Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. November 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 392/00
(BPatG: Beschluss v. 27.11.2002, Az.: 29 W (pat) 392/00)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Wortmarke
"HOMETECH"
ist für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 16: "Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse, Fotografien, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)" und der Klasse 41: Veranstaltung und Organisation von Messen, Ausstellungen, Seminaren und Kongressen" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 16. August 2000 die Anmeldung teilweise, nämlich für die Waren und Dienstleistungen "Druckereierzeugnisse, Fotografien, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Veranstaltung und Organisation von Messen, Ausstellungen, Seminaren und Kongressen" aus den Gründen des Beanstandungsbescheids vom 1. September 1999 wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen. Das angemeldete Zeichen wirke insoweit wie eine inhalts- und gegenstandsbeschreibende Angabe, die besage, dass es sich bei den beanspruchten Waren und Dienstleistungen um irgendwelche Publikationen und/oder Aktivitäten auf dem Gebiet der Haustechnik oder Haustechnologie handle.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin geltend, dass das Zeichen "HOMETECH" die erforderliche geringe Unterscheidungskraft aufweise. Die Bezeichnung sei ein lexikalisch nicht nachweisbarer Phantasiebegriff und kein gebräuchliches Wort der deutschen oder der englischen Sprache. Ein Produktbezug zu den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen bestehe nicht. Um diesen der Bezeichnung "HOMETECH" zuordnen zu können, seien gedankliche Schritte erforderlich. Dem Publikum erschließe sich erst im Zusammenhang, dass es sich um Erzeugnisse oder Veranstaltungen auf dem betreffenden Gebiet handle. Ein beschreibender Anklang sei daher allenfalls mittelbar gegeben, was aber für die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses nicht ausreiche. Schließlich verweist sie auf US-amerikanische Eintragungen des angemeldeten Begriffs für Möbel bzw. elektronische Geräte sowie solche Geräte betreffende Installationsdienstleistungen.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Im Beschwerdeverfahren hat sie die Beschwerde zurückgenommen, soweit die Anmeldung für die Waren "Druckereierzeugnisse, Fotografien, Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate)" zurückgewiesen worden war.
Der Senat hat seine Internetrecherche zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht, zu der die Anmelderin wie angekündigt nicht erschienen ist.
II Die zulässige Beschwerde hat bezüglich der noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen "Veranstaltung und Organisation von Messen, Ausstellungen, Seminaren und Kongressen" keinen Erfolg, da der angemeldeten Bezeichnung insoweit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1, § 37 Abs.1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die konkrete Eignung einer Marke, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Dabei nehmen die angesprochenen Verbraucher ein Zeichen in der Regel so auf, wie es ihnen entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen. Bei der Beurteilung ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Diese Unterscheidungskraft fehlt jedoch, wenn dem Zeichen ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache handelt, das vom Publikum - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH MarkenR 2001, 480 f - LOOK m.w.N.). Gemessen an diesen Maßstäben fehlt dem Zeichen "HOMETECH" die erforderliche Unterscheidungskraft.
Dass das angemeldete Zeichen in seiner Gesamtheit lexikalisch nicht nachweisbar ist, genügt für sich nicht zur Überwindung der Eintragungshindernisse. Denn auch noch nicht belegbare Wortschöpfungen können grundsätzlich einem Freihaltungsbedürfnis unterliegen bzw. nicht unterscheidungskräftig sein. Entscheidend ist dabei, ob - wie hier - eine im Vordergrund stehende Sachaussage der Wortfolge der Eignung des Zeichens, als Herkunftsmittel zu dienen, entgegensteht.
Der Begriff "Home" gehört mit seinen Bedeutungen "Heim, Haus" zum englischen Grundwortschatz (Langenscheidt, Grundwortschatz Englisch 1999). "Tech" ist eine gebräuchliche Abkürzung für "Technik, Techniker, Technologie" (vgl. DUDEN Wörterbuch der Abkürzungen) und im Deutschen durch den Begriff "High Tech" oder Hightech (z.B. Wahrig Deutsches Wörterbuch, DUDEN Fremdwörterbuch) allgemein bekannt. Die Geläufigkeit von "Tech" wird auch durch die Internetrecherche bestätigt, die sowohl eine Vielzahl von "Tech-"Verbindungen in Firmenbezeichnungen diverser Technologieunternehmen und -betrieben als auch in sonstigen technologie- oder technikbezogenen Verbindungen ergeben hat, z.B. in "TECH GATE VIENNA" für "Wiens modernsten Unternehmensstandort, das "tor zur technologie", "Tech-Info" für technische Produktinformationen (RME Intelligent Audio Solutions) oder die Internet-Adresse "www.kfztech.de" für eine Homepage mit Informationen zur Kfz-Technik. Dementsprechend wird das sprachregelgerecht wie "Hightech" oder "ecotech" (Öko-Technologie) gebildete Markenwort "HOMETECH" von den angesprochenen deutschen Abnehmerkreisen in seinem unmittelbaren wörtlichen Sinn als "Heimtechnik, Heimtechnologie, Haustechnik, Haustechnologie, Technik oder Technologie für das Haus/Heim" verstanden unbeschadet dessen, dass es kein korrekter englischer Begriff ist.
Die Wirtschaftsprache allgemein, in der Begriffe wie "business, office, meeting, global player, winwin-Situationen, B2B, shareholder value u.ä. alltäglich sind und die Sprache der Werbebranche sind vom Englischen dominiert. Für die sog. "Computersprache" oder "Internetsprache" gilt gleiches. Hier hat sich sogar ein spezieller Sprachgebrauch etabliert, der das Empfinden des Modernen, Fortschrittlichen vermittelt. Dies erleichtert es Marketingabteilungen und Werbeagenturen im allgemeinen, für z.T. Altbekanntes Anglizismen einzusetzen. Daneben sind auch Pseudo-Anglizismen entstanden. Begriffe existieren im Englischen nicht oder haben dort eine andere Bedeutung, werden aber von den Verbrauchern auf Grund ihrer Nähe zu ihrer jeweiligen Muttersprache, also auch zu deutschen Wörtern ohne weiteres verstanden (vgl. Tius Arnu, "Die deutsche Sprache gibt es gar nicht", SZ v. 23./24. Mai 1998; Konrad Lischka, "Barbies Fleisch", SZ v. 31. März/ 1. April 2001). Dies ist das sog. Denglisch oder Dinglish, Engleutsch und Germish oder Germisch (siehe auch Janos "Sorry, sprechen sie Denglisch€", www.yaez.de; www.wwwkurs.de "Wording, Denglisch & Co."; www.deutschesprachwelt.de "Was ist Engleutsch€"). Beispiele dafür sind Wörter wie "Oldtimer, Allrounder, Showmaster, Wellness oder Handy". Da die angesprochenen Verbraucher ein Zeichen nämlich regelmäßig so aufnehmen, wie es ihnen entgegentritt und es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterziehen, erhält ein neuer Anglizismus damit den Bedeutungsgehalt, der sich bei der ersten Begegnung ohne weiteres einem deutschsprachigen Verbraucher entsprechend deutschem Wortverständnis oder Wortbildungsgewohnheiten erschließt. Diese Sprachentwicklung in ihrem konkreten Gebrauch ist als sog. Pidgin-Englisch in weltweitem Maßstab bekannt und auch im Hinblick auf die streitgegenständliche Anmeldung zB an der Veranstaltung der Frankfurter Messe "houseware und hometech" zu erkennen. Weder "houseware" im Singular, noch "hometech" sind korrektes Englisch für "Haushaltswaren". Dennoch ist für die Verbraucher klar ersichtlich, womit sich die Messe befasst, nämlich sowohl mit Haushaltswaren als auch mit der Technik für Haus und Heim.
Insoweit ist hier aufgrund dieses speziellen deutschen Grundverständnisses des englischen Wortes auch die Entscheidung des EuGH zu Baby-Dry (GRUR 2001, 1145) nicht anwendbar.
Für die noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der "Veranstaltung und Organisation von Messen, Ausstellungen, Seminaren und Kongressen" besitzt "HOMETECH" mit den genannten Bedeutungen "Heimtechnik, Heimtechnologie, Haustechnik, Haustechnologie, Technik oder Technologie für das Haus/Heim" dementsprechend wegen der Nähe zum Gegenstand dieser Veranstaltungen einen im Vordergrund stehenden sachbeschreibenden Begriffsinhalt im Sinne einer Inhaltsangabe (vgl. BGH GRUR 2001, 1043 ff - Gute Zeiten Schlechte Zeiten). Dies folgt auch daraus, daß von der Anmelderin in Berlin und Köln eine internationale Hausgerätemesse "Home Tech" veranstaltet wird mit den Ausstellungsbereichen "Haushalts-Großgeräte, Küchen und Küchenmöbel und Einbaugeräte für Küchen, Haushaltskleingeräte, Zubehör und Bauteile für die genannten Geräte" (siehe Messebericht Home Tech Berlin 2002 der business network switzerland).
Aufgrund seines im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalts ist der angemeldete Begriff "HOMETECH" daher nicht geeignet, die vorliegend beanspruchten Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden.
Grabrucker Baumgärtner Richterin Pagenberg ist in Urlaub und kann daher nicht unterschreiben.
Grabrucker Cl/Ko
BPatG:
Beschluss v. 27.11.2002
Az: 29 W (pat) 392/00
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