ArbG Düsseldorf:
Beschluss vom 3. März 2009
Aktenzeichen: 11 BV 184/08

(ArbG Düsseldorf: Beschluss v. 03.03.2009, Az.: 11 BV 184/08)

1. Durch die in § 2 Abs. 1 DrittelbG enthaltene definitorische Verweisung beim Konzernbegriff auf § 18 Abs. 1 AktG wird kein eigener Konzernbegriff verwandt, vielmehr wird auf die Kenntnisse des Aktienrechts abgestellt.

2. Mindestvoraussetzung für die Widerlegung der Konzernvermutung ist auf jeden Fall, dass das abhängige Unternehmen seine finanzpolitische Freiheit darlegen und beweisen kann, wobei ein primafacie-Beweis ungeeignet ist.

3. Für die Widerlegung der Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG ist erforderlich, für alle wesentlichen Bereiche der Unternehmenspolitik den Nachweis zu führen, dass Unternehmensentscheidungen ohne eine beherrschende Einflussnahme der Obergesellschaft getroffen werden. Es ist der rechtlich schwer zu erbringende Nachweis erforderlich, dass trotz eines beherrschenden Einflusses keine Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung besteht. Daher muss der Nachweis erbracht sein, dass die Bereiche, in denen die einheitliche Leitung üblicherweise sichtbar wird, ausschließlich und nachhaltig nach dem uneingeschränkten Eigeninteresse des abhängigen Unternehmens gesteuert werden. In der Praxis wird diese Widerlegung nur selten versucht und gelingt auch nur im Ausnahmefall.

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten sich über die Rechtmäßigkeit der Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat der J. vom 17.09.2008.

Die J. ist als Altgesellschaft, die vor dem 10.08.1994 eingetragen wurde und keine Familiengesellschaft ist, gemäß § 96 Abs. 1 AktG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 DrittelbG verpflichtet, einen mitbestimmten Aufsichtsrat zu bilden. Dieser besteht aus 15 Mitgliedern, so dass neben den Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre dem Aufsichtsrat fünf Arbeitnehmervertreter angehören. Die Beteiligten sind unterschiedlicher Auffassung darüber, ob dabei die Arbeitnehmer der J. an der Wahl zum Aufsichtsrat der J. teilnehmen durften.

Der Beteiligte zu 1 ist Vorstand der J., die Beteiligten 2 bis 6 sind die im Rahmen der Aufsichtsratswahl vom 17.09.2008 gewählten Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat der J.. Der Beteiligte zu 7 ist der gemeinsame Betriebsrat der J. und der C., während der Beteiligte zu 8 der Betriebsrat der J. ist.

Die J. ist infolge einer Ausgliederung entstanden. Mit Wirkung zum 01.01.2007 hat die J. den gesamten von ihr geführten Bahnbetrieb ausgegliedert und in die J. eingebracht. Alleinige persönlich haftende Gesellschafterin der J. ist die J., deren alleinige Gesellschafterin wiederum die J. ist. Darüber hinaus ist die J. auch die alleinige Kommanditistin der J. mit einer Einlage von 500.000,-- €. Die Ausgliederung wurde in der Weise vollzogen, dass die J. das gesamte dem Bahnbetrieb zuzuordnende Vermögen in Form der Einzelrechtsübertragung in die J. eingebracht hat. Daneben sind auch sämtliche Arbeitsverhältnisse der zum Bahnbetrieb gehörenden Arbeitnehmer auf die J. übergegangen. Zum alleinigen Geschäftsführer der J. ist Herr L. bestellt worden, der zuvor für die J. als verantwortlicher Leiter des Bahnbetriebes tätig war und diese Tätigkeit nunmehr als Vertretungsorgan der J. fortführt. Sämtliche für den Bahnbetrieb erforderliche Grundstücke einschl. der Aufbauten hat die J. der J. verpachtet.

Der Unternehmensgegenstand der J. ist laut Gesellschaftsvertrag die Führung des gesamten bisher von der J. im Rahmen ihrer wirtschaftsfördernden Aufgaben unterhaltenen und geführten Bahnbetriebs in E..

Der Eisenbahnbetrieb führt im Auftrag der an das Gleisnetz angeschlossenen Anschließergemeinschaft (Gesamtheit der Anschlussinhaber) die Zustellung und Abholung von Güterwagen zu und von den vereinbarten Übergabestellen durch. Zusätzlich werden für andere Bahntransportunternehmen Güterwagen und Güterzüge an der Übergabestelle Bahnhof E. im Netzbetrieb der E. zu bzw. von den Anschlussinhabern befördert. Schließlich sieht der Bahnbetrieb auf vertraglicher Grundlage die Betriebsführung der Werftbahn E. vor.

Der J. ist vom Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen die Genehmigung erteilt worden, als Halterin von Eisenbahnfahrzeugen selbständig am Eisenbahnbetrieb auf öffentlichen Eisenbahninfrastrukturen teilzunehmen. Dazu wurde Herr L. als Geschäftsführer der J. zum Bahnbetriebsleiter bestellt.

Die Geschäftstätigkeit der J. umfasst den Erwerb, die Verwaltung und die Verwertung von Immobilien aller Art sowie die Vermittlung von Grundstücksgeschäften jeder Art. Der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt in der Planung und Realisierung von Immobilienkonzepten. Im Bahngeschäft ist die J. seit der Ausgliederung in die J. nicht mehr tätig.

Für den Bahnbetrieb gilt die bereits seit 1899 bestehende Vereinbarung "Allgemeine Bedingungen für die Anschlussanlagen auf den J. E." zwischen der J. und den Anschlussinhabern des Privatbahnunternehmens, der sog. "Jahrhundertvertrag". Diese Vereinbarung, die ursprünglich zwischen der J. und den Anschlussinhabern geschlossen wurde und jetzt von der J. fortgeführt wird, wurde erstmals im Januar 1956 und zuletzt nochmals am 17.09.1975 modifiziert. Die danach von den Anschlussinhabern zu zahlenden Beförderungsgebühren für die im Bahnbetrieb zu befördernden Wagen bestimmen sich gemäß der Vereinbarung vom 17.09.1975 anhand der effektiven Kosten des Bahnbetriebes nach Abzug sonstiger Einnahmen aus dem Bahnbetrieb außerhalb der Beförderungsgebühren. Zu diesem Zweck wird von der J. jährlich im voraus ein Budget angesetzt, welches auf den zu erwartenden effektiven Kosten (Planzahlen) basiert. Sobald die Effektivkosten vorliegen, wird anhand dieser Daten die Abrechnung für die zu befördernden Wagen (Beförderungsgebühr) erteilt. In die Gebührenabrechnung fließen auch Instandhaltung und Erneuerung von Gleisanlagen, Weichen und Bahnübergängen sowie Bewegungsmittel mit ein. Sämtliche Investitionen des Bahnbetriebs müssen im Vorhinein mit den Anschlussinhabern abgestimmt werden. Budgetierung und Jahresabrechnung unterliegen der jährlichen Prüfung der Anschlussinhaber durch Hinzuziehung eines Wirtschaftsprüfers. Der gesamte aus dem Bahnbetrieb erzielte Gewinn, der in Rücklagen eingestellt bzw. als Gewinn aus früheren Geschäftsjahren vorgetragen wird, steht allein den Anschlussinhabern zu. Umgekehrt sind auch etwaige, im Abschluss festgelegte Verluste des Bahnbetriebes von den Anschlussinhabern zu tragen. Dabei ist die J. - auch im Falle eine Kündigung der vorgenannten Vereinbarung - verpflichtet, die Grundstücke der Anschlussinhaber zu bedienen. Eine Abnahmeverpflichtung der Anschlussinhaber besteht jedoch nicht.

In § 5 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der J. ist folgendes geregelt:

"(2)Die persönlich haftende Gesellschafterin bedarf im Innenverhältnis der vorherigen Zustimmung durch Beschluss der Gesellschafterversammlung für folgende Rechtsgeschäft und rechtsgeschäftliche Maßnahmen, und zwar

a)Erwerb, Veräußerung von und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie Verfügungen über dieselben;

b)Abschluss und Änderung von Unternehmensverträgen im Sinne der §§ 291 und 292 AktG;

c)Übernahme, Änderung und Beendigung von Beteiligungen;

d)Wirtschaftsplan und Feststellung des Jahresabschlusses;

e)Abschluss, Änderung und Beendigung von Gleisanschlussverträgen, Infrastrukturanschlussverträgen, Geschäftsführungsverträgen mit Anschlussinhabern und vergleichbaren Verträgen;

f)Investitionsmaßnahmen, soweit sie im Einzelfall € 25.000,00 übersteigen. Hiervon ausgenommen sind Reparaturen und Instandsetzungen;

g)Bewilligung von Tantiemen, Gratifikationen und Pensionen an Mitarbeiter der Gesellschaft;

h)Einstellung und Höhergruppierung von Mitarbeitern;

i)Pacht-, Miet- und Leasingverträge, die über den üblichen Rahmen hinausgehen, insbesondere mit längerer Dauer ab 5 Jahren oder Jahresleistungen von mehr als 25.000,00;

j)Aufnahme von Bank- und anderen Krediten, sowie An- und Verkauf von Wertpapieren;

k)Gewährung von Darlehen;

l)Übernahme von Bürgschaften, Garantien, Schuldversprechen oder ähnliche Haftungen:

m)Erteilung und Widerruf von Prokuren oder Handlungsvollmachten;

n)alle sonstigen Maßnahmen von wesentlicher oder grundsätzlicher Bedeutung, die über den normalen Geschäftsbetrieb hinausgehen;

o)soweit dies in einer von der Gesellschafterversammlung für die Geschäftsführung erlassenen Geschäftsordnung bestimmt ist.

Durch Gesellschafterbeschluss kann die Aufstellung zustimmungsbedürftiger Geschäft erweitert oder beschränkt werden."

Eine gleichlautende Vorschrift findet sich in § 5 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages der J. als Kompl.-Gesellschaft der J.. Auf den Inhalt der beiden Gesellschaftsverträge, Bl. 68 ff und Bl. 78 ff der Akte wird verwiesen.

Die J. erbringt für die J. in den Bereichen der Buchhaltung, der Personalabrechnung, des Rechnungswesens im Übrigen sowie der Bauverwaltung Dienstleistungen gegen eine vereinbarte Vergütung. Auf den Inhalt der Zusatzvereinbarung Nr. 1 zum Einbringungsvertrag ( Bl. 141 ff der Akte) wird verwiesen. Danach erhält die J. von der J. eine Pauschale für Dienstleistungen und Sachüberlassungen, wobei mit dieser pauschalen Vergütung auch der Grundstückspachtzins abgegolten wird. Diese Pauschale beträgt 15 % des Gesamtaufwandes des J. (vor Verwaltungskostenumlage), den die J. als Verwaltungspauschale von den Anschlussinhabern erhält. Wenn die im Auftrag der Anschlussinhaber jährlich durchgeführte Prüfung der Beförderungsgebühren zu einer Änderung des Betrages der Verwaltungspauschale führt, ist das jeweilige Ergebnis dieser Prüfung auch im Verhältnis zwischen der J. und der J. verbindlich. Diese Verwaltungskostenumlage besteht in unveränderter Höhe bereits sei 1989 und stand der J. bis zur Ausgliederung des Bahnbetriebes unmittelbar und selbst zu.

Zur Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat der J. kam es wie folgt:

Mit Schreiben vom 02.07.2008 hat der Beteiligte zu 7 dem Antragsteller mitgeteilt, welche Arbeitnehmer in den Wahlvorstand bestellt wurden. Darunter befand sich ein Arbeitnehmer der J.. Daraufhin äußerte der Beteiligte zu 1 mit Schreiben vom 04.07.2008 Bedenken an der Einbeziehung der Arbeitnehmer der J. in die Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat. Am 30.07.2008 wurde vom Wahlvorstand das Wahlausschreiben erlassen und die Wählerliste veröffentlicht, die er zusammen mit der Wahlordnung zum DrittelbG per E-Mail an die Mitarbeiter versandte. Auf den Inhalt des Wahlausschreibens, der Wählerlist und der E-Mail an die Mitarbeiter (Bl. 184 - 188 der Akte) wird verwiesen. Die Wählerliste weist 37 Beschäftigte der J., 32 Beschäftige der C. und 19 Beschäftigte der J. aus, insgesamt also 78 Personen. Am 08.08.2008 hat der Wahlvorstand eine klarstellende bzw. das Wahlausschreiben modifizierende E-Mail an die Mitarbeiter versandt. In dieser heißt es:

"1. Zu Punkt 6 des Wahlausschreibens:

Wahlvorschläge können am 13.08.2008 selbstverständlich auch noch nach 16:00 Uhr beim Wahlvorstand eingereicht werden; hierzu steht in der Zentrale der J. ein Postfach "Wahlvorstand" breit.

2.Die in der Wählerliste aufgeführten Begriffe "aktives Wahlrecht" und "passives Wahlrecht" wurden irrtümlich verwechselt. Diese offenbare Unrichtigkeit haben wir geändert (§ 6, 3 WODrittelbG). Für Sie ändert sich dadurch nichts gegenüber der ursprünglichen Wählerliste. Die korrigierte Wählerliste erhalten Sie als Anlage."

Am 14.08.2008 wurden vom Wahlvorstand die Wahlvorschläge bekannt gemacht. Auf den Inhalt der Bekanntmachung, Bl. 194 der Akte, wird verwiesen. Am 17.09.2008 wurde die Wahl durchgeführt und deren Ergebnis noch am selben Tag vom Wahlvorstand bekannt gemacht. Gewählt wurden die Beteiligte zu 2 mit 50 Stimmen, der Beteiligte zu 3 mit 48 Stimmen, die Beteiligte zu 4 mit 45 Stimmen, der Beteiligte zu 5 mit 37 Stimmen und die Beteiligte zu 6 mit 31 Stimmen. Die nächste (nicht gewählte) Kandidatin erhielt 23 Stimmen. Auf den Inhalt der Wahlbekanntmachung vom 17.09.2008, Bl. 197 der Akte, wird verwiesen. Das Wahlergebnis ist am 24.09.2008 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht worden. Bei der Wahl ist Frau W. beteiligt worden, die einen Altersteilzeitvertrag im Blockmodell abgeschlossen hat und sich bereits in der Freistellungsphase befand.

Der Beteiligte zu 1 ist der Ansicht, dass bei der durchgeführten Wahl gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht und das Wahlverfahren verstoßen worden sei. Rechtsfehlerhaft sei 19 Personen die Teilnahme an der Wahl ermöglich worden, obwohl diese als Arbeitnehmer der J. nicht wahlberechtigt gewesen seien. Dadurch sei das Ergebnis der Wahl beeinflusst worden und eine Berichtigung des Wahlergebnisses nicht mehr möglich. Ausgangspunkt für die rechtliche Prüfung eines bestehenden aktiven Wahlrechts der Arbeitnehmer der J. sei der Konzerntatbestand, der vorliegend nicht erfüllt sei. Denn ein Konzern im Sinne des § 18 Abs. 1 AktG setze voraus, dass zum einen zwischen der J. und der J. ein aktienrechtliches Abhängigkeitsverhältnis bestehen müsse und zum anderen eine einheitliche Leitung beider Unternehmen vorhanden sei. Ein Abhängigkeitsverhältnis sei zwar vorhanden, es fehle jedoch an einer einheitlichen Leitung der J. durch die J.. Zwar werde nach § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG vermutet, dass ein abhängiges Unternehmen mit dem herrschenden Unternehmen einen Konzern bilde und damit unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sei, diese gesetzliche Vermutung sei jedoch widerlegt durch die tatsächlichen Gegebenheiten bei der J. mit der Folge, dass deren Arbeitnehmer nicht an der Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat der J. hätten beteiligt werden dürfen. Denn von den theoretischen Eingriffsmöglichkeiten mache die J. schon aufgrund der unterschiedlichen Geschäftszwecke der beiden Gesellschaften keinen Gebrauch. Eine Zusammenarbeit zum Zweck einer gemeinsamen Erreichung unternehmerischer Ziele erfolge nicht. Dies ergebe sich bereits aus völlig unterschiedlichen Unternehmenszwecken sowie daraus, dass keine Arbeitnehmer gemeinsam eingesetzt werden und in beiden Gesellschaften eigene Betriebsräte bestehen.

Durch die vorhandenen Rechenschaftspflichten gegenüber den Anschlussinhabern, die fehlende wirtschaftliche Einbringung in den Geschäftsbetrieb der J., die gänzlich unterschiedliche Branchenzugehörigkeit beider Gesellschaften und die fehlenden Einflussmöglichkeiten seien die üblichen Indizien, die für eine Koordinierung der maßgeblichen Unternehmensbereiche sprechen könnten, hier nicht gegeben. Alle wesentlichen Bereiche der Unternehmenspolitik, insbesondere die Finanz- und Investitionsplanungen, unterlägen nicht dem Einfluss der J., sondern dem Bestimmungs- und Kontrollbereich der Anschlussinhaber. Diese legten die Finanzmittel, die Verwendung von Unternehmensgewinn, die Sachausgaben sowie die Investitionen fest und würden somit das wirtschaftliche Risiko tragen. Der J. sei es daher auch gar nicht möglich, über die Umsätze der J. zu bestimmen, oder Gewinne aus der Beteiligung zu vereinnahmen.

Die im Wertungsbereich des Aktiengesetzes wohl einmalige Abhängigkeit der J. von den Anschlussinhabern, die allesamt keine Gesellschafter sind, stehe der konzernrechtlichen Vermutung einer einheitlichen Leitung i.S.d. § 18 Abs. 1 AktG entgegen. Der J. komme gar keine Entscheidungsmacht zu, so dass eine tatsächliche Beherrschungsmöglichkeit durch die J. fehle.

Daneben würden weitere Verstöße gegen Wahlgrundsätze zu einer Unwirksamkeit der Wahl führen. Frau W. hätte als Arbeitnehmerin in der Freistellungsphase der Altersteilzeit nicht an der Wahl beteiligt werden dürfen. Im Wahlausschreiben seien die gesetzten Fristen für Einsprüche und die Einreichung von Wahlvorschlägen unzutreffend berechnet und angegeben worden, da der Wahlvorstand den Ablauf der Frist auf einen Zeitpunkt vor 24:00 Uhr vorverlegt habe. In Ziffer 10 des Wahlausschreibens sei zudem durch die Verwendung des Verbs "können" der Anschein erweckt worden, dass die genannte Schriftform freiwillig eingehalten werden könne, diese jedoch nicht zwingend sei.

Mit seinem am 07.10.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag beantragt der Beteiligte zu 1,

die Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat der J. E. Aktiengesellschaft (J.) vom 17.September 2008 für unwirksam zu erklären.

Die Beteiligten zu 2 bis 8 beantragen,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie tragen vor, dass die Ausgliederung des Bahnbetriebes in die J. ausschließlich der Risikovorsorge gedient habe, da die J. für erforderliche Investitionen in die Infrastruktur in Millionenhöhe gehaftet hätte, wenn aufgrund EU-Rechts die Nutzung ihres Schienennetzes durch Dritte hätte ermöglicht werden müssen. Dies ergebe sich aus dem Protokoll der Sitzung des Finanz- und Grundstücksausschusses vom 13.12.2006. In dieser Sitzung habe die J. auch betont, dass ihr jedoch weiterhin an der mit dem Bahnbetrieb erzielten Rendite gelegen sei. An den Strukturen der beiden Unternehmen habe sich mit der Ausgliederung nichts geändert, soweit es nicht aufgrund der Existenz von nunmehr zwei Rechtsträgern aus rechtlichen Gründen erforderlich gewesen sei. Insbesondere liege das Finanzwesen der J. im Wesentlichen in Händen der J., da Wirtschaftsplan, monatlicher Plan-Ist-Vergleich, Liquiditätsanalyse und Jahresabschluss für beide Unternehmen gemeinsam durch Mitarbeiter der Controlling-Abteilung der J. erarbeitet würden und auch die Finanzbuchhaltung für beide Unternehmen durch Mitarbeiter der J. und der C. durchgeführt werde. Für eine einheitliche Leitung spreche aber auch, dass - insofern unstreitig - der Leiter der Finanzbuchhaltung, der Prokurist und ein Mitarbeiter aus der Abteilung Immobilienmanagement, Kontovollmachten für die Geschäftskonten der J. haben.

Insgesamt habe sich an den bereits zuvor verhandelten personellen Strukturen nach der Ausgliederung des Bahnbetriebes aus der J. nichts geändert. Die Zusammenarbeit im Personalbereich gehe über eine reine vertragliche Dienstleistungserbringung weit hinaus. So führe die J. eine gemeinsame Jubiläums- und Geburtstagsliste, auch für Mitarbeiter der J.. Es gebe eine gemeinsame Gruppenunfallversicherung, eine gemeinsame Notfallgemeinschaft für Sterbefälle, das Gebäudemanagement der Gebäude der J. werde von der J. und der C. durchgeführt und der Kauf von Büromaterial und die Bestellung von Getränken würden von beiden Gesellschaften gemeinsam getätigt, wobei die J. hierzu die Infrastruktur und die bei den Lieferanten eingerichteten Konten der J. nutze. Bei der einmal jährlich stattfindenden "Anschließersitzung" nähmen auch drei Vertreter der J. teil, nämlich der Beteiligte zu 1, der Prokurist der J. und ein weiterer Mitarbeiter, der jeweils das Bahnbudget erstelle und Protokolle in der Anschließersitzung führe. Die Gesellschaftsverträge der J. und ihrer Komplementär-GmbH enthielten gleichlautende erhebliche Einschränkungen der unternehmerischen Freiheit zu Gunsten der J. als Gesellschafterin. Diese Einschränkungen würden sich auf den Kern der Geschäftstätigkeit der J. und auf einfache personalbezogene Entscheidungen erstrecken und auch tatsächlich gelebt, so dass die J. durch den Antragsteller alle bei der J. anfallenden Personalentscheidungen selber treffe. Schließlich müsse sich die J. gemäß § 6 Abs. 4 des Einbringungsvertrages an den Kosten von Direktzusagen für Pensionsrückstellungen der Vorstände der J. beteiligen. Selbst der Urlaub des Geschäftsführers L. müsse vom Vorstand der J. genehmigt.

Auch die von dem Beteiligten zu 1 angeführten weiteren Verstöße gegen Wahlgrundsätze rechtfertigten eine Anfechtung der Wahl nicht. Insbesondere habe der Wahlvorstand mit einer an alle Wahlberechtigten adressierten E-Mail vom 08.08.2008 vor Fristablauf klargestellt, dass Wahlvorschläge auch noch nach 16:00 Uhr eingereicht werden könnten. Jedenfalls wäre aber die Ursächlichkeit des Fehlers auszuschließen, da keine weiteren Wahlvorschläge hätten eingereicht werden sollen.

Der Beteiligte zu 1 entgegnet dem Vorbringen der Beteiligten zu 2 - 8 damit, dass sich an personellen Strukturen durch die Ausgliederung insofern etwas verändert habe, als nunmehr der Geschäftsführer der Kompl.-GmbH der J. das Weisungsrecht über die Arbeitnehmer ausübe und sich ein eigener Betriebsrat gebildet habe. Zwar werde der Wirtschaftsplan, ein monatlicher Plan-Ist-Vergleich, eine Liquiditätsanalyse und das Bahnbudget von Mitarbeitern der J. im Rahmen des bestehenden Dienstleistungsvertrages der Sachbearbeitung zugeführt. Diese buchhalterischen Aufgaben würden jedoch nach allgemeinen kaufmännischen Grundsätzen unter Beachtung der Anweisungen der Geschäftsführung der J. erbracht. Auch die erteilten Kontovollmachten stünden einer Widerlegung der Konzernvermutung nicht entgegen. Diese resultierten ausschließlich aus der übernommenen Dienstleistung und würden nicht zu einer eigenverantwortlichen Zahlungsanweisung durch Mitarbeiter der J. berechtigen. Insgesamt erbringe die J. im Bereich des Finanzwesens für die J. ausschließlich eine "handwerkliche" Tätigkeit, die auch jedes Steuerberaterbüro ausüben könnte. Die Herausgabe einer gemeinsamen Jubiläums- und Geburtstagsliste sei ebenso wie die gemeinsame Unfallversicherung, die mittlerweile auf die J. übergeleitet sei, ein Produkt der Vergangenheit. Die Notfallgemeinschaft für Sterbefälle sei ein von dem Beteiligten zu 7 gegründeter und verwalteter Fond. Das Gebäudemanagement der Gebäude der J. sowie die Besorgungen von Büromaterial und Getränken würden aufgrund des Dienstvertrages von der J. ausgeführt. Schließlich sei die J. auch kein ständiges Mitglied mehr in der Anschließersitzung und habe dort auch keinerlei Stimmrecht. Die Teilnahme des Beteiligten zu 1 an Anschließersitzungen erfolge nur bei Themen, die das Verhältnis der J. zu den Anschlussinhabern betreffe. Die Anwesenheit der weiteren Mitarbeiter erfolge nur aus deren Sachbearbeiterfunktion im Rahmen des Dienstvertrages. Die einschränkenden Regelungen in Gesellschaftsverträgen der J. sowie der J. seien ebenfalls nur Ausschluss der besonderen Marktposition der Gesellschaft in deren Abhängigkeit von den Anschlussinhabern. Dies gelte auch für Personalentscheidungen. Auch Pensionsrückstellungen würden als Altlasten noch aus der Zugehörigkeit zur J. resultieren. Der Geschäftsführer der J. müsse nur die Muttergesellschaft über seinen Urlaub informieren, wobei zur Vereinfachung das Formular genutzt werde, welches er auch in der Vergangenheit als Arbeitnehmer der J. verwandt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

1.Die Anfechtung der Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat der J. vom 17.09.2008 ist zulässig.

Nach § 11 Abs. 1 DrittelbG kann die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds der Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht angefochten werden. Der Antragsteller ist dabei als das zur gesetzlichen Vertretung der J. befugte Organ gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 DrittelbG anfechtungsberechtigt.

Die Anfechtungsfrist ist gewahrt. Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 DrittelbG ist die Anfechtung nur binnen einer Frist von zwei Wochen, von dem Tag der Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger an gerechnet, zulässig. Die am 17.09.2008 durchgeführte Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat der J. ist am 24.09.2008 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht worden, so dass durch die am 07.10.2008 beim Arbeitsgericht in Düsseldorf eingegangene Anfechtungsschrift die zweiwöchige Frist des § 11 Abs. 2 Satz 2 DrittelbG gewahrt ist.

2.Der Antrag ist jedoch unbegründet, da ein Anfechtungsgrund nicht besteht. Nach § 11 Abs. 1 DrittelbG ist die Wahlanfechtung nur erfolgreich, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

a)Es kann dahinstehen, ob die Beteiligung der Frau W. ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht darstellt, da durch den möglichen Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Denn die Beteiligten zu 2 - 6 erhielten 50, 48, 45, 37 und 31 Stimmen, während auf die nächstfolgende Kandidatin 23 Stimmen entfielen.

b)Es kann auch dahinstehen, ob die im Wahlausschreiben vom 30.07.2008 (Bl. 184 f der Akte) gesetzten Fristen für Einsprüche (Ziff. 5) und die Einreichung von Wahlvorschlägen (Ziff. 6 u. Ziff. 11) wesentliche Verstöße gegen Vorschriften des Wahlverfahrens i.S.d § 11 Abs. 1 DrittelbG darstellen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 WODrittelbG beträgt die Einspruchsfrist für Einsprüche gegen die Wählerliste eine Woche seit Erlass des Wahlausschreibens. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 WODrittelbG sind Wahlvorschläge innerhalb von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens einzureichen. Auf diese Fristen ist gem. § 5 Abs. 2 Ziff. 4 und Ziff. 8 WODrittelbG hinzuweisen und der letzte Tag der Frist anzugeben. Die Berechnung der Frist bestimmt sich nach den §§ 187, 188 und 193 BGB, so dass die Frist für Einsprüche gegen die Wählerliste mit Ablauf des 06.08.2008 und die Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen mit Ablauf des 13.08.2008 abgelaufen ist. Die Vorverlegung des jeweiligen Fristablaufs durch den Wahlvorstand im Wahlausschreiben vom 30.07.2008 auf 16:00 Uhr ist jedoch unschädlich.

Zwar kann die Verkürzung dieser Fristen einen Anfechtungsgrund darstellen (vgl. BAG, Beschluss vom 04.10.1977 - 1 ABR 37/77 - EzA Nr. 3 zu § 8 BetrVG 1972). Im Hinblick auf Ziff. 6 u. Ziff. 11 des Wahlausschreibens vom 30.07.2008 ist jedoch eine Berichtigung durch die am 08.08.2008 um 12:14 Uhr an alle Wahlberechtigten adressierte E-Mail des Wahlvorstandes erfolgt (Bl. 191 der Akte). Damit hat der Wahlvorstand vor Ablauf der zunächst gesetzten Frist klargestellt, dass Wahlvorschläge am 13.08.2008 auch noch nach 16:00 Uhr eingereicht werden können. Im Übrigen hat der Antragsteller nicht vorgetragen, und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass weitere Wahlvorschläge eingegangen wären, die das Wahlergebnis hätten beeinflussen können, wenn der Ablauf der Frist auf 24:00 Uhr festgesetzt worden wäre.

Letzteres gilt ebenso für die in Ziff. 5 des Wahlausschreibens vom 30.07.2008 festgesetzte Frist für Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste (vgl. BAG, Beschluss vom 04.10.1977 - 1 ABR 37/77, EzA Nr. 3 zu § 8 BetrVG 1972).

c)Auch die vom Wahlvorstand gewählte Formulierung in Ziff. 10 des Wahlausschreibens vom 30.07.2008 begründet keine Anfechtung der Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat der J.. Die Beteiligten zu 2 - 8 weisen zutreffend darauf hin, dass das Verb "können" nicht den Eindruck erweckt, dass die Erklärung in beliebiger Form rechtswirksam abgegeben werden kann. Die Formulierung orientiert sich vielmehr an der Vorschrift des § 5 Abs. 2 Nr. 4 WODrittelbG ("schriftlich beim Betriebswahlvorstand eingelegt werden können").

d)Die Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat der J. vom 17.09.2008 ist auch nicht für unwirksam zu erklären, weil 19 Arbeitnehmern der J. die Teilnahme an der Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat der J. ermöglicht wurde. Diese Arbeitnehmer waren vielmehr wahlberechtigt. Dabei folgt die Kammer im Ausgangspunkt den rechtlichen Ausführungen des Antragstellers, nicht jedoch in der Subsumption im Hinblick auf die Frage der einheitlichen Leitung. Die J. und die J. sind nach Auffassung der Kammer unter einer einheitlichen Leitung zusammengefasst. Dazu im Einzelnen:

aa) Nach § 2 Abs. 1 DrittelbG nehmen an der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer der herrschenden Unternehmens eines Konzerns (§ 18 Abs. 2 des AktG) auch die Arbeitnehmer der übrigen Konzernunternehmen teil. Durch die in § 2 Abs. 1 DrittelbG enthaltene definitorische Verweisung beim Konzernbegriff auf § 18 Abs. 1 AktG wird kein eigener Konzernbegriff verwandt, vielmehr wird auf die Kenntnisse des Aktienrechts abgestellt (Erfurter Kommentar/Oetker, 7. Auflage, § 2 DrittelbG Rz 3). Die Verweisungsvorschrift des § 18 Abs. 1 AktG definiert den Konzern und ein Konzernunternehmen wie folgt:

Sind ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst, so bilden sie einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen. Unternehmen, zwischen den ein Beherrschungsvertrag (§ 291) besteht oder von denen das eine in das andere eingegliedert ist (§ 319), sind als unter einheitlicher Leitung zusammengefasst anzusehen. Von einem abhängigen Konzernunternehmen wird vermutet, dass es mit dem herrschenden Unternehmen einen Konzern bildet.

Ein Konzernverhältnis zwischen der J. und der J. erfordert danach die Erfüllung von zwei Voraussetzungen; zum Einen muss zwischen ihnen ein aktienrechtliches Abhängigkeitsverhältnis bestehen (hierzu unter (1)) und zum Anderen bedarf es einer einheitlichen Leitung beider Unternehmen (hierzu unter (2)). Für den Konzerntatbestand kommt es nicht darauf an, welche Rechtsform das beherrschte Unternehmen aufweist. Daher kann auch die J. ein Konzernunternehmen i.S.d. § 18 Abs. 1 AktG sein, wenn die beiden Voraussetzungen des Abhängigkeitsverhältnisses und der einheitlichen Leitung erfüllt sind.

(1)

Ein Abhängigkeitsverhältnis liegt nach § 17 Abs. 1 AktG vor, wenn bei rechtlich selbständigen Unternehmen das eine auf das andere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Dabei wird nach § 17 Abs. 2 AktG von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen vermutet, dass es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist. Aus dieser Vermutung folgt, dass eine Mehrheitsbeteiligung nach der gesetzlichen Konzeption im Regelfall als Begründung einer Abhängigkeit ausreicht. Daher können an den Begriff des herrschenden Einflusses jedenfalls keine Anforderung gestellt werden, die über die Qualität einer Mehrheitsbeteiligung hinaus gehen. Insbesondere ist nicht Voraussetzung, dass das herrschende Unternehmen über Mittel verfügt, die es ihm ermöglichen, das abhängige Unternehmen seinem Willen zu unterwerfen und diesen bei ihm durchzusetzen (MüKo/Bayer, Kommentar zum AktG, 3. Auflage, § 17 Rz 25). Die Widerlegung der Vermutung nach § 17 Abs. 2 AktG setzt substantiierten Tatsachenvortrag dazu voraus, dass trotz der Mehrheitsbeteiligung der beherrschende Einfluss nicht ausgeübt werden kann.

(2)

Neben der konzernrechtlichen Abhängigkeit (1) verlangt § 18 Abs. 1 AktG für die Feststellung eines Konzernverhältnisses als weiteres Tatbestandsmerkmal, dass beide Unternehmen unter einer einheitlichen Leitung zusammengefasst sind. Dabei bildet § 18 Abs. 1 Satz 2 AktG eine unwiderlegbare Fiktion der Zusammenfassung unter einer einheitlichen Leitung nur bei Vorliegen eines Beherrschungsvertrages nach § 291 AktG oder der Eingliederung nach § 319 AktG. Wenn lediglich ein Abhängigkeitsverhältnis vorliegt (s. (1)), stellt § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG eine bloße wiederlegbare gesetzliche Vermutung auf, dass das abhängige Unternehmen mit dem herrschenden Unternehmen einen Konzern bildet. Diese - im Gegensatz zu § 18 Abs. 1 Satz 2 AktG - wiederlegbare Konzernvermutung bei bestehender Abhängigkeit beruht darauf, dass der Gesetzgeber von dem Erfahrungssatz ausgeht, wonach "herrschende Unternehmen ihren Einfluss in aller Regel zur Konzernbildung ausnutzen" (BegrRegE bei MüKo, Kommentar zum AktG, 3. Auflage, § 18 Rz 46). Aufgrund der Vermutungskette der §§ 17 Abs. 2, 18 Abs. 1 Satz 3 AktG ist es bei Vorliegen einer Mehrheitsbeteiligung Sache des Unternehmens, die Ausübung der einheitlichen Leitung zu widerlegen. Eigenständige Bedeutung kommt einer Widerlegung im Rahmen des § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG nur dann zu, wenn trotz vorliegender Abhängigkeit dargelegt und nachgewiesen wird, dass tatsächlich keine einheitliche Leitung ausgeübt wird (BayObLG AG 2002, 511, 512). Die Anforderungen an die Widerlegung sind davon abhängig, ob man den engen oder den weiten Konzernbegriff zugrundelegt.

Der enge Konzernbegriff betrachtet den Konzern in Übereinstimmung mit der wirtschaftswissenschaftlichen Definition als wirtschaftliche Einheit und subsumiert unter § 18 Abs. 1 AktG daher nur den Sachverhalt, dass die Konzernspitze die wesentlichen unternehmerischen Leitungsfunktionen in wichtigen Bereichen der Unternehmenspolitik wahrnimmt (MüKo Kommentar zum AktG, 3. Auflage, § 18 Rz 29). Im Rahmen des weiten Konzernbegriffs wird dagegen das Bestehen eines Konzern bereits bejaht, wenn eine einheitliche Planung in einem der zentralen Unternehmensbereiche gegeben ist (z.B. bei Einkauf, Organisation, Personalwesen und Verkauf), vorausgesetzt, dass diese begrenzte Koordination der Unternehmen Auswirkungen auf den Konzern als solchen hat (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.07.2001 - 5 TaBV 2/99). Danach genügt es für einen Konzern, dass die verbundenen Unternehmen in ein übergeordnetes Gesamtunternehmensinteresse eingebettet sind, wobei die verbundweite Koordination des Finanzbereichs bereits das Erfordernis einer einheitlichen Leitung erfüllt. Nach diesem weiten Konzernbegriff ist die Widerlegung der Konzernvermutung daher schon dann nicht erfolgreich, wenn nur eines der üblichen Indizien für die Koordinierung der maßgeblichen Unternehmensbereiche nicht widerlegt werden kann (Schmidt/Lutter/Vetter, AktG, § 18 Rz 18).

Mindestvoraussetzung für die Widerlegung der Konzernvermutung ist auf jeden Fall, dass das abhängige Unternehmen seine finanzpolitische Freiheit darlegen und beweisen kann, wobei ein primafacie-Beweis ungeeignet ist (MüKo Kommentar zum AktG, 3. Auflage, § 18 Rz 48; Hüffer, AktG, 8. Auflage, § 18 Rz 19).

Mit dem BAG ist im Rahmen der Konzernmitbestimmung von dem weiten Konzernbegriff auszugehen. Bereits zur alten Rechtslage, als im Anwendungsbereich des § 76 Abs. 4 BetrVG 1952 die Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG nicht galt, hat das BAG in einem Beschluss ausgeführt, dass das Konzernverhältnis die tatsächliche Einflussnahme des herrschenden Unternehmens zumindest auf einen wesentlichen Teilbereich der Unternehmenspolitik des abhängigen Unternehmens voraussetzt (vgl. dazu BAG Beschluss vom 16.08.1995 - 7 ABR 57/94, DB 1996, 335). Danach ist es für die Widerlegung der Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG erforderlich, für alle wesentlichen Bereiche der Unternehmenspolitik den Nachweis zu führen, dass Unternehmensentscheidungen ohne eine beherrschende Einflussnahme der Obergesellschaft getroffen werden. Es ist der rechtlich schwer zu erbringende Nachweis erforderlich, dass trotz eines beherrschenden Einflusses keine Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung besteht (BAG Beschluss vom 22.11.1995 - 7 ABR 9/95, DB 1996, 1043, 1044). Daher muss der Nachweis erbracht sein, dass die Bereiche, in denen die einheitliche Leitung üblicherweise sichtbar wird, ausschließlich und nachhaltig nach dem uneingeschränkten Eigeninteresse des abhängigen Unternehmens gesteuert werden (Seibt in NZA 2004, 767, 770). In der Praxis wird diese Widerlegung nur selten versucht und gelingt auch nur im Ausnahmefall (MüKo, Kommentar zum AktG, 3. Auflage, § 18 Rz 48).

bb) Gemessen an diesen Grundsätzen besteht zwischen der J. und der J. ein Konzernverhältnis. Beide Unternehmen stehen in einem Abhängigkeitsverhältnis gemäß § 17 Abs. 1 AktG (s. dazu (1)) und sind unter einer einheitlichen Leitung zusammengefasst, da der Antragsteller die Vermutung nach § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG nicht widerlegen konnte (s. dazu (2)).

(1)

Das Abhängigkeitsverhältnis zwischen der J. und der J. wird gemäß § 17 Abs. 2 AktG vermutet. Die J. ist alleinige Inhaberin aller Geschäftsanteile an der J. und ihrer Kompl.-GmbH, der J.. Darüber hinaus ist die J. auch alleinige Kommanditistin der J.. Die Kompl.-GmbH führt als alleinige persönlich haftende und geschäftsführende Gesellschafterin die Geschäfte der J.. Daher ist die J. ein von der J. abhängiges Unternehmen im Sinne von § 17 AktG. Anhaltspunkte für Widerlegungstatbestände nach § 17 Abs. 2 AktG sind nicht ersichtlich und werden auch vom Antragsteller nicht behauptet.

(2)

Entgegen der Ansicht des Antragstellers besteht zwischen dem Unternehmen der J. und der J. neben der konzernrechtlichen Abhängigkeit auch eine einheitliche Leitung.

Zwar greift vorliegend nicht die unwiderlegbare Fiktion der Zusammenfassung unter einer einheitlichen Leitung nach § 18 Abs. 1 Satz 2 AktG, da weder Beherrschungsvertrag noch Eingliederung vorliegen. Die Zusammenfassung unter einer einheitlichen Leitung gem. § 18 Abs. 1 Satz 1 AktG wird jedoch nach § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG gesetzlich vermutet, da zwischen der J. und der J. ein Abhängigkeitsverhältnis gemäß § 17 AktG vorliegt (s. dazu (1)). Diese gesetzliche Vermutung konnte der Antragsteller nicht entkräften.

Dabei stützt sich der Antragsteller bei seiner Argumentation im Wesentlichen darauf, das beide Unternehmen in völlig unterschiedlichen Branchen tätig seien und die J. derart von den Anschlussinhabern abhängig und in ihrer unternehmerischer Gestaltungsfreiheit beschränkt sei, dass gar keine Leitung durch die J. möglich sei. Diesen Ansichten folgt die Kammer nicht.

Die früher vielfach vertretene Auffassung, ein Konzern könne nur zwischen artverwandten Branchen gebildet werden, hat sich angesichts des Vorhandenseins zahlreicher Mischkonzerne von selbst widerlegt und ist heute auch in der Literatur nicht mehr anzutreffen. Entsprechende Beschränkungen der Konzernbildungen bestehen insoweit nicht (vgl. dazu MüKo, Kommentar zum AktG, 3. Auflage, § 18 RZ 38).

Auch führt die - nicht in Abrede zu stellende - Abhängigkeit der J. von den Anschlussinhabern in bestimmten Bereichen nicht dazu, das ein Konzernverhältnis mit diesem Unternehmen gar nicht möglich ist. Vielmehr wäre für eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung nach § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG erforderlich gewesen, dass im Einzelnen dargestellt wird, warum die J. als (unstreitig) abhängiges Unternehmen seine verbliebene finanzpolitische Freiheit eigenständig und unabhängig von der J. ausüben kann. Der Nachweis, dass die J. als herrschendes Unternehmen die Mittel, welche die Ausübung einer einheitlichen Leitung möglich machen, nicht zu diesem Zweck einsetzt und dass alle Bereiche, in denen die einheitliche Leitung üblicherweise sichtbar werden, ausschließlich und nachhaltig nach den uneingeschränkten Eigeninteresse der abhängigen J. gesteuert werden, ist dem Antragsteller nicht gelungen.

Es ist bereits nicht erkennbar, was sich seit der Ausgliederung des gesamten Bahnbetriebes aus der J. und der Einbringung in die J. in tatsächlicher Hinsicht geändert hat. Allein die Tatsachen, dass die J. einen eigenen Geschäftsführer und einen eigenen Betriebsrat hat, widerlegen nicht die gesetzliche Vermutung einer einheitlichen Leitung, sondern unterliegen allein gesellschaftsrechtlichen und betriebsverfassungsrechtlichen Zwängen. Es ist nicht erkennbar, inwiefern sich im Betriebsablauf für die Arbeitnehmer Änderungen durch die Ausgliederung des Bahnbetriebes der J. ergeben haben.

Die Gesellschaftsverträge der J. und deren Kompl.-GmbH sehen derart weitreichende Zustimmungserfordernisse durch die Gesellschafterversammlung vor, dass zentrale Bereiche, in denen die einheitliche Leitung üblicherweise sichtbar wird, gerade nicht nach dem uneingeschränkten Eigeninteresse des abhängigen Unternehmens gesteuert werden. Erst recht werden diese Bereiche nicht ausschließlich und nachhaltig nach dem uneingeschränkten Eigeninteresse der J. gesteuert. Mit dem Abschluss, der Änderung und Beendigung von Gleisanschlussverträgen, Infrastrukturverträgen, Geschäftsführungsverträgen mit Anschlussinhabern und vergleichbaren Verträgen unterliegt bereits ein wesentlicher Bereich der unternehmerischen Tätigkeit der J. dem Zustimmungserfordernis der J. als Gesellschafterin (§ 5 Abs. 2 e des Gesellschaftsvertrages). Darüber hinaus bedürfen Investitionsmaßnahmen (ausgenommen Reparaturen und Instandsetzungen), wenn sie bereits 25.000,-- € übersteigen, der Zustimmung der Gesellschafterversammlung (§ 5 Abs. 2 f des Gesellschaftsvertrages). Besonders deutlich wird der fehlende Nachweis der einheitlichen Leitung im Bereich des Personals. Jedwede Bewilligung von Tantiemen, Gratifikationen und Pensionen an Mitarbeiter der Gesellschaft (§ 5 Abs. 2 g des Gesellschaftsvertrages) und die Einstellung und Höhergruppierung von Mitarbeitern (§ 5 Abs. 2 h des Gesellschaftsvertrages) bedarf ebenfalls der Zustimmung der J.. Gerade der Personalbereich ist ein Bereich, in dem die einheitliche Leitung üblicherweise sichtbar wird, so dass es des Nachweises bedurft hätte, dass der Bereich ausschließlich und nachhaltig nach dem uneingeschränkten Eigeninteresse der abhängigen J. gesteuert wird.

Gleiches gilt für den Bereich der Verwaltung, soweit er Buchhaltung, Personalabrechnung und Rechnungswesen erfasst. Nach der Zusatzvereinbarung Nr. 1 zum Einbringungsvertrag vom 29.12.2006 (dort II. Ziff. 2) übernimmt die J. Dienstleistungen für die J. im Bereich der Buchhaltung, Personalabrechnung, des Rechnungswesens im Übrigen sowie der Bauverwaltung. Dadurch wird der Nachweis erheblich erschwert, dass die J. als abhängiges Unternehmen seine finanzpolitische Freiheit gleichwohl uneingeschränkt ausüben kann. Insofern weisen die Beteiligten zu 2- 8 zutreffenderweise darauf hin, das das Finanzwesen der J. damit im Wesentlichen in den Händen J. liegt, die Wirtschaftsplan, monatlichen Plan-Ist-Vergleich, Liquiditätsanalyse und Jahresabschluss durch eigene Mitarbeiter der Controllingabteilung erarbeitet. Es ist im Rahmen der Prüfung, ob die gesetzliche Vermutung der einheitlichen Leitung widerlegt werden konnte, unerheblich, auf welcher Grundlage die entsprechenden Finanzdienstleistungen für das beherrschte Unternehmen erbracht werden. Denn ansonsten würde die bloße förmliche Einkleidung der finanzpolitischen Einflussnahme in einen Dienstvertrag ein geeignetes Nachweismittel zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung darstellen. Es kommt nur auf die tatsächliche Erbringung der Dienstleistung an, unabhängig davon, ob dies nur aufgrund des Konzernverhältnisses geschieht oder die entsprechenden Dienstleistungen in einem klar strukturierten Dienstleistungsvertrag formuliert sind. Jedenfalls spricht die Übernahme dieser Tätigkeiten durch die J. gerade für eine einheitliche Leitung in einem Bereich, in dem die einheitliche Leitung auch üblicherweise sichtbar wird. Daran ändert auch die rein formale Einbettung in einen Dienstleistungsvertrag nichts.

In den vorgenannten Bereichen beststeht unabhängig von der Abhängigkeit der J. von den Anschlussinhabern ein hinreichender unternehmerischer Gestaltungsspielraum. Der Antragsteller konnte jedoch den Nachweis nicht erbringen, dass die J. als herrschendes Unternehmen gerade diese Bereiche, in denen eine einheitliche Leitung auch noch sichtbar werden kann, nicht beeinflusst hat und die Bereiche vielmehr ausschließlich und nachhaltig nach dem uneingeschränkten Eigeninteresse der abhängigen J. gesteuert werden. Dies verhindern bereits die genannten Passagen in den Gesellschaftsverträgen.Entgegen der Ansicht des Antragstellers kommt es für den Nachweis der finanzpolitischen Freiheit des abhängigen Unternehmens zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung nicht auf die Beziehung des Unternehmens zu Dritten (Kunden bzw. Anschlussinhabern), sondern auf das Verhältnis der beiden Unternehmen untereinander an. Die Frage, inwieweit die unternehmerische Betätigungsfreiheit durch gesetzliche und behördliche Zwänge reguliert ist, hat nur insoweit Einfluss auf die Beurteilung eines Konzernverhältnisses, als in solchen Fällen dann die Bereiche zu beurteilen sind, in denen eine einheitliche Leitung noch möglich ist und üblicherweise sichtbar wird.

e)Der Antragsteller hat damit keinen Anfechtungsgrund im Sinne von § 11 Abs. 1 DrittelbG, um die Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat der J. wirksam anzufechten.

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :

Gegen diesen Beschluss kann von dem Antragsteller und Beteiligten zu 1.

Beschwerde

eingelegt werden.

Für den Beteiligten zu 2 - 8 ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.

Die Beschwerde muss

innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses

beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax: (0211) 7770 - 2199 eingegangen sein.

Die Beschwerdeschrift muss von einem Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.

*Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

( L. )






ArbG Düsseldorf:
Beschluss v. 03.03.2009
Az: 11 BV 184/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/818b994b34bd/ArbG-Duesseldorf_Beschluss_vom_3-Maerz-2009_Az_11-BV-184-08




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