Landgericht Köln:
Urteil vom 14. März 2002
Aktenzeichen: 24 O 19/02

(LG Köln: Urteil v. 14.03.2002, Az.: 24 O 19/02)

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.323,04 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 9.10.1998 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 2,4 % und der Beklagte 97,6 %.

Tatbestand

Der Beklagte beantragte am 25.3.1998 bei der Klägerin Haftpflichtversicherungsschutz für den Pkw Ford mit dem amtlichen Kennzeichen##; die Klägerin nahm den Antrag an und übersandte den entsprechenden Versicherungsschein. Die Erstprämie blieb der Beklagte trotz qualifizierter Mahnung schuldig.

Am 1.6.1998 ereignete sich auf der N-Straße in L ein Verkehrsunfall, den die Fahrerin des fraglichen Fahrzeugs schuldhaft verursacht hatte. Die Klägerin hat dem Geschädigten Ersatz geleistet. Mit der vorliegenden Klage fordert sie die dabei angefallenen Aufwendungen vom Beklagten zurück, da der Versicherungsschutz mangels Einzahlung der Erstprämie entfallen sei. Wegen der Einzelheiten der Berechnung der Klageforderung wird auf die Ausführungen in der Klageschrift Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 20.677,13 DM nebst 6 % Zinsen seit dem 9.10.1998 bis zum 31.3.2000 und nebst 5 % über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 1.4.2000 zu zahlen.

Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist im ausgeurteilten Umfang begründet, im übrigen unbegründet.

Die Klägerin hat zwar nach ihrem unbestrittenen Vortrag einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen, die sie dem Geschädigten des Unfalls vom 1.6.1998 geleistet hat. Der Höhe nach ist die Klage jedoch nur teilweise begründet, d. h. in Höhe des in Euro umgerechneten Gegenwertes von 20.190,12 DM begründet.

Die Klageforderung war zum einen - was die Auslagenpauschale betrifft - auf die übliche Höhe von 40,- DM, im übrigen - hinsichtlich der geltend gemachten Sachverständigenkosten - auf einen Betrag von 477,01 DM zu kürzen. Soweit die Klägerin eine auf einen Gesamtbetrag von 1.020,33 DM lautende Sachverständigenrechnung vorgelegt hat, ist diese nicht geeignet, einen weitergehenden Anspruch zu begründen. Denn fehlerhaft - und damit nicht erstattungsfähig - ist es, wenn der Sachverständige eine "Grundgebühr" von 769,50 DM in Ansatz gebracht hat.

Maßstab für einen Erstattungsanspruch kann nur die "übliche" Vergütung sein. Soweit es das Sachverständigenwesen betrifft, kann besagte Üblichkeit nicht nach Gebührentabellen (in der Art der BRAGO), sondern nur nach dem Zeitaufwand bemessen werden. Der Kammer ist zwar bekannt, daß einige Sachverständige den Wert ihrer Aufwendungen in einer Art Gebührentabelle nach dem Wert des geschädigten Fahrzeugs bemessen und daß manche Versicherungen dies durch entsprechende Zahlung billigen. Eine gesetzliche Grundlage für eine solche Art der Abrechnung ist jedoch nicht gegeben; die Abrechnung nach "Gebührentabelle" erscheint auch sachwidrig, da der Arbeitsaufwand des Sachverständigen in keinem erkennbaren Zusammenhang mit dem Wert des Fahrzeugs steht.

Sachverständige pflegen bei einer Fahrzeugbesichtigung die vom Unfall betroffenen Fahrzeugteile in eine Art Tabelle aufzuzeichnen, und hierin erschöpft sich regelmäßig ihre Tätigkeit. Die eigentliche Auswertung geschieht dadurch, daß die Tabellenaufzeichnung in eine Auswertungssoftware - üblicherweise Audatex - eingespeist wird, von welcher dann die konkreten Daten ausgeworfen werden, die der Sachverständige in sein Gutachten übernimmt. Die Gutachten enthalten im übrigen - bis auf die konkreten Fahrzeugdaten - nur Textbausteine. Der gesamte Aufwand (einschließlich der "handwerklichen" Arbeiten wie Eintüten, Frankieren und das Verbringen zur Post) beträgt üblicherweise allenfalls drei Stunden. Daß hier ausnahmsweise ein höherer Aufwand geboten gewesen wäre, hat die Klägerin selbst nicht vorgetragen.

Die Klägerin kann sich vorliegend auch nicht auf das "Gesprächsergebnis BVSK - HUK Coburg vom 17.3.1997/19.12.1997" berufen. Zwar mag sie im Innenverhältnis aufgrund entsprechender Abrede gehalten sein, den Sachverständigen auch - objektiv deutlich überhöhte - Honorarrechnungen nach Gebührentabelle zu vergüten. Im Verhältnis zu Dritthaftenden, die an derlei vertraglichen Abreden nicht beteiligt sind, hat dies jedoch keine Auswirkung. Diesen gegenüber kann nur die übliche - sprich: angemessene - Vergütung in Ansatz gebracht werden. Die Kammer hat hier den angemessenen Aufwand mit drei Stunden zu je 120,- DM angesetzt.

War hiernach die Gebührenrechnung (einschließlich Mehrwertsteuer) um insgesamt 477,01 DM zu kürzen, so konnten auch Zinsen nur in gesetzlicher Höhe zugesprochen werden.

Grob rechtswidrig ist es schon, wenn die Klägerin bis zum 31.3.2000 den Zinssatz auf der Basis früheren Rechts und vom 1.4.2000 an unter Berücksichtigung der Neuänderung auf der Grundlage des Basiszinssatzes begehrt. Abgesehen davon, daß der Stichtag - wie die Klägerin wissen müßte - der 1.5.2000 (und nicht der 1.4.2000) war, erscheint der Klageantrag - um keine vorsätzliche Falschberechnung unterstellen zu wollen - nur noch durch eine grob fahrlässige Unkenntnis der gesetzlichen Regelung erklärbar; die Klägerin sollte als großer Versicherer wissen, daß die Neuregelung nur für solche Ansprüche gilt, die nach dem 1.5.2000 fällig geworden sind.

Findet hiernach auf die Zinsforderung das vor dem 1.5.2000 geltende Recht Anwendung, so kann die Klägerin nur den gesetzlichen Zinssatz von 4 % geltend machen. Zwar mag es zutreffen, daß ihr tatsächlich ein höherer Schaden entstanden ist; ein solcher ist aber nicht in der gebotenen Weise vorgetragen. Wenn die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für Versicherer gewisse Nachweiserleichterungen für die Höhe des Zinsschadens zuläßt, entbindet dies die Klägerin nicht von jeglichem weiteren Sachvortrag.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 2 ZPO.






LG Köln:
Urteil v. 14.03.2002
Az: 24 O 19/02


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