Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. September 2001
Aktenzeichen: 17 W (pat) 35/01

(BPatG: Beschluss v. 27.09.2001, Az.: 17 W (pat) 35/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist am 31. März 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Bezeichnung

"Vibrationsakustisches Diagnosesystem"

eingereicht worden.

Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G01M mit Beschluß vom 5. April 2001 zurückgewiesen. In den Gründen ist ausgeführt, daß der beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen den genannten Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie verfolgt ihr Patentbegehren auf der Grundlage eines in der mündlichen Verhandlung überreichten Anspruchs 1 weiter.

Dieser Anspruch lautet (mit ergänzter Gliederung):

"Vibrationsakustisches Diagnosesystem in einem Fahrzeug zur Erfassung von Schäden an dessen Kraftfahrzeugbauteilenmita) zumindest einem Erfassungsmittel zur Aufnahme von je nach erfassten Betriebszuständen auftretenden Ist-Spektren im Kraftfahrzeug für eine erste Betriebsphase, b) einer Speichereinrichtung zur Speicherung von diesen Ist-Spektren als Soll- Spektren, c) einer Vergleichseinrichtung zum Vergleichen der nach der ersten Betriebsphase erfassten Ist- und der gespeicherten Soll-Spektrenundd) einer Anzeigeeinheit zum Anzeigen einer Unregelmäßigkeit, wenn die Abweichung zwischen den erfassten und den gespeicherten Spektren eine Grenze überschreitet."

In der zweiten Zeile im Merkmal d) wurden hierbei zur Angleichung der Begriffe an jene im Merkmal c) und somit zur Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten (§ 95 PatG) die Worte "dem" und "der" jeweils durch "den" ersetzt.

Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt die Anmelderin vor, daß bei der als relevant angesehenen Druckschrift US 5 596 496 keine bei unterschiedlichen Betriebszuständen aufgenommenen Soll-Spektren mit den später gewonnenen Ist-Spektren zur Ermittlung von Unregelmäßigkeiten herangezogen würden. Diese Druckschrift sehe die Verwendung von betriebszustandsspezifischen Soll-Spektren lediglich nach der Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten zur Lokalisierung schadhafter Getriebekomponenten vor.

Die Anmelderin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentanspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Patentansprüche 2 bis 4, eingegangen am 26. November 1999, Beschreibung Seiten 1 bis 3a, eingegangen am 26. November 1999, sowie ursprünglich eingereichte Seiten 4 und 5, eine ursprünglich eingereichte Zeichnung.

II.

Die in rechter Frist und Form eingelegte Beschwerde ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, da der beanspruchte Gegenstand nicht patentfähig ist, § 1 Abs. 1 iVm § 4 PatG.

Im Verfahren sind folgende Druckschriften herangezogen worden:

1) DE 196 10 827 A1 2) EP 0 671 620 A2 3) EP 0 178 468 A2 4) JP 101 041 28 A 5) DE 32 01 897 A1 6) US 5 596 496.

In Druckschrift 6 wird ein vibrationsakustisches Diagnosesystem in einem Fahrzeug, beispielsweise in einem LKW, beschrieben, das zur Erfassung von Schäden an dessen Getriebe - d.h. an Bauteilen, die zu diesem Kraftfahrzeug gehören - dient.

Dem Getriebebereich ist ein Sensor 90 zugeordnet (Fig. 4), der Frequenz und Amplitude der Vibrationen detektiert und diesen Parametern entsprechende Signale abgibt (Zusammenfassung; Sp. 6, Z. 6-13). Dieser Sensor dient somit als Erfassungsmittel zur Aufnahme von Spektren (Sp. 2, Z. 9-11). Eine erstmalige Aufnahme und Speicherung dieser Spektren findet zunächst in einem "startup mode" , dh. in einer ersten Betriebsphase, statt (Sp. 2, Z. 34-41; Ansprüche 11 und 16). Diese zunächst aufgenommenen "Ist-Spektren" werden nachfolgend als "Soll-Spektren" zum Vergleich mit späteren Spektren, die aus der Zeit nach der ersten Betriebsphase stammen, herangezogen (Sp. 10, Z. 1-7).

Bestehen zwischen beiden Spektren Unterschiede, die eine vorbestimmte Grenze überschreiten, so wird dieses als Unregelmäßigkeit angezeigt (Sp. 2, Z. 41, 42; Sp. 10, Z. 3-7).

Bei diesem Vergleich zwischen Soll- und Ist-Spektren wird nach den Ansprüchen 12 bis 14 von Druckschrift 6 auch geprüft, ob das Vergleichsergebnis von einer sich ändernden Fahrzeuggeschwindigkeit oder von einem Schaltvorgang beeinflusst wird. Um diese Vergleiche anstellen zu können, ist es zwingend erforderlich, bei der Aufnahme der Ist-Spektren in der ersten Betriebsphase, d.h. der späteren Soll-Spektren, auch diese veränderten Betriebszustände zu berücksichtigen. Entgegen der anmelderseitigen Ansicht werden somit nach der Lehre der Druckschrift 6 bei unterschiedlichen Betriebszuständen aufgenommene Soll-Spektren nicht nur in Verbindung mit der Fehlerlokalisierung im Getriebe, sondern auch zuvor im Bereich der Signalisierung von Unregelmäßigkeiten verwendet.

Demzufolge unterscheidet sich das vibrationsakustische Diagnosesystem nach Druckschrift 6 von jenem nach Anspruch 1 der Beschwerdeanmeldung lediglich insoweit, als das letztere "in einem Fahrzeug zur Erfassung von Schäden an dessen Kraftfahrzeugteilen" dient. Durch diese Formulierung wird mittelbar zum Ausdruck gebracht, daß das fahrzeugeigene Diagnosesystem auch außerhalb des Getriebes - mit entsprechender Platzierung des Erfassungsmittels - eingesetzt wird. Dieser Unterschied gibt dem Gegenstand des Anspruchs 1 allerdings keine erfinderische Qualität. Dem Fachmann, einem Physik-Ingenieur mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Kfz-Meßtechnik, ist es beispielsweise aus der Druckschrift 3 (vergl. S. 1, Z. 3-11) bekannt, vibrationsakustische Diagnosen auch für Fahrzeugbauteile außerhalb des Getriebes anzustellen. Um zum Gegenstand nach Anspruch 1 zu kommen, war demnach für den durchschnittlichen Fachmann in Kenntnis der Druckschriften 3 und 6 keine erfinderische Tätigkeit erforderlich.

Der Anspruch 1 ist demzufolge nicht gewährbar.

Da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann, sind nach Wegfall des Anspruchs 1 die hierzu im Rückbezug stehenden Unteransprüche 2 bis 4 ebenfalls nicht gewährbar.

Die Beschwerde war demzufolge zurückzuweisen.

Grimm Bertl Püschel Schuster Bb






BPatG:
Beschluss v. 27.09.2001
Az: 17 W (pat) 35/01


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