Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. März 2002
Aktenzeichen: 8 W (pat) 25/01
(BPatG: Beschluss v. 07.03.2002, Az.: 8 W (pat) 25/01)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelder wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse B 29 C des Patentamts vom 20. April 2001 aufgehoben und das nachgesuchte Patent erteilt.
B e z e i c h n u n g : Verfahren zum Herstellen von Rahmen, insbesondere von Fensterrahmen oder Türrahmen, aus Kunststoffprofilstäben A n m e l d e t a g : 16. Februar 1999 Die Priorität der Anmeldung in Deutschland vom 21. Februar 1998 ist in Anspruch genommen. Aktenzeichen der Erstanmeldung 198 07 494.8 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 14, Beschreibung Seiten 1 bis 14, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, 5 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 6, eingegangen am 24. Februar 1999.
Gründe
I Die Patentanmeldung P 199 06 340.0-16 mit der Bezeichnung "Verfahren zum Herstellen von Rahmen, insbesondere von Fensterrahmen oder Türrahmen, aus Kunststoffprofilstäben" ist unter Inanspruchnahme einer inneren Priorität vom 21. Februar 1998 am 16. Februar 1999 beim Patentamt eingegangen und von dessen Prüfungsstelle für Klasse B29C mit Beschluss vom 20. April 2001 zurückgewiesen worden. Zum Stand der Technik waren die DE 30 01 676 A1, die DE 31 21 005 A1 und die DE 81 28 691 U1 in Betracht gezogen worden.
Gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B29C haben die Anmelder Beschwerde eingelegt.
Die Anmelder haben in der mündlichen Verhandlung neugefasste Unterlagen Patentansprüche 1 bis 14 und Beschreibung Seiten 1 bis 14, überreicht.
Der Patentanspruch 1 lautet (ohne Bezugszeichen):
"Verfahren zum Herstellen von Rahmen, insbesondere von Fensterrahmen oder Türrahmen", aus Kunststoffprofilstäben, in deren Längserstreckung Dichtungsnuten ausgebildet sind, bei dem die Kunststoffprofilstäbe mit bandförmigen Dichtungsprofilen aus einem elastischen Werkstoff versehen werden, welche mit Dichtkanten und/oder Dichtlippen ausgebildet sind, die aus den Dichtungsnuten herausragen, bei dem die freien Enden jeweils zweier mit den Dichtungsprofilen versehener Kunststoffprofilstäbe gemeinsam auf Gehrung geschnitten werden, wobei im Bereich der Dichtungsnut eine zur Gehrungsschnittebene hin offene Kammer im Kunststoffprofilstab ausgebildet und anschließend die Kunststoffprofilstäbe und die Dichtungsprofile in ihren Gehrungsschnittebenen erhitzt und durch Aufeinanderpressen der erhitzten Gehrungsschnittebenen jeweils miteinander verschweißt werden".
Wegen des Wortlauts der Patentansprüche 2 bis 14 wird auf die Akten Bezug genommen.
Dem Anmeldungsgegenstand liegt gemäß Seite 3, 2. Absatz der in der mündlichen Verhandlung überreichten Beschreibung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zu schaffen, durch das auf einfache und kostengünstige Weise Rahmen für dicht schließende Fenster oder Türen herstellbar sind.
Die Anmelder tragen vor, dass der im Verfahren befindliche Stand der Technik eine Nachbearbeitung der Schweißnähte beschreibe und auf die Möglichkeit der Aufnahme des beim Schweißen der Profile verdrängten Kunststoffmaterials nicht hinweise, so dass der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 neu sei und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Die Anmelder stellen den Antrag, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B29C des Patentamts vom 20. April 2001 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 14,
- Beschreibung Seiten 1 bis 14, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung.
- 5 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 und 6, eingegangen am 24 Februar 1999.
II Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Der Gegenstand der Anmeldung stellt eine patentfähige Erfindung iSd §§ 1 bis 5 PatG dar.
1. Mit den geltenden Patentansprüchen 1 bis 14 liegt eine unzulässige Änderung nicht vor.
Der Patentanspruch 1 ist auf der Grundlage des ursprünglich eingereichten Patentanspruchs 1 formuliert. Die Patentansprüche 2 bis 11, 13 und 14 entsprechen den am Anmeldetag eingereichten Ansprüchen 2 bis 11, 13 und 14. Patentanspruch 12 war ursprünglich als nebengeordneter Patentanspruch 12 formuliert und ist nunmehr in zulässiger Weise als Unteranspruch formuliert und auf die vorhergehenden Patentansprüche rückbezogen.
2.1 Das aufgrund seiner Zweckbestimmung ohne Zweifel gewerblich anwendbare Verfahren nach dem Patentanspruch 1 hat gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik als neu zu gelten, denn nach keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften wird vor dem Verschweißen der mit Dichtungsprofilen versehenen Kunststoffprofilstäbe Vorsorge getroffen, das beim Verschweißen der Kunststoffprofilstäbe verdrängte plastische Kunststoffmaterial aufzunehmen.
So werden beim Stand der Technik nach der DE 30 01 676 A1, der DE 31 21 005 A1 und der DE 81 28 691 U1 Vorrichtungen zum Nachbearbeiten von bereits geschweißten Rahmen beschrieben, in die erst nach dem Entfernen der Schweißwulst die Dichtungsprofile in die Dichtungsnut der Kunststoffprofilstäbe eingezogen werden.
2.2 Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Beim Verschweißen von Kunststoffprofilstäben wird durch das Zusammenpressen der erhitzten Enden von Kunststoffprofilstäben an der Verbindungsstelle thermoplastisches Material verdrängt, das aus der Verbindungsebene herausgedrückt wird. Nach dem Erkalten des Kunststoffs sind somit in diesem Bereich Schweißraupen vorhanden, die von der Oberfläche der Kunststoffprofilstäbe hervorstehen. Diese Schweißraupen heben im Verbindungsbereich die in die Kunststoffprofilstäbe eingezogenen Dichtungsprofile ab, sodass kein dichtes Schließen der aus den Kunststoffprofilstäben hergestellten Fenster und Türen möglich ist. Um das Entstehen von hervorstehenden Schweißraupen im Bereich der Dichtprofile zu vermeiden, wird beim Anmeldungsgegenstand nach dem auf Gehrungschneiden der mit den Dichtungsprofilen versehenen Kunststoffprofilstäbe im Bereich der Dichtungsnut eine zur Gehrungsschnittebene hin offene Kammer in die Profilstäbe eingebracht. In diese Kammer kann nunmehr das beim Verschweißen der Kunststoffprofilstäbe durch den Schweißdruck verdrängte thermoplastische Kunststoffmaterial hineinfließen.
Für diese Maßnahme vermittelt der aufgezeigte Stand der Technik dem Durchschnittsfachmann, einem auf dem Gebiet des Schweißens von Kunststoffprofilen versierten Maschinenbauingenieur (FH), keine Anregungen.
In der DE 81 28 691 U1 wird eine Fräseinrichtung zum Entfernen von Schweißraupen in Rahmenecken beschrieben. Nach dem Abfräsen der Schweißraupen werden die Dichtungsprofile in die Dichtungsnut der Kunststoffprofilstäbe eingezogen. Das in dieser Druckschrift beschriebene Werkzeug kommt also erst dann zum Einsatz, wenn die durch das Schweißen der Kunststoffprofilstäbe entstandene Schweißwulst erkaltet ist. Das Werkzeug dient somit der Nachbearbeitung der bereits hergestellten Fenster- oder Türrahmen und wird nicht bei der Vorbereitung des Schweißvorganges eingesetzt, so dass daraus kein Hinweis auf das Einarbeiten einer offenen Kammer zur Aufnahme des beim Schweißen verdrängten plastischen Materials entnommen werden kann.
Die in der DE 31 21 005 A1 beschriebene Einrichtung betrifft eine Fräseinrichtung als Zusatzaggregat für eine automatische Eckenputzmaschine. Um den Schweißwulst an den Verbindungsstellen entfernen zu können, erfolgt die Bewegung des Fräsers bei der Eintauchbewegung in die Dichtungsnut auf einem Kreisbogen. Damit kann in einem einzigen Arbeitsgang zugleich mit dem Ausfräsen der Verbindungsstellen der Dichtungsnuten die Schweißraupe am Inneneck entfernt werden. Auch mit diesem Werkzeug werden bereits geschweißte und somit fertiggestellte und noch nicht mit Dichtungsprofilen versehene Rahmen bearbeitet. Es werden keine Vorkehrungen getroffen, um das durch den Schweißdruck verdrängte thermoplastische Kunststoffmaterial aufzufangen, sodass auch hier keinen Anregungen für die anmeldungsgemäße Lösung aufgezeigt sind.
In der DE 30 01 676 A1 wird ebenfalls eine Fräsmaschine beschrieben, mit der die Dichtungsnuten an den geschweißten Ecken von Rahmen aus Kunststoff-Profilstäben bearbeitet werden. Um den Schweißgrat zu entfernen, taucht der Fräser in die Dichtungsnut ein. Durch diese Maßnahme können bei den fertiggeschweißten Rahmen die Dichtungsprofile problemlos in die Dichtungsnuten eingezogen werden. Auch hier werden erst die Rahmen geschweißt und nach dem Nachbearbeiten der Verbindungsstellen die Dichtungsprofile in die Dichtungsnuten eingezogen. Vorkehrungen zur Aufnahme des beim Schweißen der Kunststoffprofilstäbe verdrängten geschmolzenen Materials werden nicht getroffen, sodass auch dieser Druckschrift kein Hinweis auf das Einbringen einer offenen Kammer in die Gehrungsschnittebene der Profilstäbe entnommen werden kann.
Mithin ist der Patentanspruch 1 gewährbar.
Mit diesem zusammen sind auch die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 14 gewährbar, da sie auf Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 1 gerichtet sind.
Dr. C. Maier Viereck Gießen Kuhn Hu
BPatG:
Beschluss v. 07.03.2002
Az: 8 W (pat) 25/01
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