Oberlandesgericht Hamburg:
Urteil vom 18. Januar 2012
Aktenzeichen: 5 U 147/09
(OLG Hamburg: Urteil v. 18.01.2012, Az.: 5 U 147/09)
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 26.11.2009, Az. 327 O 361/08, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann eine Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Verwendung der Bezeichnung -L...- für Spiele bzw. Computerspiele.
Die Beklagte ist ein Softwareunternehmen mit Sitz in Texas, das Computer- und Konsolenspiele entwickelt und weltweit vermarktet. Das Computerspiel mit der Bezeichnung -L...- bzw. -L...-A... Rising- wurde von ihr auf CD-ROM und im Internet angeboten und vertrieben (Anlagen K 2 und 3, B 3 und 4). Das Geschicklichkeitsspiel führt den Nutzer auf eine Reise durch das alte Ägypten mit dem Ziel, den Tempel von L... vor dem Untergang zu bewahren. Inzwischen gibt es verschiedene Computerspiele der Beklagten, die neben der Bezeichnung -L...- weitere Zusätze tragen (Übersicht Anlage K 27). Zumindest teilweise findet sich neben der Bezeichnung -L...- ein kleines " (Anlagen K 40 und 41).
Der Kläger begehrt von der Beklagten Auskunft über den Umfang der Nutzung der Bezeichnung -L...- für Computerspiele sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des dem Kläger hierdurch entstandenen und künftig entstehenden Schadens.
Der Kläger stützt sich auf die für ihn mit Priorität vom 13.8.1997 zuletzt nur noch für -Spiele- eingetragene Wortmarke -L...- (Nr. 397 38 584.6, Eintragung am 18.11.1997, Anlagen K 1 und K 17). Mit Antrag vom 30.10.2006 ist der Kläger von dritter Seite beim DPMA auf Löschung der Marke in Anspruch genommen worden. Die Löschungsverfügung des DPMA vom 25.6.2007 ist vom Bundespatentgericht mit Beschluss vom 12.3.2009 (Anlage K 4), veröffentlicht am 11.9.2009, aufgehoben worden. Inzwischen ist der Kläger durch das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10.6.2010 (Gz. 416 O 16/10) nicht rechtskräftig verurteilt worden, in die Löschung der unter der Nr. 397 38 584.6 eingetragenen Marke -L...- für die Ware -Spiele- einzuwilligen (Anlage B 7).
Der Kläger ist auch Inhaber der mit Priorität vom 26.3.1969 für -Spielwaren aus Kunststoff- eingetragenen deutschen Wortmarke -L...- (Anlage K 36), die er zum 27.10.2009, und somit nach Erhebung der hiesigen Klage, erworben hat und auf deren Verletzung er seine Ansprüche zusätzlich stützt.
Die Beklagte ist Inhaberin der mit Priorität vom 13.11.2006 u.a. für CD-ROMs mit audio-visuellen Computerspielen und über ein globales Computernetzwerk herunterladbare audio-visuellen Computerspiele eingetragenen deutschen Wortmarke -L...- sowie der Gemein-schaftswortmarke -L...-, die am 1.2.2007 für den nämlichen Warenbereich angemeldet worden ist und eine Priorität vom 10.1.1996 in Anspruch nimmt (Anlagen K 19 und K 20).
Der Kläger behauptet, er habe am 4.10./2.11.2000 mit der R... AG die aus der Anlage K 5 ersichtliche wirksame Vereinbarung im Sinn des § 26 Abs. 2 MarkenG betreffend die Nutzung der Marke -L...- für ein Gesellschafts(brett-)spiel geschlossen. Die R... AG habe das Spiel auf den Markt gebracht und bis Dezember 2003 insgesamt 81.494 Spiele an den Einzelhandel vertrieben (Anlagen K 8 und K 9). Das Spiel sei bis September 2009 durchgängig im Handel vorhanden gewesen (Anlagen K 10 bis K 16).
Durch diese Nutzung liege ein markenmäßiger Gebrauch bis in die jüngste Zeit vor. Der Verkehr habe sich daran gewöhnt, dass Namen von Spielen markenmäßig benutzt würden. Er habe zusätzlich die Marke durch die Firma -L... Handels GmbH- von 1997 bis 2004 für den Vertrieb von Spielwaren und den Betrieb von Spielhallen benutzt (Anlage K 29). Aufgrund des Löschungsverfahrens sei er vom 30.10.2006 (Löschungsantrag) bis zum 11.9.2009 (Veröffentlichung der Aufhebung der Löschungsverfügung durch das BPatG) im Sinn des § 26 Abs. 1 MarkenG an der Benutzung der Marke gehindert gewesen. Anschließend habe er die Klagmarke erneut selbst genutzt und im Oktober 2009 über die Internetadresse www.L...-games.de eine Spielesammlung vertrieben (Anlagen K 31 bis K 35).
Die Beklagte habe die Bezeichnung -L...- markenmäßig benutzt. Der Verkehr sehe in der Verwendung der streitigen Bezeichnung an prominenter Stelle nicht nur die Angabe eines Werktitels, sondern auch einen Herkunftshinweis.
Zunächst hatte der Kläger Schadensersatzfeststellung und Auskunftserteilung hinsichtlich der Benutzung der Bezeichnung -L...- für Computerspiele nur für einen Zeitraum vom 1.1.2005 bis zum 1.7.2007 geltend gemacht. Diese Klage ist der Beklagten im Wege der internationalen Rechtshilfe zugestellt worden. Anschließend hat der Kläger die Klage dahingehend erweitert, dass die Ansprüche für einen unbegrenzten Zeitraum geltend gemacht werden. Mit Versäumnis-Teil-Urteil vom 13.5.2009 ist die Beklagte verurteilt worden - gemäß dem ursprünglichen Klagantrag jedoch nur bezogen auf die im Zeitraum vom 1.1.2005 bis 30.10.2006 vorgenommenen Benutzungshandlungen.
Nach fristgerechtem Einspruch hat der Kläger vor dem Landgericht beantragt,
das Versäumnis-Teil-Urteil vom 13.5.2009 aufrechtzuerhalten
sowie
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entstanden ist oder noch entstehen wird, dass die Beklagte in Deutschland die Bezeichnung -L...- in allen Schreibweisen in der Zeit vor dem 1.1.2005 und nach dem 30.10.2006 für Computerspiele, die im Internet verfügbar oder/und auf Speichermedien enthalten waren oder sind, benutzt hat;
2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen über Art und Umfang der unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich ergeben:
a) Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreise,b) nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselte Gestehungskosten und erzielter Gewinn, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert werden darf, es sei denn, diese können ausnahmsweise den vorstehend zu 1. genannten Erzeugnissen unmittelbar zugeordnet werden,c) Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträgern, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet,d) Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer, der Lizenznehmer, der gewerblichen Abnehmer und gewerblichen Adressaten von Angeboten.Die Beklagte hat beantragt,
das Versäumnis-Teil-Urteil vom 13.5.2009 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, sie nutze das Zeichen -L...- nicht markenmäßig. Die allein titelmäßige, inhaltsbeschreibende Verwendung begründe nicht die Gefahr von Verwechslungen. Sämtliche von ihr angebotenen Spiele seien mit ihrer geschützten Marke M...Jumbo" als Herkunftshinweis gekennzeichnet (Anlage B 1).
Der Kläger habe seine Marke nicht als solche rechtserhaltend benutzt, weshalb sie, die Beklagte, auch die Einrede der Nichtbenutzung, § 25 MarkenG, erhebt. Der bestrittene Vertrieb eines Brettspiels -L...- durch die R... AG stelle ebenfalls nur eine titelmäßige Verwendung dar, da die Bezeichnung erkennbar an den Inhalt des Spiels anknüpfe. Im Übrigen sei die prägnante Kennzeichnung durch das blaue Dreieck mit schräg gestelltem -R...- als Herkunftshinweis bekannt. Eine rechtserhaltende Benutzung durch spätere, sporadische Angebote im Internet sei nicht möglich. Das durchgeführte Löschungsverfahren stelle für den Kläger keinen berechtigten Grund zur Nichtbenutzung dar.
Das Landgericht hat durch das Urteil vom 26.11.2009 das Versäumnis-Teil-Urteil vom 13.5.2009 aufgehoben und die Klage vollumfänglich abgewiesen. Das Landgericht hat in dem Spielenamen der Beklagten keine markenmäßige Benutzung gesehen und eine rechtserhaltende Benutzung seitens des Klägers verneint.
Der Kläger hat gegen das Urteil des Landgerichts Berufung eingelegt. Er wiederholt und vertieft mit der Berufung sein erstinstanzliches Vorbringen. Das landgerichtliche Urteil habe sich nur mit einem Werktitelschutz gemäß § 5 Abs. 3 MarkenG auseinandergesetzt und verkannt, dass sich hier zwei Registermarken gemäß § 4 Nr. 1 MarkenG gegenüberstehen. Durch die Eintragung des Zeichens genieße er, der Kläger, Schutz nach § 4 Nr. 1 MarkenG, daher sei es sowohl für die Rechtserhaltung als auch für die Rechtsverletzung ausreichend, wenn die Marke in einer Art und Weise verwendet werde, wie dies bei derartigen Waren (Spielen) allgemein üblich sei. Die Beklagte nutze das Zeichen markenmäßig.
Aufgrund des Löschungsverfahrens hätten für ihn zeitweise berechtigte Gründe für eine Nichtbenutzung der Marke bestanden. Aus den Anlagen K 44 und K 45 ergebe sich das Angebot seiner Spielesammlung -L..." Collection-.
Der Kläger beantragt,
das am 26.11.2009 verkündete Urteil des Landgerichts Hamburg, AZ.: 327 O 361/08, wird wie folgt abgeändert und neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entstanden ist oder noch entstehen wird, dass die Beklagte in Deutschland die Bezeichnung -L...- in allen Schreibweisen für Computerspiele, die im Internet verfügbar oder/und auf Speichermedien enthalten waren oder sind, benutzt hat.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über Art und Umfang der unter Ziffer 1. bezeichneten Handlungen und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich ergeben:
a) Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreise,b) nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselte Gestehungskosten und erzielter Gewinn, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert werden darf, es sei denn, diese können ausnahmsweise den vorstehend zu 1. genannten Erzeugnissen unmittelbar zugeordnet werden,c) Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträgern, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet,d) Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer, der Lizenznehmer, der gewerblichen Abnehmer und gewerblichen Adressaten von Angeboten.Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht geltend, sie nutze die Bezeichnung -L...- nicht markenmäßig, da der Verkehr darin allein eine Werktitelbezeichnung sehe. Sie trete im Verkehr immer unter der Bezeichnung -M...Jumbo"- auf, dies sei ihr Herkunftshinweis. Die bloße Verwendung eines "-Zeichens begründe nicht per se eine markenmäßige Benutzung.
Der Kläger habe nicht dargelegt und belegt, dass er die Marke innerhalb von 5 Jahren für -Spiele- ernsthaft und rechtserhaltend benutzt hat. Das Brettspiel könne allenfalls zu einer titelmäßigen Benutzung führen. Selbst diese Nutzung sei spätestens Ende 2003 mit der letzten Auslieferung von Brettspielen beendet worden. Sporadische Angebote bei E-Bay seien weder der R... AG noch dem Kläger zuzurechnen.
Durch die Verwendung der Geschäftsbezeichnung -L... Handels GmbH- - deren Existenz und Geschäftsgegenstand nicht hinreichend dargelegt worden sei - sei keine markenmäßige Benutzung erfolgt.
Der Kläger könne seine Ansprüche nicht auf die erst zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung erworbene Marke -L...- stützen, dies sei ein neuer Streitgegenstand. Eine durch Sachdienlichkeit gerechtfertigte Klagänderung liege nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache ohne Erfolg. Der Kläger hat keine markenrechtlichen Ansprüche gegen die Beklagte hinsichtlich ihrer Nutzung der Bezeichnung -L...- für Computerspiele. Im Hinblick auf die mit der Berufung vorgebrachten Einwände ist auf Folgendes hinzuweisen:
1. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunft gemäß §§ 14 Abs. 6, 2 Nr. 2, 15, 19 MarkenG, § 242 BGB nicht zu.
a) Der Kläger kann sich auf seine Wortmarke -L...- (Nr. 397 385 84.6, Anlage K 1 und K 17) mit Priorität vom 13.8.1997, die zuletzt noch für -Spiele- eingetragen war, stützen. Eine zwischenzeitliche Löschungsverfügung des DPMA vom 25.6.2007 wurde vom Bundespatentgericht aufgehoben. Mittlerweile wurde der hiesige Kläger zwar vom Landgericht Hamburg durch das Urteil vom 10.6.2010 (Gz. 416 O 16/10) zur Einwilligung in die Löschung der Marke beim DPMA verurteilt, die Entscheidung ist jedoch nicht rechtskräftig (OLG Hamburg, Az. 3 U 102/10) und daher kann sich der Kläger weiterhin auf seine Marke berufen.
Daneben stützt der Kläger die Ansprüche auf die deutsche Wortmarke -L...- für -Spielwaren aus Kunststoff- (Nr. 896539), die er am 27.10.2009, also nach Erhebung der hiesigen Klage erworben hat. Das Landgericht hat hierin die Geltendmachung eines neuen Streitgegenstandes gesehen, eine entsprechende Klagänderung jedoch nicht als sachdienlich im Sinn des § 263 ZPO erachtet. Mit der Berufung auf diese Marke macht der Kläger einen neuen Streitgegenstand geltend (vgl. BGH GRUR 2011, 521 - TÜV I), dies führt zu einer nachträglichen Klagehäufung, auf die § 263 ZPO entsprechend anzuwenden ist (BGH NJW 1985, 1841; Zöller-Greger, ZPO, 27. Aufl., § 263 Rn. 2). Da eine Einwilligung der Beklagten nicht vorliegt, kommt es für die Zulässigkeit der nachträglichen Klagehäufung auf die Sachdienlichkeit an. Bei der Zulassung einer Klagänderung handelt es sich um eine Ermessensfrage, die vom Rechtsmittelgericht nur bedingt auf Ermessensfehler überprüft werden kann. Hier spricht für die Annahme der Sachdienlichkeit, dass die Zulassung der Klagänderung der Prozesswirtschaftlichkeit - durch Vermeidung eines weiteren Prozesses - entsprochen hätte. Letztendlich kann die Frage, ob die Verneinung der Sachdienlichkeit für die Annahme eines Ermessensfehlers ausreicht, dahinstehen, da klägerischen Ansprüchen aus dieser Marke zumindest die Einrede der Nichtbenutzung entgegensteht (siehe unten unter d).
b) Es ist bereits zweifelhaft, ob hier die notwendige markenmäßige Benutzung des Verletzungszeichens angenommen werden kann. Zwar hat die Beklagte die Bezeichnung -L...- unstreitig verwandt. Über die einfache Benutzung hinaus ist jedoch für die Annahme einer Verwechslungsgefahr nach § 14 MarkenG erforderlich, dass eine kennzeichen-, also markenmäßige Benutzung der angegriffenen Bezeichnung vorliegt (BGH GRUR 2004, 154/155 - Farbmarkenverletzung II). Wird die Bezeichnung nicht herkunftshinweisend benutzt, so kann es nicht zu Verwechslungen mit der Klagmarke kommen, da der Verkehr zwischen bloß beschreibenden Angaben und solchen, die auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinweisen, zu unterscheiden weiß (BGH GRUR 2003, 342 Rn. 15 - Winnetou; OLG Hamburg, 3. Senat, CR 2001, 298 Rn. 52 - Conquest of the new world).
Hier wurde die Bezeichnung von der Beklagten als Name eines Computerspiels und damit - wie das Landgericht zu Recht angenommen hat - nicht als Marke, sondern als Werktitel im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG benutzt. Denn die Bezeichnung diente wie bei Brett- oder Computerspielen üblich der Abgrenzung des Werkes von anderen Spielen und zugleich als Hinweis auf den Inhalt bzw. das Thema des Computerspiels, das sich mit dem alten Ägypten bzw. dem Tempel von L... beschäftigt. Für eine Einordnung der Bezeichnung -L...- als Werktitel spricht darüber hinaus die auf den Verpackungen der Computerspiele zusätzlich angebrachte, als Marke geschützte Bezeichnung -M...Jumbo"-.
Auch ein Werktitel nach § 5 Abs. 3 MarkenG kann jedoch einen Herkunftshinweis beinhalten. Grundsätzlich dient ein bloßer Werktitel zwar nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit eine bestimmte betriebliche Herkunft zu geben (BGH GRUR 1999, 235 - Wheels Magazine; BGH GRUR 2005, 264 Rn. 29 - Telefon Sparbuch). Das kann jedoch dann anders sein, wenn der maßgebliche angesprochene Verkehr in dem Titel zugleich auch einen Hinweis unmittelbar auf ein bestimmtes Unternehmen oder mittelbar über dessen Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH GRUR 1985, 41/43 - Rehab; BGH GRUR 1994, 908/910 - Wir im Südwesten). Für einen derartigen Herkunftshinweis bedarf es im Einzelfall konkreter Anhaltspunkte (OLG Hamburg, 3. Senat, CR 2001, 298 Rn. 54 - Conquest of the new world). Hier sprechen mehrere Umstände dafür, dass in der Bezeichnung -L...- neben der Titelfunktion zugleich ein Herkunftshinweis zu sehen ist. Insbesondere das Anbringen des Zusatzes " hinter der Bezeichnung -L...- spricht für einen Herkunftshinweis. Durch die Verwendung eines "- oder eines ®-Zusatzes kann deutlich zutage treten, dass der Verwender das Zeichen gerade nicht nur als eine Angabe über Merkmale und Eigenschaften von Waren und Dienstleistungen ansieht und somit die Publikumsauffassung in Richtung einer markenmäßigen Verwendung beeinflusst werden soll (OLG Köln, GRUR-RR 2001, 28/30 - easyway; OLG Hamburg, 3. Senat, CR 2001, 298 Rn. 58 - Conquest of the new world).
Ein weiterer Umstand, der für einen Herkunftshinweis spricht, ist, dass die Beklagte eine ganze Serie von Computerspielen mit der Bezeichnung -L...- herausgebracht hat und anbietet. Hierdurch kann man eine Vergleichbarkeit mit regelmäßigen Erscheinungen annehmen und somit auch eine Anwendbarkeit der Rechtsprechung des BGH, wonach Titel von periodisch erscheinenden Werken wie Zeitungen und Zeitschriften angesichts ihres regelmäßigen Erscheinens und der daraus folgenden Bekanntheit als Hinweis auf die betriebliche Herkunft angesehen werden können (BGH GRUR 2006, 152 Rn. 23 - Gallup; bei Einzelwerken verneint BGH GRUR 2003, 342 Rn. 19 - Winnetou; BGH GRUR 2005, 264/265 - Telefon-Sparbuch).
Ein Hinweis auf die Herkunft kann sich ferner aus einer gewissen Berühmt- und Bekanntheit der L...-Computerspiele in den angesprochenen Verkehrskreisen ergeben. Der klägerische Vortrag diesbezüglich reicht jedoch nicht aus, um dies abschließend beurteilen zu können.
Gegen einen Herkunftshinweis spricht, dass es sich bei den L...-Spielen der Beklagten um Geschicklichkeitsspiele handelt, die sich thematisch mit dem alten Ägypten und dem Tempel von L... beschäftigen, der Spielename für den angesprochenen Verkehr daher zum Inhalt des Spieles passt.
Ob die Anhaltspunkte für die Annahme eines Herkunftshinweises ausreichend sind, braucht hier nicht letztlich entschieden zu werden, da den geltend gemachten Ansprüchen jedenfalls die Einrede der Nichtbenutzung gemäß §§ 25, 26 MarkenG entgegensteht.
c) Der Beklagten steht die von ihr erhobene Einrede der Nichtbenutzung der Wortmarke -L...- (Nr. 397 385 84.6) vor Klageinreichung im Sinn des § 25 Abs. 2 Satz 1 MarkenG zu, da weder der Kläger noch ein von ihm lizensierter Dritter die Marke fünf Jahre vor Klagerhebung gemäß § 26 MarkenG für Waren oder Dienstleistungen benutzt hat, auf die sich der Kläger beruft.
War die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor Erhebung der Klage unbenutzt, so schließt § 25 Abs. 2 Satz 1 MarkenG die mit dieser Klage geltend gemachten Verletzungsansprüche unabhängig davon aus, wann die gerichtliche Entscheidung ergeht und ob bis dahin die Benutzung aufgenommen wird (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 25 Rn. 12). Die vom Kläger angeführte Benutzungshandlung im Oktober 2009 ist daher nicht zu berücksichtigen, da die Klageerhebung bereits im Juni 2008 erfolgte.
Eine Benutzung ergibt sich nicht aus der - bestrittenen - Vereinbarung mit der R... AG und deren Herstellung und Vertrieb eines Brettspiels mit dem Namen -L...-. Zwar erfolgte diese Nutzung nach dem Vortrag des Klägers bis Ende des Jahres 2003 und somit innerhalb der Fünfjahresfrist vor Erhebung der Klage. Allerdings reichte diese Nutzung durch die R... AG für einen Rechtserhalt nicht aus. Denn nach der Rechtsprechung des BGH kann die Benutzung einer Marke nur dann rechtserhaltend im Sinn des § 26 Abs. 1 MarkenG wirken, wenn diese Verwendung der Hauptfunktion der Marke entspricht, dem Verkehr die Ursprungsidentität der Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung von Waren oder Dienstleistungen anderer betrieblicher Herkunft zu unterscheiden (BGH GRUR 2009, 60 Rn. 22 - Lottocard; BGH GRUR 2008, 616 Rn. 10 - Akzenta). Der Verkehr muss die Benutzung danach zumindest auch als Unterscheidungszeichen für die Ware oder Dienstleistung ansehen, was immer dann der Fall ist, wenn das Zeichen als Herkunftshinweis für das konkret gekennzeichnete Produkt verstanden wird (BGH GRUR 2009, 772 Rn. 53 - Augsburger Puppenkiste; Ingerl/Rohnke, a.a.O. § 26 Rn. 26). Hierbei ist ausreichend aber auch erforderlich, dass die Marke in üblicher und (wirtschaftlich) sinnvoller Weise für die Ware oder Dienstleistung verwendet wird, für die sie eingetragen ist (BGH GRUR 2010, 270 Rn. 17 - ATOZ III; BGH GRUR 2009, 766 Rn. 50 - Stofffähnchen).
Die Verwendung der Bezeichnung -L...- als Titel für das Brettspiel der R... AG stellt keine markenmäßige, sondern lediglich eine titelmäßige Benutzung dar. Es handelt sich um ein (Brett-)Spiel, so dass die obigen Ausführungen zur Titelfunktion von Spielenamen hier ebenfalls gelten. Danach dienen Spielenamen grundsätzlich der Bezeichnung und Unterscheidung von anderen Spielen, eine Herkunftsbezeichnung ist in dem Namen jedoch regelmäßig nicht zu sehen. Konkrete Anhaltspunkte, warum die Bezeichnung des Brettspiels -L...- von den angesprochenen Verkehrskreisen zugleich als Herkunftshinweis verstanden wird, hat der Kläger nicht hinreichend vorgetragen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass zusätzlich zu dem Spielenamen deutlich erkennbar auf der Spieleverpackung mehrfach das blaue R... Logo aufgedruckt ist und dies für den angesprochenen Verkehr ein deutlich sichtbarer und vor allem sehr bekannter Herkunftshinweis auf die R... AG ist. Ferner ist den maßgeblichen Verkehrskreisen bekannt, dass die R... AG eine Vielzahl von Spielen anbietet, so dass die jeweiligen Spielenamen zur Unterscheidung des eigenen umfangreichen Angebots, aber nicht als Herkunftshinweis notwendig sind.
Die vom Kläger vorgetragene, bestrittene Verwendung der Bezeichnung -L...- in der Geschäftsbezeichnung -L... Handels GmbH- stellt ebenfalls - wie bereits das Landgericht zutreffend festgestellt hat - keine markenmäßige Benutzung dar (vgl. EuGH GRUR 2007, 971 Rn. 21 - Céline; BGH GRUR 2008, 254 - The HOME Store).
Es liegen ferner keine berechtigten Gründe für eine zeitweilige Nichtbenutzung der Marke vor, die den maßgeblichen Fünfjahresraum verschieben könnten. Der Kläger kann hierfür nicht das nicht rechtskräftig abgeschlossene Löschungsverfahren heranziehen, da es einem Markeninhaber auch während eines Löschungsverfahrens unbenommen bleibt, die Hauptfunktion seiner Marke zu nutzen und seine Waren und Dienstleistungen mit ihr zu kennzeichnen (vgl. OLG Köln MarkenR 2008, 214, 215 - Schutzengel; Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 26 Rn. 258).
d) Die von ihr erhobene Einrede der Nichtbenutzung steht der Beklagten ferner hinsichtlich der weiteren Wortmarke -L...- (Nr. 896539, eingetragen für Spielwaren aus Kunststoff) zu, da der Kläger eine rechtserhaltende Nutzung dieser Marke fünf Jahre vor Klagerhebung nicht hinreichend dargelegt hat. Die insoweit von dem Kläger vorgelegten Unterlagen (Anlagen K 37 bis K 39) belegen - unabhängig von der Frage, ob es sich um verspäteten Vortrag handelt - eine rechtserhaltende Nutzung nicht. Denn es handelt sich lediglich um eine Rechnung an die Firma L... Plastics, aus der sich nicht ergibt, ob und welchen Herkunftshinweis die darin aufgeführte Ware trägt (Anlage K 37). Der Beschreibung Sand Architect (Anlage K 38) fehlt jegliche Bezeichnung -L...-. Aus der Anlage K 39 ist nicht zu erkennen, um was es sich dabei genau handelt, darüber hinaus fehlt jeglicher Hinweis, wann und an wen dies angeboten worden ist. Die Vernehmung der angebotenen Zeugin B... würde aufgrund des nicht hinreichend substantiierten Vortrags der rechtserhaltenden Nutzung auf eine unzulässige Ausforschung hinauslaufen.
e) Dem Kläger steht darüber hinaus kein Anspruch aufgrund einer möglichen Erstbegehungsgefahr der markenmäßigen Verwendung der Bezeichnung -L...- für Computerspiele zu. Zwar hat die Beklagte diese Marke für sich angemeldet und eine Erstbegehungsgefahr kann durch eine Markenanmeldung begründet sein (BGH GRUR 2008, 912 - Metrosex). Da der Kläger hier jedoch nur Schadensersatzfeststellung und Auskunft begehrt, reicht eine Erstbegehungsgefahr nicht aus. Aus einer bloßen Erstbegehungsgefahr kann naturgemäß nicht einmal eine Schadenswahrscheinlichkeit abgeleitet werden (OLG München GRUR-RR 2002, 9, 11 - Big Bertha; Ingerl/Rohnke, a.a.O., Vor §§ 14 - 19 d Rn. 283). Da der Auskunftsanspruch insoweit akzessorisch ist, reicht auch für diesen eine Erstbegehungsgefahr nicht aus (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 19 Rn. 67). Auf die Nichtbenutzungseinrede, die auch insoweit eingreifen würde, braucht daher nicht - wie im landgerichtlichen Urteil - abgestellt werden.
2. Ansprüche aus §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 2 und Abs. 5, 19 MarkenG, § 242 BGB aufgrund des Werktitels -L...- bestehen zugunsten des Klägers, der diese Ansprüche nicht ausdrücklich geltend macht, ebenfalls nicht. Denn Inhaber eines Werktitelrechts an der Bezeichnung -L...- kann nicht der Kläger, sondern nur die R... AG sein. Ein Werktitelrecht kommt hier für die Bezeichnung des Brettspiels -L...- in Betracht. Dieses wurde aber nicht von dem Kläger, sondern der R... AG hergestellt und vertrieben, die dies durch ihren Herkunftshinweis den angesprochenen Verkehrskreisen deutlich gemacht hat und die damit für sich den Titelschutz in Anspruch nehmen kann. Die Titelrechte stehen dem zu, der sie bei ihrem Erstehen nach außen erkennbar in Anspruch nimmt (OLG Hamburg, 3. Senat GRUR-RR, 269/272 - Snowmed; Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 5 Rn. 102).
Darüber hinaus wäre ein etwaiger Titelschutz durch Aufgabe des Gebrauchs beendet. Die R... AG hat die Brettspiele letztmalig Ende des Jahres 2003 ausgeliefert. Der Zeitraum bis zur Klagerhebung im Juni 2008 ist jedenfalls so lang, dass die Titelverwendung erloschen und nicht zeitnah wiederaufgenommen worden ist (vgl. hierzu Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 5 Rn. 104). Die vom Kläger angeführten Vertriebshandlungen nach 2003 sind nicht ausreichend, um eine zeitnahe Wiederaufnahme der Titelverwendung zu begründen. Denn sie können weder dem Kläger noch der R... AG zugerechnet werden, da es sich nur um einen vereinzelten Weiterverkauf über das Internet der bereits bis Ende 2003 von der R... AG an den Handel ausgelieferten Brettspiele handelte.
Der nichtnachgelassene Schriftsatz vom 13.1.2012 hat dem Senat vorgelegen. Er bietet keine Veranlassung zu einer Änderung der Rechtsauffassung.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
4. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung und es bedarf einer Entscheidung des Revisionsgerichts auch nicht zur Fortbildung des Rechts; vielmehr geht es lediglich um die Anwendung anerkannter Rechtssätze auf einen konkreten Fall.
OLG Hamburg:
Urteil v. 18.01.2012
Az: 5 U 147/09
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