Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 24. März 2011
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 3/11

(BGH: Beschluss v. 24.03.2011, Az.: AnwZ (Brfg) 3/11)

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 1. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Rechtsanwaltszulassung wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Der dagegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

I.

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Der Kläger ist insoweit der Auffassung, der Anwaltsgerichtshof hätte die Berufung zulassen müssen, "weil die Rechtsfrage nicht entschieden ist, ob und inwieweit bei einem vom Vermögensverfall betroffenen Rechtsanwalt ein Entlastungsgrund vorliegt, wenn er den Versuch der Beitreibung der zum Ausgleich erforderlichen Mittel im Ausland versucht oder nicht".

Grundsätzliche Bedeutung kommt einem Rechtsstreit nur dann zu, wenn dieser eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. nur BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 261/02, BGHZ 154, 288, 291 mwN). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Die vom Kläger aufgeworfene Frage ist weder entscheidungserheblich noch klärungsbedürftig. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Vermögensverfall nach dieser Vorschrift ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (vgl. nur Senat, Beschluss vom 31. Mai 2010 - AnwZ (B) 27/09, ZInsO 2010, 1380 Rn. 4 mwN). Diese Voraussetzungen sind nach Maßgabe der vom Anwaltsgerichtshof im Tatbestand des angefochtenen Urteils getroffenen Feststellungen, die der Kläger auch nicht in Abrede stellt, unzweifelhaft gegeben.

Die Frage, ob es einen vom Vermögensverfall betroffenen Rechtsanwalt entlasten kann, wenn er versucht, die zum Ausgleich seiner Verbindlichkeiten erforderlichen Mittel - insoweit geht es nach der Behauptung des Klägers um ihm zustehende Honoraransprüche gegen ausländische Mandanten - im Ausland beizutreiben, stellt sich im vorliegenden Fall nicht. Denn der Kläger hat entsprechende Maßnahmen nicht vorgenommen. Im Übrigen kommt es auch nicht auf den Versuch der Beitreibung an, sondern darauf, dass bei geordneten Vermögensverhältnissen tatsächlich bestehende Honorarforderungen beizeiten erfolgreich durchgesetzt und rechtzeitig zur Tilgung von Schulden eingesetzt werden (vgl. Senat, aaO Rn. 7). Allein das (behauptete) Bestehen von Honoraransprüchen ändert am Vermögensverfall nichts, wenn diese - aus welchen Gründen auch immer - über einen längeren Zeitraum nicht befriedigt werden, der Rechtsanwalt mangels Einnahmen seinen Verbindlichkeiten nicht nachkommen kann und es deshalb zur Erwirkung von Schuldtiteln sowie Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn kommt.

2. Aus den vorstehenden Gründen ist - sollte der Vortrag des Klägers zu seinen ausländischen Honoraransprüchen dahingehend zu verstehen sein, dass er insoweit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend machen will - auch dieser Zulassungsgrund nicht gegeben. Der Kläger hat im Widerrufsverfahren, genauso wie im Übrigen in dem Verfahren auf Amtsenthebung als Notar, seit mehr als zwei Jahren immer wieder den unmittelbar bevorstehenden Eingang größerer Zahlungen aus dem Ausland angekündigt, die ihn befähigen würden, seine Verbindlichkeiten zu bezahlen. Dies ist nicht geschehen. Deshalb ist der Anwaltsgerichtshof zu Recht vom Vorliegen des Vermögensverfalls ausgegangen.

Soweit der Kläger in der Begründung seines Zulassungsantrags vom 3. Februar 2011 vorgetragen hat, er könne den Widerrufsgrund noch im laufenden Verfahren widerlegen, da die Gutschrift der aus dem Ausland erwarteten Überweisung "bis zum Ende der kommenden Woche erfolgt sein solle", kann dahinstehen, inwieweit eine Befriedigung der Gläubiger des Klägers bei der Entscheidung des Senats überhaupt noch Berücksichtigung finden könnte. Denn bis heute hat der Kläger den Eingang des behaupteten Honorars und die Schuldentilgung nicht nachgewiesen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Tolksdorf Roggenbuck Seiters Kappelhoff Stüer Vorinstanz:

KG Berlin, Entscheidung vom 01.12.2010 - I AGH 5/10 -






BGH:
Beschluss v. 24.03.2011
Az: AnwZ (Brfg) 3/11


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