Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Juli 2005
Aktenzeichen: 30 W (pat) 75/04

(BPatG: Beschluss v. 04.07.2005, Az.: 30 W (pat) 75/04)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 28. Januar 2003 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortmarke TWINTEC soll nach einer im Beschwerdeverfahren erfolgten Einschränkung des Warenverzeichnisses für folgende Waren

"Beton, nur zur Herstellung von Betonböden in herkömmlicher Kompaktform (insbesondere nicht als Doppel-, oder Hohlraumböden); Betonböden in vorgenannter Bauweise"

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung - auf der Grundlage des ursprünglich eingereichten Warenverzeichnisses - wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es handele sich in Bezug auf die ursprünglich beanspruchten Waren um eine unmittelbar beschreibende und nicht unterscheidungskräftige Angabe. Die angemeldete Wortmarke weise darauf hin, dass die beanspruchten Baumaterialien der Klasse 9 mit einer Doppeltechnik, zB für die Befestigung, Verwendung im Sinne der Verarbeitung, ausgestattet seien.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie führt zur Begründung aus, der angemeldeten Bezeichnung könne kein beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden, bezüglich der angemeldeten Waren sei eine Doppeltechnik mit der die beanspruchten Waren ausgestattet wären, nicht bekannt. Es handele sich um eine sprachunübliche Wortneubildung.

Nach Hinweis des Senats auf die in der Fertigbauteileproduktion übliche Doppelwand- und Doppelbödentechnik schränkt die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung das Warenverzeichnis im oben genannten Umfang ein.

Die Anmelderin beantragt - auf der Grundlage des neuen eingeschränkten Warenverzeichnisses, den Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Nach § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können. Demnach dürfen Marken nicht eingetragen werden, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche zur Beschreibung der jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Demzufolge ist eine Angabe, die jedenfalls mit einer Bedeutung zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen kann, vom Markenschutz ausgenommen. Dabei unterfallen dem Schutzhindernis des § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG lediglich unmittelbar beschreibende Zeichen und Angaben, wogegen regelmäßig kein Freihaltebedürfnis entgegensteht, wenn eine beschreibende Aussage nur angedeutet wird und erst aufgrund gedanklicher Schlußfolgerung erkennbar ist (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG 7. Aufl, § 8 Rdn 293).

Die angemeldete Bezeichnung setzt sich zusammen aus dem englischen Wort "TWIN" für "doppel, paarig, Zwillings-" (vgl LEO Online Wörterbuch Englisch der TU München), sowie "TEC" als Abkürzung für "Technologie" bzw für das englische "technology" (vgl de Sola, Abbreviations Dictionary 7. Aufl).

Der Bestandteil "TWIN" wird in zahlreichen Zusammensetzungen verwendet, um auf die doppelte Ausführung, doppelte Ausstattung hinzuweisen wie in "twin conductor" für "Doppelleiter", "twin drive" für "Doppellaufwerk", "twin engined" für "zweimotorig", "twin house" für "Doppelhaus", "twin room" für "Doppelzimmer", "twin package" für "Zwillingspackung".

Der Bestandteile "TEC" (technology, Technologie) wird ebenfalls in zahlreichen Zusammensetzungen meist mit einem Substantiv verwendet, um die Art und den Inhalt der Technik bzw Technologie näher zu bezeichnen, wie zB in "automation technology" "Automatisierungstechnik", "communication technology" für "Kommunikationstechnik", "computer technology" für "Rechnertechnik" (vgl LEO Online Wörterbuch Englisch der TU München).

Die angemeldete Bezeichnung "TWINTEC" bedeutet daher in wörtlicher Übersetzung "Doppeltechnik, Doppeltechnologie".

Die "Kombination "TWINTEC" ist zwar lexikalisch nicht nachweisbar, ist aber wie die oben genannten bekannten Zusammensetzungen aus beiden Bestandteilen eine sprachübliche und naheliegende Wortverbindung, deren Bedeutungsgehalt ohne weiteres erkennbar ist.

Die sogenannte "Twin-Technology" lässt sich auf einer Vielzahl von Warengebieten antreffen (vgl 28 W (pat) 301/97).

So findet der Begriff der Doppeltechnik auch im Baubereich, insbesondere im Bereich der Fertigbauteile Verwendung. Die sogenannte Doppelwand auch Elementwand oder Hohlwand genannt besteht aus zwei im Betonwerk vorgefertigten bewehrten Stahlbetonschalen, die durch Gitterträger unverschiebbar miteinander verbunden sind (vgl http://www.rhenaniadecken.de/doppelwand.htm sowie www.doppelwand.bayern.de). Es handelt sich dabei um einen technischen Fachbegriff, die Produktion von Doppelwänden erfolgt nach bestimmten Normen und Güterichtlinien.

Diese Doppeltechnik wird im Bereich des Bauwesens auch bei der Bödenherstellung verwendet. So versteht man unter dem Begriff "Doppelboden" industriell vorgefertigte Bodenplatten als Trägerplatten und Stützen als Unterkonstruktion, die in Trockenbauweise eingebaut werden. Dieses System ermöglicht die Unterbringung der gesamten erforderlichen Installation wie bspweise Strom, Wasser, Druckluft im Bodenhohlraum (vgl http://www..inbotec.de/doppelboden.html).

Die Bezeichnung "TWINTEC"ist jedoch in bezug auf die noch beanspruchten Waren nicht geeignet, eine unmittelbar zur Beschreibung geeignete Sachaussage zu geben, so dass insoweit ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG nicht angenommen werden kann.

Nach Einschränkung des Warenverzeichnisses werden keine Waren mehr beansprucht, für die "TWINTEC" einen im Vordergrund stehenden Bedeutungsgehalt im Sinne von "Doppeltechnik" im Bauwesen haben kann.

Der von der Anmelderin nach Einschränkung des Warenverzeichnisses noch beanspruchte Beton ist nach seinem Verwendungszweck und damit nach seinen Eigenschaften, insbesondere seiner Zusammensetzung bestimmt für die Herstellung von Betonböden in herkömmlicher Kompaktform und nicht als "Doppel-" oder "Hohlraumböden". Dies gilt auch für die von der Anmelderin in herkömmlicher Kompaktbauweise ausgeführten und beanspruchten Betonböden.

Die oben genannte "Doppeltechnik" im Zusammenhang von sogenannten "Installations-", oder "Doppelböden" spielt daher bei Angaben zur Ausstattung bzw Verwendung der von der Anmelderin beanspruchten Waren keine Rolle, so dass für die Angabe "TWINTEC" im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren kein konkreter beschreibender Hinweis mehr festgestellt werden kann.

Dabei ist nach Auffassung des Senats der Begriff "Doppeltechnik", "Doppeltechnologie" im Sinne einer Technologie zu verstehen, die im Bereich Betonbödenfertigung die Lösung einer doppelten Ausführung zur Verstärkung bzw Hohlraumgewinnung verwendet, nicht jedoch im Sinne einer Weiterbearbeitung, Veredelung des Betonbodens zB durch weitere Oberflächenbehandlung.

Da der angemeldeten Marke aus den dargelegten Gründen für die genannten beanspruchten Waren kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt mehr zugeordnet werden kann und sich auch nicht feststellen läßt, dass das angemeldete Zeichen stets nur in seinem Wortsinn und nicht auch als Marke verstanden wird, fehlt "TWINTEC" insoweit auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG.

Es besteht auch kein Grund, der angemeldeten Marke für die oben genannten Waren die Eintragung im Hinblick auf das absolute Schutzhindernis nach § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG wegen Täuschungsgefahr zu versagen. Die angegriffene Marke kann für die nunmehr noch beanspruchten Waren zumindest theoretisch auch rechtmäßig benutzt werden und muß nicht in jedem denkbaren Fall sich als eine unrichtige Angabe erweisen (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl § 8 Rdn 554).

Dr. Buchetmann Winter Hartlieb Hu






BPatG:
Beschluss v. 04.07.2005
Az: 30 W (pat) 75/04


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