Verwaltungsgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 5. Dezember 2008
Aktenzeichen: 7 E 1780/07

(VG Frankfurt am Main: Urteil v. 05.12.2008, Az.: 7 E 1780/07)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen, mit Ausnahmeder außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung inHöhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagtevor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Mit Bescheid vom 12.05.1997 gab das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (Vorgängerbehörde der Beklagten) der H AG und der E AG die unverzügliche Abwicklung des durch das Abschließen von typisch stillen Beteiligungsverträgen unerlaubt betriebenen Anlagengeschäfts auf. In der Folgezeit wurde das Konkurs-, jetzt Insolvenzverfahren über die Vermögen beider Gesellschaften eröffnet.

Der Kläger ist Vorsitzender des Vereins der H E -Geschädigten - n.e.V.

Mit Schreiben vom 02.05.2006 beantragte der Kläger uneingeschränkt Akteneinsicht in die Behördenakten betreffend die Abwicklung der H AG und der E AG.

Mit Bescheid vom 27.09.2006 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab.

Zur Begründung führte sie folgendes aus:

Dem Informationszugang stehe § 3 Nr. 1 d IFG entgegen, da das Bekanntgeben der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Aufsichtsaufgaben der Beklagten habe.

Ein Anspruch auf Informationszugang sei auch nach § 3 Nr. 1 a IFG ausgeschlossen, da das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen haben könne, was bei einer Bekanntgabe des Schriftwechsels mit der niederländischen Aufsicht der Fall wäre.

Weiter sei ein Anspruch nach § 3 Nr. 4 Fall 1 IFG i.V.m. § 11 FinDAG i.V.m. § 9 KWG - jedenfalls über die Mitteilungen im Schreiben vom 07.08.2006 hinaus - ausgeschlossen. Die begehrte Information unterliege der Geheimhaltungspflicht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KWG in Bezug auf die Mitarbeiter der Beklagten als auch in Bezug auf die Beklagte selbst. Dem Kläger könne daher keine Einsicht in Unterlagen gewährt werden, aus denen Namen und Adressen von Anlegern hervorgingen. Das gleiche gelte für Anfragen und Ermittlungen der Beklagten bei einbezogenen Kreditinstituten sowie die Korrespondenz mit der niederländischen Aufsichtsbehörde in Bezug auf auch in den Niederlanden angebotenen atypisch und typisch stillen Beteiligungsverträgen. Ferner könne nicht Einsicht gewährt werden in die mit den Unternehmen bzw. deren anwaltlichen Vertretern geführte Korrespondenz und in Protokolle über Besprechungen mit den Geschäftsführern, anwaltlichen Vertretern oder Treuhändern der Unternehmen. Die aus der Korrespondenz mit den Unternehmen oder Dritten oder aus Besprechungen gewonnenen Erkenntnisse seien in den Verfügungen vom 12.05.1997 ausführlich dargelegt. Diese Verfügung sei dem Kläger nach eigenen Angaben auch bekannt. Die Geheimhaltung der Informationen liege objektiv im Interesse der betroffenen Unternehmen bzw. deren ehemaligen Geschäftsführern und Vorständen, nach dem diese im Anschluss an die Verfügungen vom 12.05.1997 Insolvenzantrag gestellt hätten. Dies gelte sowohl für Informationen über das Verwaltungsverfahren als auch gegenüber der Bundesanstalt erhobene Beschwerden von Dritten in Bezug auf die Unternehmen oder über Beschwerden von Anlegern gegen den Erlass der Verfügungen vom 12.05.1997. Von der Durchführung eines Verfahrens nach § 8 IFG sei vorliegend abgesehen worden. Es hätten tausende von Anlegern und andere Stellen sowie die alten Geschäftsführer, Vorstände und Treuhänder angeschrieben werden und über Schriftverkehr zu Vorgängen gefragt werden müssen, die lange zurücklägen und zwischenzeitlich teilweise Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen seien. Ein solches Verfahren sei nur dann vorgesehen, wenn private Interessen i.S.d. §§ 5 und 6 IFG betroffen seien. § 3 Nr. 4 IFG diene hingegen dem Schutz öffentlicher Belange, der nicht zur Disposition einzelner, wie etwa den hier betroffenen Unternehmen, stehe.

Dem Anspruch auf Akteneinsicht stehe auch § 7 Abs. 2 IFG entgegen, da dafür ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand erforderlich wäre. Es müssten sämtliche Aktenbände (58) zunächst vollständig kopiert und sodann müssten die Kopien - soweit im Hinblick auf § 9 KWG erforderlich - anonymisiert (geschwärzt) und erneut kopiert werden. Da eine Vielzahl von Anlegern betroffen wäre und der Kläger nach seinem Schreiben vom 14.08.2006 Einsicht in sämtliche Aktenbände begehrt habe, müsste der größte Teil der Akten derart bearbeitet werden, was einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erfordere.

Darüber hinaus verfüge der Kläger bereits über die begehrten Informationen oder könne sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen.

Mit Schreiben vom 26.10.2006 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 27.09.2006 Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Hinsichtlich der Begründung des Widerspruchsbescheides wird auf Bl. 94 - 117 der Behördenakten, Beiakte I) verwiesen.

Mit zuvor am 11.05.2007 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger zunächst Untätigkeitsklage gegen die Beklagte erhoben. Nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2007 hat der Kläger diesen mit Schriftsatz vom 23.07.2007 in seine Klage einbezogen.

Er ist der Auffassung, dass ein Ausschlusstatbestand nach § 3 Nr. 1d IFG nicht gegeben sei. Die Beklagte sei nicht auf die Kooperationsbereitschaft der beaufsichtigten Unternehmen sowie Dritter angewiesen. Diese hätten vielmehr aufgrund der der Beklagten eingeräumten Kontrollrechte die Verpflichtung, jede erforderliche Auskunft zu geben, welche die Beklagte benötige, um ihre Aufgabe erfüllen zu können.

Aufgabe der jetzt tätigen Konkursverwalter sei es, Vermögenswerte aufzulösen und die Gläubiger der betroffenen Gesellschaften zu befriedigen. Geschäftsgeheimnisse gebe es daher nicht mehr, weil die Gesellschaften nicht mehr werbend am Markt tätig seien. Die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse seien daher nicht mehr schützenswert.

Soweit die Beklagte von der niederländischen Aufsichtsbehörde Informationen erhalten habe, hätte die Beklagte bei dieser Aufsichtsbehörde anfragen müssen, ob sie der Weitergabe der gegebenen Informationen zustimme, was nicht erfolgt sei. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die niederländische Aufsichtsbehörde ausdrücklich klargestellt habe, dass die von ihr übersandten Informationen vertraulich seien und nur für Aufsichtszwecke zur Verfügung gestellt würden.

Der Kläger habe nur Kenntnis von den Bescheiden vom 12.05.1997 betreffend die H AG und die E AG. Den weiteren Akteninhalt der Akten der Beklagten kenne er nicht, weshalb insoweit § 9 Abs. 3 IFG nicht greife. Er könne sich diese Informationen auch nicht aus anderen allgemein zugänglichen Quellen beschaffen.

Der Verwaltungsaufwand für die Gewährung des Akteneinsichtsrechts müsse von der Behörde hingenommen werden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 27.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2007 zu verpflichten, dem Kläger Akteneinsicht in die Behördenakten der Beklagten betreffend die Abwicklung der H AG und E AG zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Klageerwiderung bezieht sie sich auf die streitgegenständlichen Bescheide und trägt folgendes ergänzend vor.

Die Eröffnung von Insolvenzverfahren ändere nichts an der Schutzbedürftigkeit der in den Akten über die H AG und die E AG enthaltenen Informationen, deren Geheimhaltung im Interesse der vorgenannten Gesellschaften liege. Denn der Rechtsträger bestehe nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur Löschung fort und könne Träger von Rechten und Pflichten sein, weshalb er weiterhin das Recht habe, dass ihn betreffende Informationen nach § 9 KWG geschützt würden.

Soweit die Akten vertrauliche Informationen enthielten, welche die Beklagte von der niederländischen Aufsichtsbehörde zu Zwecken der Aufsicht erhalten habe, habe der Kläger mit Schriftsatz vom 04.09.2007 klargestellt, dass eine Einsicht in diese Unterlagen nicht beabsichtigt sei (Punkt 16 Seite 16 des Schriftsatzes vom 04.09.2007). Im Übrigen beträfen die übermittelten Informationen ebenfalls die H AG und E AG, so dass ein Anspruch auf Informationszugang auch betreffend die von der niederländischen Aufsicht übermittelten Informationen schon nach § 3 Nr. 4 Fall 1 IFG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 KWG ausgeschlossen sei.

Weiter verfüge der Kläger teilweise über die begehrten Informationen. So verfüge er nach eigenen Angaben über Kopien der an die Gesellschaft ergangenen Bescheide vom 12.05.1997. In diesen Bescheiden werde auf die Korrespondenz und die Gespräche mit den vorgenannten Gesellschaften eingegangen. Ferner räume der Kläger auf Seite 8 des Widerspruchsschreibens vom 26.10.2006 die Kenntnis weiterer Fakten ein, welche sich aus den Akten betreffend die H AG und die E AG ergeben.

Dem Informationsbegehren des Klägers stehe auch der Gedanke des Rechtsmissbrauchs entgegen. So habe der Kläger wiederholt sein Interesse an der Akteneinsicht mit der Verfolgung von Schadensersatzforderungen begründet. Er habe in seinem Widerspruchsschreiben vom 26.10.2006 (Seite 5) betont, dass er Geld verloren habe und daher die Klärung der Frage, ob die Insolvenzverfahren hätten vermieden werden können, für ihn von erheblicher Bedeutung sei. Sein Informationsbegehren ziele darauf, Schadensersatzansprüche geltend zu machen (Seite 3 der Klageschrift vom 08.05.2007). Sein Informationsbegehren sei daher auf zivilrechtliche Rechtsverfolgung und nicht auf Ausübung seiner Bürgerrechte gerichtet, was der Zielsetzung des IFG entspreche. Weiter ergebe sich die Rechtsmissbräuchlichkeit zum Teil jedenfalls auch daraus, dass die Durchsetzung von Amtshaftungsansprüchen gegenüber der Beklagten nicht mehr erreichbar sei, da gegen die H AG und die E AG zivilgerichtlich bereits rechtskräftig entschieden worden sei. Die diesbezügliche Klage des Klägers sei vom Landgericht Berlin mit Urteil vom 04.04.2001 - Az: 23.0.482/00 - abgewiesen worden. Die Berufung gegen dieses Urteil habe das Kammergericht mit Urteil vom 11.03.2003 - 9 U 126/01 - zurückgewiesen.

Weiter bestehe der Verwaltungsvorgang der H AG aus 31 Hauptaktenbänden und 24 Beiakten. Der Verwaltungsvorgang E AG bestehe aus 6 Hauptaktenbänden, 1 Beiakte und 2 Hängetaschen, in welchen sich Prüfberichte einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für den Zeitraum 1990 bis 1995 befänden. Da der Kläger auch die Beiakten zum Vorgang Z 4 - 173 - 64/91 - einsehen möchte (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 04.09.2007, Seite 13; vgl. auch Schreiben des Klägers vom 14.08.2006; vgl. Klageantrag im Schriftsatz vom 23.07.2007 i.V.m. dem Antrag vom 02.05.2006), sei von 62 Bänden auszugehen. Selbst bei Anlegung eines strengen Maßstabes sei bei der Schätzung der Anzahl der zu bearbeitenden Seiten mindestens von folgendem Umfang auszugehen:

Lege man 190 Seiten pro Hauptaktenband zugrunde, seien bei 37 Bänden mindestens 7030 Seiten durchzuarbeiten. Zwar seien die Beiakten zum Teil, jedoch nicht alle, etwas geringer befüllt als die Bände der Hauptakte, aber auch insofern seien für die 25 Beiakten im Durchschnitt mindestens 100 Seiten pro Band zu schätzen. Insofern seien weitere 2500 Seiten und damit insgesamt 9530 Seiten durchzuarbeiten. Selbst wenn man, von nur 160 Seiten pro Hauptaktenband ausginge, wären immer noch - einschließlich der Beiakten - 8420 Seiten durchzuarbeiten.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt und sich zum Verfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (2 Bände) und der von der Beklagten zum Antragsverfahren angelegten Behördenakten (2 Hefte) verwiesen, die dem Gericht vorgelegen haben und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Sie ist gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes vom 05.09.2005 (BGBl I S. 2722; - Informationsfreiheitsgesetz - IFG) in statthafter Weise als Verpflichtungsklage zulässig.

Das nach § 9 Abs. 4 Satz 2 IFG zwingend vorgesehene Vorverfahren entsprechend den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung war vorliegend entbehrlich, weil die Behörde den Kläger nach Einlegung seines Widerspruchs am 26.10.2006 und der daraufhin am 11.05.2007 erhobenen Untätigkeitsklage während des Rechtsstreits ablehnend beschieden hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.01.1983, BVerwGE 66, 342; BVerwG, Urteil vom 04.06.1991, BVerwGE 88, 254). Danach hat das Verwaltungsgericht in die materiell-rechtliche Prüfung des Begehrens einzutreten, wenn eine Verpflichtungsklage nach § 75 Satz 2 VwGO unter Einhaltung der Sperrfrist von drei Monaten zunächst in zulässiger Weise als Untätigkeitsklage erhoben wurde und danach ein die begehrte Leistung ablehnender Bescheid, vorliegend der Widerspruchsbescheid vom 18.07.2007, ergeht (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.07.1995 - 4 S 1610/95 - in Juris).

Die ursprünglich als Untätigkeitsklage erhobene Klage ist daher nunmehr als Verpflichtungsklage statthaft, nachdem der Kläger den Widerspruchsbescheid im Wege der gewillkürten Klageänderung in das Verfahren einbezogen hat, was sachdienlich war.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angegriffene Bescheid vom 27.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Akteneinsicht in die Behördenakten der Beklagten betreffend die Abwicklung der H AG und der E AG.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Akteneinsicht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Anspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG jedoch nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil er mit den gewonnenen Informationen seine Chancen in möglicherweise noch ausstehenden zivilrechtlichen Auseinandersetzungen verbessern möchte. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Dieser Anspruch ist voraussetzungslos (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Deutscher Bundestag, Drucksache 15/4493 vom 14.12.2004, S. 7 zu § 1; Anwendungshinweise des Bundesministerium des Innern zum Informationsfreiheitsgesetz vom 21.11.2005 - V 5a - 130250 -, GMBl. 2005 S. 1346; Scheel, in: Berger/Roth/Scheel, Informationsfreiheitsgesetz, 2006, § 1 Rdnr. 4 ff.). Insbesondere besteht dieser, ohne dass - wie z. B. von § 29 Abs. 1 VwVfG für die Akteneinsicht bei Behörden gefordert - ein rechtliches oder berechtigtes Interesse geltend zu machen ist (BT-Drucksache 15/4493, S. 6 zur Zielsetzung des Gesetzes). Da der Anspruch voraus-setzungslos ist, und kein rechtliches oder berechtigtes Interesse geltend zu machen ist, kann das Ziel des Klägers hier auch nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden.

Der dem Grunde nach voraussetzungslose Informationsanspruch besteht jedoch nicht, wenn es zum Schutz besonderer öffentlicher Belange erforderlich ist, diesen zurücktreten zu lassen (vgl. dazu auch Rossi, IFG, § 1 Rdnr. 27). In § 3 IFG sind bestimmte Fallkonstellationen geregelt, in denen der Informationszugang von einer Behörde des Bundes oder einer mit der Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben betrauten anderen Stelle (vgl. § 1 Abs. 1 S. 3 IFG) verweigert werden darf. Weitere Ausnahmevorschriften enthalten die §§ 4 bis 6 IFG.

§ 3 IFG regelt Ausnahmen vom Zugang zu Informationen. Diese Vorschrift ist eng auszulegen und zudem obliegt es der um Information ersuchten Behörde darzulegen, aus welchen Gründen ausnahmsweise der Informationszugang zu verwehren ist (vgl. BT-Drucksache 15/4493, S 9 linke Spalte; Roth, in Berger u. a., IFG, § 3 Rdnr. 17; Rossi, IFG, § 3 Rdnr. 2; Jastrow/Schlatmann, Informationsfreiheitsgesetz, 2006, § 3 Rdnr. 4). Allerdings ist in diesem Zusammenhang auch zu beachten, dass es denkgesetzlich nicht zwingend geboten ist, das Vorliegen einer Ausnahme von der Regel nach rein quantitativen Maßstäben zu bestimmen. Vielmehr hat in jedem Einzelfall eine qualitative Betrachtung zu erfolgen, die es nicht von vornherein ausschließt, dass sogar in der Mehrzahl der Fälle eine Ausnahme von der Regel in Betracht kommen kann (VG Frankfurt am Main, Urteil vom 23.01.2008; Az.: 7 E 3280/06(V), unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10/07, NVwZ 20008, 326 Rdnr. 26 zur vergleichbaren Problematik im Ausländerrecht).

Entgegen der Ansicht der Beklagten liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Nr. 1 d IFG nicht vor. Wie die Kammer bereits in ihrem Urteil vom 23.01.2008 (Az.: 7 E 3280/06(V) ausgeführt hat, wurde bei der Verabschiedung des Informationsfreiheitsgesetzes in Kenntnis u. a. der der Beklagten übertragenen und für das Gemeinwesen wichtigen Aufgaben der Finanzaufsicht keine umfassende oder partielle Bereichsausnahme vorgesehen. Vielmehr hat der Gesetzgeber die im Informationsfreiheitsgesetz insbesondere in den §§ 4-6 IFG vorgesehenen weiteren Vorkehrungen zum Schutz öffentlicher und privater Interessen als ausreichend erachtet, um u. a. die Funktionsfähigkeit der Beklagten zu erhalten. Von der Beklagten wurde nicht in überzeugender Weise dargetan, inwieweit im zu entscheidenden konkreten Fall eine vollständige oder partielle Freigabe der vom Kläger begehrten Informationen geeignet wäre, sich nachteilig auf die Funktionsfähigkeit der Beklagten auszuwirken. Die Beklagte hätte substantiiert darlegen müssen, welche Akteninhalte aus welchen Gründen zwingend nicht freigegeben werden können. Ein Verweis auf nicht von vornherein auszuschließende abstrakt gegebene nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtsausgaben der Beklagten reichen demgegenüber nicht aus, um dem Kläger den begehrten Informationszugang zu verwehren.

Der Anspruch auf Informationszugang ist hier jedoch nach § 3 Nr. 1 a IFG ausgeschlossen, weil die Bekanntgabe des Inhalts der Behördenakten insoweit, als dort der Schriftverkehr zwischen der niederländischen Aufsicht und der Beklagten enthalten ist, nachteilige Auswirkungen auf internationale Beziehungen haben könnte. Hier ist zunächst fraglich, ob § 3 Nr. 1 a IFG einschlägig ist.

Geschützt werden sollen - nach der Gesetzesbegründung - die auswärtigen Belange der Bundesrepublik Deutschland und das diplomatische Vertrauensverhältnis zu ausländischen Staaten, zwischen- und überstaatlichen Organisationen. Typischerweise erfasst sind davon Fragen im Bereich des Auswärtigen Amtes, allerdings können auch andere, insbesondere oberste Bundesbehörden internationale Belange geltend machen (vgl. Jastrow/Schlatmann, § 3 Rdnr. 24). Da es sich bei der Beklagten um eine obere Bundesbehörde handelt, wäre sie danach vom Schutzbereich des § 3 Nr. 1 a IFG nicht erfasst. Die kann jedoch dahinstehen, da der Anspruch auf Informationszugang hier nach § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 9 Abs. 1 S. 8 KWG ausgeschlossen ist. Nach § 9 Abs. 1 S. 8 KWG dürfen Informationen, die aus einem andern Staat stammen, nur mit ausdrücklicher Zustimmung der zuständigen Stelle, die diese Informationen mitgeteilt hat und nur für solche Zwecke an eine andere Stelle weitergegeben werden, wenn die (ausländische) Ausgangsstelle dem zugestimmt hat. Hier enthält der Schriftverkehr mit der niederländischen Aufsicht Informationen aus einem ausländischen Staat. Eine ausdrückliche Zustimmung zur Weitergabe der Informationen hat die niederländische Aufsicht nicht erteilt.

Das gleiche ergibt sich aus § 7 Abs. 4 S. 5 WpHG i. V. m. § 7 Abs. 4 S. 3 WpHG, wonach eine anderweitige Verwendung der Informationen nur mit Zustimmung der übermittelnden Stelle zulässig ist, die hier nicht vorliegt bzw. ausdrücklich nicht erteilt wurde.

Es bestand auch keine Pflicht der Beklagten, die Stellungnahme der ausländischen Aufsicht einzuholen.

Nach § 8 Abs. 1 IFG gibt die Behörde einem Dritten, dessen Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben kann. Wer Dritter ist, richtet sich nach § 2 Satz 1 Nr. 2 IFG (vgl. BT-Drucksache 15/4493 S. 15). Dritter nach § 2 Satz 1 Nr. 2 IFG ist jeder, dessen in §§ 5, 6, 8 IFG genannten Rechte durch den Informationszugang berührt werden könnten (so BT-Drucksache 15/4493, S. 9). Die Vorschriften der §§ 5, 6 und 8 IFG betreffen den Schutz personenbezogener Daten, den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und den Schutz des geistigen Eigentums. Die Beklagte musste daher der niederländischen Aufsicht nicht schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme geben.

Die Beklagte hat sich vorliegend zu Recht auf den Ausschlusstatbestand des § 3 Nr. 4 IFG gestützt. Nach dieser Vorschrift besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderem Amtsgeheimnis unterliegt.

Im vorliegenden Verfahren beruft sich die Beklagte auf § 9 Abs. 1 KWG. Nach dieser Vorschrift dürfen die bei der Beklagten Beschäftigten und die nach § 4 Abs. 2 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz beauftragten Personen die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse des Instituts oder eines Dritten liegt, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, nicht unbefugt offenbaren oder verwerten, auch wenn sie nicht mehr im Dienst sind oder ihre Tätigkeit beendet ist (S.1).

Nach Satz 4 dieser Vorschrift liegt ein unbefugtes Offenbaren oder Verwerten i. S. des Satzes 1 insbesondere nicht vor, wenn Tatsachen weitergegeben werden an Strafverfolgungsbehörden oder für Straf- und Bußgeldsachen zuständige Gerichte (Nr. 1), an Kraft Gesetzes oder im öffentlichen Auftrag mit der Überwachung von Instituten, Investmentgesellschaften, Finanzunternehmen, Versicherungsunternehmen, der Finanzmärkte oder des Zahlungsverkehrs betraute Stellen sowie von diesen beauftragte Personen (Nr. 2), mit der Liquidation oder dem Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Institutes befasste Stellen (Nr. 3), an mit der gesetzlichen Prüfung der Rechnungslegung von Instituten oder Finanzunternehmen betraute Personen sowie Stellen, welche die vorgenannten Personen beaufsichtigen (Nr. 4), an eine Einlagensicherungseinrichtung oder Anlegerentschädigungseinrichtung (Nr. 5), an Wertpapier- oder Terminbörsen (Nr. 6) sowie an Zentralnotenbanken (Nr. 7), soweit diese Stellen die Informationen zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.

Die in § 9 Abs. 1 KfWG geregelte Verschwiegenheitspflicht richtet sich nicht nur an die bei der Beklagten beschäftigten natürlichen oder an die von ihr beauftragten Personen. Vielmehr entspricht es Sinn und Zweck dieser Regelung, dass sich die Verschwiegenheitspflicht auch an die Beklagte als Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. § 1 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz vom 22.4.2002, BGBl. I S. 1310) selbst richtet. Denn es ist nicht nachvollziehbar, warum Bedienstete der genannten Verschwiegenheitspflicht unterliegen sollen, nicht aber die Behörde selbst. Sinn und Zweck der Regelung gebieten dieses Verständnis (vgl. RegBegr. zur 4 KWG-Novelle, BT-Drs 12/3377 betreffend § 8 Abs. 1 KWG a. F. (€Schweigepflicht für Personen und Stellen€); Bähre/Schneider, KWG , § 9 Anmerkung 2, Reischauer/Kleinhans, KWG, § 9 Rdnr. 6, 8, 25; a. A.: Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG, § 9 Rdnr. 1, 18 mit Hinweisen auf § 30 VwVfG).

Bestätigt wird dies durch die Regelungen über die Aufgaben und die Zusammenarbeit nach § 4 Abs. 2 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz, wonach die Beklagte (und nicht die bei ihr beschäftigten Personen) mit anderen Stellen im In- und Ausland nach Maßgabe der in § 4 Abs. 1 FindAG genannten Gesetze und Bestimmungen zusammenarbeitet. Dies bezieht sich ersichtlich auch auf das Offenbaren bestimmter Erkenntnisse nach § 9 Abs. 1 S. 4 KWG.

Mit dem Informationsfreiheitsgesetz sind die bereichsspezifischen Verschwiegenheitsvorschriften, wie die z. B. in § 9 KWG enthalten sind, nicht außer Kraft gesetzt worden. Vielmehr setzt der Gesetzgeber die entsprechenden Vorschriften als gegeben voraus, so dass sich der Geheimnisschutz €durch die entsprechenden materiell-rechtlichen Vorschriften in den jeweiligen Spezialgesetzen selbst€ bestimmt und sich Art und Umfang des Geheimnisschutzes je nach Rechtsgebiet unterscheiden (BT-Drucksache 15/4493, S. 11 zu § 3 Nr. 4).

Es handelt sich bei der gemäß § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 9 KWG zu wahrenden Verschwiegenheitspflicht nicht um den Ausfluss eines besonderen Amtsgeheimnisses. Der Gesetzgeber hat sich bei der Ausgestaltung des § 3 Nr. 4 IFG an der hergebrachten Regelungssystematik in anderen Gesetzen orientiert und zwischen allgemeinen Verschwiegenheitspflichten auf der einen und einem zu wahrenden Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis differenziert (vgl. z. B. § 1 Abs. 3 S. 2 BDSG, § 23 Nr. 3 BVerfSchG). Zu den besonderen Amtsgeheimnissen zählen u. a. das Steuergeheimnis i. S. des § 30 AO, das Sozialgeheimnis i. S. des § 35 SGB I, das Statistikgeheimnis i. S. des § 16 Abs. 1 BStatG, das Meldegeheimnis i. S. des § 5 Abs. 1 MRRG sowie das Beratungsgeheimnis i. S. des § 43 DRiG (vgl. Miedbrodt, in: Roßnagel [Hrsg.], Handbuch Datenschutzrecht, München 2003, S. 718 Rdnr. 5; Gola/Schomerus, BDSG, 7. Aufl. 200, Rdnr. 25; § 1 Anm. 7.3; vgl. auch Walt, in: Simitis [Hrsg], Bundesdatenschutzgesetz, 6. Aufl. 2006, § 1 Rdnr. 176 unter Verweis auf den Wortlaut des § 1 Abs. 3 S. 2 BDSG, der zwischen gesetzlichen Geheimhaltungsvorschriften und Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, differenziert). In der amtlichen Begründung zum Informationsfreiheitsgesetz werden neben dem Steuer-, Sozial-, Statistik- und Adoptionsgeheimnis die ärztliche und die anwaltliche Schweigepflicht als €besonders wichtige Geheimnistatbestände€ bezeichnet (BT-Drucksache, 15/4493, S. 11 zu § 3 Nr. 4). Demgegenüber seien gesetzliche Geheimhaltungsregelungen z. B. im Bundesverfassungsschutzgesetz, im Bundesnachrichtendienstgesetz, im Sicherheitsüberprüfungsgesetz, in der Strafprozessordnung, im Ordnungswidrigkeitengesetz, im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie im Bundesbank- und Kreditwesengesetz enthalten. Diese differenzierende Auflistung belegt, dass der Gesetzgeber bewusst zwischen besonderen und allgemeinen Verschwiegenheitspflichten unterschieden hat, wie dies letzten Endes auch im Wortlaut des § 3 Nr. 4 IFG zum Ausdruck kommt (vgl. auch Jastrow/Schlatmann, § 3 Rdnr. 87 f.; Roth, in: Berger u. a., § 3 Rdnr. 125 ff.). Somit sind die in § 9 KWG oder in § 8WpHG normierten Verschwiegenheitspflichten bereichsbezogener konkretisierter Ausdruck der allgemeinen Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, wie sie sich z. B. auch aus § 61 BBG ergibt.

Diese allgemeinen Verschwiegenheitspflichten gelten absolut und sind einer Relativierung nicht zugänglich. Anders als in §§ 8 und 9 des Umweltinformationsgesetzes vom 22.12.2004 /BGBl. I S. 3704) hat der Gesetzgeber es unterlassen, in das Informationsfreiheitsgesetz eine Abwägungsklausel aufzunehmen, nach der auch bei zu wahrenden schutzwürdigen öffentlichen oder privaten Belangen ein Informationsanspruch besteht, sofern das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.

§ 9 KWG schützt insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse von Kreditinstituten die Bankgeschäfte betreiben, sowie die geschäftlichen oder privaten Geheimnisse von Dritten, in erster Linie Kunden des Institutes, mit denen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (vormals das Bundesaufsichtsamt) im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit in Berührung kommen. Dritte i. S .d. Vorschrift sind neben den Kunden des Institutes auch deren Geschäftsleiter, Organmitglieder, Mitarbeiter des Institutes und sonstige Personen, über die die zur Geheimhaltung verpflichteten Personen Informationen erhalten haben (KWG; Komm.; Boos, Fischer, Schulte-Mattler; 2. Aufl 2004 § 9 Rdnr. 8). Es ist notwendig, dass das Interesse dieser Personen objektiv betrachtet berührt ist und die Geheimhaltung von dieser Person gewollt ist. Unerheblich ist das Interesse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (KWG; Komm.; Boos, Fischer, Schulte-Mattler; KWG Komm; a. a. O.).

Die in § 9 KWG normierte Verschwiegenheitspflicht ist drittbezogen. Sie ist im Interesse der beaufsichtigten Institute und ihrer Kunden zu wahren. Demgegenüber erfasst der Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht sämtliche Erkenntnisse, die bei der Beklagten im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit anfallen. Ein solches Rechtsverständnis hätte zwangsläufig zur Folge, dass die Beklagte von jeglichen Informationsansprüchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz freigestellt wäre. Dies liefe aber auf eine vom Gesetzgeber - wie ausgeführt - nicht gewollte Bereichausnahme hinaus. Tatsachen, deren Geheimhaltung allein im Interesse der Beklagten selbst liegen, werden von der Verschwiegenheitspflicht des § 9 KWG nicht erfasst (vgl. Lindemann, in: Boss u. a., § 9 Rdnr. 8; Samm, in: Beck/Samm, § 9 KWG Rdnr. 37). Ob ein Ausschluss vom Anspruch auf Informationszugang besteht, beurteilt sich insoweit abschließend nach den §§ 3 bis 6 IFG.

Aus dem Vorstehenden folgt, dass ein Informationsanspruch gegenüber der Beklagten nach § 1 IFG auch dann besteht, wenn der Schutzzweck des § 9 KWG (oder z. B. des § 8 WpHG) eine Geheimhaltung nicht oder nicht mehr gebietet.

Zudem kann in besonderen außergewöhnlichen Ausnahmefällen ein Vertrauen in die von der Aufsichtsbehörde grundsätzlich zu wahrende Verschwiegenheit entfallen, wenn ein solches Vertrauen nicht mehr schützenswert ist. Ein solcher Sachverhalt kann dann gegeben sein, wenn der eigentliche Geschäftszweck eines Kreditinstitutes darin besteht, kontinuierlich gegen geltendes Recht, insbesondere gegen schwerwiegende Straftatbestände, zu verstoßen und auf diese Weise flächendeckend seine Kunden zu betrügen und zu schädigen. Insoweit dürfte sich die Beklagte nicht auf die Verschwiegenheitspflicht nach § 8 KWG berufen, da ein schützenswertes Vertrauen des beaufsichtigten Kreditinstitutes nicht bestünde. Eine solche Fallkonstellation ist jedoch im vorliegenden Rechtsstreit nicht gegeben. Vielmehr sind die Klagen - gegen die H AG und die E AG - laut unbestrittenem Vortrag der Beklagten zivilgerichtlich rechtkräftig ablehnend entschieden worden.

Die Beklagte ist, soweit sie sich auf die ihrer Ansicht nach zu wahrenden Verschwiegenheitspflicht nach § 9 KWG bezieht, darlegungspflichtig, ob einer der Gründe gegeben ist, der es rechtfertigt, die von dem Kläger begehrte Information zu verweigern. Diesem Darlegungserfordernis wird nicht durch einen abstrakt-pauschalen Verweis auf schützenswerte Belange der Beklagten selbst oder Dritter genügt. Vielmehr obliegt es der Beklagten, einzelfallbezogen und hinreichend substantiiert vorzutragen, welche Umstände einem Informationszugang konkret entgegenstehen. Dieser Vortrag muss geeignet sein, dem Gericht die erforderliche Überzeugungsgewissheit zu vermitteln, dass berechtigte Gründe vorliegen, um die begehrte Information ganz oder teilweise zu verweigern. Hier hat die Beklagte berechtigte Gründe vorgetragen, wonach die begehrten Informationen teilweise zu verweigern sind, nämlich soweit Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und personenbezogene Daten Dritter betroffen sind.

Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden - so das Bundesverfassungsgericht unter Verweis auf einschlägige Literatur (Beschl. v. 14.3.2006 - 1 BvR 2087/03 u. a., BVerfGE 115, 205 Rdnr. 87 = NVwZ 2006, 1041) - alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenztem Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Zu derartigen Geheimnissen werden etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können.

Der so verstandene und vom Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG gebotene Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.3.2006 - 1 BvR 2087/03 u. a., BVerfGE 115, 205 Rdnr. 81 ff. = NVwZ 2006, 1041) liegt auch dem Informationsfreiheitsgesetz zu Grunde und hat Eingang in § 6 IFG gefunden (vgl. auch BT-Drucksache 15/4493, S. 14). Es ist nicht Sinn dieses Gesetzes, den überkommenen Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses aufzuweichen und über den in § 1 Abs. 1 IFG verbürgten allgemeinen und voraussetzungslosen Informationsanspruch beispielsweise Konkurrenten oder sonstigen Dritten einen Einblick in betriebliche Interna zu gewähren. Hierauf wird in der Amtlichen Begründung zu dem Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG ausdrücklich abgestellt, wonach ein Anspruch auf Informationszugang nicht besteht, wenn das Bekanntwerden einer Information nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtsaufgaben u. a. der Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden haben kann. Eine solche nachteilige Auswirkung würden den Gesetzgebungsmaterialien nach bestehen, wenn durch eine Informationsfreigabe der Wettbewerb zwischen den Unternehmen behindert oder verfälscht würde (BT-Drucksache 15/4493, S. 9).

Die Beklagte hat qualifiziert mitgeteilt, dass sich bei denen vom Kläger mit seinem Hauptantrag begehrten Unterlagen Schriftstücke befinden, deren Inhalt der Verschwiegenheitspflicht nach § 9 KWG unterliegt. So enthalten nach dem Vortrag der Beklagten diese Schriftstücke Informationen zu den atypisch und typisch stillen Beteiligungsverträgen, zu Korrespondenzen, Besprechungen und Protokollen mit Geschäftsführern der H AG und der E AG, mit anwaltlichen Vertretern und Treuhändern der Unternehmen. Weiter sind Namen und Adressen, also private Daten tausender von Anlegern und damit schützenswerte personenbezogene Daten im Sinne des § 9 Abs. 1 KWG betroffen.

Da die Beigeladene in eine Preisgabe der in den einschlägigen Behördenakten der Beklagten befindlichen und sie betreffenden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht eingewilligt hat, ist insoweit dem Kläger der Informationszugang zu verwehren (§ 6 IFG). Die Beigeladenen waren spätestens mit der Beiladung im vorliegenden Verfahren über das Begehren des Klägers in Kenntnis gesetzt und haben sich nicht geäußert. Äußert sich der Dritte nicht, darf die Behörde die Informationen nicht zugänglich machen, da eine Fiktion der Einwilligung, insbesondere durch Schweigen, gesetzlich nicht vorgesehen ist (vgl. Rossi, IFG Handkommentar, 1. Auflage 2006, § 8 Rdnr. 22).

Was eine mögliche Einwilligung anging, waren die Beigeladenen hierfür auch die zuständigen Rechtsträger, da sich die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse auf die Konkursmasse beziehen.

Nach allgemeinen konkurs- bzw. insolvenzrechtlichen Grundsätzen geht durch die Eröffnung des Konkursverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Konkursmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Konkurs- bzw. nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung auf den Insolvenzverwalter über. Der Konkursverwalter wird durch seine Bestellung nicht Organ der Gesellschaft. Nach der namentlich von der Rechtsprechung vertretenen Amtstheorie (Urteil vom 04.07.1969 - BVerwG 7 C 53.68 - 315, 321; BGH, Urteil vom 14.04.1987 - IX ZR 260/86 - BGHZ 100, 346, 351) wird der Konkursverwalter als Inhaber eines privaten Amtes und Rechtspflegeorgan angesehen. Er vertritt nicht den Schuldner, sondern hat im Bezug auf die Konkursmasse ein Amt inne, kraft dessen er über die Konkursmasse verfügt, wozu das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehörende und das während des Verfahrens erlangte Vermögen einschließlich der Geschäftsbücher gehört. Die Konkursmasse dient der Befriedigung der persönlichen Gläubiger des Schuldners, die einen zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben, wozu geldwerte Leistungen gehören (vgl. BAG, Urteil vom 23.06.2004 - 10 AZR 495/03 - ZIP 2004, 1974 = BB 2004, 2526, 2527).

Die die Geschäftsgeheimnisse der H AG und der E AG enthaltenden Unterlagen, deren Herausgabe der Kläger begehrt, betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen, welches Vermögenswerte der Konkursmasse darstellt, über welche der Konkursverwalter ausschließlich verfügungsberechtigt ist. Zu derartigen Geheimnissen werden nämlich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 14.03.2006, a. a. O.) etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit,

Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können. Die Frage, ob die vom Kläger begehrten Informationen die Konkursmasse konkret mehren oder mindern, mithin geldwerte Leistungen enthalten, kommt es nicht an. Mangels Einführung eines In-Camera Verfahrens im Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes (vgl. BT-Drucksache 15/4493, S. 16, Jastrow/Schlatmann, § 9 Rdnr. 46 ff.) steht dem Gericht keine entsprechende Prüfungskompetenz zu, welche konkreten geldwerten Geheimnisse die Konkursmasse enthält. Es ist vielmehr ein abstrakter Maßstab anzulegen, was unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesver-fassungsgerichts zu den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu zählen ist, bzw. ob das vornehmlich darunter fallende kaufmännische Wissen auf Grund seines vermögenswerten Charakters abstrakt Massebezug hat, was vorliegend zu bejahen ist.

Bei der Preisgabe einschlägiger Informationen hat die Beklagte zudem darauf zu achten, dass personenbezogene Daten geschützt werden. Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (§ 3 Ab s. 1 BDSG). Diese unterliegen dem Grundsatz nach auch der Verschwiegenheitspflicht des § 9 Abs. 1 KWG. Allerdings bestimmt § 5 Abs. 1 S. 1 IFG, dass der Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden darf, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Einer ausdrücklichen Einwilligung des Dritten bedarf es gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 IFG hinsichtlich besonderer Arten personenbezogener Daten i. S. des § 3 Abs. 9 BDSG. Dies sind im vorliegenden Zusammenhang eher nicht einschlägige Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben. Sofern sich entsprechende Daten in dem der Beigeladenen betreffenden Behördenvorgang befinden sollten, unterlägen diese im Rahmen der Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes einer absoluten Sperre.

Die entsprechende Beurteilung, was konkret vom Einsichtsrecht ausgenommen ist, da dem Kläger nur ein eingeschränkter Anspruch auf Akteneinsicht zusteht, hat allein die Beklagte vorzunehmen. Mangels Einführung eines in In-Camera-Verfahrens im Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes (vgl. BT-Drucksache 15/4493, S. 16, Jastrow/Schlatmann, § 9 Rdnr. 46 ff.) steht dem anerkennenden Gericht keine entsprechende Prüfungskompetenz zu.

Soweit dem Kläger dem Grunde nach in eingeschränktem Umfang Akteneinsicht zu gewähren ist (siehe oben), steht dem Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 2 S. 1 2. Halbsatz IFG entgegen. Die Beklagte kann sich mit Erfolg darauf berufen, dass der vom Kläger insoweit begehrte Informationszugang einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand auslösen würde (vgl. hierzu §§ 1 Abs. 2 S. 3, 7 Abs. 2 S. 1 2. Halbsatz IFG) § 7 Abs. 2 S. 1 IFG stellt klar, dass ein Zugangsantrag nicht schon deshalb vollständig abgelehnt werden darf, weil er zum Teil auf geheimhaltungsbedürftige Informationen gerichtet ist. Dem Antrag muss in solche Fällen vielmehr jedenfalls dann und in dem Umfang stattgegeben werden, wie die geheimhaltungsbedürftigen Informationen von den zugänglichen Informationen ausgesondert werden können (Rossi, § 7 Rdnr. 27).

Zum Schutz der Behörde steht die teilweise Stattgabe unter dem Vorbehalt, dass die Aussonderung der geheim zu haltenden Informationen keinen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erfordert. Die Anforderungen an die Schutzklausel dürfen im Interesse der grundsätzlichen Informationszugangsfreiheit nicht zu niedrig gestellt werden. Ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand besteht aber beispielsweise in Fällen, in denen die Behörde zur Beantwortung einer einzelnen Frage mehrere Aktenordner Seite für Seite durchblättern müsste (Rossi, § 7 Rdnr. 30).

Auch hier kann das Gericht mangels Einführung eines In-Camera-Verfahrens im Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes (vgl. BT-Drucksache 15/4493, S. 15 Jastrow/Schlatmann, § 9 Rdnr. 46 ff.) nur die unbestrittenen Angaben der Beklagten zugrunde zu legen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Anträge des Klägers auf Zeiträume seit dem Jahr 1991 bis 2006 erstrecken.

Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, dass der gesamte Aktenbestand über die Beigeladene in dem genannten Zeitraum insgesamt 62 Bände mit geschätzten 9.520 Seiten umfasst. Die vom Kläger begehrten Informationen wären nach entsprechender Durchsicht des Gesamtbestandes zu separieren und anschließend die geheimhaltungsbedürftigen Informationen, insbesondere Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie personenbezogene Daten Dritter, zu schwärzen. Die Separierung der begehrten Information wäre mit einem erheblichen Personal- und Zeitaufwand verbunden. Dieser Zeit- und Personalaufwand liegt darin, dass im Anschluss an die Durchsicht des gesamten Aktenbestandes und die Separierung der für das Antragsbegehren relevanten Aktenbestände, die darin enthaltenen Dokumente zunächst kopiert und dann Seite für Seite, Satz für Satz und Wort für Wort auf eine mögliche Geheimhaltungsbedürftigkeit durchgesehen werden müssten. Für jeden Fall wäre zu prüfen und zu entscheiden, welche Ausnahmetatbestände einschlägig sind. Anschließend wäre die betreffenden Informationen zu schwärzen. Dabei wäre darauf zu achten, dass sich aus der jeweiligen Begründung weder Rückschlüsse auf die geschützten Informationen ziehen ließen noch dass die zu offenbarenden Informationen verfälscht würden. Schließlich wären die betreffenden Seiten erneut zu kopieren um sicherzustellen, dass die geschwärzten Stellen nicht doch lesbar sind.

Dieser von der Beklagten geschilderte Verwaltungsaufwand zur Sicherstellung eines teilweisen Informationszugangs übersteigt auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Anforderungen an diese Schutzklausel zu Gunsten der Behörde im Interesse der grundsätzlichen Informationszugangsfreiheit nicht zu niedrig gestellt werden dürfen, dass, was von einer Behörde mit angemessenem Personal- und Zeitaufwand geleistet werden kann.

Die Prüfung weiterer Ausnahmetatbestände ist entbehrlich, da bereits nach § 7Abs. 2 S. 1 IFG der Informationszugang zu Recht auch teilweise nicht zu gewähren ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Beigeladenen sind in die Kostentragungspflicht nicht einzubeziehen, da sie keinen Antrag gestellt haben und damit kein Kostenrisiko eingegangen sind (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 161 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Zulassung der Sprungrevision beruht auf § 134 VwGO i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Daher ist auch die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.






VG Frankfurt am Main:
Urteil v. 05.12.2008
Az: 7 E 1780/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/823a4c694b3b/VG-Frankfurt-am-Main_Urteil_vom_5-Dezember-2008_Az_7-E-1780-07




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