Oberlandesgericht München:
Urteil vom 22. Oktober 2008
Aktenzeichen: 15 U 2967/08
(OLG München: Urteil v. 22.10.2008, Az.: 15 U 2967/08)
Tenor
I.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 04.03.2008 dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 7.900,09 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 24.01.2008 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger 1/5 und der Beklagte 4/5.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger fordert vom Beklagten die Rückzahlung von Anwaltshonorar
Der vermögende Kläger, der einen Internetzigarrenversand betreibt, und sein Freund J. R. verfassten einen Roman mit dem Titel "O". Dessen Handlung, mysteriöse Anschläge einer Geheimorganisation, spielt in Deutschland im Jahr 2009, das heißt in der Zukunft. Eine der Hauptpersonen des Romans ist die Bundeskanzlerin "A".
Auf Seite 259/260 des Romans (Dialog Hauptkommissar Ro./Bundeskanzlerin A.) findet sich folgende Passage:
"Wie war der Dicke im Bett€" schnellte die Frage aus ihm heraus.
Sie krallte sich wimmernd und heulend an ihn.
"Ach Bernd, du weißt, ich trinke wirklich selten etwas ... aber an diesem Abend ... dieses elende Schwein ... dieser Fettsack muss mir etwas in den Wein geträufelt haben ... ich habe mich danach so geekelt!"
"Es ist also wahr, was ich nie glauben wollte; du hast dich an die Macht gevögelt!"
Nun goss auch er sich einen doppelten Whiskey ein."
Am 29. oder 30.11.2006 stellten der Kläger und R. in einem Gasthaus in München den Roman vor. Der Beklagte, ein Rechtsanwalt, nahm als Gast auf Einladung R. an der Veranstaltung teil und erwarb ein Exemplar des Buches.
Am nächsten Tag rief der Beklagte den Kläger an und wies ihn darauf hin, dass auf das Buch der Straftatbestand des § 188 StGB Anwendung finde, da darin die Bundeskanzlerin A. und der frühere Bundeskanzler K. verleumdet würden. Er riet dem verunsicherten Kläger, den Verkauf des Romans sofort einzustellen, sämtliche im Handel befindlichen Exemplare zurückzuholen und den Text gegebenenfalls abzuändern. Durch eine Weiterverbreitung des Buches würde der Kläger eine Haftstrafe von 3 Monaten bis 5 Jahren ohne Bewährung riskieren.
Der Kläger zog das Buch zurück, was den Mitautor R. verärgerte.
Am 05.12.2006 stellt der Beklagte gemäß "Vergütungsvereinbarung § 4 RVG" für "wettbewerbsrechtliche und kartellrechtliche Beratung wegen staatlichem Tabakwerbeverbot" eine Rechnung über 11.600,00 Euro.
Der Kläger wollte diese Rechnung nicht bezahlen. Er teilte dem Beklagten am 07.12.2006 telefonisch mit, dass er gehört habe, maximal 3.000,00 Euro seien für strafrechtliche Beratung angemessen.
Es kam zu Diskussionen zwischen den Parteien. Der Beklagte erstellte im Einvernehmen mit dem Kläger zwei rückdatierte Rechnungen vom 06.11.2006 für "urheberrechtliche Beratung sowie Entwurf und Abschluss eines Bearbeitungsvertrages F../. R." über 5.000,00 Euro brutto und vom 21.11.2006 für "wettbewerbsrechtliche und kartellrechtliche Beratung wegen staatlichem Tabakwerbeverbot" über 5.000,00 Euro brutto.
Der Kläger überwies am 12.12.2006 10.000,00 Euro an den Beklagten mit dem Betreff "Rechnungen vom 6. und 21.11.2006" (Anlage B 19).
Zum Jahreswechsel 2006/2007 fertigte der Beklagte im Ferienhaus des Klägers in Südfrankreich Änderungen beziehungsweise Ergänzungen des Romans an.
Hinsichtlich des weiteren streitigen und unstreitigen Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des Endurteils des Landgerichts München I vom 04.03.2008 verwiesen.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu einer Zahlung von 10.000,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu verurteilen.
Das Landgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, der Beklagte müsse den Kläger nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss so stellen, als sei weder ein Vertrag über anwaltliche Tätigkeiten noch eine Vergütungsvereinbarung zustande gekommen. Sein Hinweis auf die massive Straferwartung des Thrillers sei massiv bedenklich. Nur diese habe den Kläger veranlasst, weitere anwaltliche und literarische Leistungen in Anspruch zu nehmen.
Im Wege der Berufung verfolgt der Beklagte sein Ziel der Klageabweisung weiter.
Er bringt vor, entgegen der Meinung des Landgerichts erfülle der Roman den Tatbestand der üblen Nachrede und Verleumdung gegen Personen des öffentlichen Lebens nach § 188 StGB. Das Urteil stelle einen Verstoß gegen Treu und Glauben dar.
Er habe den Kläger strafrechtlich, kartellrechtlich hinsichtlich eines Tabakwerbeverbots der Europäischen Gemeinschaft, urheberrechtlich durch den Entwurf des Vertrages vom 06.11.2006 sowie durch die Korrektur des Romantextes betreut.
Der Kläger habe seine Honorarzahlung freiwillig erbracht und könne sie gemäß § 4 Abs. 1 S. 3 RVG a. F. daher nicht zurückverlangen.
Der Beklagte bringt vor, bei Ansatz der gesetzlichen Gebühren würde sich ein Honoraranspruch nahezu in der Höhe der geleisteten Zahlung ergeben (Einzelheiten zu Werten und Gebührenpositionen im Schriftsatz vom 02.07.2008 Bl. 129/135 d. A.). Für den Entwurf des Vertrages vom 06.11.2008 sei ein Wert von 100.000,00 Euro angemessen.
Die Rückforderung des Honorars stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar.
Der Beklagte beantragt:
Das Urteil des Landgerichts München I vom 04.03.2008 € Az: 4 O 867/08 € ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das Urteil des Landgerichts.
Der Kläger bringt vor, er habe den Beklagten weder mit einer kartellrechtlichen Beratung zum Tabakwerbeverbot beauftragt, noch sei diese erfolgt. Wenn man den Vortrag des Beklagten unterstelle, sei zumindest die Leistung unbrauchbar.
Die strafrechtliche Bewertung des Beklagten sei unzutreffend gewesen.
Der Vertrag vom 06.11.2006 sei für die Beteiligten wertlos.
Bei der Korrektur des Romans handele es sich um keine anwaltliche Leistung.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren nimmt der Senat Bezug auf die Schriftsätze des Beklagten vom 10.06.2008 (Bl. 93/126 d. A.), vom 02.07.2008 (Bl. 129/135 d. A.), vom 23.07.2008 (Bl. 152/160 d. A.) und 29.09.2008 (Bl. 187/202 d. A.) sowie des Klägers vom 10.07.2008 (Bl. 136/151 d. A.), vom 25.07.2008 (Bl. 161/167 d. A.) und vom 25.09.2008 (Bl. 173/186 d. A.).
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist zum Teil begründet. Dem Kläger steht nur ein Anspruch in Höhe von 7.900,09 Euro gegen den Beklagten zu.
361) Ein Schadenersatzanspruch des Klägers nach den §§ 311, 241 Abs. 2, 280 BGB gegen den Beklagten besteht entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht.
37a) Die strafrechtliche Beurteilung des Beklagten war zwar fehlerhaft. Er durfte aber dennoch von der Veröffentlichung des Romans "O" in der ihm vorgelegten Fassung wegen der Gefahr straf- oder zivilrechtlicher Folgen abraten.
38Bei "O" handelt sich nicht um einen sogenannten Schlüsselroman (vgl. zu den Kriterien BVerfG Beschluss vom 13.06.2007 "Esra" € 1 BVR 1783/05), sondern trotz verschiedener Anspielungen auf früher oder jetzt tätige Politiker um reine Fiktion. Auf die literarische Qualität stellt die Rechtsprechung nicht ab. Insofern ist die Diskussion der Veröffentlichungswürdigkeit des klägerischen Romans müßig.
39Die Straftatbestände der §§ 186 - 188 StGB werden durch den Roman nicht erfüllt. Nicht sicher abzuschätzen jedoch war aus Sicht des anwaltlichen Beraters das straf- und zivilrechtliche Risiko von Maßnahmen des Altbundeskanzlers ... unter dem Gesichtspunkt des § 185 StGB (Beleidigung).
aa) Wie das Bundesverfassungsgericht im angeführten Beschluss wörtlich ausführt, verlangt die Gewährleistung der Kunstfreiheit, den Leser eines literarischen Werks für mündig zu halten, dieses von einer Meinungsäußerung zu unterscheiden und zwischen der Schilderung tatsächlicher Gegebenheiten und einer fiktiven Erzählung zu differenzieren. Ein literarisches Werk, das sich als Roman ausweist, ist daher zunächst einmal als Fiktion anzusehen, das keinen Faktizitätsanspruch erhebt. Ohne eine Vermutung für die Fiktionalität eines literarischen Textes würde man die Eigenarten eines Romans als Kunstwerk und damit die Anforderungen der Kunstfreiheit verkennen. Diese Vermutung gilt im Ausgangspunkt auch dann, wenn hinter den Romanfiguren reale Personen als Urbilder erkennbar sind. Da die Kunstfreiheit eine derartige Verwendung von Vorbildern in der Lebenswirklichkeit einschließt, kann es kein parallel zum Recht am eigenen Bild verstandenes Recht am eigenen Lebensbild geben, wenn dies als Recht verstanden würde, nicht zum Vorbild einer Romanfigur zu werden. Dabei muss es sich bei der in Rede stehenden Publikation allerdings tatsächlich um Literatur handeln, die für den Leser erkennbar keinen Faktizitätsanspruch erhebt. Ein fälschlicherweise als Roman etikettierter bloßer Sachbericht käme nicht in den Schutz einer kunstspezifischen Betrachtung.
Je stärker der Autor eine Romanfigur von ihrem Urbild löst und zu einer Kunstfigur verselbständigt ("verfremdet"; vgl. BVerfGE 30, 173,195), umso mehr wird ihm eine kunstspezifische Betrachtung zugute kommen. Dabei geht es bei solcher Fiktionalisierung nicht notwendig um die völlige Beseitigung der Erkennbarkeit, sondern darum, dass dem Leser deutlich gemacht wird, dass er nicht von der Faktizität des Erzählten ausgehen soll. Zwar wirkt ein Kunstwerk neben seiner ästhetischen Realität zugleich in den Realien. Wäre man aber wegen dieser "Doppelwirkung" gezwungen, im Rahmen einer Grundrechtsabwägung stets allein auf diese möglichen Wirkungen in den Realien abzustellen, könnte sich die Kunstfreiheit in Fällen, in denen der Roman die Persönlichkeitssphäre anderer Menschen tangiert, niemals durchsetzen. Das Gegenteil wäre der Fall, wenn man nur die ästhetische Realität im Auge behielte. Dann könnte sich das Persönlichkeitsrecht nie gegen die Kunstfreiheit durchsetzen. Eine Lösung kann daher nur in einer Abwägung gefunden werden, die beiden Grundrechten gerecht wird.
bb) "O" beansprucht keinen Faktizitätsanspruch im Sinne der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. Die Straftatbestände der §§ 186 - 188 StGB scheiden damit aus.
Von den fünf Hauptpersonen sind die drei Verschwörer Dr. M., Dr. von R. und K. von W. ("Bärbeiß") ebenso wie der Hauptkommissar Ro. frei erfunden. Dies gilt auch für die wesentlichen Nebenpersonen, die in der Charakterzeichnung blass und schablonenhaft bleiben ("Generalinspekteur", Bundeskanzler Dr. Ma., Waffenhändler F., Manager Mo. und zahlreiche Prostituierte). Einige Randfiguren ("Mann ohne Hals", "Außenminister", "Der Dicke") spielen in offen satirischer, teilweiser grotesker Form auf früher aktive Politiker an. Die Handlung des Romans ist abgesehen vom stark pornographischen Einschlag von abenteuerlicher Phantastik und Geheimbundvorstellungen geprägt. Die letztgenannten Elemente zeigen, will man die Weltliteratur heranziehen, Anklänge an Chesterton, H. G. Wells oder auch Murakami, liegen also weit jenseits einer um eine realistische Handlung bemühten Epik. Die Darstellung der Bundeskanzlerin ("A") weist zwar in einigen Äußerlichkeiten gewollt (Vorliebe für Hosenanzüge, Naturwissenschaftlerin, Wohnsitz an der Ostseeküste) auf A. M. hin. Die ausführliche Beschreibung des Sexuallebens der A beziehungsweise ihrer Beziehung zu Hauptkommissar Ro. ist wie die gesamte Handlung des Romans jedoch für jedermann erkennbar Fiktion. Mit der realen Person A. M. hat die einseitige Darstellung der A nichts zu tun. In diesem Kontext ist das Gespräch über den "Dicken" und dessen angeblichen Betäubungsmittelanschlag zu sehen. Jeder unbefangene Leser, der überhaupt die Gleichsetzung mit H. K. erkennt, was nur möglich ist, wenn er den Roman zumindest überflogen hat, sieht, dass keine Tatsachenbehauptung über das Verhältnis M. - K. aufgestellt werden soll.
cc) Der Beklagte durfte aus der Sicht des juristischen Beraters dennoch von der Veröffentlichung abraten.
Die Beurteilung, ob der Roman mit den A in den Mund gelegten Bezeichnungen des "Dicken" als "elendes Schwein" und "Fettsack" den Tatbestand einer Formalbeleidigung von H. K. nach § 185 StGB erfüllt, ist nämlich schwierig. Wie der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 03.06.1987 "Kopulierendes Schwein" € 1 BvR 315/85 zeigt, lassen sich im Grenzbereich zwischen Kunstfreiheit und Persönlichkeitsrecht Gerichtsentscheidungen kaum zuverlässig voraussehen. Sexualbezogene Gleichsetzungen mit Tieren gelten zu Recht als in besonderem Maße herabwürdigend. Andererseits wird die Äußerung einer Romanfigur im Rahmen einer erkennbar fiktiven Handlung in den Mund gelegt.
Das führt zu dem Ergebnis, dass der Hinweis des Beklagten auf § 188 StGB zwar falsch, ein Hinweis auf juristische Bedenken gegen die im Tatbestand zitierte Passage des Romans unabhängig von deren Geschmacklosigkeit jedoch durchaus angebracht war.
b) Ein Schaden im Sinne vorvertraglichen Verschuldens lässt sich nicht unter dem Gesichtspunkt bejahen, dass die strafrechtliche Einordnung des Textes als Verstoß gegen § 188 StGB durch den Beklagten nicht zutraf.
Wenn der Beklagte den Kläger nicht angerufen hätte, wäre es zwar nicht zur Zahlung gekommen. Der Anruf stellte aber nicht die Pflichtverletzung dar. Der Ratschlag des Beklagten, den Verkauf des Buches sofort einzustellen, sämtliche im Handel befindlichen Exemplare zurückzuholen und den Text abzuändern, war im Sinne anwaltlicher Vorsicht gut vertretbar.
Der Kläger bringt allerdings vor, er habe das mündlich vereinbarte Honorar unter anderem wegen des unzutreffenden Hinweises des Beklagten auf § 188 StGB gezahlt, doch liegt es außerhalb des Normzwecks des § 280 BGB, nur wegen der unzutreffenden rechtlichen Begründung einer an sich vertretbaren anwaltlichen Empfehlung die Zahlung eines aufgrund früherer und/oder späterer Leistungen zu Recht verdienten Anwaltshonorars als Schaden anzusehen. Der Bundesgerichtshof lehnt sogar bei betrügerischem Verhalten ein Abstellen auf die reine Ursächlichkeit ab, sondern hebt hervor, dass der Schaden im Schutzzweck der Norm liegen muss (BGH Urteil vom 03.03.2008 € II ZR 310/06).
2) Ein Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 263 StGB und/oder § 826 BGB besteht ebenfalls nicht.
Dass der Beklagte dem Kläger bewusst wahrheitswidrig vorgespiegelt hat, das Buch würde den Straftatbestand des § 188 BGB erfüllen, um sich Honorareinnahmen zu verschaffen, schließt der Senat aus. Das gesamte Verhalten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung und die Diktion seiner Schriftsätze zeigt, dass er noch heute an die Richtigkeit seiner Meinung glaubt.
3) Dem Kläger steht jedoch ein Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs.1 BGB hinsichtlich des Betrags von 7.900,09 Euro zu, um den seine Zahlung das dem Beklagten zustehende Anwaltshonorar von 2.099,91 Euro übersteigt.
Der Kläger hat mangels schriftlicher Vergütungsvereinbarung rechtsgrundlos gezahlt, soweit die gesetzlichen Gebühren überschritten werden. Seine Zahlung erfolgte nicht freiwillig im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 3 RVG a. F.
a) Im Rahmen des Bereicherungsanspruchs muss der Kläger nachweisen, dass er keinen Auftrag erteilt hat, seine Zahlung also ohne Rechtsgrund erfolgt ist (Palandt/Sprau, BGB 67. Aufl., § 812 Rn 103 m. w. N.).
aa) Tabakwerbeverbot
Der Kläger kann nicht beweisen, dass er keinen Auftrag zur Beratung erteilt hat.
Der Beklagte hat vorgetragen, dass der Kläger ihn mündlich anschließend an ein Treffen bei einer Gräfin S. um Rat zu folgenden Themen gefragt hat:
€ in welchem Umfang eine konzertierte Aktion über die Umstellung des Werbeverhaltens mit den anderen Tabakunternehmen gemäß GWB im Markt zulässig wäre,
€ ob eine Musterklage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Gesetzgebung eines staatlichen Tabakwerbeverbots sowie eines Rauchverbots für Gaststätten Aussicht auf Erfolg hätte und
€ Darlegung der vom Kläger in Zukunft nach dem UWG zu beachtenden wettbewerbsrechtlichen Grenzen für die Werbung der Tabakindustrie.
Dieser Vortrag ist substantiiert genug.
Ein gewisses Indiz zugunsten des Beklagten bildet, dass der Kläger auf die Rechnung des Klägers für "wettbewerbsrechtliche und kartellrechtliche Beratung wegen staatlichem Tabakwerbeverbot" hin gezahlt hat.
Der Kläger hat die Auftragserteilung bestritten. Eine schriftliche Stellungnahme des Beklagten liegt zu keinem der drei behaupteten Themen vor. Er behauptet jedoch selbst nur eine mündliche Ratserteilung dahingehend, dass er von der Erhebung einer Musterklage abgeraten hat.
Dem Beweisantrag des Klägers im Schriftsatz vom 25.09.2008, die Handakte des Beklagten bezüglich wettbewerbs- und kartellrechtlicher Beratung zum Beweis dafür beizuziehen, dass weder ein Auftrag noch ein Rat erteilt worden ist, musste nicht nachgekommen werden. Es kann nämlich als wahr unterstellt werden, dass diese Handakte nicht existiert. Erschöpft sich die Dienstleistung in einem mündlichen Rechtsrat oder einer Auskunft, macht die Anlage einer Handakte nämlich keinen Sinn (Henssler/Prütting-Stobbe, BRAO 2. Aufl., § 50 Rn 6).
bb) Strafrechtliche Beratung
Der Kläger kann nicht nachweisen, dass er keinen Auftrag über strafrechtliche Beratung erteilt hat.
Der Beklagte hat behauptet, der Kläger habe ihn anschließend an ihr Telefonat am Morgen nach der Vorstellung des Romans im Gasthaus W. gebeten, ihm anwaltlich dabei zu helfen, wie er ein Strafverfahren gegen seine Person vermeiden könne.
Eine strafrechtliche Beratung ist erfolgt.
cc) Lizenzvertrag vom 06.11.2006 (Anlage K 4)
Der Beklagte hat vorgebracht, der Kläger hätte ihn im Anschluss an die Diskussion über die Rechnung vom 05.12.2006 mit dem Entwurf eines Vertrages zur Regelung der Inhaberschaft an den urheberrechtlichen Nutzungsrechten der Romanbearbeitung und des Romanentwurfs für die Zukunft beauftragt.
Den Vertrag haben der Kläger und sein Freund R. unterschrieben. Unstreitig stammt der Entwurf vom Beklagten.
dd) Manuskriptkorrektur
Die Redaktion des Manuskripts hat der Beklagte unstreitig in Einvernehmen mit dem Kläger vorgenommen, der ihm dafür sogar sein Landhaus überlassen hat. Es handelt sich bei der Entschärfung des Texts unter strafrechtlichen Gesichtspunkten zumindest auch um eine juristische Aufgabe, also eine anwaltliche, nicht literarische Leistung.
Inhaltlich diente die Korrektur dazu, die aus Sicht des Beklagten strafrechtlich bedenklichen Passagen des Romans umzuformulieren. Das machte nur Sinn, wenn dem Kläger weiter an einer Verbreitung von "O" gelegen war, denn nur dann war mit etwaigen Unterlassungsklagen zu rechnen.
Der Kläger müsste nachweisen, dass die Unentgeltlichkeit der Leistung vereinbart worden ist. Das kann er nicht.
Die Leistung hat der Beklagte unstreitig erbracht.
b) In Höhe der gesetzlichen Gebühren für die genannten vier Auftragsgegenstände in Höhe von 2.099,91 Euro hat der Kläger mit Rechtsgrund geleistet.
Eine schriftliche Vergütungsvereinbarung nach § 4 Abs. 1 S. 2 RVG in der im Jahr 2006 gültigen Fassung haben die Parteien nicht geschlossen. Ob der Beklagte die Gesamtzahlung nach § 4 Abs. 1 S. 3 RVG a. F. dennoch behalten darf, ist keine Frage des Rechtsgrunds im Sinne des Bereicherungstatbestandes (siehe dazu unten c).
aa) Für die Beratung wegen des Tabakwerbeverbots steht dem Beklagten ein Honorar von 474,21 Euro zu.
(1) Die gesetzliche Gebühr ergibt sich aus § 34 RVG in der seit 01.07.2006 geltenden Fassung.
Der Beklagte bringt vor, zu den oben angeführten Themen Rat bei dem europäischen Kartellrechtsspezialisten Dr. H. eingeholt und den Kläger im Oktober 2006 mündlich Auskunft erteilt zu haben. Davon ist auch in seinem Begleitschreiben zur Rechnung vom 05.12.2006 die Rede. Die Einholung einer Rechtsinformation stellt noch kein Betreiben eines Geschäfts im Sinne von VV 2300 dar. Die bloße mündliche Auskunftserteilung spricht gegen die Anwendung von VV 2300.
Die behauptete Beratung betrifft den Gewerbebetrieb des Klägers, sodass der Rahmen des § 34 Abs. 1 S. 3 RVG nicht gilt.
Da keine wirksame Honorarvereinbarung getroffen worden ist, stehen dem Beklagten gemäß § 34 Abs. 1 S. 2 RVG Gebühren nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu.
Die gerichtliche Überprüfung, ob das vom Beklagten bestimmte Honorar der Billigkeit entspricht, hat entsprechend VV 2100 RVG a. F. zu erfolgen (Gerold/Schmidt-Madert, RVG 18. Aufl., § 34 Rn 1). Ein abweichender Bewertungsmaßstab des bürgerlichen Rechts hat sich soweit ersichtlich bisher nicht herausgebildet.
(2) Entsprechend VV 2100 a. F. erscheint eine Gebühr von 0,8 angemessen.
Der Rat des Beklagten hat eine schriftliche Ausarbeitung nicht erfordert. Andererseits handelt es sich um eine Spezialmaterie.
(3) Als Streitwert setzt der Senat einen Betrag von 10.000,00 Euro an.
Der vom Beklagten in seinem Schriftsatz vom 02.07.2008 behauptete Regelstreitwert von 100.000,00 Euro existiert nicht.
Die Ausführungen des Beklagten zur Stützung des von ihm behaupteten Gebührenwerts von 100.000,00 Euro sind nicht tragfähig. Auf die privaten Vermögensverhältnisse des Klägers kommt es nicht an, sondern auf dessen Gewinne aus dem von ihm betriebenen Zigarrenhandel, da nur dieser von einem Tabakwerbeverbot betroffen sein kann. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger diese mit rund 4.000,00 Euro im Jahr und im Schriftsatz vom 25.09.2008 mit 10.249,15 Euro im Jahr 2005 und 7.913,57 Euro im Jahr 2006 beziffert, sodass man zugunsten des Beklagten allenfalls auf die letztgenannten Zahlen abstellen kann.
Die Höhe der maximalen Geldbuße im Kartellordnungswidrigkeitenverfahren ist ein zur Bemessung des Interesses des Klägers völlig unbrauchbares Kriterium, da der Kläger nur ein kleines Geschäft betreibt. Die Auswirkung eines Rauchverbots in Gaststätten auf den Erlös des Zigarreninternetvertriebs des Klägers lässt sich naturgemäß kaum abschätzen. Der Verkauf im Internet an sich kann nicht mit Werbung gleichgesetzt werden. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass sich ein Werbeverbot auf Dauer auf die Geschäftsaussichten auswirkt.
Eine 0,8 Gebühr aus 10.000,00 Euro beträgt 388,80 Euro. Einschließlich Unkostenpauschale und Umsatzsteuer stehen dem Beklagten (388,80 Euro + 20,00 Euro) x 1,16 =) 474,21 Euro zu.
(4) Darauf, ob die Leistung des Beklagten für den Kläger brauchbar war, kommt es für den Honoraranspruch nicht an (BGH NJW 2004, 2817 m. w. N.).
bb) Für die strafrechtliche Beratung steht dem Beklagten ein gesetzlicher Honoraranspruch in Höhe von 214,60 Euro zu.
Der Rahmen der Grundgebühr nach VV 4100 beträgt 30,00 Euro bis 300,00 Euro. Die Gebühr nach VV 4104 entsteht nicht, da das vorbereitende Verfahren erst mit der Einleitung einer strafrechtlichen Untersuchung durch eine Behörde beginnt (Madert, RVG 17. Aufl., VV 4104 Rn 2). VV 4106 ist, da diese Gebührenziffer die Durchführung eines Strafverfahrens voraussetzt, erst recht nicht anwendbar.
Zur Höhe der Gebühr nach VV 4100 haben die Parteien trotz des Hinweises auf die Gebührenziffer in der mündlichen Verhandlung nicht Stellung genommen. Der Senat setzt sie mit 165,00 Euro € in der Mitte des Gebührenrahmens € an. Eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer nach § 14 Abs. 2 RVG bedarf es insofern wegen fehlenden Streits über den Gebührenrahmen nicht.
Die Pauschale nach VV 7002 für Post- und Telekommunikation beträgt 20,00 Euro.
Zuzüglich 16 % Umsatzsteuer ergibt sich ein Gesamtbetrag von 214,60 Euro.
Die Fehlerhaftigkeit der rechtlichen Einordnung als Verleumdung nach § 188 StGB berührt den Honoraranspruch nicht (BGH NJW 2004, 2817). Zudem war der Kern des Rats des Beklagten, das Buch nicht weiter zu verbreiten, gut vertretbar.
cc) Für den Entwurf des rückdatierten Vertrages vom 06.11.2006 steht dem Beklagten ein Honorar in Höhe 938,44 Euro zu.
Das Verfassen eines Vertragsentwurfs begründet den Anfall einer Geschäftsgebühr nach VV 2300.
(1) Der vom Beklagten angesetzte Wert von 25.000,00 Euro € oder gar 100.000,00 Euro im Schriftsatz vom 29.09.2008 € ist zu hoch. Angemessen erscheint eine Bewertung mit 10.050,00 Euro, wie sich aus folgenden Überlegungen ergibt:
Um eine Tätigkeit im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes in einer Auseinandersetzung über einen Wettbewerbsverstoß handelt es sich bei dem Entwurf des Vertrages nicht, so dass schon deshalb die dort diskutierten Regelstreitwerte entgegen der Auffassung des Beklagten nicht anwendbar sind. Außerdem gelten die Regelstreitwerte nur, wenn substantiierter Vortrag des durch den Wettbewerbsverstoß verletzten Wettbewerbers zu seiner Gewinnminderung fehlt (OLG Saarbrücken Beschluss vom 13.06.2005 € 1 W 134/05; weitere Fundstellen bei Zöller/Herget, ZPO 26. Aufl., § 3 Rn 16 "Gewerblicher Rechtsschutz).
Die Bewertung muss auf die wirtschaftliche Bedeutung des Vertrags für die Beteiligten abstellen (vgl. § 23 Abs. 3 RVG mit einem Verweis unter anderem auf § 24 KostO).
(1.1) Die Bewertung der Ziffern 1., 2. und 5. des Vertrages richten sich nach den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu erwartenden Erlösen aus dem Vertrieb des Werkes in allen Medien. Angemessen ist eine Summe von maximal 10.000,00 Euro.
Der Beklagte hat hierzu € außer einem Zitat des Klägers aus einer Beschwerde vom 15.09.2007, nachdem der Verlag sieben Bücher verkauft haben soll € keine nachvollziehbaren Zahlen genannt. Irgendwelche Mindestverkaufszahlen sind nur bei arrivierten Schriftstellern oder den Produkten großer, im Buchhandel bekannter Verlage realistisch, nicht aber im vorliegenden Fall. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung eine minimale Anzahl tatsächlich verkaufter Exemplare erwähnt. Das ist angesichts der völlig unbekannten Autoren glaubhaft.
Die vom Beklagten angeführte Möglichkeit, dass der Kläger aus seinem eigenen Vermögen das Buch massiv bewerben und ebenfalls mit eigenem Kapital verfilmen lassen könnte, erhöht den zu erwartenden Gewinn nicht, sondern vorerst und wahrscheinlich für immer nur die Unkosten.
Der Beklagte übersieht zudem, dass das Interesse des Klägers nicht mit dem Bruttoverkaufserlös des Buches gleichzusetzen ist, sondern dem anteiligen Autorenhonorar.
Die vom Kläger erst mit Schriftsatz vom 26.09.2008 vorgelegte "Verlagsvereinbarung" mit der Pro Business GmbH (Anlage KB) legt der Senat seinem Urteil nicht zugrunde. Sie erfordert keinen Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung zugunsten des Beklagten, denn sie bestätigt den Eindruck, dass ein Markterfolg von "O" äußerst zweifelhaft war:
Aus den §§ 4, 5 der "Verlagsvereinbarung" zwischen Kläger und J. R. einerseits und der Firma Pro Business ... GmbH andererseits ergibt sich, dass die Autoren die Produktion der geringfügigen Erstauflage des Werkes selbst bezahlen mussten, während der Verlag sich nur verpflichtete, das Buch über mindestens einen Online-Bookshop anzubieten, sonst aber zu keinerlei Verkaufsbemühungen. Das Autorenhonorar für den Verkauf an Dritte beträgt nach § 6 der Verlagsvereinbarung 10 % des Nettoladenpreises, also 1,39 Euro (14,90 Euro : 1,07 : 10). Zur Erwirtschaftung von 5.000,00 Euro Autorenhonorar, müsste der Verlag 3.592 Bücher verkaufen. Das ist angesichts des gewählten Vertriebswegs und völlig fehlender Werbung gegenüber Lesern und dem Buchhandel erkennbar sehr optimistisch.
Der vom Beklagten gezogene Vergleich mit der Bewertung eines Films, in dem nach seinem eigenen Vorbringen in Anlage B 24 Anthony Quinn, Franco Nero, Eli Wallach und (Vanessa) Redgrave mitgewirkt haben sollen, ist nicht nachvollziehbar. Die Bewertung des Anspruchs auf Unterlassung der Abbildung von Hundefiguren durch das Landgericht München I bildet ebenfalls keinen brauchbaren Maßstab für das vorliegende Verfahren.
Ein Ansatz des zu erwartenden Gesamterlöses aus allen Produktionsrechten mit 10.000,00 Euro berücksichtigt daher bereits die schwer quantifizierbare Hoffnung auf einen gewissen kommerziellen Erfolg des immerhin originellen Romans.
(1.2) Die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von 5.000,00 Euro an R. gemäß Ziffer 3. kommt bei der Bewertung nicht in Betracht, da dieses Geld zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits geflossen war.
(1.3) Die Kosten für die nach § 4 des Vertrages vom Kläger geschuldete Einrichtung eines Kontos bei der Stadtsparkasse M. schätzt der Senat auf 50,00 Euro.
(1.4) Die von R. nach Ziffer 6. des Vertrages eingegangene Freistellungsverpflichtung hat angesichts seiner Vermögenslosigkeit keine wirtschaftliche Bedeutung.
(1.5) Die Schiedsvereinbarung in Ziffer 7. erhöht den Wert nicht.
Bei der vom Beklagten beanspruchten Mittelgebühr von 1,5, auf die der Kläger nicht näher eingegangen ist, ergibt sich ein Honorar nach VV 2300 in Höhe von (789,00 Euro + 20,00 Euro) x 1,16 = 938,44 Euro.
(2) Die Frage, ob der Abschluss des Vertrages für die Beteiligten erforderlich und die Einzelregelungen sinnvoll sind, berührt den Honoraranspruch nicht, BGH NJW 2004, 2817.
(3) Eine Einigungsgebühr ist nicht ansetzbar. Der Abschluss des Lizenzvertrages kommt hierfür nicht in Betracht. Das streitige Rechtsverhältnis muss im Zeitpunkt der Einigung bereits bestehen (Gerold/Schmidt/von Eicken, RVG 17. Aufl., VV 1000 Rn 12). Unterschiedliche Interessen der Parteien sind jedem gegenseitigen Vertrag immanent, ebenso, dass diese zum Gegenstand der Vertragsverhandlungen gemacht werden.
Dem Beweisantrag des Beklagten auf Vernehmung des J. R. im Schriftsatz des Beklagten vom 29.09.2008 war nicht nachzukommen. Der Beklagte setzt seine Behauptungen, es habe "Streit" sowie "Ungewissheit der Vertragsparteien über ihr Rechtsverhältnis" (gemeint sind der Kläger und R.) gegeben selbst in Anführungszeichen. Das Zitat des Wortlauts von § 779 BGB ersetzt nicht das Vorliegen einer Vergleichssituation. Dass der eine Vertragspartner den Vertrag zuerst nicht abschließen will und dies erst nach Zureden tut, begründet noch keinen Vergleichsschluss. Die Frage eines Vertriebsstopps für den Roman wird im Vertrag nicht behandelt.
dd) Für die Romankorrektur steht dem Beklagten ein Honorar in Höhe von 472,66 Euro zu.
Die Leistung wird nicht durch die strafrechtliche Grundgebühr nach Ziffer 4100 abgegolten, da sie vorrangig die weitere Verbreitung des Romans sichern soll.
(1) Da der Roman nach der Korrektur durch den Beklagten verbreitet werden soll, richtet sich der Honoraranspruch nicht nach § 34 RVG (Beratung beziehungsweise Gutachten), sondern ist nach VV 2300 (Geschäftsgebühr) zu entgelten (vgl. Hk-RVG-Teubel, 2. Aufl., Vormerkung 2.3 Rn 4).
(2) Der vom Beklagten angenommene Wert von 25.000,00 Euro ist zu hoch. Angemessen erscheinen 5.000,00 Euro.
Um eine Tätigkeit im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes handelt es sich nicht, so dass schon deshalb die dort diskutierten Regelstreitwerte entgegen der Auffassung des Beklagten nicht anwendbar sind. Weder H. K. noch A. M. sind Wettbewerber des Klägers.
Von vornherein ausscheiden die vom Beklagten angesetzten Teilwerte für Filmherstellungs- und Filmtheaterrecht, TV- und sonstigen Senderechte, Videogramm- und DVD-Rechte, Online- und Mobilrechte sowie Bearbeitungsrechte, Tonträgerrechte, Merchandisingrechte, Synchronisationsrechte, Werbe- und Klammerteilauswertungsrechte in Höhe von insgesamt 20.000,00 Euro. Die Textkorrektur soll nur dafür sorgen, dass der Verkauf des Buches nicht aufgrund von Unterlassungsklagen eingestellt werden muss. Der Beklagte hat weder bei der Verfassung eines Drehbuchs noch eines Filmes mitgewirkt.
Auf die Geringfügigkeit der zu erwartenden Erlöse wurde bereits hingewiesen. Ein Betrag von 5.000,00 Euro erfasst bereits alle Marktchancen eines von unbekannten Autoren verfassten Romans auf dem Buchmarkt.
Die Lektüre des Romans ist zeitaufwendig. Der Ansatz der vom Beklagten angesetzten, vom Kläger nicht diskutierten Mittelgebühr erscheint daher gerechtfertigt.
Dem Kläger stehen demgemäß nach VV 2300 (451,50 Euro + 20,00 Euro) x 1,16 = 472,66 Euro zu.
(3) Eine Einigungsgebühr ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht angefallen, auch wenn der Kläger und R. über die Textänderungen unterschiedlicher Meinung gewesen sein sollten.
c) Der Beklagte darf die über die gesetzlichen Gebühren hinausgehende Zahlung des Klägers nicht aufgrund einer mündlichen Honorarvereinbarung behalten. Der Tatbestand des § 4 Abs. 1 S. 3 RVG in der 2006 gültigen Fassung ist nicht erfüllt.
Unstreitig zwischen den Parteien ist, dass der Kläger die zwei Rechnungen über je 5.000,00 Euro aufgrund einer Abrede zwischen den Parteien für Anwaltsleistungen gezahlt hat. Streitig ist nur die vom Beklagten behauptete Aufteilung auf vier Einzelpositionen. Ob dennoch eine (unwirksame) mündliche Honorarvereinbarung zu bejahen ist, kann offenbleiben.
Der Beklagte muss im Rahmen von § 4 Abs. 1 S. 3 RVG a. F. zusätzlich nachweisen, dass der Kläger freiwillig gezahlt hat. Diesen Beweis kann er nicht führen.
Die Beweislastverteilung des § 812 BGB gilt nicht (Madert, RVG 17. Aufl., § 4 Rn 26 m. w. N.), denn das Kriterium der Freiwilligkeit stellt keine Voraussetzung des Bereicherungsanspruchs und sein Vorliegen damit keinen Rechtsgrund im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 BGB dar, wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 08.06.2004 € IX ZR 119/03 (NJW 2004, 2818) klargestellt hat.
Eine im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 3 RVG a. F. freiwillige Zahlung setzt voraus, dass der Kläger von der Überschreitung der gesetzlichen Gebühr wusste (Madert aaO). Der Beklagte selbst bringt auf Seite 22/23 seiner Klageerwiderung vom 10.02.2008 vor, er habe dem Kläger mitgeteilt, allein für die außergerichtliche Beratung in der Strafsache sei angesichts dessen guten Vermögensverhältnissen eine Honorarvereinbarung über mindestens 10.000,00 Euro angemessen. Dabei war noch nicht einmal eine Strafanzeige gegen den Kläger erstattet worden. Der Kläger hat zwar vor Bezahlung der beiden Rechnungen von einem anderen Rechtsanwalt gehört, für die strafrechtliche Beratung seien höchstens 3.000,00 Euro angemessen. Dadurch war er aber noch nicht über die in Wirklichkeit wesentlich niedrigeren gesetzlichen Gebühren informiert. Da der Beklagte an keiner Stelle die gesetzlichen Gebühren korrekt beziffert, sondern dem Kläger gegenüber stets seine Honorarvorstellungen verteidigt (Klageerwiderung S. 26) hat, scheidet eine freiwillige Mehrleistung aus.
Der Beklagte beruft sich zudem nicht auf die Rechnung vom 05.12.2006, sondern auf die Aufteilung in vier Positionen. Die von ihm für die strafrechtliche Beratung angesetzten 2.500,00 Euro liegen noch unter dem dem Kläger von einem anderen Anwalt genannten Betrag von 3.000,00 Euro.
Auch die für die anderen drei Auftragsgegenstände vom Beklagten verlangten Honorare übersteigen die gesetzlichen Gebühren weit, wenn auch nicht in einem derartig extremen Verhältnis wie bei der strafrechtlichen Erstberatung. Hierauf hat der Beklagte ebenfalls nicht hingewiesen.
d) Die Voraussetzungen einer unzulässigen Rechtsausübung liegen nicht vor. Keine der von der Rechtsprechung zu § 242 BGB entwickelten Fallgruppen ist gegeben.
Die Schärfe der Diktion kennzeichnet den Vortrag beider Parteien. Die Verärgerung des Klägers über die Umstände der Vertragsanbahnung erscheint aufgrund des quasi aufgedrängten Ratschlags, des ihm gegenüber ausgemalten Drohszenarios einer möglichen Haftstrafe und der Größenordnung der im Anschluss erhobenen Honorarforderungen verständlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO.
Das Urteil ist gemäß den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO vorläufig vollstreckbar.
Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO.
OLG München:
Urteil v. 22.10.2008
Az: 15 U 2967/08
Link zum Urteil:
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