Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. November 2003
Aktenzeichen: 27 W (pat) 240/03

(BPatG: Beschluss v. 11.11.2003, Az.: 27 W (pat) 240/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 18 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 12. Juni 2003 aufgehoben.

Gründe

I Die Anmelderin hat die Bezeichnung DIVA`S als Wortmarke für "Lederwaren, soweit in Klasse 18 enthalten, insbesondere Kleinlederwaren und Accessoires; Beutel, Taschen, Mappen; Hüllen und Etuis für Pässe, Ausweise, Scheck-, Kredit- und Visitenkarten, Schecks; Geldbörsen und Brieftaschen aus Leder; Handtaschen; Reisekoffer und Reisetaschen, Reiseflaschen; Aktentaschen und Aktenkoffer; leere Kosmetikkoffer und Kulturbeutel aus Leder; Regenschirme, Regenschirmgriffe, Rucksäcke" zur Eintragung in das Register angemeldet.

Die Markenstelle für Klasse 18 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 12. Juni 2003 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Denn auf dem Modesektor sei mit der Bezeichnung "DIVA" ein werbemäßiger Qualitätshinweis verbunden, mit dem sich Vorstellungen von Eleganz, Kühle und Glamour verbünden. Von ihrem Wortsinn für eine gefeierte Bühnenkünstlerin bzw eine berühmte Filmschauspielerin habe dieses wörtlich als "die Göttliche" zu übersetzende Wort sich mittlerweile in übertragenem Sinne zu einer allgemeinen Bezeichnung für eine Frau weiterentwickelt, die einen "großen Auftritt" bevorzuge und durch Exzentrik auffalle. Als Anpreisung für Damenmode, die sich an Frauen richte, die ein ausgefallenes und ungewöhnliches Outfit wünschten und deren gefühlsmäßige Identifizierung mit dem Wort "DIVA" erreicht werden solle, werde der Begriff "DIVA" auch verwendet, wie das Bundespatentgericht bereits in seiner "DIVA"-Entscheidung vom 20. Oktober 1992 festgestellt habe (GRUR 1993, 670). Über die Bekleidung hinaus werde das Wort auch für die vorliegend beanspruchten Lederwaren nur als Synonym für Eleganz, Glamour und großen Auftritt verstanden. In bezug auf die beanspruchten Waren signalisiere die Anmeldemarke den Abnehmerinnen nur, dass diese Produkte speziell für sie konzipiert seien, da das angemeldete Zeichen in der werbeüblichen Genitivform "DIVA«S" im Sinne von "Diva«s Lederwaren/Lederwaren der Diva" zu verstehen sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie stellt in Abrede, dass der Begriff "DIVA" ein Qualitätshinweis sei. Auch soweit es eine gefühlsmäßige Identifizierung der angesprochenen Verbraucher evoziere, könne dies der Schutzfähigkeit nicht entgegenstehen. Denn hierbei handele es sich nicht um einen unmittelbar wirkenden beschreibenden oder werbenden Inhalt. Darüber hinaus sei das Wort "Diva" mehrdeutig, da es nicht nur im Modebereich, sondern in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen gebraucht werde. Schließlich spreche auch die Eintragung vergleichbarer Marken wie Royal, Regent, Prinz, Maitre und "Jede Frau ist eine Diva" (Nr DE 301 687 16) indiziell für eine Eintragbarkeit der Anmeldemarke.

II Die nach den §§ 64, 66, 165 Abs 4 und 5 MarkenG zulässige Beschwerde ist begründet, weil der Eintragung der Anmeldemarke keine absoluten Schutzhindernisse entgegenstehen; es kann nicht festgestellt werden, dass das angemeldete Zeichen freihaltebedürftig (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) ist oder ihr das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) fehlt.

Allerdings wird der aus dem Lateinischen stammende Begriff "Diva", der wörtlich "die Göttliche" bedeutet und ursprünglich der Titel der römischen Kaiserinnen nach ihrem Tod war (vgl DUDEN, Das große Fremdwörterbuch, 2. Aufl, S 348), heute - wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat - überwiegend als Synonym für eine öffentlichkeitsbezogene Künstlerin, die von Erfolg und Publikumsbegeisterung verwöhnt ist, sowie darüber hinaus für alle Frauen, die durch Empfindlichkeit und Exzentrik auffallen, gebraucht (vgl DUDEN, aaO). In diesem Sinne ist er auch breitesten Verkehrskreisen nicht zuletzt wegen seiner häufigen Verwendung in den Medien, aber auch in der Werbung bekannt und geläufig. Hieraus kann aber in bezug auf die beanspruchten (Leder-)Waren nicht gefolgert werden, dass er deren Merkmale beschreibt oder dass der Verkehr die Anmeldemarke "DIVA«S", wenn er ihr in Alleinstellung in Zusammenhang mit diesen Produkten begegnet, stets nur als solches und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffasst.

Anhaltspunkte dafür, dass mit der angemeldeten Bezeichnung "DIVA«S" bestimmte Merkmale von Lederwaren beschrieben werden, sind nicht feststellbar. Zwar finden sich etwa in redaktionellen Beiträgen vereinzelt Ausdrücke wie "Divakostüme" (vgl den Bericht in der Süddeutschen Zeitung Nr 53 vom 5. März 2001, S 3 über den Mardi Gras in Sydney, einem der Love Parade in Berlin vergleichbares Festival) oder auch "Diva-Stil" (vgl Textilwirtschaft Nr 36 vom 4. September 1996, S 3) und in Werbebroschüren auch "Diva-Badeanzüge" und "Divakleider" (vgl BPatG GRUR 1993, 670, 671 - Diva). Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, dass damit ganz bestimmte Eigenschaften der damit bezeichneten Kleidung bezeichnet werden sollen oder dass es gar einen "Diva-Stil" oder "Diva-Look" als Fachausdruck für einen ganz bestimmten (Damen-) Modestil gäbe (vgl bereits BPatG, aaO - Diva). Vielmehr bleibt unklar, welche konkreten Vorstellungen der Verkehr mit Bezeichnungen wie "Divakostüm", "Divakleider" oder "Diva-Badeanzüge" verbinden soll. Als Bestimmungsangabe ist das Wort "Diva" nicht geeignet, weil es keine speziell für Bühnenkünstlerinnen oder Filmschauspielerinnen hergestellte Mode gibt. Mit "Diva" wird allenfalls darauf angespielt, daß die entsprechend gekennzeichnete Kleidung oder hier die Lederwaren aus dem üblichen Rahmen fallen, ohne dass allerdings klar wird, worin die Abweichungen bestehen sollen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Einzelheiten der Stile auf dem Modesektor saisonabhängig sehr schnell ändern, so dass Bezeichnungen für einen Stil sich häufig nur auf bestimmte Stilelemente beziehen, die mehr oder weniger unverändert bleiben; so stehen etwa Begriffe wie Basics, Fundamental, Casual, Naturals, Neutrals, Authentics uä für eine ganz bestimmte modische Grundausstattung (vgl BPatG 27 W (pat) 104/01 - Elements; veröffentlicht auf der PAVIS CD-ROM). Es ist aber nicht feststellbar, dass mit "DIVA" in vergleichbarer Form ein ganz bestimmtes Stilelement bezeichnet werden soll. Vielmehr bleibt der Bedeutungsgehalt dieses Wortes in bezug auf Kleidung und erst recht die hier beanspruchten Lederwaren äußerst vage, so dass jeder hiermit ganz unterschiedliche Vorstellungen verbinden kann. Teilweise bezieht sich der Begriff "Diva" auch nicht auf die Art der Waren, sondern wird zur Charakterisierung ihres jeweiligen Trägers verwendet; so steht etwa der Ausdruck "Divakostüm" im oben genannten Artikel der Süddeutschen Zeitung in Zusammenhang mit dem Auftreten von Transvestiten auf dem australischen Festival, so dass hiermit eher auf diese selbst und nicht auf die Art der von ihnen getragenen Kleidung angespielt werden soll. Die Undeutlichkeit des Begriffs "Diva" in derartigen Wortkombinationen steht daher der Annahme eines unmittelbaren warenbeschreibenden Inhalts entgegen. Kann aber schon dem Wort "Diva" in solchen Wortkombinationen, bei denen ein warenbezogener Inhalt erst durch die weiteren Bestandteile nahegelegt wird, nicht entnommen werden, gibt es keine Anhaltspunkte, welche die Annahme rechtfertigen könnten, das Wort "Diva" sei in Alleinstellung oder gar in seiner hier vorliegenden Genitiv-Abwandlung freihaltebedürftig oder wegen eines unmittelbar warenbeschreibenden Inhalts nicht unterscheidungskräftig.

Der angemeldeten Kennzeichnung "DIVA«S" kann das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft aber auch nicht mit der Begründung angesprochen werden, es handele sich bei ihr nur um eine Werbeaussage mit deutlichem Appell an die emotionale Ebene der angesprochenen (weiblichen) Verbraucher. Soweit der Senat dies früher angenommen hat (vgl BPatG, aaO - Diva), kann hieran unter Berücksichtigung der Grundsätze der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl BGH GRUR 1999, 1089 - YES; 2000, 722 - LOGO; 2002, 64 - INDIVI-DUELLE; 2002, 1070 - Bar jeder Vernunft) nicht festgehalten werden. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise mit dem Begriff "DIVA" oder seiner naheliegenderweise als Genitivform anzusehenden Abwandlung "DIVA«S", wenn sie ihm auf den hier beanspruchten Lederwaren begegnen, die Vorstellung verbindet, durch den Erwerb und das Tragen dieser Produkte werde das gewünschte Aufsehen wie eine Diva bewirkt und der erhoffte Erfolg erzielt. Es sind aber keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass es sich hierbei um Vorstellungen handelt, die maßgebliche Teile des Verkehrs mit diesem Begriff auch in Alleinstellung verbinden. Soweit die Markenstelle ihre Auffassung hierzu auf Artikelüberschriften wie "Jede Frau ist eine Diva" (vgl ELLE Nr 10/98, Beilage PLUS ELLE), "Groupie, Diva; Wonder Woman" (Textilwirtschaft Nr 41/94, S 34/35), "Junge Diva" (vgl Textilwirtschaft Nr 36 vom 5. September 1996, S 3) und "Für Heilige und Diven" (vgl Textilwirtschaft vom 27. Januar 1998, S 66) stützt, belegen diese genauso wenig wie die Werbeaussage "SPIELEN SIE DIE STARROLLE IHRES LEBENS ... INSZENIEREN SIE SICH ALS DIVA ODER LOLA, UND MÄNNER UMSCHWIRREN SIE WIE MOTTEN", welche ausdrücklich auf einen bekannten Film und auf eine darin mitspielende berühmte Filmschauspielerin Bezug nimmt (vgl BPatG, aaO, S 672 - Diva), dass noch beachtliche Teile des Verkehrs den Begriff "DIVA" oder "DIVA«S" auch in markenmäßiger Alleinstellung nur in einem ausschließlich werbeanpreisenden Sinn auffassen. Dagegen sprechen schon die bereits oben erwähnten, in ganz unterschiedliche Richtungen gehenden Bedeutungen des Begriffs "DIVA" als Titel einer berühmten Künstlerin einerseits und als Bezeichnung einer durch Exzentrik auffallenden Frau andererseits. Beide Bedeutungen liegen auch den oben erwähnten Beispielen zugrunde, wobei erst aufgrund des Gesamtzusammenhangs, in welchem der Begriff "Diva" in ihnen verwendet wird, festgestellt werden kann, welche Bedeutung konkret gemeint ist. So ergibt sich erst nach Lektüre der Artikel, welche mit "Jede Frau ist eine Diva" und "Junge Diva" überschrieben sind, sowie aufgrund der Bezugnahme auf einen berühmten Film und die darin mitwirkende bekannte Schauspielerin beim oben genannten Werbespruch, dass der Begriff "Diva" auf eine im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehende Künstlerin anspielt, mit der sich die angesprochenen Leserinnen vergleichen sollen, während bei den beiden anderen Artikeln der Schwerpunkt auf der Identifizierung der Leserinnen mit einer exzentrischen Frau liegt. Die Beispiele belegen daher, dass der Begriff "Diva" einen bestimmten Bedeutungsgehalt erst infolge weiterer notwendiger Erläuterungen erhält. Verbindet der Verkehr aber mit dem Begriff in Alleinstellung keinen bestimmten Sinn, steht dies der Annahme entgegen, er fasse ihn auch in Zusammenhang mit den hier in Rede stehenden Waren nur als allgemeine Werbeaussage auf. Im übrigen ist "DIVA" bereits mehrfach als Wortmarke ua in den Klassen 3, 18 und 25 eingetragen (zB 399 12 352, 398 61 552, GM 875 433, GM 2 108 629; ferner 399 12 353 DIVA COLLECTION; GM 3 062 908 "DIVA'S").

Sind aber Anhaltspunkte dafür, dass die angemeldete Bezeichnung "DIVA«S" einen warenbeschreibenden Inhalt hat oder von den angesprochenen Verbrauchern und Verbraucherinnen nur als Werbeaussage allgemeiner Art aufgefasst wird, nicht vorhanden, kann der angemeldeten Kennzeichnung das nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft letztlich nicht abgesprochen werden. Der ihr die Eintragung versagende Beschluss der Markenstelle war daher aufzuheben.

Dr. Schermer Richter Dr. van Radenist auf Dienstreise undkann daher nicht unter-

schreiben.

Dr. Schermer Schwarz Pü






BPatG:
Beschluss v. 11.11.2003
Az: 27 W (pat) 240/03


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