Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Juni 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 87/01
(BPatG: Beschluss v. 26.06.2001, Az.: 33 W (pat) 87/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 16. Januar 1998 die Wortmarke "JURATHEK" für folgende Waren und Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden:
Klasse 09:
Computer, Datenverarbeitungsanlagen und deren Zubehör (Peripherie) insbesondere Datenspeicher; mit Programmen und Informationen versehene Datenträger (Computer-Software);
Klasse 16:
Druckschriften; Zeitschriften und Zeitungen, Informationsschriften; Druckereierzeugnisse;
Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensberatung und -verwaltung; Büroarbeiten; Veranstaltung von Messen;
Klasse 38:
Sammeln und Liefern von Nachrichten; Telekommunikation; Online-Dienste insbesondere Aufbereitung, Präsentation, Pflege und Vertrieb von Waren und Dienstleistungen in elektronischen Netzen;
Klasse 41:
Veranstaltung von Kongressen, Ausbildung, Unterhaltung, kulturelle Aktivitäten Klasse 42:
Pflege und Aktualisierung von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, insbesondere Sammeln, Speichern, Aktualisieren und Liefern von Daten und sonstigen Informationen sowie Vermittlung von Datenbankinformationen; softwaregesteuerte Einspeisung von Daten mittels Kabel, Telekommunikation und Telefonnetzverbindung in Computersysteme für Datennetze, Telefonanlagen und öffentliche Telefonnetze.
Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch Beschluß vom 13. November 2000 zurückgewiesen und dies damit begründet, daß es dem angemeldeten Zeichen im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle und es sich um eine beschreibende und freihaltungsbedürftige Angabe handle (§ 37 Abs 1 MarkenG iVm § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG). Die angesprochenen Verkehrskreise entnähmen der Marke nur den Hinweis, daß die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen für eine Vertriebsstätte bzw Sammlung bestimmt seien bzw dort erbracht würden und im Zusammenhang mit der Rechtswissenschaft stünden.
Gegen diese Entscheidung des Patentamts hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Er beantragt sinngemäß
den Beschluß vom 13. November 2000 aufzuheben.
Er trägt vor, daß bereits der Begriff "Jura" in seiner Deutung vielschichtig sei. Man bezeichne damit ua auch Gebirgsformationen. Selbst wenn die Vorsilbe "Jura" als Rechtswissenschaften gedeutet werde, weise die Marke allenfalls eine sehr allgemeine verschwommene Bedeutung auf, nicht jedoch eine eindeutige und unmißverständliche beschreibende Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen.
Es gebe im übrigen eine ganze Reihe von registrierten Marken mit dem Schlußbestandteil "thek" und einer weiteren (meist beschreibenden) Angabe. Die von der Markenstelle und auch vom Bundespatentgericht durchgeführten Internetrecherchen könnten die Verwendung des Begriffes im Internet nicht beweisen.
Im übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die Beschwerde ist nicht begründet. Die angemeldete Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt und ein Freihaltungsbedürfnis besteht (§ 8 Abs 2 Ziff 1 und 2 MarkenG). Die Markenstelle des Patentamts hat die Anmeldung daher zu Recht gemäß § 37 Abs 1 MarkenG zurückgewiesen.
1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (ständige Rechtsprechung, vgl BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO - Partner with the Best; BGH GRUR 1999, 1089 - YES; BGH GRUR 1999, 1093 - FOR YOU mwN).
Die angemeldete Marke ist aus zwei Bestandteilen zu einem Wort zusammengefügt, wobei der Begriff "Jura" ein gebräuchlicher Ausdruck für "Rechtswissenschaften" ist. Zwar hat der Anmelder zutreffend ausgeführt, daß "Jura" auch eine Gebirgsformation bezeichnen kann. Im Zusammenhang mit den hier angemeldeten Waren und Dienstleistungen liegt diese Deutung für die angesprochenen Verkehrskreise, hier auch das allgemeine Publikum, fern. Der zweite Wortbestandteil "-thek", verkürzt aus dem Begriff "Bibliothek", bezeichnet eine Zusammenstellung, die sich auf das im ersten Wortbestandteil angegebene Gebiet bezieht (Duden, Bedeutungswörterbuch, 1985, Seite 636). Als Beispiel wird im Duden dabei ausdrücklich der Ausdruck "Jurathek" genannt. Das angemeldete Zeichen ist somit als Gattungsbegriff seit vielen Jahren bekannt. Darüber hinaus hat sowohl das Patentamt als auch der Senat die vielfache Verwendung des Begriffes im Internet nachgewiesen. Der Ausdruck "Jurathek" wird im Internet ebenso - jedenfalls teilweise - beschreibend gebraucht (z. B. Fundstelle Nr. 8 der Markenstelle, in der eine Rechtsanwalts-Kanzlei "Jurathek-Seiten" anbietet, die eine Urteilsdatenbank enthalten, oder Fundstelle Nr. 16, ein "Online Guide-Recht & Urteile" zu den Themenbereichen "Steuerthek, Jurathek" usw). Ein beschreibender Bezug besteht zu sämtlichen Waren und Dienstleistungen. Die juristische Sammlung kann aus Büchern, Zeitschriften oder auch Computer-Software bestehen, die mit Hilfe von Dienstleistungen der Klasse 38 und 42 übermittelt wird. Auch Messen und Kongresse bzw. die übrigen Dienstleistungen der Klasse 35 und 41 können eine Zusammenstellung auf dem Gebiet der Rechtswissenschaft zum Gegenstand haben.
Der Anmelder kann sich zur Frage der Schutzfähigkeit auch nicht auf eingetragene Drittzeichen berufen. Selbst eine Reihe von Eintragungen gleicher oder ähnlicher Marken - der Anmelder beruft sich jedoch nur auf Marken mit der Endsilbe "-thek" - kann nicht zu einer Selbstbindung des Deutschen Patent- und Markenamts führen und ist erst recht für das Bundespatentgericht unverbindlich (BGH GRUR 1989, 420 - K-SÜD).
2. Hinsichtlich der angemeldeten Waren und Dienstleistungen besteht weiterhin ein Freihaltungsbedürfnis gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.
Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813, 814 - CHANGE; BGH GRUR 1999, 1083 - FOR YOU). Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen. In Bezug auf sämtliche angemeldeten Waren und Dienstleistungen dient das angemeldete Zeichen - wie ausgeführt - als Gattungsbegriff.
Winkler Schwarz-Angele Dr. Hock Cl/Ju
BPatG:
Beschluss v. 26.06.2001
Az: 33 W (pat) 87/01
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/8087bf99c31d/BPatG_Beschluss_vom_26-Juni-2001_Az_33-W-pat-87-01