Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Oktober 2010
Aktenzeichen: 21 W (pat) 14/08
(BPatG: Beschluss v. 12.10.2010, Az.: 21 W (pat) 14/08)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 154
Gründe
I Die Patentanmeldung wurde am 6. November 2006 unter der Bezeichnung "Steuerung eines Magnetresonanz-Tomographen" beim Deutschen Patentund Markenamt eingereicht. Die Offenlegung erfolgte am 15. Mai 2008.
Die Prüfungsstelle für Klasse A 61 B hat die Anmeldung mit Beschluss vom 14. November 2007 zurückgewiesen, da der Patentanspruch 9 wegen des unklaren Merkmals "Computerprogrammprodukt" nicht gewährbar sei.
Zum Stand der Technik hat die Prüfungsstelle auf die Druckschrift D1 DE 10 2004 039 680 A1 hingewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die ihr Patentbegehren mit neuen Patentansprüchen gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 2 bis 7 weiterverfolgt.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 2 bis 5 (Merkmalsgliederung hinzugefügt) lautet, wobei im Merkmal M4 ein doppeltes "der" vor "auf der Maschine" gestrichen wurde:
M1 Verfahren zum Steuern eines medizinischen Gerätes (10)
zum Ausführen eines Messvorgangs durch das medizinische Gerät (10), mit folgenden Verfahrensschritten:
M2 -Erfassen von gerätespezifischen Parametern und/oder vonmessungsspezifischen Parametern, M3 -Generieren von Steuerungsparametern anhand der erfassten Parameter auf einer Maschine (14) zum Zwecke der Steuerung des medizinischen Gerätes (10), M4 -Mittelbares Steuern des medizinischen Gerätes (10) mittelsder auf der Maschine (14) generierten Steuerungsparameter, dadurch gekennzeichnet, M5 dass die Maschine (14) unabhängig und entkoppelt von einer Bedienkonsole des zu steuernden medizinischen Gerä
tes (10) ist.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 weist zusätzlich noch folgendes Merkmal auf:
M6 wobei auf der Maschine (14) ein abstraktes, virtuelles Gerät (16) implementiert wird, das das zu steuernde medizinische Gerät (10) simuliert, indem das virtuelle Gerät (16) dieselbe Funktionalität bereitstellt, wie das medizinische Gerät (10).
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 weist zusätzlich zum Hilfsantrag 6 noch folgende Merkmale auf:
M7 wobei das Verfahren einen Zugriff auf eine Inventar-Datenbank (DB) umfasst, in der für jedes medizinische Gerät (10) alle Elemente, insbesondere Zubehör und Baugruppen des Gerätes (10), abgelegt sind, M8 so dass die generierten Steuerungsparameter mit Referenzparametern abgeglichen werden, die in der Inventar-Datenbank (DB) abgelegt sind.
Vom Senat wurde in der mündlichen Verhandlung noch die Druckschrift D2 DE 197 07 026 A1 in das Verfahren eingeführt.
Die Anmelderin hält die Gegenstände des Patentanspruchs 1 in den beantragten Fassungen für neu und erfinderisch.
Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 B des Deutschen Patentund Markenamts vom 14. November 2007 aufzuheben und das Patent DE 10 2006 052 223 zu erteilen mit den Patentansprüchen 1 bis 10 gemäß Hauptantrag, hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 9 gemäß den Hilfsanträgen 2 bis 4, weiter hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 5, jeweils eingegangen bei Gericht am 14. Januar 2008, wieter hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 9 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsantrag 6, weiter hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 8 gemäß dem ebenfalls in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsantrag 7, im Übrigen mit der Beschreibung und der Zeichnung gemäß Offenlegungsschrift.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist aber nicht begründet, denn die Verfahren der Patentansprüche 1 sind in den Fassungen nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen im Hinblick auf den Stand der Technik nicht patentfähig, da sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Steuern eines medizinischen Gerätes, wobei es sich beispielsweise um einen MR-Tomographen handeln kann. Gemäß der Beschreibung müssen an einem solchen Gerät eine Vielzahl von Konfigurationen und Einstellungen als Vorbereitungsmaßnahmen getroffen werden (siehe OS, Absatz [0004]).
Es ist daher Aufgabe der Erfindung, einen Weg aufzuzeigen, mit dem das Vorbereiten und Steuern eines medizintechnischen Messgerätes verbessert und insbesondere vereinfacht, automatisiert und Ortsbzw. Maschinenunabhängig gemacht werden kann (siehe Absatz [0011]).
Die neuen Ansprüche ergeben sich aus den ursprünglichen Unterlagen und sind daher zulässig.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 mag zwar neu sein, er beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da er sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik gemäß der Druckschrift D1 in Verbindung mit dem Wissen und Können des Fachmanns ergibt, hier einem Dipl.-Ingenieur der Fachrichtung Medizintechnik, der auch entsprechende Kenntnisse auf dem Gebiet der Datenverarbeitung hat, die zur Steuerung von medizinischen Geräten notwendig sind.
Im Folgenden wird lediglich der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 abgehandelt, der die Erfindung mit den Merkmalsgruppen M1 bis M8 am weitesten eingeschränkt beansprucht und dessen Nichtgewährbarkeit somit auch die Nichtgewährbarkeit der Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 2 bis 6 impliziert.
Aus der Druckschrift D1 (siehe insbesondere die Fig. 2 mit zugehöriger Beschreibung) ist ein Verfahren zum Steuern von medizinischen Geräten 11A, B, C zum Ausführen eines Messvorgangs durch die medizinischen Geräte bekannt (M1), mit folgenden Verfahrensschritten: Erfassen von gerätespezifischen Parametern und von messungsspezifischen Parametern (siehe Absatz [0022]: Patientenparameter, Mess-Sequenzen) (M2), Generieren von Steuerungsparametern anhand der erfassten Parameter auf Maschinen (siehe die PCs in Fig. 2, in der Beschreibung als Bedienkonsolen 13 bezeichnet) zum Zwecke der Steuerung der medizinische Geräte (M3), Mittelbares Steuern der medizinischen Geräte mittels der auf den Maschinen 13 generierten Steuerungsparameter (siehe Absatz [0023]: Messprotokolle) (M4), wobei die Maschinen 13 unabhängig und entkoppelt von Bedienkonsolen sind, die zwangsläufig an den Messsteuerrechnern 19, 21 der zu steuernden medizinischen Geräte vorhanden sind (M5), wie es sich z. B. aus Fig. 1 zum Stand der Technik ergibt.
Gemäß Merkmalsgruppe M6 wird beansprucht, dass auf den Maschinen ein abstraktes, virtuelles Gerät implementiert wird, das das zu steuernde medizinische Gerät simuliert, indem das virtuelle Gerät dieselbe Funktionalität bereitstellt, wie das medizinische Gerät. Dabei sind die Maschinen insbesondere Computer (siehe Absatz [0022]), die zur Steuerung der medizinischen Geräte (siehe M3) die Funktionalität der medizinischen Geräte bereitstellen sollen. Da auf den Maschinen (Computern 13) gemäß der Druckschrift D1 die Messprogramme der Messsteuerrechner 19, 21 der medizinischen Geräte 11A, B, C implementiert sind (siehe Absatz [0022]: "Dazu wird beispielsweise eine Bedienoberfläche des Messprogramms des Messsteuerrechners 19 auf seiner Bedienkonsole 13 geöffnet.") und damit auf den Computern 13 auch die Funktionalität der medizinischen Geräte bereitgestellt wird, ist somit auch im Sinne der Anmeldung ein "virtuelles Gerät" zur "Simulation" des medizinischen Gerätes implementiert.
Für den Fachmann ist klar, dass diese Programme die Elemente der einzelnen verschiedenen Messgeräte (siehe Absatz [0021]: MRT, CT, PET, SPECT) berücksichtigen müssen und aufgrund seines Fachwissens über Steuerprogramme zur Bedienung von medizinischen Geräten ist ihm als einfache Maßnahme geläufig, dazu z. B. auf eine "Inventar-Datenbank" zugreifen, die die Elemente der medizinischen Geräte umfasst (M7).
Dabei gemäß Merkmalsgruppe M8 ferner die so generierten Steuerungsparameter mit Referenzparametern abzugleichen, wobei diese Referenzparameter zwangsläufig gespeichert sein müssen und somit in einer Datenbank abgelegt sind, ist für den Fachmann insbesondere bei medizinischen Systemen eine selbstverständliche Maßnahme, um z. B. Eingabedaten auf Plausibilität zu überprüfen und um Fehleinstellungen der Geräte, die zu Schädigungen am Patienten führen könnten, zu vermeiden.
Das Verfahren gemäß dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 und damit auch die Verfahren gemäß dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen 2 bis 6 beruhen somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Mit den nicht gewährbaren Patentansprüchen 1 in den beantragten Fassungen fallen aufgrund der Antragsbindung auch die Unteransprüche und die nebengeordnete Patentansprüche in den verschiedenen Anspruchsfassungen (vgl. BGH, GRUR 1983, 171 -Schneidhaspel).
Dr. Winterfeldt Baumgärtner Dr. Morawek Bernhart Pü
BPatG:
Beschluss v. 12.10.2010
Az: 21 W (pat) 14/08
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