Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 28. August 2000
Aktenzeichen: 2 Wx 55/99
(OLG Köln: Beschluss v. 28.08.2000, Az.: 2 Wx 55/99)
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 13. Dezember 1999 gegen den Beschluß der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 26. November 1999 - 89 T 26/99 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde einschließlich der notwendigen Auslagen, die der Beteiligten zu 2) in diesem Verfahren erwachsen sind, hat der Beteiligte zu 1) zu tragen.
Gründe
Der Beteiligte zu 1) ist der (letzte) Geschäftsführer der im Handelsregister
des Amtsgerichts Köln unter HRB ... eingetragenen, durch konkursabweisenden Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 22. Juni 1998 - 71 N 122/98 - aufgelösten Autohaus I. GmbH (im folgenden: Gesellschaft). Die Beteiligte zu 2) ist eine Gläubigerin dieser Gesellschaft. Auf ihren Antrag hat der Rechtspfleger des Registergerichts dem Beteiligten zu 1) durch Verfügung vom 13. Juli 1999 aufgegeben, die Jahresabschlüsse der Gesellschaft für die Jahre 1996 und 1997 einzureichen oder die Unterlassung durch begründeten Einspruch zu rechtfertigen, und dem Beteiligten zu 1) für den Fall, daß dies nicht geschieht, ein Zwangsgeld in Höhe von DM 1.000,-- angedroht.
Im Anschluß an einen Erörterungstermin vom 14. September 1999 hat der Rechtspfleger durch Beschluß vom 24. September 1999 den Einspruch vom 30. Juli 1999 verworfen und das angedrohte Zwangsgeld von DM 1.000,-- festgesetzt. Gegen diesen seinen Verfahrensbevollmächtigten am 4. Oktober 1999 zugestellten Beschluß hat der Beteiligte zu 1) mit einem am 11. Oktober 1999 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 8. Oktober 1999 Beschwerde eingelegt. Diese Beschwerde hat die Kammer für Handelssachen des Landgericht mit Beschluß vom 26. November 1999 zurückgewiesen. Gegen diesen seinen Verfahrensbevollmächtigten am 29. November 1999 zugestellten Beschluß wendet sich der Beteiligte zu 1) mit der - per Telefax am 13. Dezember 1999 eingereichten - sofortigen weiteren Beschwerde.
Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist gemäß § 27
Abs. 1 FGG statthaft und in rechter Form (§ 29 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FGG) und Frist (§§ 29 Abs. 2, 139 Abs. 1 FGG) eingelegt worden. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Der Beschluß des Landgerichts vom 26. November 1999 beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO).
Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landgericht - im Anschluß an die Entscheidung des Rechtspflegers vom 31. Juli 1999 - davon ausgegangen, daß der Beteiligte zu 1) als der letzte Geschäftsführer der Gesellschaft nach § 325 HGB rechtlich verpflichtet ist, deren Jahresabschlüsse für die Jahre 1996 und 1997 einzureichen, und daß der Beteiligte zu 1) hierzu nach § 335 Satz 1 Nr., 6, Satz 2 HGB von dem Registergericht auf Antrag der Beteiligten zu 2), einer Gläubigerin der Gesellschaft, durch Zwangsgeld anzuhalten ist.
Die Auffassung der weiteren Beschwerde, dem Beteiligten zu 1) hätte zunächst die Aufstellung der Jahresabschlüsse aufgegeben werden müssen, und erst wenn dies erreicht sei, könne in einer zweiten Stufe im Verfahren nach den §§ 335 HGB, 132 FGG auch die Einreichung dieser Abschlüsse bei dem Registergericht erzwungen werden, geht fehlt. Zwar konnte nach der Rechtsprechung zur Publizitätspflicht einer Aktiengesellschaft (§§ 148, 163 AktG a.F.), dann, wenn der Jahresabschluß der Aktiengesellschaft noch nicht aufgestellt war, nicht sogleich die Einreichung des Abschlusses erzwungen werden. Vielmehr wurde es als erforderlich angesehen, sie zunächst zur Vornahme derjenigen Handlungen anzuhalten, die zur Feststellung des Jahresabschlusses obliegen (vgl. OLG Frankfurt, OLGZ 1978, 46 [47] = Rpfleger 1978, 145 für die Bestimmungen der §§ 148, 163 des AktG 1965; OLG Hamm, JMBl. NW 1960, 22 für die entsprechenden Bestimmungen des AktG 1937). Diese Rechtsprechung beruhte darauf, daß nach dem Aktiengesetz 1965 wie nach dem Aktiengesetz 1965 eine Zeitstaffel für die Abhaltung der nächsten ordentlichen Hauptversammlung vorgesehen war, die deshalb auch für das Erzwingungsverfahren vor dem Registergericht von Bedeutung ist, weil der Vorstand der Aktiengesellschaft einer späteren Pflicht nicht genügen kann, ohne daß die vorausgehende Pflicht erfüllt und die hierbei erforderlichen Mitwirkungshandlungen anderer Organe der Gesellschaft vorgenommen worden sind (vgl. OLG Hamm und OLG Frankfurt, jeweils a.a.O.).
Die hier maßgeblichen Bestimmung der §§ 264 Abs. 1, 325 Abs. 1, 326 HGB sehen eine solche Zeitstaffel - abgesehen davon, daß der Jahresabschluß innerhalb von drei bzw. sechs Monaten nach dem Schluß des Geschäftsjahrs aufzustellen (§ 264 Abs. 1 Satz 2, Satz 3, 2. Halbsatz HGB), jedoch erst zu dem in den §§ 325 Abs. 1, 326 BGB selbst genannten späteren Zeitpunkt vorzulegen ist, - indes nicht vor. Vielmehr hat nach diesen Bestimmungen der gesetzliche Vertreter einer Kapitalgesellschaft den Jahresabschluß zwar unverzüglich nach seiner Vorlage an die Gesellschafter, unabhängig davon jedoch spätestens bis zum Ablauf von neun Monaten (§ 325 Abs. 1 Satz 1 HGB) oder - unter den Voraussetzungen der §§ 267 Abs. 1, 326 HGB - bis zum Ablauf von zwölf Monaten des dem Bilanzstichtag nachfolgenden Geschäftsjahrs dem Registergericht einzureichen. Damit fehlt bei dem hier gegebenen Sachverhalt eine zeitliche oder inhaltliche Staffelung der rechtlichen Pflichten des Vertretungsorgans, die allein den Grund dafür bilden könnte, auch bei der Durchsetzung der Pflicht mittels Zwangsmaßnahmen des Registergerichts jeweils nur den nächsten Schritt zu erzwingen. Daß der zur Vorlage eines Jahresabschlusses verpflichtete Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung dieser Pflicht - selbstverständlich - nur nachkommen kann, wenn er auch seiner Pflicht genügt (hat), den Abschluß aufzustellen, macht es deshalb nicht erforderlich, Zwangsmaßnahmen zunächst nur zur Durchsetzung der - ohne Vorlage des Abschlusses für das Registergericht nicht überprüfbaren - Erstellung des Jahresabschlusses zu ergreifen und erst anschließend, wenn der Geschäftsführer erklärt hat, jetzt sei der Abschluß erstellt, dessen Vorlage mit weiteren Zwangsmitteln zu erzwingen. Vielmehr würde durch eine derartige Handhabung die Durchsetzung der Publizitätspflicht ohne rechtfertigenden Grund erschwert.
Zum Zeitpunkt der Verfügung vom 13. Juli 1999, mit der der Rechtspfleger des Amtsgerichts den Beteiligten zu 1) aufgefordert hat, die Abschlüsse der Gesellschaft für die Jahre 1996 und 1997 einzureichen, war auch die - längere - Frist des § 326 HGB verstrichen. Geschäftsjahr der Gesellschaft war nach § 4 ihrer Satzung das Kalenderjahr, so daß auch eine Frist von zwölf Monaten zur Einreichung des Abschlusses für das Jahr 1997 Mitte 1999 abgelaufen war.
Der rechtlichen Überprüfung durch den Senat stand hält auch, daß die Vorinstanzen den Einwand des Beteiligten zu 1), ihm sei die Aufstellung der Bilanzen nicht möglich, nicht als berechtigt angesehen haben. Der Hinweis der weiteren Beschwerde auf § 33 FGG geht fehl. Diese Bestimmung ist hier nicht anwendbar, weil die Voraussetzungen der Anordnung und Festsetzung eines Zwangsgeldes in Handelsregistersachen in den §§ 132 ff HGB speziell und teilweise abweichend von § 33 FGG geregelt sind (vgl. BayObLG Rpfleger 1979, 25 [26]; Zimmermann in Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 33, Rdn. 5). Auch ein Zwangsgeld nach § 135 Abs. 2 FGG kann allerdings nur verhängt werden, wenn dem Betroffenen die Handlung, deren Vornahme erzwungen werden soll, überhaupt möglich ist. Ein Fall der Unmöglichkeit ist hier indes nach dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt nicht gegeben. Darauf, er sei mit der Erstellung der Jahresabschlüsse überfordert, kann sich der Beteiligte zu 1) nicht berufen. Die Verpflichtung zur Erfüllung der einem Geschäftsführer obliegenden Aufgaben erlischt nicht durch die schlichte Erklärung dessen, der sie - freiwillig - übernommen hat, er sei hierzu nach seinen Fähigkeiten nicht in der Lage. Vielmehr kann und muß sich der Geschäftsführer in einem solchen Fall der Hilfe Dritter bedienen. Der in den Tatsacheninstanzen dem allein entgegen gehaltene Einwand des Beteiligten zu 1), er müsse "wahrscheinlich in absehbarer Zeit die eidesstattliche Versicherung abgeben", zeigt auch keine wirtschaftliche Unmöglichkeit auf. Daß - wie der Beteiligte zu 1) in der Einspruchsschrift vom 30. Juli 1999 angegeben hat - ein nicht unerheblicher Teil der Buchführungsunterlagen der Gesellschaft von der Steuerfahndung oder der Staatsanwaltschaft sichergestellt seien, besagt nicht, daß dem Beteiligten zu 1) die Aufstellung der Jahresabschlüsse aus diesem Grunde auch nur derzeit nicht möglich wäre. Zwar mag es zur Aufstellung der Abschlüsse erforderlich sein, die sichergestellten Unterlagen einzusehen. Ebenso wie in dem insoweit gleich gelagerten Fall des § 888 Abs. 1 ZPO kann sich der Handlungspflichtige auch im Fall der §§ 335 HGB, 132, 135 FGG darauf, daß zur Vornahme der geschuldeten Handlung die Mitwirkung eines Dritten - hier die Gewährung von Einsichtsmöglichkeiten durch die Steuerfahndung oder Staatsanwaltschaft - erforderlich sei, nur berufen, wenn er alles ihm Zumutbare unternommen hat, um diese Mitwirkung zu erreichen (vgl. für § 888 ZPO: Senat, NJW-RR 1992, 633 [634];Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 58. Aufl. 2000, § 888, Rdn. 4; Zöller/Stöber, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 888, Rdn. 2). Vorliegend hätte sich der - anwaltlich beratene - Beteiligte zu 1) an die Staatsanwaltschaft oder die Steuerfahndung wenden und auf die ihm zugegangene Aufforderung des Registergerichts hinweisen können. Dafür, daß er einen solchen Versuch unternommen hätte, ist nichts dargetan oder sonst ersichtlich.
Der Beteiligte zu 1) kann sich auch nicht darauf berufen, ein Teil der Geschäftsunterlagen sei "zwischenzeitlich abhanden gekommen". Dieser Einwand ist völlig substanzlos und zeigt nicht auf, welche Unterlagen fehlen sollen und weshalb dies der Erfüllung der in § 325 HGB bezeichneten Pflicht entgegen steht. Daß die Vorinstanzen diesem Einwand des Beteiligten zu 1) nicht weiter nachgegangen sind, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Hierdurch haben sie ihre Pflicht nach § 12 FGG, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, nicht verletzt. Im Zwangsgeldverfahren nach den §§ 132 ff FGG besteht diese Pflicht nur in eingeschränktem Umfang. Vielmehr hat hier der Betroffene im Rechtfertigungsverfahren vor dem Registergericht gemäß den §§ 132, 134 Abs. 1 FGG Gelegenheit, etwaige Hindernisse für die Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten nachvollziehbar und hinreichend konkret vorzutragen.
Die weitere Beschwerde muß deshalb zurückgewiesen werden. Die angeführten Entscheidungen des OLG Hamm vom und des OLG Frankfurt vom gegen keinen Anlaß, die Sache nach § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof vorzulegen. Beide Entscheidungen sind vielmehr zu Bestimmungen ergangen, die - wie dargestellt - gerade in den hier wesentlichen Punkten mit den hier anzuwendenden Vorschriften nicht übereinstimmen. In einem solchen Fall kommt eine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG nicht in Betracht (vgl. BayObLG, NJW-RR 1989, 687 [689]; Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 28, Rdn. 18 mit weit. Nachw.)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.
Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde : DM 1.000,--
OLG Köln:
Beschluss v. 28.08.2000
Az: 2 Wx 55/99
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/8303c09a665a/OLG-Koeln_Beschluss_vom_28-August-2000_Az_2-Wx-55-99