Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 5. März 1999
Aktenzeichen: 6 U 189/97
(OLG Köln: Urteil v. 05.03.1999, Az.: 6 U 189/97)
Urheberschutz für Fotografie "Klammerpose", Doppelschöpfung UrhG §§ 2, 23, 24, 97, 98, 101a 1. Weist der Vergleich zweier Fotos in allen wesentlichen Elementen einer gestellten und alsdann fotografierten Pose (hier: männliche Rückenansicht ohne Kopf mit waagerecht ausgebreiteten Armen, Frau in "Klammerhaltung" mit dem Betrachter zugewandtem Gesicht) deutliche Óbereinstimmungen auf, sind Abweichungen in Details, die den Gesamteindruck unberührt lassen, nicht geeignet, den für § 24 UrhG notwendigen Abstand zu schaffen. 2. Zur Frage der Eigenart und Óblichkeit choreografischer Posen. 3. Für das Vorliegen einer Doppelschöpfung obliegt dem Urheber des später veröffentlichten Werkes die volle Beweislast, es sei denn, eine -möglicherweise in das Unterbewusstsein eingetauchte- Kenntnis des Werkes ist auszuschließen; hierzu kann ausreichen, dass der Schöpfer des späteren Werkes darlegen und beweisen kann, dass er die nach der Lebenserfahrung zu vermutende Kenntnis des älteren Werkes nicht besessen hatte. 4. Der Auskunftsanspruch nach § 101a UrhG ist verschuldensunabhängig. 5. Zur Frage der Schadensersatzverpflichtung bei Urheberrechtsverletzungen. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Gründe
Die selbständigen Berufungen der Parteien sind in formeller
Hinsicht bedenkenfrei. Die Berufung der Klägerin hat nur zum Teil,
die Berufung der Beklagten hingegen keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Landgericht der Klage bezüglich des
Unterlassungsanspruchs stattgegeben. Auch der Begründung der
angefochtenen Entscheidung schließt sich der Senat an. Er nimmt sie
in Bezug und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von ihrer
erneuten Darstellung ab, § 543 Abs. 1 ZPO.
Die mit der Berufung der Beklagten gegen das angefochtene Urteil
vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Die Klägerin, die
aufgrund eines zwischen ihr und dem Kölner Fotografen und
Bühnentänzers G.W. geschlossenen Wahrnehmungsvertrages und der im
Termin zur mündlichen Verhandlung vom 07.08.1998 unstreitig
erfolgten Forderungsabtretung die urheberrechtlichen Befugnisse des
Künstlers W. wahrzunehmen berechtigt ist, kann von den Beklagten
gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG verlangen, daß diese das
Inverkehrbringen, das Vervielfältigen und das Verbreiten der im
Urteilstenor in Schwarz/Weiß-Fotokopie wiedergegebenen, von dem
Beklagten zu 2) stammenden und in der von der Beklagten zu 1)
herausgegebenen Zeitschrift "F.f.F." (Heft 4/96) abgedruckten
Fotografie unterlassen. Denn mit dem Landgericht ist davon
auszugehen, daß es sich bei der streitgegenständlichen Fotografie
des Beklagten zu 2) (nachfolgend "Sch.-Foto" genannt) um eine
Bearbeitung der von dem Fotografen W. im Jahre 1989 geschaffenen
und seither als Postkarte verbreiteten, nachfolgend zur
Verdeutlichung ebenfalls wiedergegebenen Abbildung (fortan als
"W.-Foto" bezeichnet) handelt:
Zu Recht ist das Landgericht in Óbereinstimmung mit dem Vortrag
beider Parteien davon ausgegangen, daß das W.-Foto ein
Lichtbildwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 in Verbindung mit
Absatz 2 UrhG darstellt und deshalb Urheberrechtschutz genießt. Es
hat zutreffend herausgestellt, daß es sich bei dem W.-Foto um eine
künstlerische Fotografie und damit um eine persönliche geistige
Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG handelt, und daß eine solche
bereits in der Wahl des Motivs liegen könne. Der Senat folgt dem
Landgericht auch in seiner Annahme, daß das Foto die abgebildete
Tänzerin in einer ballettuntypischen, individuell gestellten und
kein herkömmliches Tanzelement wiedergebenden Pose darstellt. Hinzu
kommt der besondere "Ausschnitt", den das W.-Foto zeigt, indem
nämlich der Körper des dort abgebildeten Mannes, den die Frau mit
ihren Armen und Beinen umklammert, nicht vollständig zu sehen ist.
Vielmehr zeichnen die rechtwinklig zur Seite hoch genommenen,
ebenso wie der Kopf nicht vollständig zu sehenden,
"abgeschnittenen" und balkenförmig wirkenden Arme des Mannes den
oberen Bildrand nach. Auch die Beine des Mannes sind nicht
vollständig sichtbar und wirken infolge des gewählten
Bildausschnittes "abgeschnitten".
Das beanstandete Sch.-Foto kommt der W.-Abbildung im
Gesamteindruck der prägenden Merkmale so unverkennbar nahe, daß
eine freie Bearbeitung im Sinne des § 24 UrhG nicht angenommen
werden kann, vielmehr von einem Anwendungsfall des § 23 UrhG
auszugehen ist. Bei der Prüfung der Frage, ob es sich um ein
selbständiges, in freier Benutzung des Werkes eines anderen
geschaffenes Werk handelt, gelten strenge Maßstäbe (Schricker,
Urheberrecht, 1987, § 24 UrhG Rdnr. 11). Für die Annahme einer
freien Benutzung kommt es darauf an, ob das fremde Werk nicht in
identischer oder umgestalteter Form übernommen worden ist, sondern
nur als Anregung für das eigene Werkschaffen gedient hat
(Schricker, a.a.O., Rdnr. 9).
Hiernach kann von einer freien Bearbeitung durch den Beklagten
zu 2) nicht ausgegangen werden. Zwar ist es richtig, daß die beiden
Fotografien dann, wenn man sie gegenüberstellt sieht und
betrachtet, in einzelnen, allerdings als untergeordnet zu
bezeichnenden Punkten Unterschiede aufweisen, z.B. bei der
Bekleidung der auf den Fotografien abgebildeten Personen und bei
der Blickrichtung der jeweiligen, den Mann mit ihren Beinen
umklammernden Frau (die Frau auf dem W.-Foto schaut rechts an dem
Mann vorbei, beim Sch.-Foto ist dies umgekehrt). Diese Abweichungen
sind jedoch als marginal zu bezeichnen. Denn im Gesamteindruck der
die besondere Eigenart des Bildes prägenden Merkmale kommt die
streitgegenständliche Fotografie der W.-Abbildung so nahe, daß
vorhandene Abweichungen im Detail die besondere Eigenart des Bildes
nicht verändern und demgemäß nicht geeignet sind, den für § 24 UrhG
notwendigen Abstand zu schaffen. Denn der Vergleich der beiden
Fotos zeigt, daß sie in allen wesentlichen Elementen der gestellten
und fotografierten Pose und der abgebildeten Personen
übereinstimmen. Auch bei dem Sch.-Foto findet sich im wesentlichen
der gleiche "Bildausschnitt" wie bei dem W.-Foto. Hier wie dort
bilden die waagerecht ausgestreckten Arme des Mannes praktisch die
obere Bildbegrenzung, hier wie dort ist nur ein Teil des männlichen
Körpers sichtbar. Auch bei dem Sch.-Foto kann man den Kopf des
Mannes nicht sehen, auch hier wirken die Arme und auch die Beine
des abgebildeten Mannes infolge des gewählten Bildausschnittes
"abgeschnitten". Bei beiden Fotografien wirkt der Mann, der dem
Betrachter den Rücken zuwendet, dadurch weniger als Person, sondern
eher als ein lebloser Gegenstand ohne Kopf und ohne Gesicht, der
nur dazu dient, der Frau in ihrer "Klammerpose" Halt zu geben. Das
trägt dazu bei, daß sich der Betrachter sowohl die Gesichter als
auch die besondere Körperhaltung der beiden abgebildeten Frauen
einprägt.
Weist das streitgegenständliche Foto aber die wesentlichen, das
W.-Foto prägenden Gestaltungsmerkmale auf, und folgt daraus
zugleich, daß das von W. geschaffene Werk dem Beklagten zu 2) nicht
nur als Anregung zu eigenem künstlerischem Schaffen gedient hat,
sondern von ihm mit geringen Abwandlungen in seinen maßgeblichen
Merkmalen übernommen worden ist, wäre eine andere Beurteilung
allenfalls dann geboten, wenn die in Rede stehenden Pose
tatsächlich, wie die Beklagten geltend machen, im modernen Ballett
weithin verbreitet und üblich wäre. Denn in diesem Fall käme
vorhandenen Unterschieden in den beiden Darstellungen ein höheres
Gewicht zu. Es kann jedoch in tatsächlicher Hinsicht nicht davon
ausgegangen werden, daß es sich bei der in Rede stehenden Pose um
eine solche handelt, die sich üblicherweise im modernen Ballett
wiederfindet. Gerade das von den Beklagten im Verlaufe des
Rechtsstreits selbst vorgelegte Bildmaterial (Blatt 4 - 24 des
Anlagenhefters) belegt das. Zwar kann danach ohne weiteres davon
ausgegangen werden, daß "Klammerposen" bei modernen Choreographien
in vielfältigen Variationen vorkommen. Alle von den Beklagten und
auch alle von der Klägerin vorgelegten Vergleichsbilder zeigen aber
allenfalls ähnliche, auf keinen Fall aber annähernd gleiche oder
gar identische Klammerposen. Einzig das von den Beklagten mit
Schriftsatz vom 24.07.1998 als Anlage BB 1, dort drittes Foto von
links (Blatt 209 d.A.), zu den Akten gereichte, dem Internet
entnommene Foto weist eine große Àhnlichkeit mit dem
streitgegenständlichen Sch.-Foto und mithin auch dem W.-Foto auf.
Dieses Foto belegt für sich allein genommen jedoch nicht die
behauptete Óblichkeit der dargestellten Pose in modernen
Ballettchoreographien. Deshalb kommt es im übrigen nicht darauf an,
daß nicht ersichtlich und erst recht nicht vorgetragen ist, wann,
wie und wo dieses Foto, das im übrigen durchaus eine unfreie
Bearbeitung des Sch.-Fotos sein könnte, hier in der Bundesrepublik
Deutschland Verbreitung gefunden hat.
Der Einwand der Doppelschöpfung, also die voneinander völlig
unabhängige Entstehung zweier identischer oder - wie hier - im
wesentlichen gleicher Werke, hilft den Beklagten nicht. In einem
solchen Fall kann trotz der objektiven Óbereinstimmungen der sich
gegenüberstehenden Werke von einer unzulässigen Entlehnung und
damit einer unfreien Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG nicht
ausgegangen werden. Dabei trägt nach allgemeiner Meinung der
Urheber des später veröffentlichten Werkes, hier also der Beklagte
zu 2), für das Vorliegen einer Doppelschöpfung die volle
Beweislast, es sei denn, eine - möglicherweise in das
Unterbewußtsein untergetauchte - Kenntnis von dem älteren Werk ist
auszuschließen (Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 8. Auflage 1994,
Anhang § 24 Rdnr. 11). Hierzu reicht es unter bestimmten
Voraussetzungen aus, daß der Schöpfer des späteren Werkes darlegen
und auch beweisen kann, daß er die nach der Lebenserfahrung zu
vermutende Kenntnis des älteren Werks nicht hatte. Diesen Beweis
haben die Beklagten nicht erbracht.
Mit dem Landgericht vermochte sich auch der Senat auf der
Grundlage der Bekundungen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen H.
und T. nicht davon zu überzeugen, daß der Beklagte zu 2) von dem
W.-Foto keine Kenntnis hatte, als er die streitgegenständliche
Fotografie aufnahm. Zwar haben beide Zeugen in Óbereinstimmung mit
dem Sachvortrag der Beklagten sinngemäß bekundet, die Posen seien
nicht von ihnen vorgegeben, sondern allenfalls vorgeschlagen
worden, die endgültige Darstellung einschließlich des auch das
Sch.-Foto prägenden besonderen Ausschnitts des Bildes (mit dem
Rücken zum Betrachter stehender Mann ohne Kopf mit zur Seite
waagerecht ausgebreiteten Armen, die ebenso wie die Beine
"abgeschnitten" wirken, Umklammerungspose der Frau) sei von dem
Beklagten zu 2) bestimmt worden. Beide Zeugen haben überdies
angegeben, die Idee zu der Pose, die letztenendes Eingang in das
Foto gefunden hat, sei dadurch entstanden, daß der Zeuge T. am Hals
der auf dem Sch.-Foto abgebildeten Zeugin H. ein kleines Kreuz
gesehen habe, dieses Kreuz habe ihn auf den Gedanken gebracht habe,
eine Kreuzform für das Foto zu verwenden.
Diese Zeugenaussagen belegen zwar, daß das streitbefangene Foto
aus einer Arbeitssituation heraus entstanden ist und der Beklagte
zu 2) die Pose den Darstellern nicht von vornherein vorgegeben hat.
Sie lassen jedoch nicht mit der für § 286 Abs. 1 ZPO nötigen
Sicherheit den Rückschluß zu, der Beklagte zu 2) habe eine von dem
Zeugen T. ausgehende Idee umgesetzt, ohne das W.-Foto - bewußt oder
unbewußt - gekannt zu haben. Vermag der Senat demgemäß ebenso wie
das Landgericht nicht mit der erforderlichen Sicherheit
auszuschließen, daß sich der Beklagte zu 2) bei der Erstellung der
streitgegenständlichen Fotografie von einer - möglicherweise nur in
seinem Unterbewußtsein haften gebliebenen - Kenntnis von dem
W.-Foto hat inspirieren und leiten lassen, gehen diese Zweifel zu
Lasten der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten.
Anderes würde nur dann gelten, wenn aufgrund anderer Umstände eine
bewußte oder unbewußte Kenntnis des Beklagten zu 2) ausgeschlossen
werden könnte. Das wäre nach Auffassung des Senats dann der Fall,
wenn entgegen der von den Beklagten bestrittenen Behauptung der
Klägerin von einer Verbreitung des W.-Fotos vor der im Oktober 1994
erfolgten Fertigung des streitgegenständlichen Fotos nicht
ausgegangen werden könnte, weil dann eine Möglichkeit zur
Kenntnisnahme nicht vorhanden gewesen wäre. Wenngleich in diesem
Zusammenhang der von der Klägerin ins Feld geführte, das W.-Foto
enthaltende und verbreitete Fotoband schon deshalb ohne Bedeutung
ist, weil er unstreitig erst nach Oktober 1994 erschienen ist,
steht aufgrund der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme
jedoch fest, daß das W.-Foto dem Vortrag der Klägerin entsprechend
in Form einer Fotopostkarte seit 1989 vertrieben worden ist. Der
Zeuge R. hat glaubhaft und zur Óberzeugung des Senats bekundet, das
W.-Foto sei 1989 als Postkarte in einer Auflage von 3000 Stück
gedruckt worden. Bis zum Jahr 1998 seien insgesamt 1100 dieser
Postkarten weiterveräußert worden. Definitiv könne er sagen, daß 20
Stück der hier in Rede stehenden Postkarten vor dem 31.01.1993 an
das Fotografieforum in Frankfurt, dem Wohnort des Beklagten zu 2),
gegangen seien. Die eigenen Läden habe man mit mindestens fünf,
sofern es Drehständer gegeben habe, auch mit 20 Postkarten
beliefert. Im übrigen sei es üblich gewesen, die Großhändler mit
Mustern zu beliefern, diese hätten dann gegebenenfalls nach einiger
Zeit Bestellungen geordert.
Aufgrund dieser Bekundungen des Zeugen R., deren Richtigkeit
anzuzweifeln der Senat keinen Anlaß sieht, steht fest, daß das
W.-Foto vor Oktober 1994 jedenfalls in mehreren deutschen Orten,
u.a. im Wohnort des Beklagten zu 2), in einer nicht völlig zu
vernachlässigenden Stückzahl in den Verkehr gelangt ist, der
Beklagte zu 2) also die Möglichkeit hatte, dieses Foto zur Kenntnis
zu nehmen. Auch die Zeugin L. hat nicht ausschließen können, daß
das W.-Foto zum Bestand des Fotografieforums in Frankfurt gehörte,
als sie dessen Leitung im Jahre 1992 übernahm. Ist deshalb wegen
der zwar nicht sonderlich stark ausgeprägten, aber vorhandenen
Verbreitung des W.-Fotos von einer möglichen Kenntnisnahme des
Beklagten zu 2) vor Oktober 1994 auszugehen, wäre es seine Sache
gewesen, den Nachweis zu führen, daß er keine bewußte oder
unbewußte Kenntnis von dem W.Foto hatte. Hieran fehlt es.
Ist der Berufung der Beklagten demgemäß der Erfolg versagt, weil
die Beklagten gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG zur Unterlassung und
gemäß § 98 Abs. 1 UrhG zur Vernichtung vorhandener
Vervielfältigungstücke des Sch.-Fotos verpflichtet sind, hat die
Berufung der Klägerin teilweise Erfolg. Denn das Landgericht hat
zwar die Schadenersatzfeststellungsklage zu Recht, die
Auskunftsklage aber zu Unrecht abgewiesen.
Das Landgericht hat angenommen, die Klägerin verlange
Rechnungslegung, ein solcher Anspruch stehe ihr aber nicht zu, weil
nicht sicher sei, ob der Beklagte zu 2) das W.-Foto gekannt habe,
deshalb fehle es an dem für das Rechnungslegungsbegehren
notwendigen Verschulden, welches die Klägerin darzulegen habe.
Diese Begründung trägt die Klageabweisung nicht. Denn trotz der -
das ist dem Landgericht zuzugeben - mißverständlichen Formulierung
des insoweit in erster Instanz angekündigten und gestellten
Klageantrags wollte die Klägerin offensichtlich nicht
Rechnungslegung, sondern - wie der Hinweis auf § 101 a UrhG auf
Seite 4 der Klageschrift zeigt - lediglich Auskunft verlangen.
Dieser Auskunftsanspruch aus § 101 a Abs. 1 UrhG steht der Klägerin
aber auch dann zu, wenn die Beklagten ein Verschulden nicht trifft.
Denn anders als der aus §§ 97 UrhG, 242 BGB folgende
Rechnungslegungsanspruch setzt der dem Urheber aus § 101 a UrhG
zustehende Auskunftsanspruch nach allgemeiner Meinung ein
Verschulden des Verletzers nicht voraus (vgl. die Nachweise bei
Fromm/Nordemann, a.a.O., § 97 Rdnr. 27).
Der Schadenersatzfeststellungsanspruch der Klägerin ist
demgegenüber unbegründet. Das Landgericht ist hier in tatsächlicher
wie in rechtlicher Hinsicht zutreffend davon ausgegangen, daß
dieser Anspruch ein Verschulden der Beklagten voraussetzt und daß
die im Rahmen des Schadenersatzfeststellungsanspruchs insoweit
darlegungs- und beweispflichtige Klägerin die (unbewußte) Kenntnis
der Beklagten von der Existenz des W.-Fotos nicht nachgewiesen hat.
Der Senat nimmt die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts
zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen in Bezug, § 543 Abs. 1
ZPO. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang meint, die
Beklagten hafteten auch nach Bereicherungsrecht, insoweit komme es
auf Verschulden nicht an, rechtfertigt dies keine abweichende
Entscheidung. Denn die Klägerin hat die Feststellung der
Schadenersatzpflicht der Beklagten und nicht ihre Herausgabe- und
Wertersatzpflicht nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte
Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) beantragt.
Allerdings weiß die Beklagte zu 1) seit dem Zugang der Abmahnung
der Klägerin und damit seit dem 26.06.1996, daß die Klägerin die
Veröffentlichung des streitgegenständlichen Fotos als
Urheberrechtsverletzung ansah. Der Beklagte zu 2) - das folgt aus
dem Inhalt seiner eidesstattlichen Versicherung vom selben Tage,
die er in dem Rechtsstreit 28 O 311/96 Landgericht Köln abgegeben
hat - hat von dem W.-Foto spätestens seit dem 28.07.1996 positive
Kenntnis. Er kennt damit jedenfalls seit diesem Tag die Umstände,
die seine Unterlassungspflicht begründen. Diese Kenntnis der
Beklagten rechtfertigt das Schadenersatzfeststellungsbegehren
gleichwohl nicht. Denn es steht nicht fest, daß die Beklagten das
streitbefangene Foto nach dem 25.06. bzw. dem 27.07.1996 verbreitet
und dadurch Rechte der Klägerin verletzt haben. Damit fehlt es aber
für den Zeitraum nach dem 26.06. bzw. dem 28.07.1996 an der für den
Schadenersatzfeststellungsanspruch notwendigen
Verletzungshandlung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§
708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer der Parteien
beträgt jeweils weniger als 60.000,00 DM.
Dr. Schwippert von Hellfeld Pietsch - 6 -
OLG Köln:
Urteil v. 05.03.1999
Az: 6 U 189/97
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/836bffa142f5/OLG-Koeln_Urteil_vom_5-Maerz-1999_Az_6-U-189-97