Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 29. November 2007
Aktenzeichen: 18 U 179/06

(OLG Köln: Urteil v. 29.11.2007, Az.: 18 U 179/06)

1. Ein Prozessfinanzierungsvertrag, der die Geltendmachung einer anwaltlichen Honorarforderung zum Gegenstand hat, ist aufgrund der mit dem Vertrag verbundenen Informationspflichten über die der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Einzelheiten des Mandats wegen Verstoßes gegen § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB nach § 134 BGB nichtig, sofern der Mandant der Weitergabe der Informationen an den Prozessfinanzierer nicht zugestimmt hat.

2. Die in einem solchen Vertrag vereinbarte Aufteilung des Prozesserlöses zwischen dem Prozessfinanzierer und dem Anspruchsinhaber kann auch nicht über die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft aufrecht erhalten werden. Der Anwendung dieser Grundsätze steht unabhängig von der Frage, ob der Prozessfinanzierungsvertrag eine stille Innengesellschaft begründet, das gesetzliche Verbot nach §§ 134 BGB, 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB entgegen.

3. Eventuelle Ansprüche des Prozessfinanzierers aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Schadensersatz sind auf die Erstattung der von dem Prozessfinanzierer verauslagten Kosten der Rechtsverfolgung beschränkt.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.8.2006 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 15 O 198/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 9.702,89 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin ist ein gewerblicher Prozessfinanzierer, die Beklagten sind bzw. waren Rechtsanwälte. Sie schlossen mit der Klägerin am 7./9.2.2000 einen Prozessfinanzierungsvertrag.

Gegenstand des Vertrages war eine streitige Honorarforderung der Beklagten gegen einen Verein in Höhe von 694.698,01 DM aus Beratungstätigkeit im Zusammenhang mit Überlegungen zur Übernahme eines Krankenhauses. Aus dem "Erlös der finanzierten Rechtsverfolgung" sollte die Klägerin vorab die von ihr vorgelegten Verfahrenskosten erstattet erhalten. Von dem danach verbleibenden Erlös sollte die Klägerin die Hälfte erhalten (Punkt 4 des Vertrages). Der Vertrag enthält unter der Überschrift "Anspruchsgrund" nähere Ausführungen zu der geltend gemachten Honorarforderung der Beklagten und den von ihnen erbrachten Beratungsleistungen. In einer weiteren Urkunde mit gleichem Datum traten die Beklagten die Honorarforderung an die Klägerin ab. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prozessfinanzierungsvertrag (GA 23 ff) und die Abtretungsurkunde (GA 35) Bezug genommen.

Der Rechtsstreit über die Honorarforderung der Beklagten endete mit einem Vergleich vor dem Oberlandesgericht Koblenz, durch den die dortige Beklagte sich verpflichtete, an die dortigen Kläger und Beklagten dieses Verfahren 67.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 30.10.1999 zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer zu zahlen.

Die Parteien streiten über die Abrechnung, und zwar die Mehrwertsteuer und Zinsen auf den Vergleichsbetrag, die Kosten eines vor Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages zur Vorbereitung der Klage auf Kosten der Beklagten eingeholten Rechtsgutachtens und die sog. Foris-Gebühr für die zweite Instanz (2.514,20 €), die die Klägerin in ihren neueren Verträgen den Anwälten für den durch die Prozessfinanzierung entstehenden zusätzlichen Aufwand zahlt. Die Klägerin errechnet sich aus ihrer Abrechnung eine Forderung in Höhe von 9.702,89 €.

Das Landgericht, dessen Urteil in JZ 2007, 203 (m.Anm. Grunewald) veröffentlicht ist, hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Prozessfinanzierungsvertrag sei wegen Verstoßes gegen die anwaltliche Schweigepflicht insgesamt nichtig. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung zunächst gegen die Feststellung des Landgerichts, dass der Prozessfinanzierungsvertrag insgesamt nach § 134 BGB nichtig sei. Die vertraglichen Informationspflichten der Beklagten stellten keinen Verstoß gegen § 203 StGB dar. Sie habe bereits vor Abschluss des Vertrages alle Informationen erhalten, so dass diese zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages keine Geheimnisse i.S.d. § 203 StGB mehr gewesen seien. Zu berücksichtigen sei auch, dass es sich "genau genommen" um zwei Prozessfinanzierungsverträge handle. Die Entscheidung zur Finanzierung der zweiten Instanz stelle den Abschluss eines erneuten Prozessfinanzierungsvertrages dar, wobei die Parteien sich über die Übernahme der Konditionen des bestehenden Vertrages für die 1. Instanz einig gewesen seien. Eine eventuelle Nichtigkeit umfasse keinesfalls diesen zweiten Vertrag, weil ein Verstoß gegen § 203 StGB spätestens zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen sei.

Zudem handle es sich um eine Überraschungsentscheidung. Das Landgericht habe lediglich auf eine mögliche Nichtigkeit der Abtretung im Hinblick auf § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO hingewiesen, so dass sie zu einer Nichtigkeit des Vertrages unabhängig von der Nichtigkeit der Abtretung der Honorarforderung keine Stellung habe nehmen können.

Auch die Abtretung sei nicht unwirksam. Schutzzweck des § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO sei es, einem Verstoß gegen § 203 StGB vorzubeugen. In diesem speziellen Fall sei indes ein Verstoß ausgeschlossen gewesen, da die Informationen keine Geheimnisse im Sinne des § 203 StGB dargestellt hätten, so dass auch kein Grund bestehe, die Abtretung für nichtig zu erklären.

Die Nichtigkeit der Abtretung hätte auch nicht die Nichtigkeit des gesamten Vertrages zur Folge. Der Vertrag wäre auch ohne die nur sicherheitshalber erfolgte Abtretung der Honorarforderung abgeschlossen worden. Sie hätte sich auch mit der Stellung einer anderen Sicherheit einverstanden erklärt.

Selbst wenn der Vertrag nichtig wäre, bestünde jedenfalls ein Anspruch nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft. Durch den Prozessfinanzierungsvertrag sei zwischen den Parteien eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet worden. Das Landgericht habe das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses zu Unrecht abgelehnt. Die Klägerin führt dies im einzelnen unter Vorlage von Auszügen aus einer Dissertation und weiteren Literaturzitaten näher aus. Die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sei nicht wegen Verstoßes gegen § 134 BGB ausgeschlossen. Das sei nur der Fall, wenn der Gesellschaftszweck selbst mit Gesetz oder guten Sitten unvereinbar sei. Die Prozessfinanzierung also solche sei kein verbotener Zweck.

Darüber hinaus bestehe ein Anspruch gegen die Beklagte nach den Grundsätzen der c.i.c.. Für die Wirksamkeit der Abtretung seien allein die Beklagten verantwortlich. Sie hätten in Ziff. 1 des Abtretungsvertrages zugesichert, über die Forderung in jeder Hinsicht verfügungsbefugt zu sein. Dabei dürfte es sich sogar um eine Garantie handeln, die eine verschuldensunabhängige Haftung begründe. Auch die Pflicht, mandantenbezogene Informationen nicht ohne Zustimmung des Mandanten weiterzugeben, sei eindeutig der Sphäre der Beklagten zuzuordnen. Selbst wenn sie - die Klägerin - sich eines möglichen Verstoßes der Beklagten gegen § 203 StGB sowie § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO bewusst gewesen wäre, hätte sie durch die Zusicherung der Beklagten in Ziffer 1 des Vertrages davon ausgehen müssen, dass die Beklagte die Genehmigung ihrer Mandantin zur Weitergabe der Informationen eingeholt hatten.

Schließlich sei die Berufung der Beklagten auf die Unwirksamkeit des Prozessfinanzierungsvertrages unbillig. Denn die Unwirksamkeit würde sich nur daraus ergeben, dass die Beklagten ihre vertragliche Pflicht nicht erfüllt hätten, die Zustimmung ihrer Mandantin einzuholen.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Landgerichts Bonn vom 25.8.2006 abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 9.702,89 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.8.2004 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend und räumen einen objektiven Verstoß gegen § 203 StGB ein. Unerheblich sei, ob der Verstoß vor Vertragsschluss begangen worden sei, da auch ein vorvertraglicher Verstoß zur Nichtigkeit des Vertrages führe. Sie behaupten im übrigen, die Klägerin habe sich auch nach Abschluss des Vertrages regelmäßig weiter informieren lassen, und zwar auch noch im Berufungsverfahren.

Die Beklagten diskutieren darüber hinaus auch eine Unwirksamkeit der Prozessfinanzierung nach § 138 BGB, und zwar zum einen unter dem Aspekt, dass eine Prozessfinanzierung einem Beklagten nie zur Verfügung stehe, zum anderen, weil eine Erfolgsbeteiligung von 50 % zu hoch sei.

Ein Gesellschaftsverhältnis habe das Landgericht zu Recht abgelehnt. Es habe auch die Verantwortung für die Nichtigkeit des Vertrages zu Recht bei beiden Parteien gesehen. Der Klägerin in Person ihres damaligen Leiters der Abteilung Prozessfinanzierung sei bekannt gewesen, dass wegen ständig wechselnder Vorstände und intensiver strafrechtlicher Verfolgung ihres Führungspersonals die Mandantin zur Erteilung der Zustimmung mit der Abtretung oder dem Prozessfinanzierungsvertrag schon zeitlich gar nicht in der Lage gewesen sei.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Der Klägerin stehen keine Ansprüche auf weitere Beteiligung an dem Erlös aus dem vor dem Oberlandesgericht Koblenz geführten Rechtsstreit zu, da der zwischen den Parteien abgeschlossene Prozessfinanzierungsvertrag nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht (§ 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB) nichtig ist. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung besteht nicht, da die Klägerin durch die bisherigen Zahlungen der Beklagten ihre Aufwendungen erstattet bekommen hat.

Zur Begründung nimmt der Senat zunächst vollinhaltlich Bezug auf die ausführlichen und in jeder Hinsicht überzeugenden Gründe des angefochtenen Urteils, welches sich mit allen maßgeblichen Gesichtspunkten zutreffend auseinandersetzt.

Im Hinblick auf die Berufungsbegründung sind nur folgende ergänzende Anmerkungen veranlasst:

1. Das Landgericht hat den Prozessfinanzierungsvertrag zutreffend als nach § 134 BGB nichtig angesehen, weil die im Vertrag geregelten Informationspflichten auf einen Verstoß gegen die den Beklagten als Rechtsanwälte obliegende Verschwiegenheitspflicht im Sinne von § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB gerichtet sind.

Es kann dahinstehen, ob bereits die gleichzeitig mit dem Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrag vereinbarte Sicherungsabtretung der Honorarforderung nach § 134 BGB i.V.m. § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO zur Nichtigkeit des gesamten Prozessfinanzierungsvertrages führt. Nach § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO ist die Abtretung einer anwaltlichen Gebührenforderung an einen Dritten, der nicht Rechtsanwalt ist, unzulässig, wenn die Forderung nicht rechtskräftig festgestellt, ein Vollstreckungsversuch fruchtlos ausgefallen und der Rechtsanwalt die ausdrückliche, schriftliche Einwilligung seines Mandanten eingeholt hat. Keine dieser drei Voraussetzungen liegt vor.

Die Nichtigkeit der Abtretung führt aber nach § 139 BGB nicht ohne weiteres zur Nichtigkeit des Prozessfinanzierungsvertrages. Denn es spricht einiges dafür, dass die Parteien den Prozessfinanzierungsvertrag auch ohne die sicherungshalber erfolgte Abtretung des Honoraranspruchs der Kläger vereinbart hätten. Allerdings stand - bei dem erwarteten Erfolg der Honorarklage - der Klägerin ein ganz erheblicher Gewinnanteil zu, so dass eine diesbezügliche Sicherheit für die Klägerin von besondere Bedeutung war.

Die Frage kann aber offen bleiben, weil der Prozessfinanzierungsvertrag selbst - unabhängig von der Abtretung der Honorarforderung - nach § 134 BGB i.V.m. § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB nichtig ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vertrag unwirksam, durch den sich ein Rechtsanwalt - und sei es nur als Nebenpflicht - verpflichtet, entgegen dem Verbot des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB Mandantengeheimnisse einem Dritten zu offenbaren.

§ 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB ist ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB. Die Vorschrift dient dem Schutz der Individualsphäre des Mandanten, der Rat und Hilfe in Anspruch nehmen muss, die er nur bei rückhaltloser Offenheit zu erlangen vermag (BGH NJW 1993, 1638).

Der Prozessfinanzierungsvertrag enthält in Ziff. 3.2. am Ende und Ziff. 6.5. umfassende Informationspflichten des Anspruchsinhabers. Damit unterliegen auch die Einzelheiten der Tätigkeit der Beklagten für ihre Mandantin der vertraglichen Informationspflicht. Ferner ergibt sich aus dem Vorspann des Vertrages und dem Vorbringen der Parteien, dass die Beklagten die Klägerin auch tatsächlich über die Honorarforderung - und damit auch die für ihre Mandantin erbrachten Tätigkeiten - umfassend informiert haben. Das erfüllt den objektiven Tatbestand des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB.

Entgegen der Ansicht der Klägerin umfasst der Nichtigkeitsgrund nicht lediglich die Abtretung, sondern den gesamten Vertrag.

Weder der Rechtsprechung noch § 49b BRAO lässt sich entnehmen, dass die Verbotsnorm nur die Abtretung der Forderung, nicht aber auch die Prozessfinanzierung erfasst. Die Nichtigkeit der Abtretung einer anwaltlichen Honorarforderung folgt nicht aus dem Übergang der Forderung auf einen Dritten. Vielmehr folgt die Nichtigkeit nach §§ 134 BGB, 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB aus der mit der Abtretung nach § 402 BGB verbundenen umfassenden Informationspflicht (BGHZ 122, 115 = NJW 1993, 1638). § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO enthält lediglich ein zusätzliches Abtretungsverbot.

Im vorliegenden Fall enthält der zwischen den Parteien geschlossene Prozessfinanzierungsvertrag selbst die Informationspflichten - und damit die vertragliche Pflicht zum Verrat von Mandantengeheimnissen.

Der Verstoß ist auch nicht deshalb für die Wirksamkeit des Vertrages unschädlich, weil er bereits vor Vertragsschluss erfolgt ist. Die Informationen, die die Beklagten der Klägerin über das Mandatsverhältnis erteilt haben, dienten der Vorbereitung des Prozessfinanzierungsvertrages. Auf die zeitliche Reihenfolge kommt es nicht an. Der Bundesgerichtshof hat zwar die Abtretung einer anwaltlichen Gebührenforderung an einen Rechtsanwalt als wirksam angesehen, der bereits vorher die Angelegenheit umfassend kennengelernt hatte. In diesem Fall verstoße die Abtretung nicht gegen §§ 134 BGB, 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB (BGH NJW 2005, 507). Dem lag aber die Erwägung zu Grunde, dass der Zessionar die umfassende Kenntnis vom Auftraggeber, also dem Mandanten selbst erlangt hatte, den er im Kostenfestsetzungsverfahren vertreten hatte, und damit nicht durch einen Verstoß des Zedenten gegen die ihm obliegende anwaltliche Verschwiegenheitspflicht (BGH aaO, Rn 15). Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Vielmehr haben die Beklagten der Klägerin unbefugt und unter Verstoß gegen § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB die näheren Einzelheiten über das Mandat offenbart. Dies diente dem Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages.

Unabhängig davon waren nach dem Prozessfinanzierungsvertrag auch noch weitere Informationen zu erteilen. Das Oberlandesgericht Koblenz hatte nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien die Beklagten im Vorprozess darauf hingewiesen, dass eine Abrechnung auf Grundlage der streitwertabhängigen Gebühren nicht in Betracht komme, sondern nur eine Abrechnung nach Zeitaufwand. Hierzu bedürfe es aber noch detaillierten Vortrags zum konkreten Beratungsaufwand. In diesem Zusammenhang hätte die Klägerin nach dem Vertrag von den Beklagten auch die Erteilung weiterer, der Schweigepflicht unterliegender Informationen zum Mandat verlangen können. Immerhin oblag ihr nach Ziff. 8.1. und 8.2. die Entscheidung über die Zustimmung zu dem vom OLG Koblenz vorgeschlagenen Vergleich. Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, ob für die zweite Instanz von einem neuen, mündlichen Prozessfinanzierungsvertrag ausgegangen werden könnte. Ob solche Informationen im Zusammenhang mit den Überlegungen der Parteien, ob sie den Vergleich widerrufen sollen, tatsächlich erteilt wurden, spielt keine Rolle. Entscheidend für den Verstoß gegen das Verbotsgesetz ist die mit Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages eingegangene Verpflichtung der Beklagten, an die Klägerin als außenstehende Dritte ihnen im Rahmen des Mandats anvertraute oder bekannt gewordene Geheimnisse zu offenbaren. Ob es später tatsächlich erforderlich ist, der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Tatsachen zu offenbaren oder sich das - aus welchen Gründen auch immer - erübrigt, ist für die Nichtigkeit des Vertrages ohne Bedeutung (BGH NJW 1993, 1912).

Schließlich ist die Berufung auch nicht deshalb begründet, weil das Urteil - wie die Klägerin meint - eine unzulässige Überraschungsentscheidung darstellt. Eine Verletzung der Hinweispflicht ist nicht ersichtlich. Der protokollierte Hinweis des Landgerichts, es stelle sich ernsthaft die Frage, "ob der gesamte Prozessfinanzierungsvertrag hier wegen Verstoßes gegen §§ 203 StGB, 49 BRAO nach § 134 BGB insgesamt nichtig ist", war nicht auf die Nichtigkeit der Abtretung und eine daraus nach § 139 BGB folgende Gesamtnichtigkeit auch des Prozessfinanzierungsvertrages beschränkt, sondern beinhaltete bei verständiger Würdigung auch den Hinweis, dass der Prozessfinanzierungsvertrag selbst gegen §§ 134 BGB, 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB verstößt. Jedenfalls beruht die Entscheidung des Landgerichts nicht auf dem gerügten Verstoß gegen die Hinweispflicht, weil auch das Berufungsvorbringen keine neuen Gesichtspunkte enthält, die eine andere Entscheidung rechtfertigen, § 513 Abs. 1 ZPO.

2. Die Klägerin beruft sich ferner ohne Erfolg auf die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft.

Es kann offen bleiben, ob durch den Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages zwischen den Parteien eine stille Innengesellschaft begründet wurde, wie dies im rechtswissenschaftlichen Schrifttum vertreten wird. Auch insoweit neigt der Senat der überzeugend begründeten Ansicht des Landgerichts zu, ohne dies indes abschließend entscheiden zu müssen. Denn auch bei Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses stünden der Klägerin keine weitergehenden Ansprüche gegen die Beklagten zu.

Nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft ist eine in Vollzug gesetzte Gesellschaft aus Gründen des Bestandsschutzes für die Gesellschaft und des Verkehrsschutzes für Dritte auch dann für die Vergangenheit als wirksam zu behandeln, wenn der Gesellschaftsvertrag nichtig ist. Der Mangel des Gesellschaftsvertrages ermöglicht dem betroffenen Gesellschafter nur die Auflösung der Gesellschaft für die Zukunft. Für die Abwicklung gelten in diesem Fall die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regeln, wobei vorrangig die im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Liquidationsbestimmungen heranzuziehen sind (Goette, DStR 1996, 266, 269f; Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl., § 705 Rn 17 f).

Die Nichtigkeit des Prozessfinanzierungsvertrages nach §§ 134 BGB, 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB schließt indes die Anwendung der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft und damit die faktische Aufrechterhaltung des Prozessfinanzierungsvertrages und seiner Auseinandersetzungsregelungen aus.

Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft kommen nicht zum Zuge, wenn der rechtlichen Anerkennung der fehlerhaften Gesellschaft oder dem fehlerhaften Beitritt gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder bestimmter schutzwürdiger Personen entgegenstehen (BGH NJW 2005, 1252, 1254 für einen Treuhandvertrag unter Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz).

Das verletzte gesetzliche Verbot schützt gerade Dritte, nämlich die ehemaligen Mandanten der Beklagten vor einer unbefugten Offenbarung der ihnen anvertrauten Geheimnisse. Die Grenze für die Anerkennung der in Vollzug gesetzten fehlerhaften Gesellschaft ist dort erreicht, wo die Beteiligten mit ihrer gemeinsamen Tätigkeit gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Die Rechtsordnung kann sich nicht selbst dadurch ad absurdum führen, dass das von ihr verbotene Geschäft dann als gültig behandelt wird, wenn es von einer gesellschaftsrechtlich verbundenen Gruppe betrieben wird (so ausdrücklich Goette, DStR 1996, 266, 270). Die Abwicklung der Gesellschaft vollzieht sich in diesen Fällen nicht nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regelungen, insbesondere den im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Liquidationsbestimmungen, sondern nach Bereicherungsrecht (z.B. BGH DStR 1995, 1722 für die Abwicklung einer aus berufsrechtlichen Gründen unzulässigen ärztlichen Gemeinschaftspraxis) .

Bei einer danach auch bei Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses allein in Betracht kommenden Abwicklung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen ergibt sich kein Anspruch der Klägerin. Ihr stünde in diesem Fall allenfalls ein Anspruch auf Ersatz der von ihr übernommenen Kosten des zwischen den Beklagten und ihrer Mandantin geführten Rechtsstreits zu. Diese Kosten hat sie indes erhalten. Die Zahlung der Beklagten übersteigt die von der Klägerin in ihren Abrechnungen geltend gemachten, von ihr aufgewendeten Kosten des geführten Rechtsstreits. Die Parteien streiten lediglich über den der Klägerin zustehenden Erlösanteil. Ein Anspruch auf anteiligen Erlös über die bereits geleistete Zahlung hinaus steht der Klägerin indes auch nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen aufgrund der Nichtigkeit der getroffenen Vereinbarungen nicht zu.

3. Ein Anspruch aus c.i.c. bzw. §§ 280, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, BGB n.F. besteht aus dem gleichen Grund nicht. Ob die Beklagten ihre vorvertraglichen Pflichten dadurch verletzt haben, dass sie die Klägerin nicht auf die - nach den Umständen naheliegende - fehlende Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch ihren Mandanten hingewiesen haben, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich. Denn ein eventueller Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglichen Verschuldens wäre nur auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet. D.h. die Beklagten müssten die Klägerin so stellen, als hätte diese den Prozessfinanzierungsvertrag nicht abgeschlossen. Denn auch bei der von der Klägerin verlangten Aufklärung hätten die Parteien den Prozessfinanzierungsvertrag ohne Zustimmung der Mandantin der Beklagten nicht wirksam abschließen können. Dass sie die Zustimmung erhalten hätten, ist nicht erkennbar.

Die Klägerin könnte daher lediglich Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen. Diese hat sie indes bereits durch die Zahlung der Beklagten erhalten. Gegenstand des Rechtsstreits ist nur noch der Erlösanteil, aber nicht mehr die Erstattung der von der Klägerin verauslagten Kosten.

4. Schließlich hat das Landgericht auch zu Recht und mit zutreffender Begründung entschieden, dass den Beklagten die Berufung auf die Nichtigkeit des Vertrages nicht nach Treu und Glauben verwehrt ist. Dem steht schon der Schutzzweck der Nichtigkeitsgründe entgegen. Der Mandantenschutz gebietet es, die Aufrechterhaltung des Vertrages nicht von Handlungen oder dem Willen der Parteien abhängig zu machen. Da die Klägerin zudem Ersatz ihrer Aufwendungen bereits erhalten hat, wird sie durch die Nichtigkeit des Vertrages auch nicht unbillig benachteiligt.

5. Aufgrund der Nichtigkeit des Vertrages allein noch in Betracht kommende Ansprüche aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt BGB (Leistungskondiktion) bestehen nicht. Eine Bereicherung der Beklagten liegt nur in Form der von der Klägerin finanzierten Prozesskosten vor. Diese hat die Klägerin allerdings über die Zahlung der Beklagten erhalten. Eine darüber hinausgehende Bereicherung durch Leistung der Klägerin ist nicht ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Es liegt kein Grund vor, die Revision zuzulassen. Der Fortbildung des Rechts dient lediglich die Frage, ob die Prozessfinanzierung ein Gesellschaftsverhältnis zwischen dem Prozessfinanzierer und dem Anspruchsinhaber begründet. Auf diese Frage kommt es indes für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an. Im übrigen beruht die Entscheidung auf in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen und deren Anwendung auf die Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles.






OLG Köln:
Urteil v. 29.11.2007
Az: 18 U 179/06


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