Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Juni 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 380/00
(BPatG: Beschluss v. 19.06.2002, Az.: 29 W (pat) 380/00)
Tenor
1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Juni 2000 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Büroartikel (ausgenommen Möbel)" zurückgewiesen worden ist.
2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I Die Wortmarke
"Global Online"
soll für Waren und Dienstleistungen der Klassen 38, 9, 16, 25, 28, 35, 36, 37, 39, 41 und 42 in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch einen Beamten des höheren Dienstes mit Beschluss vom 6. Juni 2000 teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Waren und Dienstleistungen
"Elektrische, elektronische, optische, Mess-, Signal-, Kontroll- und Unterrichtapparate und- instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel); Werbung und Geschäftsführung; Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Bauwesen; Installation, Wartung und Reparatur von Einrichtungen für die Telekommunikation; Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen; Transport- und Lagerwesen; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckerzeugnissen sowie entsprechenden elektronische Medien (einschließlich CD-ROM und CD-I); Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation".
Dem angemeldeten Zeichen fehle jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Es setze sich sprachüblich aus den Wörtern "global" (global, weltweit, weltumfassend) und "online" (Zustand, bei denen eine Verbindung zwischen einem System und einem Gerät besteht), welches in Verbindung mit weiteren Substantiven wie "Online-Datenbank, Online-Banking" usw. vorkomme, zusammen. Die Wortfolge wirke daher lediglich als sachbezogene Bezeichnung, mit der der Anwendungsbereich bzw. die Eigenschaften der gekennzeichneten Produkte beschrieben werde, nämlich dass diese Produkte oder Dienstleistungen ein "global Online"-Agieren ermöglichten bzw. dass dies deren Gegenstand sei. Das angemeldete Zeichen werde nicht als phantasievolle, mehrdeutige Wortbildung aufgenommen, weil ein sachbezogener beschreibender Begriffsinhalt im Vordergrund stehe. Die Anmelderin könne sich nicht auf ihrer Meinung nach gleiche oder vergleichbare Eintragungen berufen, weil diese kein Recht auf Fehlerwiederholung gäben.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. "Global Online" habe weder einen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt noch handele es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache. Die angemeldete Wortzusammensetzung sei nicht aus sich heraus verständlich und beschreibe die angemeldeten Waren nicht, sondern weise eine "produktspezifische Offenheit" auf, weshalb kein Waren- und Dienstleistungsbezug bestehe. Es gebe auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, daß die Wortkombination als beschreibende Angabe in Betracht komme. Der Markt betrachte wegen der Vielzahl verschiedener Angebote die Kennzeichnungen auf diesen Gebieten genau, so dass bereits geringfügige Ungenauigkeiten in der Wortbildung oder wenig Fantasiegehalt in einer Wortzusammensetzung auffielen, und der Verkehr somit auch im vorliegenden Fall in der angemeldeten Kennzeichnung einen betrieblichen Herkunftshinweis erkenne. Im übrigen habe das Deutsche Patent- und Markenamt die vergleichbaren Wortmarken 396 48 585.5 "Global Intranet" und 396 52 782.5 "Global Learning" eingetragen.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Der Senat hat eine Internetrecherche zur Bedeutung des Begriffs "Global Online" durchgeführt, deren Ergebnis der Anmelderin zur Kenntnis gegeben wurde.
II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Die angemeldete Marke ist für die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der Waren "Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Büroartikel (ausgenommen Möbel)" von der Eintragung ausgeschlossen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 37 Abs. 1 MarkenG.
1 Kann einer Wortmarke ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich auch sonst um einen verständlichen Ausdruck der deutschen Sprache, der vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft (BGH WRP 2001, 1082, 1083 "marktfrisch"; BGH GRUR 2001, 1043 "Gute Zeiten - schlechte Zeiten; BGH GRUR 2001 1042 "REICH UND SCHOEN"; BGH BlfPMZ 2001, 398 "LOOK"). Dies ist hier der Fall. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, setzt sich die angemeldete Marke erkennbar aus den Wortbestandteilen "Global" und "Online" zusammen, die durch die Großschreibung der Anfangsbuchstaben und eine Leerstelle voneinander abgehoben sind. Beide Wortelemente kommen in der deutschen und englischen Umgangs- und Fachsprache vor. Das Wort "global", das in der englischen und der deutschen Sprache gleich geschrieben wird, steht für "weltweit, international, umfassend" (vgl. Pons Collins Großwörterbuch Deutsch - Englisch Englisch - Deutsch, Klett 1999; Duden Oxford, Großwörterbuch Englisch, Dudenverlag 1990; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl., jeweils Stichwort "global"; vgl. auch 29 W (pat) 163/99 - GlobalNet; 29 W (pat) 238/99 - GlobalCall). "Online" steht in der englischen und in der deutschen Sprache für "in Verbindung mit einem Gerät oder einem System stehend" und im allgemeinen meist für: "mit dem Internet verbunden sein" (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl.; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl.; The Concise Oxford Dictionary, 10. Aufl.; Duden Oxford Großwörterbuch Englisch, 2. Aufl., jeweils Stichwort "online"). Die angemeldete Marke wird darum von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres als "weltweit im Internet, weltweit mit einem System verbunden, auf der ganzen Welt online" verstanden werden. Der angemeldete Begriff ist auch in seiner Gesamtheit geeignet, die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme von "Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Büroartikel (ausgenommen Möbel)" zu beschreiben. Gerade auf dem Gebiet der Telekommunikation und des Internets wird damit geworben, dass man weltweit über das Internet, also online, in Verbindung stehen kann und etwa Buchungen vornimmt, Banktransaktionen durchführt, wirbt, kauft und verkauft, lernt, lehrt usw. (vgl. die Ergebnisse aus der Suche mit der Suchmaschine "Google" zu "Global online" und "weltweit online") Auch ist es mit vielen Geräten, zB dem "Mobile Office", einer Verbindung von mobilem Computer und Mobiltelefon, möglich, an fast jedem Ort der Welt ins Internet zu gehen und Verbindungen zu Mailboxen oder anderen Internetteilnehmern in der ganzen Welt und von jedem Ort der Welt aufzunehmen. Der Senat ermittelte (vgl Anlage "GSM") unter anderem, dass das am meisten genutzte Mobilfunksystem "Global System for Mobile Communication", das bestimmte Standards für Sprachübertragung, Sprachkodierung und Leitungsvermittlung benutzt, speziell darauf abgestimmte Geräte und auf diese Geräte und dieses System abgestimmte Dienstleistungen erfordert. Die angemeldete Wortfolge wirkt daher bei den angemeldeten Geräten oder der Vermietung derartiger Geräte als Hinweis, dass man mit den Geräten weltweit online sein kann, dass sie weltweiten Standards entsprechen oder von den Anschluß- und Verbindungsmöglichkeiten auf der ganzen Welt aus brauchbar sind, indem sie weltweiten Standards (wie GSM) entsprechen. Auf solche Geräte und die Möglichkeit, sich weltweit online einzuloggen, kann sich auch die Erstellung von EDV-Programmen beziehen. Hinsichtlich der Druckereierzeugnisse und Lehr- und Unterrichtsmittel in gedruckter wie in elektronischer Form ist die angemeldete Kennzeichnung lediglich eine Inhaltsangabe (vgl. BGH GRUR 2000, 882 "Bücher für eine bessere Welt"). Bei den beanspruchten Dienstleistungen beschreibt "Global Online", dass diese an jedem Ort der Welt online erbracht werden können oder sich auf ein weltweit online verfügbares System beziehen. Dies trifft z.B. für weltweit verteilte Teams von Konzernen, Organisationen oder Bildungseinrichtungen zu, die am selben Projekt arbeiten und online miteinander in Verbindung stehen. Die Ergebnisse der einzelnen Gruppen stehen sofort auch den anderen zur Verfügung und können online koordiniert werden. Ähnliches gilt auch für miteinander auf dem Wege der Telekommunikation bzw. des Internet verbundene Bildungseinrichtungen, wie Schulen und Universitäten, die Informationen über gemeinsame Projekte und Forschungsvorhaben austauschen und Lehrinhalte allgemein zugänglich machen und deren Veröffentlichungen. Zutreffend ist dies auch für weltweit tätige und im Internet präsente Agenturen und Organisationen wie zB UNO, UNESCO oder die FIFA sowie international tätige und verbreitete Unternehmen mit weltweitem Finanztransfer (Online-Banking) und Geschäftsbeziehungen, vor allem in den Marktsektoren Transport, Bau, Finanzen, Banken und Versicherung, Immobilen, Telekommunikation, Nachrichten, Unterhaltung oder für kulturelle Veranstaltungen. Solche Organisationen und Unternehmen erbringen in einem umfassenden System, das weltweit strukturiert und oft zentral koordiniert ist viele Arten von Dienstleistungen, zB Werbung und Geschäftsführung, Versicherungs-, Finanzwesen, Geldgeschäfte, Immobilienhandel, Fernunterricht. Dabei spielt das Internet als Medium für die Verbreitung von Informationen und Werbung, Abwicklung von Bestellungen und Finanztransfers, zur Koordination von Einzelunternehmen, Filialen und Arbeitsgruppen und das Anbieten von Dienstleistungen - zB in Form von "Börsen", Webkatalogen und Datenbanken - eine bedeutende Rolle. Von großer wirtschaftlicher Bedeutung sind auch, wie bereits erwähnt, weltweite Rundfunk- Telekommunikations- und Sendernetzwerke und deren Planung, Errichtung oder ihr Ausbau und ihre Wartung sowie spezielle EDV-Programme und Datenbanken wie Suchmaschinen, Internetkataloge, Chatrooms, Informationspools, Download-Areas mit Programmen aus aller Welt, die international tätige Internetprovider (zB AOL) für ihre Kunden weltweit abrufbar unterhalten. Aus den Voreintragungen von nach Ansicht der Anmelderin vergleichbaren Marken kann kein Anspruch auf Eintragung hergeleitet werden. Selbst die Eintragung identischer oder vergleichbarer Marken vermag weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung zu führen, weil die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine reine Rechtsfrage darstellt (vgl Althammer/Ströbele MarkenG 6. Aufl, § 8 Rdn 85 m.w.N.; BGH GRUR 89, 420 KSÜD; BGH BlfPMZ 1998, 248, 249 - Today) und selbst für den Fall, dass diese Zeichen rechtswidrig eingetragen worden wären, kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht.
2 Hinsichtlich der Waren "Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Büroartikel (ausgenommen Möbel)" kann der Senat an der angemeldeten Wortmarke weder ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) feststellen noch fehlt ihr insoweit jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), denn ihr ist kein hinreichend konkret und eindeutig beschreibender Hinweis auf eine in Bezug auf die Waren stehende Eigenschaft zu entnehmen. Zwar werden u.a. auch Büroartikel im Internet angeboten oder sie werden durch ein weltweites Vertriebssystem verkauft. Dies gilt ebenso für "Mechaniken für geldbetätigte Apparate". Hierbei handelt es sich aber nicht um eine wesentliche Eigenschaft dieser Waren, für die geworben wird oder die für den Kunden im Vordergrund steht, sondern lediglich um eine Leistung, die nur in einem gewissen entfernteren Zusammenhang mit den Waren steht (BGH GRUR 1999, 465 - BONUS), ohne Eigenschaften, die Qualität und die Verwendbarkeit dieser angemeldeten Waren zu betreffen. Im übrigen bedarf es in Verbindung mit diesen Waren mehrerer Gedankenschritte, um zu einer sachbezogenen Deutung zu kommen, denn es drängt sich, anders als bei den übrigen angemeldeten Waren und Dienstleistungen kein Sachbezug auf.
Grabrucker Baumgärtner Guth Cl
BPatG:
Beschluss v. 19.06.2002
Az: 29 W (pat) 380/00
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