Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Beschluss vom 23. März 1992
Aktenzeichen: A 14 S 1086/91
(VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 23.03.1992, Az.: A 14 S 1086/91)
1. Setzt das Gericht erster Instanz den Streitwert zu hoch fest, kann die Staatskasse die Streitwertfestsetzung mit der Beschwerde anfechten, wenn sie dem Rechtsanwalt, der einem Beteiligten im Wege der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beigeordnet wurde, die Vergütung nach § 121 BRAGebO leistet.
Gründe
Die Beschwerde der Staatskasse ist zulässig. Die Staatskasse, die durch den zuständigen Bezirksrevisor vertreten wird (Nr. I. Abs. 1 Nr. 4 der Bekanntmachung der Ministerien über die Vertretung des Landes in gerichtlichen Verfahren und förmlichen Verfahren vor den Verwaltungsbehörden vom 12.10.1987, GBl. S. 464), kann aufgrund der Beteiligtenstellung, die ihr in § 25 Abs. 1 S. 1 GKG eingeräumt ist, Beschwerde gegen eine Streitwertfestsetzung des Gerichts erster Instanz einlegen, durch die das staatliche Kosteninteresse betroffen wird. Hiervon ist bei einer zu niedrigen Festsetzung des Streitwerts auszugehen, weil dadurch das Gerichtskostenaufkommen der Staatskasse gemindert wird (vgl. dazu BayVGH, Beschluß vom 27.09.1978, BayVBl 1979, 246). Setzt das Verwaltungsgericht den Streitwert zu hoch fest, ist die Staatskasse beschwert, wenn sie einem Rechtsanwalt, den das Verwaltungsgericht einem Beteiligten im Wege der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beigeordnet hat, die Vergütung nach § 121 BRAGO leistet (KG, Beschluß vom 12.06.1984, AnwBl. 1984, 612; Hartmann, Kostengesetze, 24. Aufl., § 25 GKG, Anm. 4. A.b.; Markl, GKG, 2. Aufl., RdNr. 24 zu § 25). In diesen Fällen beeinträchtigt die überhöhte Streitwertfestsetzung das staatliche Kosteninteresse, weil sich die Höhe der Vergütung, die die Staatskasse zu zahlen hat, nach dem festgesetzten Streitwert bemißt (§ 9 Abs. 1, § 123 GKG). Die Beschwerdebefugnis der Staatskasse ergibt sich mithin im vorliegenden Fall daraus, daß das Verwaltungsgericht den Klägern durch Beschluß vom 07. Februar 1991 mit der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe einen Rechtsanwalt beigeordnet hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 2 S. 1 ZPO).
Die Beschwerde, mit der die Staatskasse eine Reduzierung des vom Verwaltungsgericht auf DM 18 000,00 festgesetzten Streitwerts auf DM 10 500,00 begehrt, ist begründet. Der Senat folgt in ständiger Praxis der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluß vom 09.02.1987, DVBl. 1987, 1111), nach der bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Streitwert in asylrechtlichen Verfahren abgestuft festzusetzen ist, wenn Eheleute, Eltern oder Elternteile und/oder Kinder als Streitgenossen auftreten (ebenso: VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 02.05.1988 - A 13 S 484/88 - VBlBW 1988, 346 LS; Beschluß vom 05.10.1990 - A 12 S 2131/90 -; Beschluß vom 25.02.1991 - A 13 S 283/91 -). Für die Asylklagen der Kläger, eine Mutter mit zwei Kindern, ergibt sich danach ein Gesamtstreitwert bis zur Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache von DM 9 000,00. Der Senat ist an einer Herabsetzung des Streitwerts auf diesen Betrag nicht deswegen gehindert, weil der Bezirksrevisor wohl in der irrigen Annahme, das Asylverfahren sei von einem Ehepaar und einem Kind betrieben worden, lediglich eine Streitwertreduzierung auf DM 10 500,00 erstrebt. Denn hinsichtlich des von der Beschwerde nicht erfaßten Teilbetrags macht der Senat von der ihm in § 25 Abs. 1 S. 3 GKG eröffneten Befugnis Gebrauch, den Streitwert von Amts wegen zu ändern. Gleiches gilt für die weitere Reduzierung des Streitwerts auf den Betrag der Kosten i.S.v. § 162 Abs. 1 VwGO für die Zeit ab Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 22 Abs. 3 GKG).
VGH Baden-Württemberg:
Beschluss v. 23.03.1992
Az: A 14 S 1086/91
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