden haben; denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] Terranus; GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 Henkel; ebenso BPatG MarkenR 2007,351, 352 f. Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. Papaya). Die aus Anlass der Anmeldung einer mit früheren Eintragungen identischen Kennzeichnung vorgenommene rechtliche Bewertung der Eintragbarkeit anhand der Vorgaben der Markenrichtlinie und der diese ins deutsche Recht umsetzenden Vorschriften des § 8 MarkenG stellt stets eine rechtliche Änderung dar, die der Schutzversagung einer späteren identischen Anmeldung nicht entgegensteht; andernfalls würden nämlich Gesetzesverstöße, welche den früheren Eintragungen zugrunde lagen, ohne jeden Rechtsgrund nachträglich geheilt, was das markenrechtliche Schutzsystem insgesamt in Frage stellen würde. Schließlich ist jeder Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Anmeldemarke ausschließlich der sachliche und rechtliche Erkenntnisstand zum Zeitpunkt dieser Entscheidung zugrunde zu legen, was durchaus dazu führen kann, dass ein im Zeitpunkt der Voreintragungen nicht erkannter oder noch nicht bestehender tatsächlicher oder rechtlicher Schutzversagungsgrund erst aus Anlass der späteren Nachanmeldung aufgedeckt wird. Dass dies dazu führen kann, dass auch eine nachträgliche Löschung der Voreintragung ausscheidet, weil das Vorhandensein des Schutzversagungsgrundes zum Zeitpunkt ihrer Eintragung nicht nachweisbar ist, ist hinzunehmen und den markenrechtlichen Vorgaben immanent.

Im Ergebnis kann daher über das vorliegende Beschwerdeverfahren eine abschließende Entscheidung getroffen werden, ohne wie vom Anmelder beantragt die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über das Vorabentscheidungsersuchen des 29. Senats abzuwarten.

3) Mit der Markenstelle geht der Senat davon aus, dass die angemeldete Bezeichnung für die noch beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen nach § 37 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangels jeglicher Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen ist.

a) Die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geht auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurück, der wiederum mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) GMV wortidentisch ist. Da die Auslegung der vorgenannten europarechtlichen Normen nach Art. 234 EGV allein dem Europäischen Gerichtshof vorbehalten ist, ist auch für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Unterscheidungskraft" in § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausschließlich dessen Rechtsprechung maßgeblich und für alle nationalen Gerichte bindend. Danach ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen, derzufolge diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren soll, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] -Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] -SAT. 2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] -BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] -SAT. 2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] -Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] -SAT. 2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] -Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] -Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] -Das Prinzip der Bequemlichkeit).

b) Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden angemeldeten Kennzeichnung der Fall, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, die noch beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 -marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 -City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w N.-RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] -Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] -DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 97] -POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] -BIOMILD); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus einem oder mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen infolge einer ungewöhnlichen Veränderung -etwa syntaktischer oder semantischer Art -nicht hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung ihrer schutzunfähigen Bestandteile abweicht (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 98] -POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 39 f.] -BIOMILD; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 28] -SAT. 2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 29] -BioID; MarkenR 2007, 204, 209 [Rz. 77 f.] -CELLTECH).

c) Wie auch der Anmelder nicht in Abrede stellt, besteht die Anmeldemarke aus der Verdoppelung des für Kraftfahrzeuge gebräuchlichen und üblichen Wortes "Auto" und einem angefügten Ausrufezeichen. Wie die Markenstelle im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, ist es möglich, dass sämtliche von der Zurückweisung der Anmeldung betroffenen Waren und Dienstleistungen zum Einsatz in einem Kraftfahrzeug geeignet oder bestimmt sein können oder sich mit diesen inhaltlich befassen können. Dies gilt auch für die im Hilfsantrag genannten Waren und Dienstleistungen, denn die dort genannten Waren aus Klasse 9 werden üblicherweise über das Audiosystem des Fahrzeuges wiedergegeben oder können sich ebenso wie die weiteren Waren aus Klasse 16 und die Dienstleistungen aus den Klassen 35 und 41 ihrem Inhalt nach mit Kraftfahrzeugen befassen; dies gilt auch, soweit das Warenund Dienstleistungsverzeichnis auf Musikdarbietungen und Theateraufführungen eingeschränkt ist, denn diese können gerade Kraftfahrzeuge -insbesondere sog. Kultautos -zum Gegenstand haben.

Von diesem bloß beschreibenden Begriffsinhalt führen entgegen der Ansicht des Anmelders auch die Verdoppelung des beschreibenden Begriffs "Auto" und das hinzugefügte Ausrufezeichen nicht weg. Wortverdoppelungen und Ausrufezeichen sind nämlich -was wegen der Offenkundigkeit (§ 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 291 ZPO) keines Nachweises bedarf -nach Kenntnis des Senats häufig anzutreffende und übliche Stilmittel bei der Werbeanspreisung. Der Verkehr wird in diesen Stilmitteln daher nur eine Verstärkung auf den Sachhinweis sehen (ebenso HABM, Beschluss der 1. Beschwerdekammer vom 21.10.2003, R0026/2003-1 -MEX MEX; veröffentlicht auf https://www.pavisproma.de/index.htm und http://oami.europa.eu/LegalDocs/BoA/2003/es/R0026_2003-1.pdf). Damit wird ihm aber der Gedanke, dass hiermit zumindest gleichzeitig auch auf die Herkunft der so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen aus einem einzigen bestimmten Unternehmen hingewiesen werden soll, erst gar nicht kommen, so dass die angemeldete Kennzeichnung die Hauptfunktion einer Marke, welche in einem solchen Hinweis besteht, nicht erfüllen kann.

4) Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für die noch beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.

Dr. Albrecht Kruppa Schwarz Ju






BPatG:
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Az: 27 W (pat) 65/09


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