Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. August 2004
Aktenzeichen: 20 W (pat) 4/04

(BPatG: Beschluss v. 13.08.2004, Az.: 20 W (pat) 4/04)

Tenor

Die Beschwerde der Patentinhaberin wird als unzulässig verworfen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I Die Patentabteilung 35 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 6. Februar 2002 das Patent I... AG, bei der es sich zu diesem Zeitpunkt um die im Register eingetragene Rechtsvorgängerin der Patentinhaberin handelte, widerrufen.

Der Beschluss ist den Verfahrensbevollmächtigten der Rechtsvorgängerin, die auch die Patentinhaberin vertreten, am 13. März 2002 zugegangen. Diese haben mit Schriftsatz vom 15. April 2002 namens und im Auftrag der Patentinhaberin hiergegen Beschwerde eingelegt.

Bereits mit Schreiben vom 2. Januar 2002 hatten die Verfahrensbevollmächtigten der Patentinhaberin beantragt, den Rechtsübergang bezüglich des Patents gemäß der notariell beglaubigten Übertragungserklärung vom 5. Dezember 2001 von der I... AG auf die C... Limited im Register einzutra- gen. Die Übertragungserklärung vom 5. Dezember 2001 war von Rechtsanwalt Dr. F... als Insolvenzverwalter über das Vermögen der I... AG unterzeichnet. Dem Umschreibeantrag war die Bescheinigung über die Bestellung von Rechtsanwalt Dr. F... vom 1. August 2001 beigefügt. Im Zentralhandelsregister (Beilage zum Bundesanzeiger) ist unter dem 22. Juli 2003 die Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Vollzug der Schlussverteilung veröffentlicht.

Die Eintragung der Patentinhaberin in das Register ist bis heute nicht erfolgt.

Auf den Hinweis des Gerichts vom 6. April 2004 an beide Beteiligte, dass Bedenken gegen die Beschwerdeberechtigung der Patentinhaberin bestehen, hat diese unter Bezugnahme auf ihren Umschreibungsantrag vom 2. Januar 2002 ausgeführt, die Prozessführungsbefugnis der Patentinhaberin ergäbe sich aufgrund gewillkürter Prozessstandschaft durch rechtsgeschäftliche Übertragung des Schutzrechts bei der C... Limited, in deren Namen die Beschwerde eingelegt wor- den sei.

Die Einsprechende hat sich hierzu nicht geäußert.

II Die Beschwerde der jetzigen Patentinhaberin ist unzulässig, da ihr die Beschwerdeberechtigung nach § 74 Abs. 1 PatG im Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde fehlte. Denn sie war nicht an dem der Beschwerde vorausgegangenen Einspruchsverfahren vor dem Patentamt beteiligt.

1. Die Entscheidung der Patentabteilung vom 6. Februar 2002 ist wirksam. Zwar ist mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der früheren Patentinhaberin am 1. August 2001 kraft Gesetzes eine Unterbrechung des Einspruchsverfahrens eingetreten (§ 240 ZPO, § 99 Abs 1 PatG). Die trotz Unterbrechung des Verfahrens ergangene Entscheidung der Patentabteilung ist jedoch wirksam, aber mit dem statthaften Rechtsmittel anfechtbar (vgl Thomas/Putzo Rn 9 zu § 249 ZPO). Die Unterbrechung des Verfahrens stand also der Einlegung der Beschwerde gegen die angefochtene Entscheidung des Amtes nicht entgegen. Die nach Übertragung der in der Erklärung vom 5. Dezember 2001 enthaltenen Schutzrechte an die jetzige Patentinhaberin weiterhin existierende Rechtsvorgängerin war unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gehindert, gesetzlich vertreten durch den Insolvenzverwalter Beschwerde gegen die Entscheidung der Patentabteilung einzulegen. Mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach § 200 Abs 1 Inso (Veröffentlichung am 22. Juli 2003) endete die Unterbrechung des Einspruchsverfahrens (§ 240 Satz 1 ZPO).

2. Der angefochtene Beschluss bezeichnet zu Recht die frühere Patentinhaberin als Adressatin der Entscheidung; denn bei dieser handelte es sich um die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 6. Februar 2002 im Register eingetragene frühere Patentinhaberin.

Dem steht nicht entgegen, dass bereits zuvor und zwar durch Übertragungserklärung vom 5. Dezember 2001 unter anderem auch das hier streitgegenständliche Schutzrecht von dem Insolvenzverwalter auf die jetzige Patentinhaberin und Beschwerdeführerin übertragen wurde. Diese Änderung der materiellen Rechtsinhaberschaft vollzieht sich außerhalb des Registers und hat erst dann Auswirkungen auf anhängige Verfahren, wenn die Änderung im Register vollzogen ist. Solange dies nicht der Fall ist, bleibt nach § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG der frühere noch eingetragene Patentinhaber berechtigt und verpflichtet.

Folglich hat auch die Stellung des Umschreibungsantrags am 2. Januar 2002 keine Auswirkungen auf die Beteiligung der Rechtsnachfolgerin und Beschwerdeführerin am Verfahren vor dem Patentamt. Die gegenüber § 30 Abs. 3 PatG abweichende Bestimmung des § 28 Abs. 2 Satz 1 MarkenG sieht vor, dass bereits mit Zugang des Umschreibungsantrags beim Patentamt der Rechtsnachfolger insbesondere das seine Marke betreffende Verfahren übernehmen kann (§ 28 Abs 2 Satz 3 MarkenG). Der Senat hat Bedenken, diese Regelung des MarkenG auf den Rechtsübergang bei Patenten zu übertragen, wie dies der 23. Senat in seiner Entscheidung vom 17. Juli 2001 (BPatGE 44, 156ff) abweichend von der bisher herrschenden Meinung (vgl Busse, PatG, 6. Aufl § 30, Anm 99, mwN) getan hat. Vielmehr handelt es sich bei § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG um eine abschließende Regelung, wonach im Falle der Übertragung des Patents ausschließlich der im Register eingetragene frühere Rechtsinhaber solange berechtigt und verpflichtet ist, bis der Rechtsübergang im Register vollzogen ist. Somit wird der Rechtsnachfolger erst mit Umschreibung des Registers beschwerdeberechtigt. Man mag sich zwar fragen, warum der Gesetzgeber das Patentrecht in diesem Punkt nicht der markenrechtlichen Rechtslage angeglichen hat (vgl Busse aaO mit Hinweis auf Rauch, GRUR 2001, 588). Jedenfalls hat er in der Vergangenheit mehrere Änderungen des PatentG für eine diesbezügliche Anpassung nicht genützt.

Der klare Wortlaut des § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG schließt es darüber hinaus aus, mittels einer Zusammenschau der patentrechtlichen Bestimmung und des § 28 Abs. 2 MarkenG bis zum Vollzug der Umschreibung eine doppelte Legitimation von Rechtnachfolger und noch eingetragenem Vorgänger anzunehmen, wie von Rauch (aaO, S 594f) vorgeschlagen.

3. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ergibt sich ihre Berechtigung zur Einlegung der Beschwerde nicht aufgrund des von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsinstituts der gewillkürten Prozessstandschaft. Danach darf jemand ein fremdes Recht aufgrund einer ihm von dem Berechtigten erteilten Ermächtigung im eigenen Namen im Prozess verfolgen, sofern er hieran ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat (ständige Rechtsprechung des BGH vgl NJW 1990, 1117-1118). Ausweislich der Beschwerdeschrift und ihrer eigenen Einlassung hat die Patentinhaberin aber in eigenem Namen Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Amtes eingelegt.

Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 79 Abs 2 PatG). Der Senat hat im Hinblick auf die genannte abweichende Entscheidung des 23. Senats die Rechtsbeschwerde zugelassen (§ 100 Abs 2 Nr 2 PatG).

Dr. Anders Obermayer Dr. Hartung Martens Be






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Beschluss v. 13.08.2004
Az: 20 W (pat) 4/04


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