Landgericht Köln:
Urteil vom 13. Juni 2013
Aktenzeichen: 31 O (Kart) 346/12

(LG Köln: Urteil v. 13.06.2013, Az.: 31 O (Kart) 346/12)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin ist Kabelnetzbetreiberin mit einer räumlichen Verbreitung in Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Berlin und Hessen. Sie gehört einer Gruppe verschiedener Kabelnetzbetreiber an. Das deutsche Kabelnetz funktioniert über verschiedene Ebenen, wobei die so bezeichneten Ebenen 2 und 3 flächendeckend in Deutschland ausgebaut sind und das der Allgemeinheit zugängliche Kabelnetz darstellen. Ebenen 2 und 3 decken den Satellitenempfang, die Einspeisung der Satellitensignale in die Netze und die Weiterverbreitung der Signale bis zu sog. Übergabepunkten der Hausanschlussverkabelung im öffentlichen Straßenraum ab. Von diesem allgemeinen Netz gehen über sog. Inseln die Anschlüsse für jeweilige private Haushalte (=Hausanschlussverkabelung) ab, die die einzelnen Haushalte mit dem allgemeinen Netz verbinden (=Ebene 4). Die Klägerin baut glasfaserbetriebene Netzinfrastrukturen der Ebene 4. Sie stellt der Wohnungswirtschaft Kabelanschlüsse zur Verfügung und erhält hierfür Vergütungen von dieser. Die Wohnungswirtschaft gibt das Netz dann an einzelne Privathaushalte weiter.

Die Beklagte betreibt verschiedene Radio- und Fernsehsender, darunter das Fernsehprogramm WDR3 in neun verschiedenen Varianten. Sie verfügt über einen durchschnittlichen Zuschaueranteil von unter 3%. Ihr Programm strahlt sie terrestrisch und über Satellit zur Nutzung für die Allgemeinheit aus. Die Fernsehsender werden u.a. über das Kabelnetz in Deutschland verbreitet. Eine Vergütung an die öffentlichrechtlichen Anstalten, die das Programm betreiben, zahlen die Kabelnetzbetreiber nicht. Sie schließen aber mit einer Verwertungsgesellschaft einen Lizenzvertrag, der sie zur Bereitstellung von Fernsehprogrammen - u.a. der Beklagten - an private Haushalte und die Wohnungswirtschaft ermächtigt. Die Klägerin hat eine solche Lizenzvereinbarung mit der GEMA abgeschlossen. Als Unternehmen, das keine Einspeisungsentgelte erhebt, erhält die Klägerin einen Rabatt in Höhe von 6% der Lizenzgebühren (s. § 5.3 Lizenzvertrag, Bl. 72 d.A., Anlage B1). Für das zweite Halbjahr 2011 beispielsweise belief sich dieser Rabatt für alle in den öffentlichrechtlichen Fernsehanstalten ausgestrahlten Sender auf EUR 2.009,52 bei einer Versorgung von 25.168 Wohneinheiten durch die Klägerin. In § 11 des GEMA-Vertrags ist festgelegt, dass der Lizenznehmer dann eine Anpassung des Vertrags verlangen kann, wenn die GEMA einem Kabelnetzbetreiber Vergütungssätze für die vertragsgegenständliche Rechteeinräumung einräumt, die bei wertender Gesamtbetrachtung aller Vorschriften und Umstände günstiger sind als mit der Klägerin vereinbart.

Die in der ARD verbundenen Landesrundfunkanstalten und das ZDF hatten mit den drei Kabelnetzbetreibern N1 Köln GmbH, A Vertrieb und Service GmbH und A1 GmbH (sog. Regionalgesellschaften) Ende 2007 Einspeisungsverträge geschlossen, mit denen sich u.a. die Beklagte verpflichtete, den Netzbetreibern Transportentgelte für die Nutzung der Ebenen 2 und 3 des Kabelnetzes zu zahlen. Die vorgenannten Netzbetreiber betreiben sowohl das Netz der Ebenen 2 und 3 als auch teilweise Netze der Ebene 4. Sie versorgen ca. 80% der Kabelkunden in Deutschland.

Neben der Klägerin und den Regionalgesellschaften existieren jedenfalls noch mehr als hundert weitere Kabelnetzbetreiber, von denen keiner Einspeiseentgelte von den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten erhält.

Diese sog. Einspeisevergütung hatte ihre historische Begründung darin, dass das vorgenannte Netz ursprünglich von der Deutschen Bundespost betrieben worden war und die Einspeisevergütung als Beitrag zum Netzausbau der Ebenen 2 und 3 gedacht war. Die Deutsche Bundespost hatte in den 1970er Jahren mit dem Ausbau des Breitbandkabelnetzes begonnen. Ebene 4 hingegen wurde von Anfang an nicht von der Deutschen Bundespost flächendeckend errichtet, weil der Staat insoweit die privatwirtschaftliche Anschlussbereitstellung ermöglicht hatte. Ebene 4 wurde daher von Anfang an von privaten Netzbetreibern bereitgestellt und über Kabelgebühren, die von den Empfängerhaushalten entrichtet wurden, finanziert ("Vermarktungsmodell"). Ursprünglich mussten sich die Bereitsteller von Ebene 2 und 3 daher über Transportentgelte finanzieren, da sie keine Anschlüsse an Endkunden bereitstellten ("Transportmodell"). Diese strikte Trennung wurde im Laufe der Zeit allerdings immer mehr aufgeweicht. Inzwischen verdienen die Regionalgesellschaften sowohl über Einspeiseentgelte als auch Anschlussgebühren, da sie auch auf Ebene 4 tätig sind.

Am 03.11.2009 fand auf ein Schreiben der O GmbH, in dem diese für die in ihr organisierten kleinen und mittleren Kabelunternehmen Einspeiseentgelte forderte, ein Treffen zwischen Vertretern der O GmbH und Vertretern der ARD und der in ihr organisierten Landesrundfunkanstalten und dem Justiziar des ZDF statt, in dem die Kabelnetzbetreiber ihre Forderung nach der Zahlung von Einspeiseentgelten an die Sender formulierten. Die Sender lehnten dies ab.

Die Klägerin machte der Beklagten gegenüber mit Schreiben vom 23.12.2011 - wobei es sich um den ersten geschäftlichen Kontakt der Parteien handelt - Schadensersatz in Höhe von EUR 9.378,46 für das Jahr 2008 geltend. Weiteren Schadensersatz forderte sie mit Schreiben vom 25.05.2012 in Höhe von jeweils EUR 9.451,50 für die Jahre 2009-2011 ein.

Zum Ende des Jahres 2012 kündigten die öffentlichrechtlichen Fernsehanstalten die Einspeiseverträge mit den Regionalgesellschaften.

Die Klägerin hatte in der Klageschrift zunächst vorgetragen, sie betreibe eigene Netzebene 2 und 3-Inseln sowie Netzebene 4. Nunmehr behauptet sie, Breitbandkabelnetze der Ebenen 2, 3 und 4 autark zu betreiben und dabei die Fernsehsignale der Beklagten nach deren Empfang in Ebene 2 - der Rundfunkempfangsanlage - über die Ebene 3 zum Hausübergabepunkt zu transportieren, wo sie dann über die Ebene 4 zu den jeweiligen Wohneinheiten gelangen würden. Nur solche Sachverhalte, in denen die Versorgung der Wohneinheiten über eigenständige Netze der Ebenen 2 bis 4 erfolgt sei, seien Grundlage der geltend gemachten Schadensersatzansprüche.

Die Klägerin erziele einen Jahresumsatz von ca. 3 Mio. EUR und der Konzern, dem sie angehöre, ca. 27 Mio.

Die Beklagte und die Regionalgesellschaften hätten im Zuge der Verhandlungen über den letzten Kooperationsvertrag über die Verbreitung von öffentlichrechtlichen Angeboten Vereinbarungen dahingehend getroffen, dass die kleinen und mittleren Kabelnetzbetreiber keine Einspeiseentgelte erhalten sollten, damit die Regionalgesellschaften auf dem Markt einen Vorteil hätten (wird ausgeführt).

Die Beklagte zahle aus den Einspeisungsverträgen jährlich EUR 0,2156 je Wohneinheit und Programm an die Regionalgesellschaften, wobei die Preise der einzelnen Anbieter variieren würden. Diese Zahlen errechnet sie aus der Übersicht K1 (Bl. 17-24 d.A.), indem sie eine Gesamtzahlung je verbreitetem Programm in Höhe von EUR 3,4 Mio. zugrunde legt und von einer Gesamtzahl von 15,77 Mio. Wohneinheiten ausgeht. Sie legt weiter einen Auszug aus einem Entwurf eines Einspeisevertrags zwischen einem Sender und der A1 als Anlage K2 (Bl. 18-20 d.A.) vor, aus dem sich der vorgenannte Betrag ergibt. A habe im Jahre 2008 Transportentgelte in Höhe von jährlich EUR 104.900.000 Mio. eingenommen, was einer Zahlung von EUR 0,2578 je Wohneinheit und Sender entspreche. Bei N1 hätten sich die Einnahmen auf EUR 83.300.000 belaufen, was einem Einspeiseentgelt von EUR 0,4186 je Sender und Wohneinheit entspreche. A1 schließlich habe 2008 EUR 0,2146 je Wohneinheit und Sender vereinnahmt.

Im Jahre 2008 habe die Klägerin 35.823 Kabelkunden mit dem Sender WDR3 der Beklagten versorgt, 2009 seien es 36.102, 2010 36.102 und 2011 36.102 Kunden gewesen. Dazu bzw. zu den Kopfstellen, über die die Versorgung der einzelnen Wohneinheiten stattfand, legt sie eine Übersicht vor, wegen deren Inhalt auf S. 4-7 d. SS vom 08.01.2013 Bezug genommen wird.

Die öffentlichrechtlichen Fernsehsender zusammen würden über einen Zuschaueranteil von 43,8% verfügen.

Die Klägerin meint, ihr stehe auch ein Anspruch auf Zahlung von Transportentgelten für das von ihr der Beklagten zur Verfügung gestellte Kabelnetz zu. Dadurch, dass sie solche Entgelte nur an die Regionalgesellschaften zahle, verzerre die Beklagte den Wettbewerb zu ihren Gunsten. Die Nichtgewährung von Entgelten der Klägerin gegenüber entbehre einer sachlichen Rechtfertigung. Ihr stünde deshalb ein Schadensersatzanspruch in Höhe der Klageforderung aus §§ 33 Abs. 1, 3 i.V. 20 Abs. 1, 2 S. 2 GWB zu. Der relevante Markt sei derjenige der Signaleinspeisung, auf dem die Beklagte als Nachfragerin tätig sei, damit ihr Programm eine große Zahl von Haushalten erreiche. Jedenfalls das aus der Beklagten und den übrigen öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten gebildete Oligopol habe auf dem Einspeisemarkt eine marktbeherrschende Stellung.

Die Beklagte behindere die Klägerin unbillig dadurch, dass sie dieser gegenüber die Zahlung von Transportentgelten verweigere. Auch weil die Beklagte in dem Bewusstsein handelte, dass die Einspeiseentgelte an die Regionalgesellschaften von diesen ohne rechtliche Grundlage gefordert worden seien, liege ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung der Klägerin nicht vor.

Auch § 5 des GEMA-Vertrages könne insoweit nicht herangezogen werden, da diese Regelung gegen § 134 BGB i.V.m. § 1 GWB bzw. §§ 19, 20 GWB verstoße und daher nichtig sei. Außerdem sei diese Vereinbarung zu einer angemessenen Kompensation der Klägerin nicht geeignet, da die Rabatte nur einen Bruchteil dessen darstellen würden, was die öffentlichrechtlichen Fernsehanstalten an die Regionalgesellschaften zahlen würden.

Der Klägerin entstehe dadurch ein Nachteil, dass die Regionalgesellschaften die Einspeiseentgelte in ihre Kalkulationen der Angebotspreise an die Endkunden einbeziehen könnten, was dazu führe, dass sie insbesondere Wohnungsunternehmen günstigere Konditionen einräumen könnten als die Klägerin. Dies führe wiederum dazu, dass die Wohnungsunternehmen Kabelnetzverträge eher mit den Regionalgesellschaften abschlössen.

Wegen des mustcarry-Status des Programms der Beklagten bestehe auch eine Abhängigkeit der Klägerin von der Beklagten im Sinne des § 20 Abs. 2 GWB. Auch wenn die mustcarry-Regelungen für die hier in Rede stehenden Verbreitungsgebiete nicht gelten würden, habe die Beklagte im Rahmen ihres Grundversorgungsauftrags dennoch ein Interesse an der Verbreitung ihres Programms in möglichst vielen Haushalten.

Im Übrigen bestehe aber auch eine sortimentsbedingte Abhängigkeit, da die Kunden der Klägerin mit dieser nur dann kontrahieren würden, wenn die Klägerin auch das Programm der Beklagten anbiete.

Außerdem stehe der Klägerin ein Schadensersatzanspruch aus §§ 1, 33 GWB zu. Denn indem die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten mit den Regionalgesellschaften vereinbart hätten, dass nur sie, nicht aber andere Kabelnetzbetreiber Einspeiseentgelte erhalten sollten, hätten sich einerseits die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten untereinander und andererseits auch diese und die Regionalgesellschaften auf eine abgestimmte Verhaltensweise im Sinne dieser Norm verständigt, die eine Beschränkung des Wettbewerbs bewirke.

Schließlich stehe der Klägerin ein vertraglicher Zahlungsanspruch auch aus § 11 des GEMA-Vertrags zu, da die Einspeiseentgelte in die dort angesprochene Gesamtbetrachtung einbezogen werden müssten und dies dazu führe, dass der Klägerin genauso günstige Konditionen einzuräumen seien wie den Regionalgesellschaften. Schließlich sei die Beklagte der Klägerin auch deshalb per se zur Zahlung verpflichtet, weil sie bei der Klägerin eine Leistung nachfrage, nämlich die Einspeisung, die die Klägerin aufgrund der mustcarry-Bestimmungen erbringen müsse. Dafür stehe ihr ohne Weiteres eine Gegenleistung als Reflex aus § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB zu.

Die Klägerin hat am 27.12.2011 den Erlass eines Mahnbescheids gegen die Beklagte beim Amtsgericht Hamburg beantragt, der der Beklagten am 03.01.2012 zugestellt worden ist. Hiergegen hat die Beklagte am 13.01.2012 Widerspruch eingelegt.

Die Klägerin beantragt mit der am 22.06.2012 beim Amtsgericht Hamburg eingereichten, dann an das Landgericht Köln abgegebenen und der Beklagten am 24.07.2012 zugestellten Klage,

die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 37.732,96 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise

die Beklagte im Wege der Stufenklage zu verurteilen,

(1) der Klägerin vollständige und richtige Auskunft zu erteilen über die Höhe der von ihr an die sog. Regionalgesellschaften (A GmbH, A2 GmbH [vormals: A2 GmbH & Co. KG] und N GmbH) für die Kalenderjahre 2008, 2009, 2010 und 2011 für die analoge und/oder digitale Einspeisung des Programms "WDR Fernsehen" gezahlten Einspeiseentgelte, und zwar in einer nach den Kalenderjahren geordneten Darstellung unter Angabe der jeweiligen die Zahlung empfangenden Regionalgesellschaft, des jeweiligen Betrages, ggf. getrennt nach dem Betrag für analoge und digitale Einspeisung und des Zahlungszeitpunktes, der vertraglichen Bemessungsgrundlage für die jeweilige Zahlung und zugeordnet zum Kalenderjahr die jeweiligen WE-Zahlen, geordnet nach den einzelnen Regionalgesellschaften,

(2) der Klägerin die nach Auskunft noch zu beziffernden Schäden zu ersetzen, die ihr dadurch entstanden sind, dass die Beklagte der Klägerin in den Kalenderjahren 2008, 2009, 2010 und 2011 für die Einspeisung des Fernsehprogramms "WDR Fernsehen" in das von der Klägerin betriebene Kabelnetz der Netzebene 3 keine Einspeiseentgelte gezahlt habe.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erhebt Hilfswiderklage und beantragt für den Fall, dass die Kammer die Klage für begründet erachtet,

festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten die aufgrund der Klage gezahlten Beträge für die Zeiträume zu erstatten, in denen die Klägerin entsprechende Forderungen nicht wirksam auch gegenüber den beiden großen Sendergruppen RTL und Pro7Sat1 geltend macht und durchsetzt oder wegen Verjährung nicht geltend machen und durchsetzen kann.

Die Klägerin beantragt,

die Hilfswiderklage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich für 2008 auf die Einrede der Verjährung. Sie bestreitet die von der Klägerin angegebenen Zahlen zu den versorgten Wohneinheiten mit Nichtwissen. Sie behauptet, der Zuschaueranteil der öffentlichrechtlichen Programme liege bei 26,6%.

Sie meint, schon nicht Normadressatin im Sinne des § 20 GWB zu sein, da sie schon nicht als Anbieter oder Nachfrager von Leistungen auftrete und ihr jedenfalls keine marktbeherrschende Stellung auf dem Signalbelieferungsmarkt, auf dem sie hilfsweise als Anbieterin auftrete, zukomme. Auch eine Abhängigkeit der Klägerin von der Beklagten im Sinne von § 20 Abs. 2 S. 1 GWB liege nicht vor. Diese könne sich schon nicht aus den mustcarry-Regeln ergeben, da diese für das Verbreitungsgebiet, in dem die Klägerin tätig sei, auf das WDR-Fernsehen nicht anwendbar seien. Auch im Übrigen ergebe sich eine Abhängigkeit nicht, da es der Klägerin freistehe, das Programm der Beklagten anzubieten. Dazu bedürfe es keiner Mitwirkungshandlung der Beklagten. Außerdem sei nicht ersichtlich, wieso die Kunden der Klägerin, die sämtlich außerhalb von NRW ansässig seien, ein Interesse am Empfang des WDR-Fernsehens hätten.

Eine Gleichbehandlung mit den Regionalgesellschaften sei bereits deshalb nicht geboten, weil auch alle übrigen Kabelnetzbetreiber - außer den Regionalgesellschaften - keine Einspeiseentgelte erhalten würden. Im Übrigen habe die Klägerin auch keine gleichen Leistungen erbracht wie die Regionalgesellschaften, da sie das Programm nur außerhalb des intendierten Sendegebietes NRW und nur punktuell inselweise verbreitet.

Es liege außerdem ein sachlicher Grund für eine etwaige Ungleichbehandlung vor. Ein solcher liege darin, dass die Regionalgesellschaften Nachfolger der Deutschen Bundespost seien und als solche Beiträge für den Ausbau des Kabelnetzes sozusagen als Relikt aus einer vergangenen Zeit erhalten hätten. Dass die Regionalgesellschaften die Einspeiseentgelte so lange gegenüber den öffentlichrechtlichen Fernsehanstalten hätten durchsetzen können, sei der großen Marktmacht der Regionalgesellschaften geschuldet. Erst kürzlich hätten sich die wirtschaftlichen, technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen derart geändert, dass die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten sich in der Lage gesehen hätten, die Kooperation aufzusagen. Denn auch diesen gegenüber sei die Zahlung von Einspeiseentgelten ungerechtfertigt. Deshalb begehre die Klägerin eine Gleichheit im Unrecht, wenn sie nun auch Einspeiseentgelte fordere, obwohl sie damit eine Doppelvergütung durchzusetzen suche, indem sie einerseits Entgelte von ihren Kunden und andererseits von der Beklagten fordere. Schließlich sei mangels Kenntnis der Einspeisung des Programms der Beklagten durch die Klägerin kein Verschulden gegeben.

Ferner habe die Klägerin durch Annahme des Lizenzvertrags mit der GEMA, in dem ein Rabatt auf die Lizenzzahlungen bei Nichtgeltendmachung von Einspeiseentgelten vereinbart sei, auf die Geltendmachung von Einspeiseentgelten verzichtet.

Schließlich sei zu berücksichtigen, dass eine Doppelvergütung der Klägerin weder wirtschaftlich noch medienrechtlich angemessen sei, insbesondere nach § 52 d RStV. Denn da auch die zahlreichen weiteren kleinen Kabelnetzbetreiber keine Einspeiseentgelte erhalten würden, sei diese nicht marktüblich.

Zur Widerklage trägt die Beklagte vor und führt näher aus, die Klägerin selbst verhalte sich diskriminierend, indem sie von der Beklagten die Zahlung von Einspeiseentgelten fordere, von den privaten Rundfunkanstalten aber nicht. Eine solche Ungleichbehandlung sei aber nicht mit § 52 RStV zu vereinbaren. Wegen dieser Agrumentation erhebt sie auch bezüglich der Klage die doloagit-Einrde, da die Klägerin sich widersprüchlich verhalte, indem sie Einspeiseentgelte ausschließlich von den öffentlichrechtlichen Sendeanstalten fordere.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Gründe

Die Klage ist mit dem Haupt- und Hilfsantrag jeweils zulässig, aber nicht begründet.

A. Die Klage ist mit dem Hauptantrag auf Zahlung nicht begründet.

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung von EUR 37.732,96 ergibt sich weder aus § 11 GEMA-Vertrag, noch aus § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB oder § 33 GWB i.V.m. § 1 GWB bzw. § 20 GWB.

I. Aus § 11 des GEMA-Vertrags kann sich ein Anspruch gegen die Beklagte schon deshalb nicht ergeben, weil die Beklagte nicht Partei dieses Vertrags ist. Aus der Bezeichnung der Vertragsparteien ergibt sich, dass die GEMA für ihre eigenen Rechte und für die Rechte der Verwertungsgesellschaften den Vertrag abgeschlossen hat, nicht aber für die Beklagte.

Auch wenn man aber davon ausgehen würde, die GEMA habe bei Vertragsschluss für die Beklagte gehandelt, weil sie die Lizenzgebühren für deren Programm einhole, kann § 11 nicht dahingehend ausgelegt werden, dass das Einspeiseentgelt eine Vergünstigung der Vergütung für die Lizenzzahlungen der großen Kabelnetzbetreiber darstellt. Zwar geht die Klausel von einer wertenden Gesamtbetrachtung aus, es erscheint aber fernliegend, in diese auch die Einspeiseentgelte einzubeziehen. Dies ist auch nicht mit dem Kontext vereinbar, denn die Regelung des § 5 Abs. 3 desselben Vertrages zeigt gerade, dass eine Gleichbehandlung in Bezug auf die Einspeiseentgelte nicht gewollt ist, sondern diejenigen, die kein Einspeiseentgelt erhalten, dafür den Rabatt nach § 5 Abs. 3 erhalten. Für diese Regelung gäbe es aber keinen Bedarf, wenn eine dem Einspeiseentgelt entsprechende Vergünstigung nach § 11 anfallen sollte.

II. Soweit die Klägerin einen Zahlungsanspruch aus der Verpflichtung herleiten will, das Programm der Beklagten zu verbreiten, und damit ein Zahlungsanspruch für die Verbreitung Reflex aus § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB sei, ist diese Norm bereits keine Anspruchsgrundlage. Hinzu kommt, dass das Programm WDR-Fernsehen in dem Verbreitungsgebiet der Klägerin unstreitig keinen mustcarry-Status hat. Der Wertung der Klägerin widerspricht im Übrigen auch, dass der Gesetzgeber zwar eine mustcarry-Regelung vorgenommen, aber dafür gerade keine Entgeltverpflichtung des Verbreiters angenommen hat. Auch wenn man davon ausgeht, dass es sich bei der Einspeisung grundsätzlich um eine entgeltpflichtige Dienstleistung handelt, so entsteht die entsprechende Entgeltpflicht erst mit einem Vertragsschluss. Denn ob ein Entgelt für eine Dienstleistung anfällt, richtet sich gerade danach, ob entsprechende Willenserklärungen abgegeben worden sind. Dass dies aber nicht der Fall ist, auch nicht konkludent, hat die Beklagte gerade dadurch deutlich gemacht, dass sie eine Zahlung ablehnt und seit jeher abgelehnt hat.

III. Ferner leitet die Klägerin einen Schadensersatzanspruch nach § 33 GWB daraus ab, dass die Beklagte sich mit den weiteren öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten im Sinne des § 1 GWB zusammengeschlossen hat bzw. daraus, dass ein Zusammenschluss der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten einerseits und der Regionalgesellschaften andererseits besteht. Der Anspruch ist aber ebenfalls nicht gegeben.

Zwar kann der Klägerin grds. ein Schadensersatzanspruch auch gegen die Beklagte allein zustehen, denn wenn mehrere für einen Verstoß verantwortlich sind, ist jeder der Beteiligten für den Schaden nach § 830 BGB voll verantwortlich (Bechtold, a.a.O. § 33, Rn. 22). Dies bedeutet, dass die Mitglieder eines Zusammenschlusses dann als Gesamtschuldner haften, § 840 BGB.

a. Offen bleiben kann vorliegend sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht, ob ein Zusammenschluss der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten dahingehend gegeben ist, dass diese sich bei der Unterbreitung eines Angebots an die Regionalgesellschaften abgestimmt haben.

Denn jedenfalls fehlt es an einer haftungsausfüllenden Kausalität zwischen einem solchen Zusammenschluss und einem Schaden der Klägerin. Inhalt und Umfang eines Schadensersatzanspruchs aus § 33 GWB richten sich nach den §§ 249 bis 252 BGB (Emmerich in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2., GWB, 4. Auflage, 2007, § 33, Rn. 44). Die Ersatzpflicht setzt nach diesen Normen voraus, dass ein Schaden kausal durch das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis entstanden ist. Das Verhalten des Schädigers muss für den Schaden kausal sein (Grüneberg in Palandt, BGB, 72. Auflage 2013, vor § 249, Rn. 24). Diese Kausalität ist vom Geschädigten darzulegen und zu beweisen (Grüneberg, a.a.O., Rn. 66).

Selbst wenn man eine Absprache der Rundfunkanstalten untereinander annehmen und rechtlich als Zusammenschluss im Sinne des § 1 GWB einordnen würde, könnte daraus vor diesem Hintergrund kein Schadensersatzanspruch der Klägerin resultieren. Denn diese hat nicht dargelegt, inwieweit ihr ein kausaler Schaden just aus dieser Absprache entstanden ist, der nicht auch dann entstanden wäre, wenn eine Absprache nicht stattgefunden, sondern die Rundfunkanstalten unabhängig voneinander gehandelt hätten. Dafür, dass die Rundfunkanstalten nicht auch jeweils und unabhängig voneinander die Zahlung von Einspeiseentgelten an die Klägerin ablehnen würden, bestehen auch keine Anhaltspunkte.

b. Soweit die Klägerin außerdem einen Zusammenschluss zwischen den öffentlichrechtlichen Fernsehanstalten einerseits und den Regionalgesellschaften andererseits dahingehend behauptet, dass an keine weiteren Kabelnetzbetreiber Einspeiseentgelte gezahlt werden sollten, kann offen bleiben, ob sich eine solche Absprache aus dem Kooperationsvertrag aus 2008 ergibt, weshalb die Kammer der Beklagten die Vorlage dieses Vertrags zwecks Auslegung der Klausel § 8 Abs. 5, aus der die Klägerin eine solche Absprache herleitet, nicht aufgeben muss. Allerdings bestehen schon Zweifel dahingehend, dass die Klägerin von dieser Klausel erfasst wäre, da sie sich nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien nur auf die Betreiber nachgelagerter Netze bezieht, die Klägerin aber behauptet, selber ein autarkes Netz der Ebenen 2, 3 und 4 zu betreiben.

Auch insoweit fehlt es aber jedenfalls an der Kausalität zwischen einer solchen Absprache und einem Schaden der Klägerin. Ausführungen hat die Klägerin insoweit nicht gemacht, eine solche Kausalität ist auch nicht aus den Umständen ersichtlich, sondern im Gegenteil fernliegend. Denn es ist vielmehr davon auszugehen, dass die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten von sich aus und auch ohne Absprache mit den Regionalgesellschaften die Zahlung von Einspeiseentgelten den kleineren Netzbetreibern gegenüber verweigern, dies schon aus wirtschaftlichen Gründen.

IV. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich schließlich nicht aus §§ 33, 20 Abs. 1 bzw. Abs. 2 GWB.

1. Zwar ist die Klägerin aktivlegitimiert, nämlich betroffen von dem geltend gemachten Kartellverstoß der Beklagten. Betroffen im Sinne von § 33 Abs. 1 S. 3 GWB ist derjenige, der als Mitbewerber oder sonstiger Marktteilnehmer durch den Verstoß beeinträchtigt ist. Dies ist nicht nur derjenige, der Mitbewerber, also als Unternehmer auf dem gleichen räumlichen und sachlichen Markt tätig ist, sondern auch jeder sonstige Marktteilnehmer wie vor allem auch die Marktgegenseite oder jeder andere, der durch einen Kartellverstoß einen Schaden erleiden kann, jedenfalls soweit es der unmittelbar in Kontakt mit dem Kartelltäter Stehende ist (Bechtold, GWB, 4. Auflage 2006, § 33, Rn. 9 f). Der Verstoß, den die Klägerin rügt, nämlich die Inanspruchnahme der Einspeiseleistung durch die Beklagte ohne Bezahlung einer Vergütung, die anderen die gleiche Leistung erbringenden Unternehmen aber gewährt wird, spielt sich direkt zwischen den Parteien ab. Die Klägerin ist dadurch auch unmittelbar beeinträchtigt, da sie kein Entgelt erhält und ihr dadurch bereits ein finanzieller Schaden entsteht. Für die Frage der Betroffenheit kommt es hingegen nicht darauf an, ob die Klägerin durch diesen finanziellen Schaden auch darlegen kann, am Markt weniger konkurrenzfähig zu sein, weil sie ihren Endkunden der Wohnungswirtschaft teurere Tarife anbieten muss als die Regionalgesellschaften. Dies ergibt sich bereits daraus, dass eine tatsächliche Betroffenheit gar nicht erforderlich ist, sondern eine potenzielle Möglichkeit der Beeinträchtigung bereits ausreicht. Dass ein Schaden bereits eingetreten ist, ist gerade nicht Voraussetzung der Betroffenheit (Bechtold, a.a.O., Rn. 9).

2. Nach § 20 Abs. 1 GWB kommt ein Anspruch nur gegen marktbeherrschende Unternehmen oder Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 GWB in Betracht. Alternativ kann ein Anspruch gegen Unternehmen bestehen, von denen der Beeinträchtigte nach § 20 Abs. 2 GWB abhängig ist.

a. Es ist schon zweifelhaft, ob die Beklagte ein solches marktbeherrschendes Unternehmen ist. Der Begriff ist definiert in § 19 Abs. 2 GWB.

Allerdings ist die Beklagte auf einem relevanten Markt tätig, nämlich als Nachfragerin einer Einspeiseleistung ihres Fernsehprogramms auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

(1) Die Argumentation der Beklagten, weil zwischen den Parteien keine Austauschbeziehung bestehe, fehle es bereits an der Existenz eines relevanten Markts, verfängt nicht. Denn darin, dass die Beklagte der Klägerin gegenüber nicht zu einer Gegenleistung bereit ist, diese aber dritten Unternehmen gegenüber, die vermeintlich die gleiche Leistung erbringen wie die Klägerin, gewährt, besteht gerade die Ungleichbehandlung. Die Klägerin will in einen Austauschvertrag derart eintreten, dass die Beklagte auch ihr gegenüber eine Gegenleistung für die Einspeisung erbringt. Insoweit tritt die Beklagte als Nachfrager der Einspeisung auf. Der Vortrag, dass es der Beklagten völlig einerlei sei, ob die Klägerin ihr Programm einspeise oder nicht, überzeugt nicht. Denn dann bestünde auch keine Veranlassung für die Beklagte, den Regionalgesellschaften Einspeiseentgelte zu zahlen. Die Beklagte selbst trägt vor, von den Regionalgesellschaften aufgrund deren Marktstärke zur Zahlung gedrängt worden zu sein. Eine solches Drängen zur Zahlung ist aber nur möglich, wenn die Beklagte an der Einspeisung auch ein Interesse hat, da den Regionalgesellschaften andererseits kein Druckmittel zur Verfügung stünde. Da die Beklagte sich zumindest teilweise auch über Werbeeinnahmen finanziert, ist sie daran interessiert, ihr Programm möglichst flächendeckend verbreiten zu lassen. Genau diese Leistung erbringen die Regionalgesellschaften und auch die Klägerin.

(2) Als relevanter Markt ist der "Einspeisungsmarkt" auf dem gesamten Gebiet der BRD zu sehen. Die Klägerin ist zwar nicht bundesweit tätig, aber in verschiedensten Gebieten der Republik punktuell. Die Dienstleistung, die die Regionalgesellschaften und die Klägerin erbringen, ist die Einspeisung von Fernsehprogramm in das Kabelnetz. Dafür erhielten die Regionalgesellschaften ein Entgelt von der Beklagten, die Klägerin nicht.

Relevanter Markt ist hingegen nicht die Signalbelieferung durch die Fernsehanstalten. Denn die Klägerin stellt gerade nicht darauf ab, eine Leistung von der Beklagten in Anspruch zu nehmen - ihr Signal abzugreifen und ihren Kabelkunden zur Verfügung zu stellen - und dafür ein Entgelt erhalten zu wollen, sondern darauf, eine Leistung an die Beklagte durch Einspeisung ihres Programms und damit Verbreitung des Programms einschließlich der Werbeinhalte an Haushalte, zu erbringen.

(3) Ob der Beklagten auf diesem Einspeisungsmarkt eine marktbeherrschende Stellung zukommt, ist zweifelhaft. Die Beklagte hält einen Zuschaueranteil von unter 3% und beherrscht daher konsequent auch den Einspeisemarkt nicht, selbst wenn man davon ausgeht, dass Nachfrager auf diesem nur die öffentlichrechtlichen Programmanstalten sind, weil die privaten Fernsehsender von vornherein keine Einspeiseentgelte zahlen. Dafür, dass die Vermutung des § 19 Abs. 3 GWB greifen könnte, bestehen keine Anhaltspunkte.

b. Allerdings kann es sich bei der Klägerin und der ARD bzw. dem Zusammenschluss aus ARD und Dritten Programmen um eine Vereinigung von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen handeln mit der Folge, dass auf die Marktmacht dieses Zusammenschlusses abzustellen wäre. Bejaht man dies, so kann die Klägerin die Beklagte als Angehörige des Oligopols auch einzeln in Anspruch nehmen (Bechtold, a.a.O., § 20, Rn. 9), Voraussetzung ist nur, dass das in Anspruch genommene Unternehmen einem marktbeherrschenden Oligopol angehört.

Dafür, dass die Gesamtheit der öffentlichrechtlichen Fernsehanstalten ein Oligopol im Sinne des § 19 Abs. 2 S. 2 GWB darstellt, bestehen einige Anhaltspunkte. Die öffentlichrechtlichen Sendeanstalten haben sich im Innenverhältnis bewusst gleichförmig auf dem Markt verhalten, indem sie ihr Verhalten in Bezug auf die Einspeiseentgelte unstreitig abgestimmt haben. Auch sind diese untereinander keinem Wettbewerb ausgesetzt, sondern es ist vom Gesetzgeber so gewollt, dass sie nebeneinander existieren und sogar teilweise Gemeinschaftsprogramme produzieren. Sie sind darauf ausgelegt, dass alle Programme alle Zuschauer erreichen.

Ob dies auch im Außenverhältnis zum Vorliegen eines Oligopols führt, weil die öffentlichrechtlichen Fernsehanstalten in ihrer Gesamtheit keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt sind, kann im Ergebnis offen bleiben.

c. Schließlich kann ebenfalls dahinstehen, ob die Klägerin als kleines oder mittleres Unternehmen von der Beklagten als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Leistung in der Weise abhängig wäre, dass Möglichkeiten des Ausweichens auf andere Unternehmen nicht bestehen.

Voraussetzung der Abhängigkeit ist jedenfalls, dass ein Unternehmen zur Erhaltung seiner Wettbewerbsfähigkeit auf ein anderes Unternehmen angewiesen ist, wobei die Abhängigkeit auf einem bestimmten Markt bestehen muss (Bechtold, a.a.O., § 20, Rn. 17f), hier also auf dem Einspeisemarkt.

Das Fehlen eines solchen Abhängigkeitsverhältnisses ergibt sich nicht - wie die Beklagte argumentiert - aus dem Umstand, dass die Beklagte das Signal zum Empfang der Allgemeinheit ausstrahlt. Denn für die Beantwortung der Frage, ob die Klägerin von der Beklagten abhängig ist, kommt es nicht darauf an, ob sie ihr Signal abgreifen kann, sondern darauf, ob das Angebot der Klägerin an ihre Endkunden an Attraktivität verliert, wenn sie dieses Programm nicht anbietet.

Eine Abhängigkeit kann die Klägerin jedenfalls nicht aus den Mustcarry-Regelungen herleiten. Denn das Programm der Beklagten muss ausschließlich in NRW verbreitet werden, wo die Klägerin aber überhaupt kein Kabelfernsehen anbietet. Auch ist die Einspeisung dementsprechend nicht Teil des Grundversorgungsauftrags der Beklagten aus § 11 Abs. 1 Rundfunkstaatsvertrag.

Eine Abhängigkeit in Form der sortimentsbedingten Abhängigkeit kann sich also nur daraus ergeben, dass die Klägerin auf die Verbreitung des WDR-Fernsehens in ihrem Bereich angewiesen wäre. Dies wäre der Fall, wenn die Klägerin WDR-Fernsehen anbieten müsste, um konkurrenzfähig zu sein. Dabei kommt es auf eine allgemeine Marktdurchsetzung an. Abhängigkeit besteht, wenn eine bestimmte Ware aus Sicht der Kunden im Sortiment erwartet wird (Bechtold, a.a.O., § 20, Rn. 20).

Ob dies der Fall ist, ist zwischen den Parteien streitig, kann vorliegend aber offen bleiben, da ein Schadensersatzanspruch der Klägerin auch dann nicht in Betracht kommt, wenn man eine Abhängigkeit der Klägerin von der Beklagten im Sinne des § 20 Abs. 2 GWB bejaht.

d. Fraglich, aber hier nicht zu entscheiden, ist auch, ob es sich bei den Regionalgesellschaften und der Klägerin überhaupt um gleichartige Unternehmen handelt. Denn nur dann gilt das Gebot der Gleichbehandlung überhaupt. Voraussetzung der Gleichartigkeit ist, dass die Unternehmen dieselbe Grundfunktion erfüllen. Die Gleichartigkeit kann nur im Hinblick auf den betroffenen Markt bestimmt werden, ohne Berücksichtigung der Tätigkeit auf anderen Märkten (Bechtold, a.a.O., § 20, Rn. 34).

Aus Sicht der Sendeanstalten sorgen die Netzbetreiber der Ebenen 2 und 3 dafür, dass ihre Programme überhaupt flächendeckend in Deutschland verteilt werden, während die Betreiber der Ebene 4 dafür sorgen, dass diese verteilten Programme zu den einzelnen Haushalten gelangen. Beide versorgen dann verschiedene Aspekte einer einheitlichen Leistung und sind aufeinander angewiesen. Denn damit das Programm bei den Endkunden ankommt, muss es erst über Ebenen 2 und 3 in der Fläche verteilt werden und anschließend über Ebene 4 an die einzelnen Haushalte. Dies hätte zur Konsequenz, dass die verschiedenen Ebenen auch als verschiedene Märkte zu betrachten wären.

Ob die Klägerin Netze der Ebenen 2, 3 und 4 oder nur der Ebene 4 bereitstellt, ist zwischen den Parteien umstritten. Ob die Klägerin insoweit überhaupt ihrer Darlegungslast nachgekommen ist und substantiiert ausgeführt hat, dass sie autark Netzebenen 2, 3 und 4 betreibt, kann allerdings offen bleiben.

e. Denn jedenfalls scheitert ein Schadensersatzanspruch der Klägerin daran, dass eine etwaige Ungleichbehandlung nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund erfolgt. Da diese Voraussetzung den gleichen normativen Bewertungsmaßstab aufweist wie das Kriterium der Unbilligkeit im Rahmen der Behinderung (Markert in Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 20, Rn. 115), kann vorliegend auch dahinstehen, ob eine solche Behinderung vorliegt. Denn diese ist ebenfalls nicht unbillig.

Es hat hier eine Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB zu erfolgen (Markert, a.a.O., § 20, Rn. 129 m.w.N.). Zu beachten ist auch, dass das Verbot der Ungleichbehandlung nicht generell ein Gebot zur Gleichbehandlung beinhaltet. Unterschiedliche Marktbedingungen erlauben eine differenzierende Behandlung, insbesondere wenn sie das Ergebnis des Verhandlungsgeschicks der Marktgegenseite sind. Dies gilt auch auf dem Gebiet der Preis- und Konditionendiskriminierung, wo der Marktbeherrscher nicht verpflichtet ist, allen Abnehmern die gleichen Bedingungen einzuräumen (Lübbert, in Wiedemann Handbuch des Kartellrechts, 2. Auflage 2008, § 28, Rn. 46). So darf er einem Unternehmen mit geballter Marktmacht jedenfalls dann Vorzugspreise einräumen, wenn sich die bevorzugte Behandlung für die übrigen Abnehmer nicht nachteilig auswirkt (Lübbert, a.a.O., § 28, Rn. 47).

In die Abwägung einzufließen hat zum einen der Umstand, dass die Klägerin den Vertrag mit der GEMA in dem Bewusstsein unterzeichnete, dass die Regionalgesellschaften Einspeiseentgelte erhalten und die übrigen Kabelgesellschaften nicht. In diesem Vertrag war auch ausdrücklich geregelt, dass die Klägerin gegenüber den öffentlichrechtlichen Sendern keine Transportentgelte erheben würden, im Gegenzug dazu sollten sie den Rabatt von 6% auf die Lizenzgebühren erhalten. Auch wenn dieser Rabatt die Einspeiseentgelte nicht wirtschaftlich ersetzt, so war auch dieser Umstand der Klägerin bekannt und sie hat den Vertrag dennoch unterzeichnet. Des Weiteren hat sie sich bis zu ihrem Schreiben vom 23.12.2011 nie an die Beklagte oder eine andere Rundfunkanstalt gewandt und ihre Forderung nach Einspeiseentgelten formuliert.

Es handelt sich insoweit um eine Wertung der tatsächlichen Umstände, so dass es weder darauf ankommt, ob § 5 Ziff. 3 des Vertrags mit der GEMA nichtig ist oder nicht, noch darauf, ob die Unterzeichnung des Vertrags rechtlich einen Verzicht der Klägerin auf die Geltendmachung von Einspeiseentgelten enthält. Auch der Umstand, dass im Jahre 2009 die O GmbH am 03.11.2009 an einer Besprechung mit den Vertretern der öffentlichrechtlichen Fernsehsender teilnahmen, in dem die Vertreter der Kabelunternehmen ein Optionsrecht zur Geltendmachung von Einspeiseentgelten aus § 5 Ziff. 3 des GEMA-Vertrags herauslesen und insoweit einen Rahmenvertrag schließen wollten, ändert daran nichts. Denn die Klägerin hat dieser einmaligen Forderung keine weiteren Taten folgen lassen, nachdem die Rundfunkanstalten klargestellt haben, Enspeisevergütungen nicht zahlen zu wollen. Im Gegenteil hat sie die Rabatte der GEMA widerspruchslos und ohne weitere Nachforderungen angenommen.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass sowohl die Regionalgesellschaften als auch die Klägerin ein Entgelt für die Eispeisung erhalten haben, die Klägerin nur eben über den Rabatt bei der GEMA. Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 5 Ziff. 3 des Vertrages ist diese Klausel dem Zweck gewidmet, Einspeiseentgelte zu ersetzen. Dass dieser Rabatt geringer ausfällt als die Einspeiseentgelte selber, begründet die Beklagte mit der großen Marktmacht der Regionalgesellschaften, die deshalb eben eine bessere Verhandlungsposition haben als die zersplitterte Gruppe der kleinen Kabelnetzbetreiber. Hinzu kommt, dass die Regionalgesellschaften im Rahmen der Verhandlungen eine bessere Ausgangsposition hatten als die kleinen Kabelnetzbetreiber. Denn ursprünglich wurde die Zahlung von Einspeiseentgelten im Rahmen des Transportmodells zwischen den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten und den Regionalgesellschaften vereinbart. Auch wenn dieser Umstand allein nicht geeignet ist, auch heute noch einen sachlichen Grund für die Zahlung von Einspeiseentgelten ausschließlich an die Regionalgesellschaften zu liefern, so bildet er dennoch die Grundlage der Verhandlungsposition der Regionalgesellschaften.

Hinzu kommt auch, dass die Behinderung durch besondere Umstände wie eine besondere Häufigkeit oder Intensität gekennzeichnet sein muss, damit gerade durch sie eine Gefahr für den Wettbewerb begründet wird. Andernfalls ist eine Unbilligkeit der Behinderung nicht anzunehmen (Bechtold, a.a.O., § 20, Rn. 41), die aber ebenfalls im Rahmen der Ungleichbehandlung zu prüfen ist (Bechtold, a.a.O., § 20, Rn. 52). Insoweit wird derselbe normative Beurteilungsmaßstab angelegt (Lübbert a.a.O. § 28, Rn. 4). Eine solche Intensität ist aber vorliegend nicht gegeben, da die Klägerin lediglich Beträge in Höhe von gut 30.000,00 EUR für einen Zeitraum von vier Jahren geltend macht, mithin Beträge, die im Vergleich zu ihrem Jahresumsatz von ca. EUR 3 Mio. verschwindend gering sind und deshalb keinen Einfluss auf ihr Geschäftsgebaren haben, vor allem nicht, wenn man auch noch den Rabatt der GEMA von dem geltend gemachten Betrag abzieht.

Daraus zeigt sich dementsprechend, dass die Klägerin gegenüber den Regionalgesellschaften keine Nachteile erleidet außer einer - für ihren Geschäftsbetrieb im Gesamten selbst nach dem Vortrag der Klägerin aber nicht einmal 0,5% ausmachenden - geringeren Vergütung, die aber wie ausgeführt der besseren Verhandlungsbasis der Regionalgesellschaften geschuldet ist. Dies zeigt sich auch daran, dass nicht nur die Klägerin, sondern auch alle anderen kleinen und mittleren Kabelnetzbetreiber keine Einspeiseentgelte erhalten.

Auch wenn die Beklagte seit Beginn dieses Jahres keine Einspeiseentgelte mehr an die Regionalgesellschaften bezahlt, ändert dies nichts daran, dass bislang ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vorgelegen hat. Soweit die Klägerin argumentiert, daraus, dass die Beklagte nunmehr keine Einspeiseentgelte mehr zahle, ergebe sich, dass die von ihr angeführten Gründe für die bisherige Zahlung vorgeschoben gewesen seien, kann dem nicht gefolgt werden. Denn die Beklagte hat dargelegt, inwieweit sich die tatsächlichen Umstände derart geändert haben, dass sie sich nunmehr - im Gegensatz zur Lage im Jahr 2008 - nicht mehr in der Lage sieht, Einspeiseentgelte zu entrichten und sich der Marktmacht der Regionalgesellschaften zu beugen. Vor allem erlaubt ihr der rechtliche Rahmen die Zahlung solcher Entgelte nicht mehr, da § 19 Abs. 2 RStV ihr nunmehr die Pflicht auferlegt, bei der Auswahl der Übertragungswege die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten.

B. Auch der Hilfsantrag der Klägerin ist unbegründet. Da ein Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht kommt, besteht auch kein Interesse der Klägerin an einer Auskunftserteilung hinsichtlich der von der Beklagten gezahlten Einspeiseentgelte. Ob sich ein solcher Auskunftsanspruch aus § 242 BGB grundsätzlich ergeben kann, kann daher ebenfalls dahinstehen.

C. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 ZPO.

Streitwert: EUR 37.732,96






LG Köln:
Urteil v. 13.06.2013
Az: 31 O (Kart) 346/12


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/835032fc71ab/LG-Koeln_Urteil_vom_13-Juni-2013_Az_31-O-Kart-346-12




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