Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. September 2006
Aktenzeichen: 27 W (pat) 159/05
(BPatG: Beschluss v. 12.09.2006, Az.: 27 W (pat) 159/05)
Tenor
I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 30. Mai 2005 i. d. F. vom 31. August 2005 aufgehoben, soweit die Löschung der Marke 303 46 900 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 2 097 632 für "Badeschuhe, Bikini, Röcke, Kleider, Hosen, Badeshorts, Surfshorts, T-Shirts, Sweatshirts, Lycrashirts, Kopfbedeckungen" angeordnet worden ist.
II. Der Widerspruch aus der Marke 2 097 632 wird auch insoweit zurückgewiesen.
Gründe
I Gegen die für "Textilhandtücher; Badetaschen; Hängematten, Badeschuhe, Bikini, Röcke, Kleider, Hosen, Badeshorts, Surfshorts, T-Shirts, Sweatshirts, Lycrashirts, Kopfbedeckungen" eingetragene, am 11. September 2003 angemeldete und am 5. März 2004 veröffentlichte Wort-/Bildmarke 303 46 900 Grafikhat die Widersprechende am 7. Juni 2004 aus ihrer am 12. Mai 1992 angemeldeten Wort-/Bildmarke 2 097 632 Grafikdie seit 7. Juli 1995 eingetragen (veröffentlicht am 31. Oktober 1995) ist, aus "Schuhwaren, Kopfbedeckungen" Widerspruch gegen "Textilhandtücher; Badetaschen; Badeschuhe, Bikini, Röcke, Kleider, Hosen, Badeshorts, Surfshorts, T-Shirts, Sweatshirts, Lycrashirts, Kopfbedeckungen" eingelegt.
Der Inhaber des angegriffenen Zeichens hat die Benutzung der Widerspruchsmarke für Waren bestritten.
Zur Glaubhaftmachung, "dass die Widerspruchsmarke für Kopfbedeckungen in den Jahren 2001 bis 2004 rechtserhaltend benutzt worden" sei, hat die Widersprechende im Beschwerdeverfahren eine eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers vorgelegt, nach der den Teilnehmern an den von der Widersprechenden durchgeführten Veranstaltungen eine "Vielzahl von Artikeln" mit dem Kennzeichen GECKO, wie durch die Marken 2 097 632 (Widerspruchsmarke) und den übereinstimmenden Bildzeichen 2 103 896 und 39540380 Grafikgeschützt, ausgehändigt würden. Diese Artikel würden dem Auftraggeber in Rechnung gestellt. Die Teilnehmer könnten zusätzlich Artikel erwerben. Hierzu gehörten Kopfbedeckungen. "Mit entsprechenden Waren" seien in den Jahren 2001 bis 2004 Umsätze erzielt worden: Angaben in Stückzahlen 4.800, 11.000, 8.400 und 3.600.
Die Markenstelle hat das angegriffene Zeichen mit dem angefochtenen Beschluss vom 30. Mai 2005 (berichtigt durch Beschluss vom 31. August 2005) wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 097 632 für "Badeschuhe, Bikini, Röcke, Kleider, Hosen, Badeshorts, Surfshorts, T-Shirts, Sweatshirts, Lycrashirts, Kopfbedeckungen" gelöscht und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen.
Dazu ist ausgeführt, "Gecko" präge die Widerspruchsmarke. Die Graphik sei nur Illustration des Wortbestandteils. Schuhe und Kopfbedeckungen seien zu den gelöschten Waren ähnlich, weil sie aus dem gleichen Material sein könnten, darauf abgestimmt würden und diese ergänzten. Produzenten und Verkaufsstätten seien oft gleich.
Dieser Beschluss wurde dem Inhaber des angegriffenen Zeichens laut Empfangsbekenntnis am 4. Juli 2005 zugestellt.
Er hat am 4. August 2005 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, die Widersprechende habe nur einen Veranstaltungsservice und biete keine Waren an.
Der Inhaber des angegriffenen Zeichens beantragt, den angegriffenen Beschluss aufzuheben.
Demgegenüber beantragt die Widersprechende, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Inhaber des angegriffenen Zeichens habe die Beschwerde zu spät eingelegt. Der Beschluss sei bei ihr schon am 13. Juni eingegangen.
Die eidesstattliche Versicherung bringe unmissverständlich zum Ausdruck, dass mit der Kennzeichnung "Gecko" versehene Mützen gegen Entgelt und nicht nur zu Werbezwecken abgegeben worden seien. Auch andere Veranstalter vertrieben unabhängig davon Waren, z. B. PLANET HOLLYWOOD und das HARD ROCK CAFE.
Kopfbedeckungen seien zu Bekleidung ähnliche Waren.
Beide Marken würden als "Gecko" ausgesprochen und seien damit verwechselbar.
Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen, wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.
II 1) Die statthafte Beschwerde des Inhabers des angegriffenen Zeichens ist zulässig.
Der angefochtene Beschluss wurde dem Inhaber des angegriffenen Zeichens laut Beschwerdeschriftsatz am 4. August 2005, laut Empfangsbekenntnis am 4. Juli 2005 zugestellt. Er hat damit am 4. August 2005 jedenfalls rechtzeitig Beschwerde eingelegt. Dass die Widersprechende den Beschluss schon am 13. Juni erhalten hat, widerlegt den späteren Zugang beim Inhaber des angegriffenen Zeichens nicht. Nachdem das Patentamt keine Zustellungsnachweise, außer Empfangsbekenntnissen hat, müssen die Angaben der Beteiligten als Nachweis gelten. Das anwaltliche Empfangsbekenntnis gemäß § 5 Abs. 2 VwZG beinhaltet die Erklärung des Anwalts als eines Organs der Rechtspflege über den Zugang eines Schriftstückes und genügt im Regelfall als Nachweis der Zustellung. Wer einen solchen Nachweis nicht gegen sich gelten lassen will, muss ihn entkräften. Das Vorbringen, den Beschluss selbst früher erhalten zu haben, ist allein nicht dazu geeignet. § 5 Abs. 2 VwZG soll in Anerkennung unter anderem der besonderen Stellung des Anwalts als Organ der Rechtspflege die Möglichkeit einer vereinfachten Zustellung eröffnen. Der Gesetzgeber vertraut bei ihm in erhöhter Weise darauf, dass Urkunden, die einen amtlichen Vorgang betreffen, mit besonderer Sorgfalt behandelt werden (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1996, Az.: 2 B 161/96).
2) Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Widersprechende keine ausreichende Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht hat.
a) Der Inhaber des angegriffenen Zeichens hat die Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 26 Abs. 5, § 114 Abs. 1, § 116 Abs. 1 MarkenG zulässigerweise bestritten, nachdem die fünfjährige Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke, die mit der Eintragung am 7. Juli 1995 zu laufen begonnen hat, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung des angegriffenen Zeichens im Jahr 2004 abgelaufen war. Damit sind zugleich die Voraussetzungen einer Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 2 erfüllt (vgl. BGH GRUR 1998, 938 - DRAGON; GRUR 1999, 54 - HOLTKAMP), da der Inhaber des angegriffenen Zeichens die Nichtbenutzungseinrede ohne Beschränkung erhoben hat. Die Widersprechende hatte deshalb glaubhaft zu machen, dass ihre Marke in den fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Eintragung des angegriffenen Zeichens (März 1999 bis März 2004) sowie innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch im Beschwerdeverfahren (September 2001 bis September 2006) gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist (§ 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Dies ist ihr nicht gelungen.
b) Die Widersprechende hat die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht, da die eidesstattliche Versicherung unterschiedlichste Waren ("Vielzahl von Artikel") umfassen kann und nicht deutlich wird, welche Umsätze bzw. welche Stückzahlen auf Kopfbedeckungen fallen, da in der eidesstattlichen Versicherung nur von "entsprechenden Waren" die Rede ist.
Ferner ist nicht eindeutig ausgesagt, welche Marke bei der vorgetragenen Benutzung verwendet wurde. Die neben der Widerspruchsmarke undifferenziert aufgeführten beiden Bildmarken stellen keine Benutzung der Widerspruchsmarke dar, da sie nicht unbedingt als "Gecko" gesprochen werden; es kann sich auch um ein Krokodil, eine Eidechse, einen Salamander oder ein anderes Tier handeln.
c) Dahinstehen kann damit, ob die kostenlose Verteilung der Mützen im Rahmen von Veranstaltungen eine ernsthafte Benutzung ist (BPatG Beschluss vom 16. März 2004, Az.: 27 W (pat) 199/01 - AC AIDA CARDS / AIDA; BGH BlPMZ 2006, 154 - GALLUP) und welche Stückzahlen anlässlich der Veranstaltungen an Teilnehmer verkauft wurden.
d) Berechtigte Gründe für ein Unterlassen der Nutzung im Sinn des § 26 Abs. 1 MarkenG liegen nicht vor. Dies müssten Umstände sein, welche die Inhaberin der Widerspruchsmarke selbst nicht beeinflussen bzw. auch bei der gebotenen unternehmerischen Sorgfalt nicht verhindern konnte, nicht zum normalen unternehmerischen Risiko gehören und eine Benutzung der Marke unmöglich machen oder zumindest so erschweren, dass sie unter Anlegung der üblichen Maßstäbe nicht verlangt werden kann.
3) Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
BPatG:
Beschluss v. 12.09.2006
Az: 27 W (pat) 159/05
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