Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Mai 2004
Aktenzeichen: 23 W (pat) 43/02

(BPatG: Beschluss v. 25.05.2004, Az.: 23 W (pat) 43/02)

Tenor

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Prüfungsstelle für Klasse H 05 K des Deutschen Patent- und Markenamts hat die am 1. Juni 2001 eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Baugruppenträger und Verfahren zum Aufbau desselben" durch Beschluss vom 20. Juni 2002 zurückgewiesen. Der Zurückweisung lagen die mit Eingabe vom 7. Juni 2002 eingereichten Patentansprüche 1 bis 3 zugrunde.

Zur Begründung ist in der Entscheidung ausgeführt, dass das Verfahren gemäß dem nebengeordneten Patentanspruch 3 gegenüber dem aus der Entgegenhaltung - deutsche Offenlegungsschrift 31 16 869 [= D1]

bekannten Stand der Technik nicht neu sei. Der Patentanspruch 1 teile das Schicksal des Patentanspruchs 3. Die von der Patentinhaberin hilfsweise beantragte Anhörung sei nicht sachdienlich, da hinsichtlich des geltenden Patentanspruchs 3 keine offenen und unklaren Punkte bestünden, deren Klarstellung eine Anhörung hätte fördern können.

Zum Stand der Technik sind im Prüfungsverfahren noch die Entgegenhaltungen - deutsche Offenlegungsschrift 33 40 334 [= D2]

- deutsche Offenlegungsschrift 34 09 022 [= D3] und - deutsche Offenlegungsschrift 29 32 883 [= D4]

in Betracht gezogen worden.

Gegen den vorgenannten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie vertritt in ihrer Beschwerdebegründung die Auffassung, der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 3 sei gegenüber der Druckschrift D1 neu.

Sie beantragt schriftsätzlich sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der geltenden Patentansprüche 1 bis 3 vom 7. Juni 2002 sowie der am 7. August 2002 eingereichten neuen Beschreibungsseiten 2 und 3, der ursprünglichen Beschreibungsseiten 4 bis 7 und der ursprünglichen Zeichnung zu erteilen, hilfsweise, das Patent auf der Grundlage der selben Unterlagen zu erteilen, wobei jedoch im Patentanspruch 3 eine Rückbeziehung auf die Patentansprüche 1 bzw. 2 vorgesehen sein soll.

Die Patentanmelderin beantragt ferner, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

Der angefochtene Beschluss beruht ihrer Meinung nach auf einem schweren Verfahrensfehler, der in der Ablehnung der im Prüfungsverfahren hilfsweise beantragten Anhörung zu sehen sei. Die Prüfungsstelle habe ihre Ermessensentscheidung bezüglich der Sachdienlichkeit der Anhörung auf der Grundlage hierfür nicht geeigneter Umstände getroffen und darüber hinaus bedeutsame Entscheidungsgrundlagen ignoriert.

Die ordnungsgemäß geladene Patentanmelderin ist zur mündlichen Verhandlung - wie schriftlich angekündigt - nicht erschienen.

Der Patentanspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag hat folgenden Wortlaut:

"Baugruppenträger mit

(a) einem an einer Montageplatte (1) befestigbaren Tragelement (6),

(b) einer Mehrzahl von in dem Tragelement angeordneten Platinen (5) und

(c) einer Mehrzahl von Steckleisten (4) zum Kontaktieren der Platinen

(d) wobei die Steckleisten mit Halteelementen (2) an der Montageplatte befestigt sind, die derart bemessen sind, dass zwischen der Montageplatte und den Steckleisten ein Verdrahtungsraum (3) ausgebildet wird."

Der nebengeordnete Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag lautet:

"Verfahren zum Aufbau eines Baugruppenträgers, bei dem Steckleisten (4) mittels Halteelementen (2) an einer Montageplatte (1) befestigt werden, die Steckleisten verdrahtet werden, ein Tragelement (6) an der Montageplatte befestigt wird und Platinen derart in das Tragelement eingesetzt werden, dass sich die Steckleisten kontaktieren."

Der Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag ist von der Anmelderin nicht ausformuliert worden. Ihren Angaben in der Beschwerdebegründung zufolge entspricht dieser Patentanspruch dem Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag, soll im Unterschied zu diesem jedoch sinngemäß auf ein

"Verfahren zum Aufbau eines Baugruppenträgers nach einem der Patentansprüche 1 bzw. 2, bei dem ..."

gerichtet sein.

Hinsichtlich des Unteranspruchs 2 gemäß Haupt- und Hilfsantrag sowie hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Es kann dahingestellt bleiben, ob die Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Haupt- und Hilfsantrag durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt sind (vgl hierzu BGH GRUR 1991, 120, 121, li Sp, Abs II. 1. - "Elastische Bandage"). Es bedarf auch keiner Klärung der Frage, ob das im Patentanspruch 3 nach Haupt- und Hilfsantrag beanspruchte - zweifelsohne gewerblich anwendbare (§ 5 PatG) - Verfahren neu ist (§ 3 PatG) und auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG) des hier in Rede stehenden Durchschnittsfachmanns beruht, der als ein mit der Entwicklung und Fertigung von Baugruppenträgern befasster, berufserfahrener Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit Kenntnissen auf dem Gebiet des Maschinenbaus zu definieren ist. Denn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag ist nicht neu.

Der zuständige Fachmann entnimmt der Druckschrift D4 (vgl die Fig 2 bis 4 mit zugehöriger Beschreibung S 8, le Abs bis S 12, 1. Abs sowie S 6, Z 11 bis 22) einen Baugruppenträger (Aufnahmevorrichtung) als bekannt, welcher eine aus einer (nicht bezeichneten) Rückwand sowie vertikalen Säulen (5, 7) mit daran befestigten vertikalen Tragebalken (1, 3) und horizontalen Kabelführungsbalken (9) gebildete Montageplatte aufweist, an der ein Tragelement (Geräteeinheit 25) mit einer Mehrzahl von darin angeordneten Platinen (Signalverarbeitungsplatten 19) befestigbar ist. Ferner ist eine Mehrzahl von Steckleisten (Reihenkonnektoren 41) zum Kontaktieren der Platinen (19) vorgesehen, wobei die Steckleisten (41) auf einer Positionierungsplatte (35) angeordnet sind, welche ihrerseits mit Halteelementen (Schrauben 103, Gewindebuchsen 105) an der Montageplatte befestigt ist. Die Halteelemente (103, 105) sind hierbei ausdrücklich so bemessen, dass sich ein definierter Abstand zwischen der Montageplatte und den Steckleisten (41) ergibt (vgl S 11, Z 34 bis S 12, Z 3). Hierdurch wird mit anderen Worten zwischen der Montageplatte und den Steckleiten (41) ein Verdrahtungsraum ausgebildet, der es ermöglicht, die den Steckleisten (41) auf der Rückseite der Positionierungsplatte (35) zugeordneten Reihenkonnektoren (37) mit Kabeln (81) in Verbindung zu bringen (vgl S 10, Z 25 bis 30).

Somit weist die aus der D4 bekannte Vorrichtung sämtliche Merkmale des Gegenstandes des geltenden Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag auf. Der Patentanspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag ist deshalb nicht gewährbar.

III Mit dem Patentanspruch 1 fallen aufgrund der Antragsbindung der auf diesen rückbezogene Patentanspruch 2 nach Haupt- und Hilfsantrag sowie der nebengeordnete Patentanspruch 3 nach Haupt- und Hilfsantrag.

Die Beschwerde der Patentanmelderin war deshalb zurückzuweisen.

IV Dem Antrag der Patentanmelderin auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr kann nicht entsprochen werden.

Denn selbst wenn man - ihren Ausführungen in der Beschwerdebegründung (S 3, le Abs bis S 4, le Abs) folgend - die Ablehnung des hilfsweise beantragten Anhörung durch die Prüfungsstelle als Verfahrensfehler wertet, so würde dieser die Rückzahlung der Beschwerdegebühr jedenfalls nur dann rechtfertigen, wenn er für die Beschwerdeeinlegung ursächlich war, nicht jedoch, wenn die Gebühr auch bei ordnungsgemäßer Sachbehandlung angefallen wäre (vgl Busse, Patentgesetz, 6. Aufl, § 80 Rdn 97 mwN). Letzteres ist hier der Fall.

Die Patentanmelderin hat in ihrer Bescheidserwiderung vom 7. Juni 2002 (vgl S 1, le Abs bis S 2, 4. Abs) - im Gegensatz zu der im Erstbescheid geäußerten Meinung der Prüfungsstelle - die Auffassung vertreten, dass die Druckschrift D1 dem im nebengeordneten Patentanspruch 3 (nach Hauptantrag) beanspruchten Verfahren nicht neuheitsschädlich entgegen stehe. Dieser Entgegenhaltung lasse sich nämlich eine hinter dem Baugruppenträger angeordnete Montageplatte nicht entnehmen.

Von dieser - nach Überzeugung des Senats unzutreffenden - Beurteilung des Standes der Technik ist die Anmelderin, wie ihre Beschwerdebegründung (vgl S 4, le Abs) zweifelfrei erkennen lässt, nicht abgerückt. Somit ist davon auszugehen, dass die Patentanmeldung auch bei Durchführung der beantragten Anhörung aus dem im Zurückweisungsbeschluss genannten Grund der mangelnden Neuheit des beanspruchten Verfahrens gegenüber der D1 zurückgewiesen worden wäre. Insofern liegt ein Billigkeitsgrund, welcher die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigen würde, hier nicht vor (vgl dazu Busse, Patentgesetz, 6. Aufl, § 80, Rdn 95 mwN).

Dr. Tauchert Knoll Lokys Dr. Häußler Be






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Beschluss v. 25.05.2004
Az: 23 W (pat) 43/02


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