Amtsgericht Hamburg-Mitte:
Urteil vom 12. August 2010
Aktenzeichen: 33A C 309/09
(AG Hamburg-Mitte: Urteil v. 12.08.2010, Az.: 33A C 309/09)
Tenor
1. Das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 15.02.2010 (Az. 33a C 309/09) wird aufrechterhalten.
2. Die Klägerin hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.
Tatbestand
Von der Abfassung eines Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
Gründe
Nach Fortsetzung des Verfahrens wegen der klägerseitigen Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist die Entscheidung vom 15.02.2010 aufrechtzuerhalten.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung der anwaltlichen Vergütung für die ausgesprochene Abmahnung nicht zu. § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG verlangt hierfür, dass es sich um "erforderliche Aufwendungen" handelt. Dies ist nicht der Fall. Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung zum Az. I ZR 2/03 vom 06.05.2004 (z.B. NJW 2004, 2448) ausgeführt, dass Abmahnkosten unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag nur zu erstatten sind, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Dies gelte auch für die Kosten der Beauftragung eines Rechtsanwalts. Die Beurteilung der Notwendigkeit habe sich vor allem an dem Gesichtspunkt zur Orientierung zu orientieren, die Aufwendungen für eine Abmahnung möglichst niedrig zu halten. Die gleichen Erwägungen gelten auch im Rahmen des § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG für die Beurteilung der Frage, ob Aufwendungen erforderlich sind.
In der genannten Entscheidung hat der BGH sodann wie folgt ausgeführt:
"Aber auch unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten ist danach zu fragen, ob die eingesetzte Maßnahme - hier die Selbstbeauftragung - aus der Sicht des Geschädigten zur Schadensbeseitigung erforderlich war (BGHZ 127, 348, 352). Auch wenn es sich um ein - hier zu unterstellendes - die Kläger schädigendes schuldhaftes wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten handelte, muss doch die Einschaltung eines Rechtsanwalts von der Sache her erforderlich sein. Allein die zeitliche Inanspruchnahme des Geschädigten durch die Schadensbearbeitung kann nicht ausreichen, um die Erstattungsfähigkeit der Kosten aus der Beauftragung des Rechtsanwalts zu begründen (BGHZ 127, 348, 352). Es ist vielmehr jeweils zu prüfen, ob der Geschädigte im einzelnen Schadensfall die Heranziehung eines Rechtsanwalts für erforderlich halten durfte, was in einfach gelagerten Fällen in der Regel zu verneinen sein wird (BGHZ 127, 348, 352).
2. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Abmahnung eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht ist dann nicht notwendig, wenn der Abmahnende selbst über eine hinreichende eigene Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung eines unschwer zu erkennenden Wettbewerbsverstoßes verfügt."
Diese Grundsätze geltend auch für den hier zur Entscheidung stehenden Fall. Der Geschäftsführer der Klägerin hat als promovierter Rechtsanwalt zweifelsfrei eine hinreichende eigene Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Dies folgt bereits aus der allgemeinen Qualifikation als Volljurist. Darüber hinaus wird es aber auch dadurch deutlich, dass es gerade die Kanzlei des Geschäftsführers ist, die als Prozessbevollmächtigte die Rechtsverfolgung im streitigen Fall übernommen hat. Schließlich dürfte die Sachkunde des Geschäftsführers außer Zweifel stehen, da er - wie unstreitig vom Beklagtenvertreter vorgetragen - seine Doktorarbeit gerade zum Thema "Missbrauch der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung im Bereich des Internet" verfasst hat. Dass es sich bei dem hier in Rede stehenden urheberrechtlichen Verstoß um einen unschwer zu erkennenden Verstoß handelt, folgt bereits aus den Ausführungen der Klägerin. Dass die Begründung des nunmehr aufrechterhaltenen Urteils in eine anderen Richtung, also die einer möglicherweise nicht völlig eindeutigen Rechtslage, deutete, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Urteilsbegründung basiert, darauf hatte das Gericht bereits schriftlich hingewiesen, auf einem gerichtlichen Missverständnis des Sachverhalts.
Eine andere rechtliche Beurteilung lässt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.05.2008 (Az. I ZR 83/06, beispielsweise NJW 2008, 2651) herleiten. In dieser Entscheidung bezeichnet der Bundesgerichtshof die zuvor genannte und teilweise zitierte Entscheidung als diejenige einen Sonderfall betreffend. Dieser Sonderfall wurde vom Bundesgerichtshof insbesondere darin gesehen, dass es sich um eine Selbstbeauftragung durch einen Rechtsanwalt handelte, der von einem Wettbewerbsverstoß persönlich betroffen war. Um einen solchen Sonderfall handelt es sich letztlich jedoch auch hier, wenn der Geschäftsführer der Klägerin - was bestritten ist, hier aber zugunsten der Klägerin unterstellt wird - Urheber des streitigen Textes ist. Der Tatsache, dass der Geschäftsführer der Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem streitgegenständlichen Rechtstext auf die Klägerin als GmbH & Co. KG übertragen hat, kann hier keine abweichende Beurteilung abgeleitet werden, wenn der Urheber - wie hier - wirtschaftlich alleiniger "Eigentümer" der zwischengeschalteten Rechtsperson ist. Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung bereits darauf hingewiesen, dass es im Rahmen einer Online-Einsichtnahme in das Handelsregister festgestellt hat, dass der Geschäftsführer, Herr Dr. X, alleiniger Kommanditist der Klägerin sowie alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Klägerin ist.
Aus dem von der Vertreterin der Klägerin im Termin angeführten und überreichten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. Juli 2008 zum Az. I ZR 219/05 folgt ebenfalls keine abweichende Beurteilung. Die Entscheidung betrifft nicht den hier zur Entscheidung stehenden Sonderfall.
Nach alledem war die Entscheidung aufrechtzuerhalten. Die Berufung ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der streitigen Rechtsfrage, ob auch im Fall der Selbstbeauftragung bzw. der "Quasi-Selbstbeauftragung" unter Zwischenschaltung einer Gesellschaft, auf die die Nutzungsrechte übertragen wurden, die Erstattung der Abmahnkosten verwehrt bleibt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Vollstreckbarkeitsentscheidung folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
AG Hamburg-Mitte:
Urteil v. 12.08.2010
Az: 33A C 309/09
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