Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. Januar 2006
Aktenzeichen: 27 W (pat) 92/05

(BPatG: Beschluss v. 30.01.2006, Az.: 27 W (pat) 92/05)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. März 2005 aufgehoben.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 8. März 2005 die für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 7, 9, 16, 24, 37, 41 und 42 beanspruchte Wortmarke Jam Freenach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige und freihaltungsbedürftige Angabe zurückgewiesen, weil die Wortfolge in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen vom Verkehr nur in dem sie beschreibenden Sinne "verklemmungsfrei" bzw. "papierstaufrei" verstanden werde. In diesen beiden Bedeutungen werde die Wortfolge in der nur geringfügig geänderten Schreibweise "jamfree" nicht nur in englischen sondern auch in deutschen Texten bereits in Bezug auf Papier für Druck- und Kopiermaschinen sowie bei Nagelmaschinen und Hebebühnen verwendet. Die angemeldete Wortfolge sei daher freihaltungsbedürftig und nicht unterscheidungskräftig.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie die Aufhebung des Beschlusses und die Eintragung der angemeldeten Wortmarke begehrt. Ihrer Ansicht nach könne der Sinngehalt der Wortfolge nicht nur auf die von der Markenstelle genannten Bedeutungen reduziert werden, die von den angesprochenen Verkehrskreisen wegen der Bedeutungsvielfalt des Bestandteils "jam" nicht einmal ohne weiteres erkannt werde. Selbst wenn man aber die Bedeutungen der beiden Bestandteile, auf welche die Markenstelle abgestellt habe, zugrunde lege, ergebe sich als Gesamtbedeutung der Kombinationsmarke lediglich "staufrei" und nicht "papierstaufrei"; die letztgenannte Bedeutung erschlösse sich den Verkehrskreisen erst aufgrund weiterer analysierender Gedankenschritte. Schließlich könne die von der Markenstelle zugrunde gelegte Bedeutung allenfalls für einige wenige angemeldete Waren und Dienstleistungen beschreibend sein, nicht aber, wie die Markenstelle ohne weitere Ausführungen behauptet habe, für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen.

Auf den entsprechenden Hinweis des Senats hat die Anmelderin das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis auf

"Haftnotizblöcke; Klebemarkierungsbänder, nämlich Klebebänder für Papier und Schreibwaren; Folien, auch in selbstklebender Form, nämlich Verpackungsfolien; Drucksachen; Dekorationswaren aus textilem Material auch in Form von Drucksachen, Entwicklung von Software"

eingeschränkt.

II Die zulässige Beschwerde ist begründet, weil der Eintragung der Anmeldemarke für die nunmehr noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegenstehen.

Weder besteht die angemeldete Wortmarke in zumindest einer ihrer möglichen Bedeutungen (vgl. EuGH, MarkenR 2004, 450, 453 [Rz. 32] - DOUBLEMINT) ausschließlich aus Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung von für den Warenverkehr wichtigen und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsamen Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen dienen können (vgl. hierzu BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU; GRUR 2000, 211, 232 - FÜNFER), die hinreichend eng mit einer Ware oder Dienstleistung selbst in Bezug stehen (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 - Berlin Card), noch kann ihr das erforderliche Mindestmaß (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) an Unterscheidungskraft abgesprochen werden, also ihre Eignung, vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2) als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen der Anmelderin gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. EuGH MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington; BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns).

Allerdings ist der Markenstelle darin zuzustimmen, dass die Kombination der im Englischen für "Blockierung, Konfitüre, Ladehemmung, Marmelade und Papierstau" (vgl. http://dict.leo.org/€lp=ende&lang=de&searchLoc=0&cmpType=relaxed&relink=on§Hdr=on&spellToler=on&search=jam) und "frei" stehenden Begriffe "jam" und "frei" ohne weiteres in der Gesamtbedeutung "blockierungs-, (Lade-) hemmungs-" bzw. "papierstaufrei" verstanden wird, während die möglichen weiteren Bedeutungen "Marmelade, Konfitüre" für die hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen fern stehen. Soweit die Markenstelle allerdings auch für die nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen meint, dass die angemeldete Wortmarke in einer der vorgenannten Bedeutungen mögliche Merkmale dieser Produkte und Tätigkeiten beschreibe und von den angesprochenen Verkehrskreisen auch nur als eine solche Sachangabe aufgefasst werde, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es ist nicht erkennbar, inwieweit die Blockierungs-, Hemmungs- und Papierstaufreiheit bei Haftnotizblöcken, Klebebändern für Papier und Schreibwaren, Verpackungsfolien, Drucksachen sowie bei Dekorationswaren aus textilem Material eine Rolle spielen könnte. Aber auch bei der beanspruchten Dienstleistung "Entwicklung von Software" ist nicht ersichtlich, dass die angemeldete Bezeichnung mögliche Eigenschaften dieser Tätigkeit beschreiben könnte. Zwar handelt es sich bei modernen Drucker durchweg um softwaregesteuerte elektronische Geräte; da das Auftreten eines Papierstaus aber ein rein mechanisches Problem darstellt, ist dessen Lösung - von der bloßen Anzeige eines solchen Staus abgesehen - nicht auf elektronischem Weg vermeid- oder behebbar, so dass die angemeldete Kennzeichnung auch nicht mögliche Merkmale einer auf den Betrieb eines Druckers speziell ausgerichteten Software beschreiben kann. Zwar könnte die angemeldete Wortfolge schließlich auch noch in Bezug auf Software in einem von ihrer ursprünglichen Bedeutung hergeleiteten übertragenden Sinne verstanden werden, etwa als Hinweis darauf, dass die damit gekennzeichnete Software keinen "Stau" z. B. in Form einer (fehlerhaften) Schleife enthält, welche die Programmausführung behindert oder gar unmöglich macht; hierzu bedürfte es aber einer erheblichen Anzahl analysierender Schritte, zu denen der Verkehr nach ständiger Rechtsprechung nicht neigt (vgl. z. B. BGH GRUR 1992, 515, 516 - Vamos; BGH GRUR 195, 408, 409 - PROTECH).

Da somit ein beschreibender Sinngehalt der angemeldeten Bezeichnung für die jetzt noch beanspruchten Waren und Dienstleistung nicht feststellbar ist, war auf die Beschwerde der Anmelderin der anders lautende Beschluss der Markenstelle aufzuheben.






BPatG:
Beschluss v. 30.01.2006
Az: 27 W (pat) 92/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/812e62509556/BPatG_Beschluss_vom_30-Januar-2006_Az_27-W-pat-92-05




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share