Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Juli 2002
Aktenzeichen: 10 W (pat) 03/02
(BPatG: Beschluss v. 15.07.2002, Az.: 10 W (pat) 03/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Anmelderin reichte am 15. Oktober 1993 beim Patentamt eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Verfahren zur kontinuierlichen Analyse von Bestandteilen einer Flüssigkeit" ein. Als Zustellungsadressat und Verfahrensbevollmächtigter wurde dabei - unter Einreichung einer schriftlichen Vollmachtsurkunde - Patentanwalt B... benannt.
Mit Bescheid vom 3. Februar 1998, der ausweislich der Akten per Sammelempfangsbekenntnis Patentanwalt B... zugestellt wurde, benachrichtigte das Patentamt die Anmelderin, dass die Anmeldung als zurückgenommen gelte, wenn die 5. Jahresgebühr nebst Zuschlag von 10 %, insgesamt 165,--DM, nicht innerhalb von vier Monaten nach Ablauf des Monats, in dem diese Benachrichtigung zugestellt worden sei, entrichtet werde.
Da keine Zahlung der 5. Jahresgebühr erfolgte, vermerkte das Patentamt in den Akten, dass die Anmeldung seit 1. Juli 1998 als zurückgenommen gelte wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr.
Mit Schreiben vom 19. Oktober 1999, eingegangen am 21. Oktober 1999, begehrte die Anmelderin Wiedereinsetzung. Sie habe die 5., 6. und 7. Jahresgebühr nebst Zuschlag mit heutigem Datum überwiesen (Zahlungseingang: 27. Oktober 1999). Die jährlich fälligen Gebühren seien versehentlich nicht rechtzeitig bezahlt worden, erstens weil sie 1997 ihren Firmensitz von M... nach B... verlegt habe, zweitens, weil ihr Patentanwalt, Patentanwalt B..., seine Arbeit eingestellt habe, so dass sie nicht informiert gewesen sei, dass das Patent nicht mehr wirksam werde und drittens, weil sie Mahnungen oder Zahlungserinnerungen vom Patentamt nicht erhalten habe. Auf den Hinweis des Patentamts mit Bescheid vom 8. März 2000, dass die Jahresfrist des § 123 Abs 2 Satz 4 PatG abgelaufen sei, trug die Anmelderin weiter vor, ihr "ehemaliger" Patentanwalt, Patentanwalt B..., habe die Gebührenbenachrichtigung des Patentamts am 15. Februar 1998 mit einfachem Brief an sie weitergeschickt, allerdings an die frühere M... Anschrift, da ihm die Verlegung des Firmensit zes nicht bekannt gewesen sei; diesen Brief habe sie aber nie erhalten. Sie habe daher ohne eigenes Verschulden die Frist versäumt. Hierzu reichte die Anmelderin eine eidesstattliche Versicherung von Patentanwalt B... ein.
Durch Beschluss der Prüfungsstelle 11.52 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Juli 2000 ist der Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen worden. Zur Begründung ist ausgeführt, die Anmelderin habe nicht schlüssig dargetan und glaubhaft gemacht, dass sie die Frist zur Entrichtung der 5. Jahresgebühr nebst Zuschlag ohne Verschulden versäumt habe; wegen der Einzelheiten, insbesondere zur 1-Jahres-Frist des § 123 Abs 2 Satz 4 PatG, werde auf den Bescheid vom 8. März 2000 hingewiesen.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde und trägt zur Begründung vor, aus dem bisherigem Vortrag und den hierzu eingereichten Unterlagen ergebe sich, dass sie kein eigenes Verschulden treffe.
Die Anmelderin stellt sinngemäß den Antrag, den Beschluss der Patentabteilung 11.52 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Juli 2000 aufzuheben und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattzugeben.
II 1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, wobei es insoweit allein auf die Zustellung des Beschlusses an die Anmelderin selbst und nicht auf die ebenfalls an Patentanwalt B... erfolgte Zustellung des Beschlusses ankommt. Denn wie sich aus dem Vortrag der Anmelderin im Zusammenhang mit ihrem Wiedereinsetzungsantrag schlüssig ergibt - sie bezeichnet Patentanwalt B... als ihren ehemaligen Patentanwalt - wird sie nicht mehr von ihm vertreten.
2. Die Beschwerde ist jedoch in der Sache ohne Erfolg.
a. Die Anmelderin hat die Frist zur Zahlung der 5. Jahresgebühr nebst Zuschlag gemäß § 17 Abs 3 PatG aF (Fassung bis 31. Dezember 2001), die durch die Zustellung der Benachrichtigung vom 3. Februar 1998 in Lauf gesetzt worden ist und mit Ablauf des 30. Juni 1998 geendet hat, versäumt.
Die Benachrichtigung vom 3. Februar 1998 ist wirksam gewesen. Sie ist inhaltlich richtig gewesen, insbesondere was die Höhe des angegebenen Gebührenbetrags anbelangt. Die noch unter Geltung des PatGebG in der Fassung vom 19. Juli 1996 am 31. Oktober 1997 fällig gewordene 5. Jahresgebühr in Höhe von 150,-- DM konnte gemäß § 17 Abs 3 Satz 2 PatG aF zuschlagsfrei bis Ende Dezember 1997 gezahlt werden. Eine Zahlung ist bis dahin nicht erfolgt, so dass die Benachrichtigung zu Recht die Gebühr und den tarifmäßigen Zuschlag in Höhe von 10 %, insgesamt 165,-- DM aufgeführt hat.
Es ist auch von einer wirksamen Zustellung der Benachrichtigung auszugehen. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass sie Patentanwalt B... zugestellt worden ist, denn da er unter Einreichung einer Vollmachtsurkunde als Verfahrensbevollmächtigter bestellt worden ist, sind gemäß § 127 Abs 1 iVm § 8 Abs 1 VwZG Zustellungen grundsätzlich an ihn zu richten. Der Vortrag der Anmelderin zu ihrem Wiedereinsetzungsantrag deutet zwar darauf hin, dass sie schon länger nicht mehr durch Patentanwalt B... vertreten wurde, und das wohlauch schon zum Zeitpunkt der Zustellung der Benachrichtigung vom 3. Februar 1998. Ausweislich der Akten hat aber bis zu diesem Zeitpunkt weder die Anmelderin noch ihr Patentanwalt dem Patentamt gegenüber hiervon Mitteilung gemacht. Eine solche Mitteilung ist vielmehr erst im Zusammenhang mit dem Wiedereinsetzungsantrag erfolgt. Solange aber keine entsprechende Anzeige über die Mandatsbeendigung dem Patentamt gegenüber erfolgt ist, sind Zustellungen weiterhin an den Verfahrensbevollmächtigten zu richten (entsprechend § 87 ZPO, vgl Schulte, PatG, 6. Aufl, vor § 34 Rdn 333). Wenn sich auch kein Empfangsbekenntnis über den Erhalt der Benachrichtigung vom 3. Februar 1998 bei den Akten befindet, ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung von Patentanwalt B... vom 20. März 2000, dass er sie spätestens am 15. Februar 1998 er alten hat.
Innerhalb der viermonatigen Frist des § 17 Abs 3 Satz 3 PatG aF bis Ende Juni 1998 ist die 5. Jahresgebühr nebst Zuschlag nicht gezahlt worden, so dass die Anmeldung als zurückgenommen gilt, § 58 Abs 3 PatG.
b. Der Wiedereinsetzungsantrag der Anmelderin ist unzulässig, denn er ist nach Ablauf der Jahresfrist des § 123 Abs 2 Satz 4 PatG gestellt worden. Nach dieser Vorschrift kann ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt und die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden. Da die Zahlungsfrist für die 5. Jahresgebühr nebst Zuschlag hier Ende Juni 1998 abgelaufen ist, hätte der Wiedereinsetzungsantrag spätestens bis Ende Juni 1999 gestellt werden müssen, stattdessen ist er erst über ein Jahr nach Fristablauf, im Oktober 1999 gestellt worden.
Die Vorschrift des § 123 Abs 2 Satz 4 PatG stellt eine im Interesse der Rechtssicherheit gebotene Begrenzung und Einschränkung der Wiedereinsetzungsmöglichkeit dar. Sie setzt eine absolute Zeitgrenze, die eintritt, ohne dass Billigkeitsgründe berücksichtigt werden können (vgl Schulte, aaO, § 123 Rdn 54; BPatG BlPMZ 1996, 357, 358). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Säumige Kenntnis vom Beginn dieser Jahresfrist hat, denn sie läuft grundsätzlich unabhängig von der Kenntnis des Säumigen, also auch dann, wenn die unverschuldete Säumnis fortdauert (vgl Schulte aaO). Dass die Anmelderin, wie sie geltend macht, keine Mahnungen oder Zahlungserinnerungen vom Patentamt erhalten hat, rechtfertigt daher keine andere Beurteilung.
Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
Schülke Püschel Schuster Be
BPatG:
Beschluss v. 15.07.2002
Az: 10 W (pat) 03/02
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