Landgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 30. August 2005
Aktenzeichen: 4a O 332/04

(LG Düsseldorf: Beschluss v. 30.08.2005, Az.: 4a O 332/04)

Tenor

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin werden der Klägerin zu 55 %, den Beklagten zu 1) bis 4) zu 25 % und den Beklagten zu 7) bis 8) zu 20 % auferlegt.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) bis 4) tragen diese selbst. Die außergerichtliche Kosten der Beklagten zu 5) und 6) trägt die Klägerin, die zudem 20 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 7) und 8) trägt, welche im Übrigen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen

Gründe

Nachdem die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden, § 91a ZPO. Dies führt zur Auferlegung der Kosten wie aus dem Tenor ersichtlich, da ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses die Klage gegen die Beklagten zu 1) bis 4) begründet, gegen die Beklagten zu 5) und 6) unbegründet und gegen die Beklagten zu 7) und 8) zum Teil begründet war.

Da maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt bei schriftsätzlich erklärter Erledigung der Eingang der letzten Erklärung (Zöller/Vollkommer, ZPO 23. Aufl., § 91 a Rdnr. 25.) ist, es vorliegend mithin auf den 11.05.2005 (Eingang der Erledigungserklärung der Beklagten zu 7) und 8) bei Gericht) ankommt, bleibt die Entscheidung des Bundespatentgerichts vom 15.06.2005 (Az. 2 Ni 38/03), mit dem das Klagepatent für nichtig erklärt worden ist, bei der Beurteilung der Sach- und Streitlage außer Betracht.

1.

Die Klage gegen die Beklagten zu 1) bis 4) war begründet. Der Klägerin stand ein Unterlassungs-, Auskunfts-, Vernichtungs- und Schadenersatzanspruch gem. Art. 64 EPÜ, §§ 139 Abs. 1, 2, 10 Abs. 1, 140 a, 140 b PatG i. V. m. §§ 259, 830 BGB wegen mittelbarer Verletzung des europäischen Patents X gegenüber den Beklagten zu 1) bis 4) zu. Die beim Hauptzollamt X beschlagnahmten, für die Beklagte zu 1) bestimmten DVD-Player vom Typ "X", und vom Typ "X", verwirklichen nach dem unstreitigen Vortrag der Klägerin sämtliche Merkmale des Anspruchs 14 des europäischen Patents wortsinngemäß. Die mittelbare Patentverletzung war rechtswidrig und schuldhaft.

Die Kostenverteilung entspricht der zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 1) bis 4) getroffenen Vereinbarung zur Kostentragung.

2.

Gegenüber den Beklagten zu 5) und 6) war die Klage unbegründet, da die erforderliche Passivlegitimation der Beklagten zu 5), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 6) ist, nicht festgestellt werden konnte.

Voraussetzung für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch gemäß Art. 64 EPÜ, §§ 139 Abs. 1, 2, 10 Abs. 1 ist, dass die Beklagten zu 5) und 6) Verfügungsgewalt hinsichtlich der DVD-Player vom Typ "X", gehabt hätten. Die Klägerin hat sich zum Beleg ihrer dahin gehenden Behauptung im Wesentlichen auf die als Anlage K 10 vorgelegte Kopie des Zollbescheides vom 30.07.2004 gestützt, in der die Beklagte zu 5) als Anmelderin der DVD-Player aufgeführt wird. Dieser Vortrag wurde jedoch seitens der Beklagten zu 5) und 6) in erheblicher Weise bestritten. Die Beklagte zu 5) ist - insoweit unstreitig - Agentin des dänischen Verfrachters AP X AS in Kopenhagen, welche jedoch mit dem Transport der streitgegenständlichen Geräte nach Deutschland nicht beauftragt und/oder befasst war. Die DVD-Player sind von Schiffen dritter Reeder nach Deutschland transportiert worden. Wie der als Anlage B 5/1 überreichten Kopie des Transportauftrages die DVD-Player vom Typ "X", betreffend zu entnehmen ist, war dieser Auftrag ab EUROGATE/Hamburg der X Logistics Deutschland GmbH erteilt, die nach dem schlüssigen Vortrag der Beklagten zu 5) zum einen der Beklagten zu 8) und zum anderen der X GmbH einen Unterauftrag erteilte. Letzteres belegt der Zollbescheid vom 30.07.2005, in dem X GmbH als Besitzer der Waren aufgeführt wurde. Die Beklagte zu 5) hat überdies schlüssig vorgetragen, wie es zu ihrer Nennung auf dem Zollbescheid vom 30.07.2004 als Anmelderin kam, nämlich durch Rückgriff der X GmbH auf die von ihr beim Zoll hinterlegte Rahmenbürgschaft. Der Vortrag der Beklagten zu 5) wird schließlich nicht erschüttert durch den Umstand, dass sie gegen den ihr unstreitig bekannt gemachten Bescheid gemäß Art. 9 Abs. 2 VO EG Nr. 1383/2003 i. V. m. Art. 6 Zollkodex keinen Widerspruch eingelegt hat. Hieraus kann angesichts ihres Bestreitens im hiesigen Prozess nicht zwingend geschlossen werden, dass sie tatsächlich die streitgegenständlichen DVD-Player transportierte.

Dass die Beklagte zu 5) die notwendige Verfügungsgewalt inne hatte und an der Abwicklung des Transportauftrages beteiligt war, ließ sich demzufolge nicht feststellen. Dies geht zu Lasten der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin.

3.

Die Klage gegen die Beklagten zu 7) und 8) war teilweise begründet. Der Klägerin stand ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 139 Abs. 1, 10 PatG und ein Vernichtungsanspruch gemäß § 140 a PatG zur Seite, nicht hingegen ein Rechnungslegungs- und Schadenersatzanspruch gemäß §§ 139 Abs. 2, 140 b PatG, § 259 BGB.

a)

Der Unterlassungsanspruch war gegeben. Die Beklagte zu 7), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 8) ist, hat unstreitig am 28.07.2004 die DVD-Player des Typs "X", im Containerterminal EUROGATE in Hamburg übernommen und zum Zwecke der Abfertigung des T1-Dokuments für den Transport nach X zum Zollamt verbracht hat. Dies erfüllt das Tatbestandsmerkmal des Lieferns im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG.

Die Beklagten zu 7) und 8) sind zudem als Störer und damit als Patentverletzer anzusehen. Zwar besteht für Spediteure und Frachtführer keine generelle Prüfpflicht in Bezug auf etwaige Schutzrechtsverletzungen hinsichtlich der von ihnen beförderten Waren (BGH, GRUR 1957, 352 -Pertusin II). Es gehört nicht zu ihren Aufgaben, jede von ihnen transportierte Sendung ohne weitere Anhaltspunkte auf die Möglichkeit einer - unter Umständen nur sehr schwer feststellbaren - Verletzung eines gewerblichen Schutzrechtes, insbesondere eines Patentes zu untersuchen. Eine derartige Pflicht wäre unzumutbar. Anderes gilt jedoch dann, wenn der Spediteur oder Frachtführer auf eine konkrete Schutzrechtsverletzung im Hinblick auf von ihm transportierte Waren hingewiesen wird und hierdurch die Möglichkeit der Kenntnisnahme erhält. Bei einer derart im Raum stehenden konkreten Schutzrechtsverletzung trifft ihn die Pflicht, die beanstandete Lieferung einer Prüfung zu unterziehen. Ist außerdem zu befürchten, dass der Transport der als schutzrechtsverletzend beanstandeten Ware fortgesetzt wird, ist der Spediteur oder Frachtführer zur Abgabe einer vertragsstrafenbewehrten Unterlassungserklärung verpflichtet, um die Gefahr weiterer Schutzrechtsverletzungen zu beseitigen. Die Unterlassungsverpflichtung muss allerdings dann, wenn der Spediteur oder Frachtführer die Schutzrechtsverletzung nur mit Aufwand zuverlässig nachprüfen kann, nicht bedingungslos erfolgen; in dieser Situation genügt die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung mit der auflösenden Bedingung, dass die vom Schutzrechtsinhaber angegriffenen Produkte sich als rechtlich zulässig erweisen (BGH, GRUR 1957, 352 - Pertusin II). Da angesichts der schwierigen tatsächlichen und rechtlichen Prüfungsfragen dem Spediteur oder Frachtführer nicht zugemutet werden kann, sämtliche seiner (späteren) Lieferung auf eine mögliche Verletzung des benannten Schutzrechtes hin zu überprüfen, ist eine auf die konkret angegriffenen Produkte bezogene auflösend bedingte Unterlassungsverpflichtung hinreichend.

Obwohl die Beklagten zu 7) und 8) seit den Zollbescheiden vom 04.08.2004 (Anlagen K 12, K 13) bzw. dem Schreiben der Klägerin vom 11.08.2004, mit denen sie die Zustimmung zur Vernichtung der beschlagnahmten Waren forderte, spätestens jedoch aufgrund der Klageerhebung konkret von der Möglichkeit einer Verletzung des europäischen Patents X durch Lieferung der DVD-Player vom Typ "X", Kenntnis erhielten, haben sie eine derartige auflösend bedingte Unterlassungserklärung bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses nicht abgegeben. Es bestand damit weiterhin die Gefahr, dass die Beklagten zu 7) und 8) die von der Klägerin als patentverletzend beanstandeten Handlungen fortsetzen würden.

Soweit die Beklagten zu 7) und 8) behaupten, sie hätten objektiv weder die Möglichkeit noch das Recht, den Inhalt der ihnen versiegelt übergebenen Container zu inspizieren, war dies unerheblich. Es wurden keine konkreten Tatsachen vorgetragen, aus denen sich eine derartige objektive Unmöglichkeit ergeben soll. Gesetzliche Verpflichtungen, die die Spediteure bzw. Frachtführer an der Überprüfung der von ihnen transportierten Fracht hindern, sind nicht ersichtlich. Auf eine etwaige vertragliche Vereinbarung der ebenfalls das Patent verletzenden Beklagten zu 1) können sie sich nicht berufen. Rechte Dritter, die gegen eine Öffnung eines Containers und Überprüfung der transportierten Ware in konkreten Verdachtsfällen, dass heißt beispielsweise bei einer neuen Lieferung der CD-Player mit den genannten Typbezeichnungen, sprechen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Im Anschluss hieran stand der Klägerin auch ein Anspruch auf Vernichtung gemäß § 140 a PatG zu. Dieser richtet sich auch gegen den Lieferanten von Mitteln nach § 10 Abs. 1 PatG; ihm steht insbesondere nicht der Umstand der Beschlagnahme (§ 856 Abs. 2 BGB) entgegen.

b)

Unbegründet war hingegen die darüber hinaus gehende Klage gegen die Beklagten zu 7) und 8) auf Schadenersatz für die Zeit seit dem 29.01.2000 und der damit zusammenhängende Rechnungslegungsanspruch.

Der Schadenersatzanspruch nach § 139 Abs. 2 PatG setzt vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln voraus, welches nach dem unstreitigen Vortrag erst seit der Beschlagnahme der Waren bzw. dem Zollbescheid vom 04.08.2004 ,angenommen werden kann. Frühestens zu diesem Zeitpunkt erhielten die Beklagten zu 7) und 8) Kenntnis von dem Vorwurf der Patentverletzung und erst ab diesem Zeitpunkt traf sie eine entsprechende Prüfpflicht. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Soweit die Klägerin vorgebracht hat, die Beklagten zu 7) und 8) seien offensichtlich aktiv partizipierender Teil eines ausgeklüngelten Systems, mit dem patentverletztende Ware ins Inland geschleust worden sei, haben die Beklagten dies bestritten. Einen Beweis für ihre Behauptung hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nicht angetreten. Allein aufgrund der Zollanmeldungen und den darin enthaltenen Angaben kann von einem derartigen kollusiven Zusammenwirken im Hinblick auf eine Verletzung des europäischen Patents X nicht ausgegangen werden.4.

Der nach Schriftsatznachlass (08.08.2005) bei Gericht eingegangene Schriftsatz der Beklagten zu 5) und 6) vom 17.08.2005 ist §§ 296a, 128 Abs. 3 ZPO verspätet und war deshalb nicht zu berücksichtigen. Sein Inhalt bot keine Veranlassung zur Wiedereröffnung gemäß § 156 ZPO






LG Düsseldorf:
Beschluss v. 30.08.2005
Az: 4a O 332/04


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