Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 22. November 2012
Aktenzeichen: I-6 U 18/12
(OLG Düsseldorf: Urteil v. 22.11.2012, Az.: I-6 U 18/12)
Leitsätze zum Urteil vom 22.November 2012
1. Zu Auskünften in der Hauptversammlung über die berufliche Qualifikation von Organmitgliedern, die über die Angabe des ausgeübten Berufes hinausgehen, ist der Vorstand einer Aktiengesellschaft nur beim Vorliegen von konkreten Anhaltspunkten für eine mangelnde fachliche Eignung der betroffenen Organmitglieder verpflichtet.
2. Zum Umfang der Pflichten des Aufsichtsrates gemäß § 314 Abs. 2 AktG zur Berichterstattung über die Prüfung eines Abhängigkeitsberichts gemäß § 312 AktG und zur Stellungnahme zu dem Bericht des Abschlussprüfers über die Prüfung eines derartigen Abhängigkeitsberichts gemäß § 313 AktG, wenn Einwendungen gegen den Inhalt des Abhängigkeitsberichts weder von den Abschlussprüfern noch von den Mitgliedern des Aufsichtsrates erhoben werden.
3. Zu den Anforderungen an die Berichterstattung des Aufsichtsrates über Interessenkonflikte gemäß Ziffer 5.5.3 Satz 1 DCGK, insbesondere im Hinblick auf die Beziehung der Mitglieder des Aufsichtsrates zu einem Groß- oder Mehrheitsaktionär der Gesellschaft.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers zu 1) wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 15. Dezember 2011 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Klagen werden abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu zehn Zwölftel der Kläger zu 1) und zu je einem Zwölftel die Klägerinnen zu 2) und zu 3). Die Kosten ihrer Nebenintervention tragen die beiden Streithelferinnen jeweils selbst.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
A.
Mit ihren am 24. September 2010 - Klage der Klägerin zu 2) - und 27. September 2010 - Klagen des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 3) - bei dem Landgericht eingegangenen und an jeweils ein Mitglied des Vorstands sowie des Aufsichtsrats der Beklagten am 11. Oktober 2010 - Klagen des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 3) - sowie am 04. November 2010 an ein Mitglied des Aufsichtsrats und am 07. Dezember 2010 an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten als Zustellungsbevollmächtigte des Vorstandssprechers - Klage der Klägerin zu 2) - zugestellten Klagen wenden sich die Kläger in ihrer Eigenschaft als Aktionäre der beklagten Aktiengesellschaft im Wege der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen die in einer ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 26. August 2010 zu TOP 3 im Wege der Einzelentlastung gefassten Beschlüsse über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates A., B., C., D., E., F., G., H., I., J., K., L., M., N., O., P. und Q. für das Geschäftsjahr 2009/10.
Darüber hinaus erhebt der Kläger zu 1) auch Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen die in derselben Hauptversammlung zu TOP 2, 4 und 5 gefassten Beschlüsse über die Entlastung der Mitglieder des Vorstandes R. , S. , T., U. und V. für das gleiche Geschäftsjahr (TOP 2), über die Wahl des Abschlussprüfers (TOP 4) sowie über die Neuwahl der Mitglieder des Aufsichtsrates C., D., E. und O. nach dem Auslaufen ihrer jeweiligen Amtsperiode (TOP 5).
Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen aller weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, soweit die hier getroffenen Feststellungen davon nicht abweichen, hat das Landgericht die angefochtenen Beschlüsse zu TOP 2 und 3 im Hinblick auf die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates A., B., C., D., E., F., G., H., I., J., L., M., N., O., P. und Q. sowie der Mitglieder des Vorstandes R., S. , T., U. und V. für nichtig erklärt. Die Entlastungsbeschlüsse bezüglich der genannten Organmitglieder seien gemäß § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar, weil die Hauptversammlung über die Entlastungen ohne eine ausreichende Informationsgrundlage entschieden habe. Die Informationsrechte der Aktionäre seien in nicht unerheblicher Weise verletzt worden, weil der Aufsichtsrat seinen sich aus § 314 Abs. 2 AktG ergebenden Verpflichtungen nicht nachgekommen sei und den Bericht des Vorstands über die Beziehungen der Gesellschaft zu verbundenen Unternehmen entweder bereits nicht selbst geprüft oder zumindest über das Ergebnis dieser Prüfung in seinem schriftlichen Bericht an die Hauptversammlung (§ 171 Abs. 2 AktG) nicht in der erforderlichen Art und Weise berichtet habe.
Die Anfechtungsklagen aller drei Kläger im Hinblick auf die Entlastung des Aufsichtsratsmitgliedes K. sowie die Klage des Klägers zu 1) zu den TOP 4 und 5 - Wahl des Abschlussprüfers sowie Neuwahlen zum Aufsichtsrat - hat das Landgericht hingegen abgewiesen. Herr K. sei bereits am 24. September 2009 aus seinem Amt ausgeschieden, so dass mangels anderweitiger Anhaltspunkte vermutet werden müsse, dass er auf den Verstoß der übrigen Mitglieder des Aufsichtsrats gegen ihre Berichtspflichten keinen Einfluss mehr habe nehmen können. Die Anfechtungsklage des Klägers zu 1) gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung zu den TOP 4 und 5 habe keinen Erfolg, weil der Kläger eine in dieser Hinsicht von ihm in erster Linie zur Begründung der Klage herangezogene Verletzung des Auskunftsrechts der Aktionäre durch eine nicht ausreichende oder unrichtige Beantwortung von Fragen in der Hauptversammlung vom 26. August 2010 nicht schlüssig dargelegt habe. Soweit der Kläger zu 1) sich auf die unzureichende Beantwortung seiner eigenen Fragen berufe, habe er nicht in der erforderlichen Weise angegeben, weshalb die Beantwortung dieser Fragen für eine sachgerechte Entscheidung der Hauptversammlung über die Gegenstände der angefochtenen Beschlüsse erforderlich gewesen sei. Soweit er seine Klage mit der Nichtbeantwortung der Fragen anderer Aktionäre oder ihrer Vertreter begründe, handele er insoweit widersprüchlich und verstoße gegen Treu und Glauben, weil er in Bezug auf diese Fragen auch nach seinem eigenen Vortrag keinen Widerspruch zu Protokoll des in der Hauptversammlung anwesenden Notars erklärt habe. Anders als im Falle der Entlastungsbeschlüsse könne die Anfechtung der Beschlüsse zu den TOP 4 und 5 auch nicht auf die unzureichende Prüfung oder Berichterstattung des Abhängigkeitsberichtes durch den Aufsichtsrat gestützt werden. Dieser Umstand führe zwar zur Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse, weil ohne ordnungsgemäße Berichterstattung des Aufsichtsrates nicht abschließend geklärt werden könne, ob die zu entlastenden Organmitglieder im Verlaufe des Geschäftsjahres 2009/10 möglicherweise ihre Haftung begründende Pflichten gegenüber der Beklagten oder ihren Aktionären verletzt hätten. Er habe aber nicht zur Folge, dass deshalb ohne weitere Anhaltspunkte auch die Entscheidungen über die Neubestellung des Abschlussprüfers oder die Neuwahl einzelner Aufsichtsratsmitglieder als gesetzwidrig anzusehen seien.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beklagte mit ihrer Berufung und der Kläger zu 1) mit seiner Anschlussberufung.
Die Beklagte verfolgt ihren Antrag auf Abweisung der Klage in vollem Umfang weiter. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und macht geltend, das Landgericht sei zu Unrecht zu einer Anfechtbarkeit der Beschlüsse zu den TOP 2 und 3 über die Entlastung der Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates (mit Ausnahme von Herrn K.) wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die sich aus § 314 Abs. 2 AktG ergebenden Berichtspflichten des Aufsichtsrates gelangt.
Im Hinblick auf die Beschlüsse der Hauptversammlung zu TOP 2 - Entlastung der Vorstandsmitglieder - verstoße die Argumentation des Landgerichts gegen § 120 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 AktG. Selbst wenn man unterstelle, dass der Bericht des Aufsichtsrates an die Hauptversammlung die in dem angefochtenen Urteil angenommenen Mängel im Hinblick auf die Prüfung des Abhängigkeitsberichtes oder die Berichterstattung über diese Prüfung aufgewiesen habe, begründe dies allenfalls eine die Entlastung hindernde Pflichtverletzung der Mitglieder des Aufsichtsrates. Der Vorstand habe seine ihm im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die verbundenen Unternehmen obliegenden Pflichten jedoch unstreitig erfüllt. Jedenfalls die den Vorstandsmitgliedern erteilten Entlastungen seien daher in jedem Falle rechtmäßig. Mit der Entscheidung des BGH vom 04. März 1974 - II ZR 89/72 -, auf die sich das Landgericht in diesem Zusammenhang bezogen habe, sei der vorliegende Rechtsstreit nicht zu vergleichen. In dem dort zur Entscheidung stehenden Fall habe der Vorstand verkannt, dass ein Abhängigkeitsbericht überhaupt erstellt werden musste und daher auch seine eigenen Pflichten in diesem Zusammenhang verletzt. Ein solcher Vorwurf könne dem Vorstand hier aber gerade nicht gemacht werden.
Im Hinblick auf die Beschlüsse der Hauptversammlung zu TOP 2 - Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats - verkenne das Landgericht die Anforderungen des § 314 Abs. 2 AktG an die Berichts- und Prüfungspflichten des Aufsichtsrates. Das angefochtene Urteil überspanne die sich aus dieser Vorschrift ergebenden Anforderungen an den Bericht des Aufsichtsrates. Das Gesetz verlange nur, dass der Aufsichtsrat über das Ergebnis seiner Prüfung des Abhängigkeitsberichts berichte, nicht aber, dass er auch über die Arbeiten berichte, die zu diesem Ergebnis geführt hätten. Insgesamt fordere das Gesetz im Zusammenhang mit dem Abhängigkeitsbericht vier verschiedene Angaben in dem Bericht des Aufsichtsrates an die Hauptversammlung, nämlich (1) die Wiedergabe des Bestätigungsvermerks des Abschlussprüfers im genauen Wortlaut (§ 314 Abs. 2 Satz 3 AktG), (2) eine Stellungnahme des Aufsichtsrates zu dem Prüfungsergebnis des Abschlussprüfers (§ 314 Abs. 2 Satz 2 AktG), (3) die Mitteilung des Ergebnisses der eigenen Prüfung des Abhängigkeitsberichts durch den Aufsichtsrat (§ 314 Abs. 2 Satz 1 AktG) und (4) eine Stellungnahme des Aufsichtsrates zu der sog. Schlusserklärung des Vorstandes, mit der dieser das Ergebnis seines Berichts über die Beziehung zu den verbundenen Unternehmen zusammenzufassen habe (§ 314 Abs. 3 AktG).
Führe der Abhängigkeitsbericht jedoch - so wie hier - zu dem (idealen ) Ergebnis, dass offene Ansprüche der Gesellschaft auf Nachteilsausgleich gegen die verbundenen Unternehmen nicht vorhanden seien, verschwömmen die genannten vier Berichtspunkte miteinander. Denn es sei schlechterdings undenkbar, dass der Aufsichtsrat die Schlusserklärung des Vorstandes für zutreffend halte, den darin zusammengefassten Berichtsinhalt jedoch in maßgeblichen Punkten missbillige. Erst recht sei es undenkbar, dass der Aufsichtsrat dem Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers zustimme, selbst aber die Auffassung vertrete, der Abhängigkeitsbericht sei falsch oder unvollständig. Diese Sichtweise werde auch durch die Kommentarliteratur zu der parallel gelagerten Vorschrift des § 171 Abs. 2 Satz 1 und 4 AktG bestätigt, in der anerkannt sei, dass eine gesonderte Berichterstattung über das Ergebnis der Prüfung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat entbehrlich sei, wenn der Aufsichtsrat erkläre, dass er keine Einwendungen gegen den Jahresabschluss erhebe. Selbst wenn man dies mit dem Landgericht anders sehen wollte, fehle in dem Bericht des Aufsichtsrates allenfalls der rein sprachliche, einen zusätzlichen Informationsgehalt nicht beinhaltende Zusatz „nach dem abschließenden Ergebnis seiner Prüfung“ seien Einwendungen gegen die Schlusserklärung des Vorstandes und den Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers nicht zu erheben. Hierin könne aber jedenfalls eine schwere und eindeutige Rechtsverletzung, wie sie einer Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates allenfalls entgegen stehen könnte, nicht gesehen werden. Diesem Ergebnis könne das Landgericht auch keine angeblich gesteigerten Anforderungen an die Prüfungs- und Berichtspflichten des Aufsichtsrates im Falle einer wirtschaftlichen Krise entgegenhalten. Denn zum einen sei schon nicht zu erkennen, dass eine solche Krise der Gesellschaft in dem hier maßgeblichen Berichtszeitraum noch vorgelegen habe, zum anderen könnten sich derartige Anforderungen an die Berichts- und Prüfungspflichten des Aufsichtsrates allenfalls auf die Erforschung und Überwindung der in Rede stehenden Krisensituation beziehen. Mit dem Inhalt des Abhängigkeitsberichts habe dies aber nichts zu tun.
Die Beklagte beantragt,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger zu 1) verteidigt das angefochtene Urteil, soweit das Landgericht die von ihm angegriffenen Beschlüsse der Hauptversammlung zu TOP 2 und 3 über die Entlastung der Organmitglieder der Beklagten für anfechtbar erachtet hat. Aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils sei davon auszugehen, dass der Aufsichtsrat die ihm gemäß § 314 Abs. 2 AktG obliegenden Pflichten verletzt habe. Denn er habe der Hauptversammlung weder berichtet, ob er den Abhängigkeitsbericht des Vorstandes selbst geprüft habe, noch habe er ihr mitgeteilt, was das Ergebnis dieser Prüfung gewesen sei. Dieser - noch dazu vor dem Hintergrund der existentiellen Krise bei der Beklagten und der im Zusammenhang mit ihrer Überwindung erforderlich gewordenen Geschäfte gerade auch unter Einbeziehung der früheren Großaktionärin besonders schwerwiegende - Pflichtverstoß könne von der Beklagten auch durch den Verweis auf eine angeblich nur sprachlich verkürzte Darstellung in dem Bericht des Aufsichtsrates nicht mit Erfolg relativiert werden und hindere schon als solcher die Entlastung der an dem Bericht beteiligten Aufsichtsratsmitglieder. Zugleich stehe er auch der Entlastung der Vorstandsmitglieder entgegen, denn diese hätten es nicht nur unterlassen, die Hauptversammlung auf die gesetzwidrige Praxis des Aufsichtsrates hinzuweisen, sondern überdies der Hauptversammlung auch noch die gesetz- und treuwidrige Entlastung der pflichtvergessenen Aufsichtsratsmitglieder vorgeschlagen.
Im Übrigen sei davon auszugehen, dass nicht nur der Bericht des Aufsichtsrates über die Prüfung des Abhängigkeitsberichtes mangelhaft gewesen, sondern eine derartige Prüfung überhaupt unterblieben sei. Selbst wenn man jedoch mit der Beklagten unterstellen wollte, dass der Aufsichtsrat den Abhängigkeitsbericht geprüft und darüber auch in ausreichender Weise berichtet habe, könne die Berufung keinen Erfolg haben. Zumindest ein Teil der Mitglieder des Aufsichtsrats - insbesondere die Herren C., O. und G. - sei nämlich bei der US-amerikanischen Hauptaktionärin der Beklagten W. oder bei anderen, mit dieser verbundenen Unternehmen beschäftigt und habe sich daher im Hinblick auf die Prüfung der Beziehung der Beklagten zu verbundenen Unternehmen in einem Interessenkonflikt befunden. In seinem Bericht an die Hauptversammlung - Seite 8 bis 10 des Konzerngeschäftsberichts der X. für das Geschäftsjahr 2009/10 (Anlage K 2) - habe der Aufsichtsrat jedoch wahrheitswidrig behauptet, bei seiner Tätigkeit seien Interessenkonflikte nicht aufgetreten. Ohne eine damit erforderliche Korrektur dieser Aussage sei folglich auch die gemeinsame Entsprechenserklärung gemäß § 161 Abs. 1 AktG von Vorstand und Aufsichtsrat in dem Konzerngeschäftsbericht für das Jahr 2009/10 - Seite 15 - unrichtig gewesen, weil sie eine Einschränkung im Hinblick auf die sich daraus ergebende Abweichung von Ziffer 5.5.3 Satz 1 DCGK in der damals maßgeblichen Fassung vom 18. Juli 2009 nicht enthalten habe. In dieser Unrichtigkeit der Entsprechenserklärung nach § 161 Abs. 1 AktG liege aber ebenfalls eine eindeutige und schwerwiegende Pflichtverletzung der Organmitglieder, die einer Entlastung sowohl der Vorstände wie auch der Aufsichtsräte zwingend entgegenstehe und die Anfechtbarkeit der dennoch erfolgten Entlastungsbeschlüsse zur Folge habe.
Die Klägerinnen zu 2) und 3) machen geltend, das angefochtene Urteil sei zumindest insoweit nicht zu beanstanden, als das Landgericht die von ihnen lediglich angefochtenen Beschlüsse der Hauptversammlung zu TOP 2 über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates für anfechtbar gehalten habe.
Ohne Erfolg versuche die Beklagte, mit Zitaten aus dem Konzernabschluss des Vorstandes darüber hinwegzutäuschen, das der - für die Beurteilung allein maßgebliche - Bericht des Aufsichtsrates an den Vorstand die auch nach der Ansicht des Bundesgerichtshofes vom Gesetz geforderten Informationen sowohl über die eigene Prüftätigkeit des Aufsichtsrates wie auch über deren Ergebnis eben nicht enthalte. Entgegen der Ansicht der Beklagten reichten allein die Zustimmung zu dem Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers oder die Angabe, dass der Aufsichtsrat gegen die Schlusserklärung des Vorstandes keine Einwendungen erhebe, für sich genommen gerade nicht aus, um daraus zu entnehmen, dass der Aufsichtsrat den Abhängigkeitsbericht des Vorstandes auch selbst geprüft habe und zu welchem Ergebnis er dabei gelangt sei. Ohne Rechtsfehler habe das Landgericht auch darauf hingewiesen, dass die Berichts- und Prüfungspflichten des Aufsichtsrates umso höher anzusetzen seien, wenn sich ein Unternehmen - so wie hier die Beklagte - nach wie vor in einer wirtschaftlich kritischen Lage befinde. Anders als die Beklagte meine, sei ein Verstoß des Aufsichtsrates gegen seine Pflichten aus § 314 Abs. 2 AktG, wie er hier vorliege, auch ausreichend eindeutig und schwerwiegend, um einer rechtmäßigen Entlastung des Aufsichtsrates entgegenzustehen. Auch die zusätzlichen, sich aus § 243 Abs. 4 Satz 1 AktG ergebenden Voraussetzungen einer Beschlussanfechtung bei einem Verstoß gegen Informationspflichten seien erfüllt. Die unterlassenen Informationen des Aufsichtsrates über die Prüfung des Abhängigkeitsberichtes seien in dem Sinne für die Beschlussfassung der Hauptversammlung relevant gewesen, dass ein objektiv urteilender Aktionär ihre Erteilung als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte.
Mit seiner Anschlussberufung wendet sich der Kläger zu 1) darüber hinaus gegen die Abweisung seiner gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung zu den TOP 4 (Wahl des Abschlussprüfers) und 5 (Neuwahl der Aufsichtsräte C., D., E. und O.) gerichteten Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend:
Entweder die Ansicht des angefochtenen Urteils sei zutreffend und der Aufsichtsrat habe seine Prüfungs- und Berichtspflichten im Hinblick auf den Abhängigkeitsbericht des Vorstandes aus den dort angenommenen Gründen verletzt. Dann hätte das Landgericht aber aus den gleichen Gründen, aus denen es die Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates angenommen habe, auch den Beschluss der Hauptversammlung zu TOP 5 über die Wiederwahl der Herren C., D., E. und O. für nichtig erklären müssen. Denn dasselbe Informationsdefizit im Hinblick auf die Pflichtwidrigkeit ihrer bisherigen Amtsführung, das einer ordnungsgemäßen Entscheidung der Hauptversammlung über die Entlastung dieser Herren entgegengestanden habe, habe auch eine ordnungsgemäße Entscheidung der Hauptversammlung über ihre Wiederwahl verhindert. Die Ausführungen des Landgerichts in diesem Zusammenhang seien zum Teil weder sprachlich noch in der Sache verständlich. Auf den dort angesprochenen und angeblich nur die Entlastungsbeschlüsse betreffenden Gesichtspunkt, dass die unterbliebene Berichterstattung über die Prüfung des Abhängigkeitsberichts zur Folge habe, dass nicht abschließend geklärt werden könne, ob die Organmitglieder der Beklagten für das Geschäftsjahr 2009/10 von jeglicher Haftung gegenüber der Beklagten und ihren Aktionären freizustellen seien, komme es richtigerweise nicht an. Denn der fehlende Bericht des Aufsichtsrates habe nicht derartige Pflichtverletzungen zum Gegenstand, sondern den Bericht des Vorstands über die Beziehungen zu den verbundenen Unternehmen. Unterstelle man jedoch, dass der Aufsichtsrat den Abhängigkeitsbericht in ausreichender Weise geprüft und darüber berichtet habe, so hätten sich dessen Mitglieder- wie schon im Zusammenhang mit der Erwiderung auf die Berufung der Beklagten ausgeführt - in einem nicht aufgedeckten Interessenkonflikt befunden. Auch die in der Nichtaufdeckung dieses Interessenkonflikts liegende Pflichtverletzung hindere aber nicht nur eine ordnungsgemäße Entscheidung über die Entlastung der in dieser Hinsicht pflichtvergessenen Organmitglieder, sondern sie stehe in gleicher Weise auch ihrer Wiederwahl entgegen.
Was schließlich die Anfechtung des Beschlusses der Hauptversammlung zu TOP 4 über die Wahl des Abschlussprüfers betreffe, so habe er bereits in der Klageschrift darauf hingewiesen, dass entweder der Bericht des Aufsichtsrates an die Hauptversammlung vom 30. Juni 2010 in Bezug auf angeblich nicht bestehende Interessenkonflikte der mit der Abschlussprüfung befassten Personen unrichtig gewesen sei oder aber der Vorstand auf solche Interessenkonflikte bezogene Fragen der Aktionäre in der Hauptversammlung unbeantwortet gelassen habe. Beide Alternativen hätten jedoch gleichermaßen die Anfechtbarkeit auch dieses Hauptversammlungsbeschlusses zur Folge. Wie aus dem Geschäftsbericht (Anlage K 2) - siehe dort Seite 8 bis 11 - zu entnehmen sei, hätten die Abschlussprüfer den Aufsichtsrat und den Finanz- und Prüfungsausschuss nämlich sogar selbst über das Vorliegen von Befangenheitsgründen gegen sie informiert, auf die Frage des Vertreters der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, Herrn Rechtsanwalt Y., nach derartigen Interessenkonflikten habe der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Herr G., dies jedoch gerade geleugnet. Seinen dahingehenden Vortrag habe das Landgericht in dem angefochtenen Urteil jedoch vollständig übergangen.
Der Kläger zu 1) beantragt (sinngemäß),
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beschlüsse der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 23. August 2010 zu TOP 4 („Wahl des Abschlussprüfers“) und zu TOP 5 („Wahlen zum Aufsichtsrat“) für nichtig zu erklären,
hilfsweise,festzustellen, dass die vorgenannten Beschlüsse nichtig sind.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung des Klägers zu 1) zurückzuweisen.
In Bezug auf die Anfechtung des Beschlusses der Hauptversammlung zu TOP 5 über die Neuwahl der Aufsichtsräte C., D., E. und O. nimmt sie zunächst Bezug auf ihre Ausführungen in der Berufungsbegründung, wonach ein Verstoß des Aufsichtsrates gegen die sich aus § 314 Abs. 2 AktG ergebenden Prüfungs- und Berichtspflichten nicht angenommen werden könne. Ergänzend macht sie geltend, mit seiner zur Begründung der Anschlussberufung erst in der zweiten Instanz neu vorgebrachten Behauptung, einzelne Mitglieder des Aufsichtsrates hätten sich spezifisch im Hinblick auf die Prüfung des Abhängigkeitsberichtes in einem Interessenkonflikt befunden, sei der Kläger zu 1) materiell präkludiert, weil er die erforderlichen Tatsachen nicht schon innerhalb der Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG vorgebracht habe. In der Vergangenheit habe der Kläger zu 1) im Gegenteil stets vorgebracht, eine Prüfung des Abhängigkeitsberichts sei - ebenso wie die Berichterstattung darüber - gerade unterblieben. Auf das genaue Gegenteil - nämlich dass eine Prüfung doch stattgefunden habe, sich die Mitglieder des Aufsichtsrates aber zum Teil in einem Interessenkonflikt befunden hätten - könne sich der Kläger zu 1) nach dem Ablauf der Anfechtungsfrist auch hilfsweise nicht mehr berufen. Darüber hinaus verkenne der Kläger zu 1) das Wesen der Interessenkonflikte, die nach den Empfehlungen des DCGK von den Aufsichtsräten offen gelegt werden müssten. Bei der Abfassung der einschlägigen Vorschriften des DCGK habe die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Codex solche Interessenkonflikte, die ihre Ursache - so wie in dem hier behaupteten Fall - in Verbindungen des Aufsichtsrates zu den Aktionären der Gesellschaft hätten, ganz bewusst außer Betracht gelassen. Jede andere Sichtweise würde den Sinn der Prüfungs- und Berichtspflichten aus § 314 Abs. 2 AktG ad absurdum führen. Ein nach dieser Vorschrift zu prüfender Abhängigkeitsbericht sei nämlich nur erforderlich, wenn und weil eine Abhängigkeit der Gesellschaft von einem Großaktionär vorliege, von dessen bestimmendem Einfluss die Mitglieder des Aufsichtsrates bei der Besetzung ihrer Ämter durch die Hauptversammlung ohnehin abhängig seien. Wenn der Gesetzgeber den Aufsichtsrat dennoch für ein geeignetes Gremium zur Prüfung des Abhängigkeitsberichtes halte, dann lasse er auf diese Weise erkennen, dass jedenfalls diese stets gegebene - Form von Abhängigkeit für ihn noch keinen Interessenkonflikt darstelle, der der gesetzlich angeordneten Prüfungs- und Berichtstätigkeit des Aufsichtsrats entgegenstehen könnte.
Im Hinblick auf die Anfechtung des Beschlusses der Hauptversammlung zu TOP 4 über die Wahl des Abschlussprüfers stütze der Kläger zu 1) seine Berufung nach wie vor im Wesentlichen auf die angeblich unzureichende Beantwortung einer Frage des Rechtsanwalts Y. nach dem Inhalt einer angeblichen Mitteilung der Abschlussprüfer über das Vorliegen von Befangenheitsgründen. Mit dieser Rüge könne er aber schon deshalb nicht durchdringen, weil er in der Hauptversammlung nur eine unzureichende Beantwortung seiner eigenen Fragen gerügt habe. Vor diesem Hintergrund sei es widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich, wenn er sich nunmehr auch auf die angeblich ungenügende Beantwortung von Fragen Dritter berufen wolle. Im Übrigen sei die Frage nach den angeblichen Befangenheitsgründen auch vollständig und wahrheitsgemäß dahingehend beantwortet worden, dass solche von den Abschlussprüfern tatsächlich nicht mitgeteilt worden und der Gesellschaft auch sonst nicht bekannt seien. Auch eine angeblich unzutreffende Berichterstattung des Aufsichtsrates über derartige Interessenkonflikte der Abschlussprüfer könne schon aus diesem Grunde nicht vorliegen, ganz davon abgesehen, dass es eine Berichtspflicht des Aufsichtsrates über Interessenkonflikte des Abschlussprüfers ohnehin nicht gebe und dass die missverständliche Formulierung in dem Bericht des Aufsichtsrates, auf die sich die Rüge des Klägers zu 1) lediglich stütze, für das Ergebnis der Abstimmung über die Wahl des Abschlussprüfers auch ohnehin auf keinen Fall in der für eine erfolgreiche Beschlussanfechtung erforderlichen Art und Weise relevant geworden sei.
Die beiden Streithelferinnen haben ihre Nebenintervention zugunsten der Beklagten mit Schriftsatz vom 30. Mai 2012 zurückgenommen.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg; die Anschlussberufung des Klägers zu 1) ist unbegründet.
I.
Die Rechtsmittel der Beklagten und des Klägers zu 1) sind zulässig. Insbesondere ist auch die Anschlussberufung des Klägers zu 1) rechtzeitig eingelegt worden. Soweit die Klageerwiderungs- und Anschlussberufungsschrift des Klägers zu 1) vom 23. März 2012 im Original erstmalig am 29. Mai 2012 und somit erst nach dem Ende der bis zum 23. Mai 2012 laufenden Frist zur Berufungserwiderung bei der Senatsgeschäftsstelle eingetroffen ist und auch eine Einreichung dieses Schriftsatzes per Telefax unstreitig nicht erfolgt ist, geht der Senat aufgrund der anwaltlichen Versicherung des Klägers zu 1) in dessen Schriftsatz vom 25. Juni 2012 davon aus, dass dieser Schriftsatz von dem Kläger zu 1) am späten Abend des 23. Mai 2012 rechtzeitig noch vor dem Ablauf der Frist zur Berufungserwiderung zusammen mit der Berufungserwiderung in dem Verfahren I-6 U 216/11 in den Nachtbriefkasten des Oberlandesgerichts Düsseldorf eingeworfen worden ist und lediglich ein gesonderter Eingangsstempel auf dem Schriftsatz des Klägers zu 1) in dem vorliegenden Verfahren irrtümlich nicht aufgebracht worden ist. Einer Wiedereinsetzung des Klägers zu 1) in den vorigen Stand bedarf es deshalb nicht.
II.
Die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen aller drei Kläger sind zulässig, aber nicht begründet. Weder die in der Hauptversammlung der Beklagten vom 26. August 2010 zu den TOP 2 und 3 gefassten Beschlüsse über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat noch der Beschluss zu TOP 4 über die Wahl des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2010/11 oder der Beschluss zu TOP 5 über die Neuwahl der Mitglieder des Aufsichtsrates C., D., E. und O. sind gemäß § 241 AktG nichtig oder können gemäß § 243 Abs. 1 AktG wegen einer Verletzung des Gesetzes oder der Satzung von den Klägern erfolgreich angefochten werden.
Unstreitig sind allerdings alle Kläger gemäß § 245 Nr. 1 AktG anfechtungsbefugt und die Klagen sind auch innerhalb der - hier bis Montag, den 27. September 2010 laufenden - Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG erhoben worden. Die Zustellung der rechtzeitig innerhalb dieser Frist am 24. September 2010 - Klage der Klägerin zu 2) - und 27. September 2010 - Klagen des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 3) - bei dem Landgericht Düsseldorf eingegangenen Klagen an jeweils ein Mitglied des Vorstandes und des Aufsichtsrates der Beklagten bzw. an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten als Zustellungsbevollmächtigte des Vorstandssprechers - ist zwar erst am 11. Oktober 2010 - Klagen des Klägers zu 1) und der Klägerin zu 3) - sowie am 04. November 2010 und am 07. Dezember 2010 - Klage der Klägerin zu 2) - erfolgt, die dadurch bewirkte Erhebung der Klage wirkt aber gemäß § 167 ZPO auf den Zeitpunkt des Klageeingangs zurück, denn sie ist noch „demnächst“ im Sinne dieser Vorschrift erfolgt. Den Klagen haben jeweils unmittelbar Verrechnungsschecks für die erforderlichen Gerichtskostenvorschüsse beigelegen; die Gründe für die aufgetretenen Verzögerungen bei der Zustellung der Klageschriften waren ausschließlich in der Sphäre der Gerichtsverwaltung begründet.
1. Die Angriffe aller drei Kläger auf die in der Hauptversammlung der Beklagten vom 26. August 2010 zu TOP 3 im Wege der Einzelentlastung gefassten Beschlüsse über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates der Gesellschaft A., B., C., D., E., F., G., H., I., J., K., L., M., N., O., P. und Q. für das Geschäftsjahr 2009/10 sind jedoch nicht gerechtfertigt. Gründe für eine Nichtigkeit der diese betreffenden Entlastungsbeschlüsse i.S.d. § 241 AktG werden von den Klägern schon selbst nicht geltend gemacht. Die von ihnen allein geltend gemachten Anfechtungsgründe i.S.d. § 243 AktG greifen sämtlich nicht durch.
a) Die Beschlüsse über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates in der Hauptversammlung vom 26. August 2010 sind nicht unter Verstoß gegen eine Vorschrift des Verfahrensrechts zustande gekommen. Insbesondere ist ihre Anfechtung unter diesem Gesichtspunkt nicht deshalb begründet, weil es den Teilnehmern der Hauptversammlung wegen einer Verletzung von Informationspflichten der Gesellschaft für ihre Entscheidung an der erforderlichen Tatsachengrundlage fehlte.
aa) Die Beschlüsse über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats in der Hauptversammlung vom 26. August 2010 können von den Klägern nicht deshalb mit Erfolg angefochten werden, weil der Vorstand der Beklagten unter Verletzung der sich aus § 131 AktG ergebenden Pflichten der Gesellschaft die in dieser Hauptversammlung von Aktionären gestellten Fragen nicht oder nicht in ordnungsgemäßer Weise beantwortet hat. Die Klägerinnen zu 2) und 3) haben ihre jeweiligen Klagen ohnehin auf eine solche Verletzung von Auskunftspflichten der Gesellschaft nicht gestützt. Aber auch der Kläger zu 1) hat jedenfalls im Ergebnis eine für die Anfechtung des Beschlusses über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates ausreichende Verletzung von Auskunftspflichten der Beklagten nicht schlüssig vorgetragen.
aaa) Der Kläger zu 1) hat nicht ausreichend vorgetragen, dass der Vorstand der Beklagten in der Hauptversammlung vom 26. August 2010 seine eigenen, dort gestellten Fragen in einer die Anfechtbarkeit der Beschlüsse über die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder begründenden Art und Weise nicht oder zumindest nicht ordnungsgemäß beantwortet hat.
(1) Zur ordnungsgemäßen Rüge einer die Anfechtung begründenden Verletzung der sich aus § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG ergebenden Auskunftspflichten der Gesellschaft gehört nämlich neben der Darlegung des in Rede stehenden Auskunftsverlangens über Angelegenheiten der Gesellschaft in einer Hauptversammlung und der Reaktion der Gesellschaft auf dieses Verlangen - also der jeweils gestellten Fragen und der jeweils darauf gegebenen Antworten - unter anderem auch der Vortrag, dass und aus welchen Gründen die verlangten Informationen zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der angefochtenen Beschlüsse im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG erforderlich waren.
Maßstab für die Erforderlichkeit einer Auskunft in diesem Sinne ist dabei die Sicht eines objektiv urteilenden Durchschnittsaktionärs, der die Gesellschaftsverhältnisse nur aufgrund allgemein bekannter Tatsachen kennt und daher die begehrte Auskunft als ein nicht nur unwesentliches Beurteilungselement für seine Entscheidung über den konkret in Rede stehenden Beschlussgegenstand benötigt. Dadurch wird der Auskunftsanspruch des Aktionärs sowohl in quantitativer und qualitativer Hinsicht als auch in Bezug auf seinen Detaillierungsgrad begrenzt. Nicht jede marginale Information ist in diesem Sinne zur Beurteilung eines Beschlussgegenstandes erforderlich; vielmehr muss eine gewisse Maßgeblichkeitsschwelle überschritten sein (OLG Stuttgart, AG 2011, 93 ff. = juris Rn 510 f. m.w.N.).
(2) Den sich daraus ergebenden Anforderungen wird der Vortrag des Klägers zu 1) aber jedenfalls für die Fragenkomplexe Nr. 1 bis 4 und 6 bis 8 - in der sich aus der Klageerwiderung ergebenden Zählweise der Beklagten - nicht gerecht.
(a) Wie die Beklagte in der Klageerwiderung ausführlich dargelegt und auch das Landgericht schon zutreffend ausgeführt hat, ist die Erforderlichkeit der Fragen des Klägers zu 1) zu diesen Fragenkomplexen weder für die Beurteilung des Beschlusses über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates noch für die Beurteilung der übrigen hier streitgegenständlichen Beschlussgegenstände zu erkennen. Der Kläger zu 1) hat eine dahingehende Erforderlichkeit der von ihm vermissten Informationen weder in der Klageschrift noch im weiteren Verlauf des Rechtsstreits in nachvollziehbarer Weise dargelegt. Seine diesbezüglichen Ausführungen auf den Seiten 33 f. der Replik vom 02. März 2011 beschränken sich auf den - eindeutig nicht zutreffenden - Hinweis, die Relevanz der in Rede stehenden Fragen für die Beschlussfassung zu den vier streitgegenständlichen Punkten der Tagesordnung sei offenkundig; ein ergänzender Vortrag zu dieser Frage in der Berufungsinstanz fehlt sogar vollständig.
(b) Die Erforderlichkeit der verlangten Auskünfte für die Beurteilung der streitigen Entlastungs- und Wahlentscheidungen ist insbesondere auch für die Fragenkomplexe Nr. 2, 7 und 8 nicht ausreichend dargelegt, in denen sich der Kläger zu 1) nach der im Zuge des Verkaufes der Mehrheitsbeteiligung an die W. geschlossenen Freistellungsvereinbarung mit der Z. und im Zusammenhang damit nach den von dieser erfassten Schadensersatzansprüchen erkundigt hat. Die genannte Freistellungsvereinbarung als solche spielt für die streitigen Entscheidungen ohnehin keine Rolle. Angesichts des Kontextes der Fragen in der Hauptversammlung vom 26. August 2010 - Bekanntwerden einer Zahlung in Höhe von 150 Mio. US-$ an die Z. aus einem Vergleich der US-Börsenaufsicht SEC mit der AA. wegen der Nichtaufdeckung illegaler Geschäfte des BB. mit Wertpapieren aus dem Portfolio der Gesellschaften des Conduits CC. - ist darüber hinaus aber auch unklar, ob mit den in diesem Zusammenhang von dem Kläger zu 1) angesprochenen Schadensersatzansprüchen auch solche gegen die Organmitglieder der Beklagten oder nicht lediglich solche gegen dritte Personen wie z.B. die Firmen AA. oder BB. gemeint sind, ganz davon abgesehen, dass von den Personen, die unter Umständen an den maßgeblichen Vorgängen beteiligt gewesen sein könnten, ohnehin nur der - jedoch für ein ganz anderes Ressort zuständige - Vorstand U. und die beiden Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat B. und Q. überhaupt noch zu dem Kreis der für das Geschäftsjahr 2009/10 zur Entlastung anstehenden Organmitglieder der Beklagten zählten. Auch deren Verhalten in der Krisenzeit war aber im Zweifel bereits Gegenstand der Entlastungsentscheidungen für die früheren Geschäftsjahre, in denen sich die schadensstiftenden Ereignisse abgespielt haben. Einer Entlastung für das Geschäftsjahr 2009/10 kann ein solches Verhalten daher ohnehin nicht mehr entgegen gesetzt werden (OLG Stuttgart, AG 2011, 93 ff. = juris Rn 369 m.w.N.).
(c) Vor dem dargelegten Hintergrund kommt es für die genannten Fragenkomplexe im Ergebnis auch nicht mehr darauf an, ob die Erforderlichkeit der verlangten Informationen zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der angefochtenen Beschlüsse - so wie die Beklagte und wohl auch das Landgericht meinen - von dem Kläger zu 1) gegebenenfalls schon innerhalb der materiellrechtlichen Ausschlussfrist des § 246 Abs. 1 AktG hätte dargelegt werden müssen oder ob ein derartiger Vortrag auch im weiteren Verlauf des Rechtsstreits noch in zulässiger Weise möglich gewesen wäre. Fehlt der Vortrag des Klägers zu 1) zu der Erforderlichkeit seiner Fragen für die Beurteilung der angefochtenen Beschlüsse nämlich bis heute, dann kann es dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen und bis wann er gegebenenfalls von dem Kläger zu 1) noch hätte nachgereicht werden können.
(3) Ohne weiteres offenkundig ist die Relevanz der von dem Kläger zu 1) verlangten Auskunft zumindest für die Beschlüsse über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates allerdings zu dem Fragenkomplex Nr. 5 („Wer von den Aufsichtsratsmitgliedern hat im Berichtszeitraum oder danach ohne inhaltliche Erklärung oder Entschuldigung an einer Sitzung des AR oder eines Ausschusses nicht teilgenommen € An welchen Sitzungen€“). Eine Anfechtung des Beschlusses über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates kann aber auch auf die Nichtbeantwortung dieses Fragenkomplexes nicht gestützt werden. Tatsächlich sind alle Fragen zu diesem Thema nämlich von dem Vorstand der Beklagten in jeder Hinsicht vollständig beantwortet worden. Ein weiterer Informationsbedarf des Klägers zu 1) im Hinblick auf diese Frage ist daher nicht ersichtlich.
bbb) Aus dem Vortrag des Klägers zu 1) kann auch eine Anfechtbarkeit der Beschlüsse über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats wegen der fehlenden oder nicht ausreichenden Beantwortung von Fragen Dritter durch den Vorstand der Beklagten in der Hauptversammlung vom 26. August 2010 nicht entnommen werden.
(1) In diesem Zusammenhang kann im Ergebnis dahinstehen, ob einer Anfechtung des genannten Beschlusses mit dieser Begründung - so wie es das Landgericht meint - bereits die Tatsache entgegen steht, dass der Kläger zu 1) eine unzureichende Beantwortung solcher Fragen - anders als die nach seiner Ansicht mangelhafte Beantwortung seiner eigenen Fragen - nicht bereits ausdrücklich zur notariellen Niederschrift in der Hauptversammlung selbst gerügt hat, so dass sich seine Berufung auf die fehlende Beantwortung dieser Fragen möglicherweise als ein widersprüchliches und deshalb nach Treu und Glauben unzulässiges Prozessverhalten darstellen könnte. Denn auch unabhängig von dem Gesichtspunkt eines etwaigen Verstoßes gegen Treu und Glauben liegen die Voraussetzungen für eine Beschlussanfechtung wegen der fehlenden Beantwortung der hier von dem Kläger zu 1) zur Begründung seiner Klage herangezogenen Fragen von anderen Aktionären und Aktionärsvertretern nicht vor.
(2) Soweit es zunächst die von dem Kläger zu 1) als nicht ausreichend beantwortet gerügten Fragen des Vertreters der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, Herrn Rechtsanwalt Y., nach möglichen Umständen betrifft, die eine Besorgnis der Befangenheit bei den Abschlussprüfern der Beklagten hätten begründen können, sind diese Fragen jedenfalls in der zweiten Antwortrunde von dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates unstreitig dahingehend beantwortet worden, dass die Abschlussprüfer der Gesellschaft keine Umstände mitgeteilt hätten, welche eine Besorgnis der Befangenheit begründen könnten und dass auch der Gesellschaft derartige Umstände nicht bekannt seien; für die in diesem Zusammenhang möglicherweise missverständliche Fassung der entsprechenden Passage auf der Seite 10 des Geschäftsberichts (Anlage K 3), wo es heißt
„Zudem informierten die Abschlussprüfer den Aufsichtsrat und den Finanz- und Prüfungsausschuss über Umstände, die ihre Befangenheit besorgen ließen, sowie über alle von ihnen zusätzlich zur Abschlussprüfung erbrachten Leistungen.“
entschuldige sich die Beklagte.
Diese Antwort der Beklagten war eindeutig und als reine Negativerklärung naturgemäß auch vollständig. Dass sie unrichtig gewesen wäre, kann ebenfalls nicht festgestellt werden und wird letztlich auch von dem Kläger zu 1) noch nicht einmal selbst konkret behauptet. Dieser beschränkt sich zur Begründung seiner Anfechtungsrüge vielmehr allein auf den - wahlweisen - Vortrag, entweder sei schon die Rechtsanwalt Y. erteilte Auskunft falsch gewesen oder es liege jedenfalls eine die Anfechtung begründende Verletzung der Berichtspflichten des Aufsichtsrates vor. Entgegen der Ansicht des Klägers zu 1) kann die Frage nach der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Antwort des Aufsichtsratsvorsitzenden aber nicht offen bleiben, denn auch dann, wenn man die Antwort der Beklagten als richtig unterstellt, kann eine anfechtungsrelevante Verletzung der Berichtspflichten aus den weiter unten noch näher auszuführenden Gründen im Ergebnis nicht festgestellt werden.
(3) Schließlich kann die Anfechtung des Beschlusses über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates auch mit einer angeblich nicht ausreichenden Antwort der Beklagten auf die Frage des Aktionärs DD. nach den Studienabschlüssen und beruflichen Erfahrungen der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrates der Gesellschaft nicht begründet werden.
(a) Unstreitig ist die Frage des Aktionärs DD. nämlich von der Verwaltung der Beklagten mit den folgenden Worten beantwortet worden:
„Wie wir Ihnen bereits mitgeteilt haben, finden Sie auf der Internetseite der X. unter der Rubrik „Über uns/Vorstand“ ausführliche Lebensläufe aller Vorstandsmitglieder mit Angaben zu Ausbildung und beruflichem Werdegang. Die für die Aufsichtsräte nach dem Aktienrecht relevanten Angaben zur Person haben wir jeweils im Rahmen der Hauptversammlungseinladungen sowie auf der Internetseite der X. veröffentlicht“.
(b) Diese Antwort der Beklagten war - zumindest unwiderlegt - zutreffend und auch ausreichend, denn jedenfalls weitergehende als die aus dem Internet zu entnehmenden Informationen über die berufliche Qualifikation der Organmitglieder der Beklagten waren zur sachgerechten Entscheidung über die Gegenstände der Tagesordnung nicht erforderlich.
(aa) Der Verweis der Beklagten auf die Informationen auf der Internetseite der Gesellschaft war sachlich zutreffend. Für die Lebensläufe der Vorstandsmitglieder ist das ohnehin unstreitig, aber auch im Hinblick auf die Informationen über die Mitglieder des Aufsichtsrates hat der Kläger zu 1) sinngemäß nur behauptet, solche wären in dem dauerhaften Teil des Internetauftritts der Beklagten nicht zu finden, nicht aber, dass sie auch in den in das Internet eingestellten Einladungen zu der Hauptversammlung ebenfalls nicht zu finden gewesen seien.
(bb) Jedenfalls weitergehende als die aus dem Internet zu entnehmenden Informationen über die berufliche Qualifikation der Organmitglieder der Gesellschaft waren zur sachgerechten Entscheidung über die Gegenstände der Tagesordnung nach dem geltenden Recht nicht erforderlich. Ob der Gesetzgeber- wie der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat - in dieser Hinsicht bei Kreditinstituten zumindest für die Zukunft eine Verschärfung der bestehenden Anforderungen beabsichtigt, ist für die Beurteilung des vorliegenden, in der Vergangenheit liegenden Sachverhalts ohne Belang. Insbesondere im Hinblick auf die Entscheidungen über die Entlastung der Organmitglieder und die Wahl der Abschlussprüfer ist ohnehin schon nicht zu erkennen, wieso es für die in diesem Zusammenhang nur erforderliche Beurteilung der Amtsführung in der Vergangenheit auf die berufliche Qualifikation der Vorstände oder der Aufsichtsräte der Beklagten ankommen soll (a.A. - ohne nähere Begründung - OLG Düsseldorf, NJW-RR 1987, 551 f.). Selbst wenn man dies außer Betracht lässt, war außerdem nach der gesetzlichen Wertung des § 131 Abs. 3 Nr. 7 AktG zumindest der Verweis der Gesellschaft auf die aus dem Internet zu entnehmenden Informationen ausreichend (Hüffer, Aktiengesetz, 10. Auflage, § 32a AktG; Diekmann/Leuering, NZG 2004, 249 f., 256). Soweit sich aus dem Internet Informationen über die Studienabschlüsse der betroffenen Organmitglieder unstreitig nicht entnehmen lassen, waren solche Angaben - auch im Hinblick auf die hier aus Gründen des Sachzusammenhangs sogleich mit abgehandelten Neuwahlen gemäß Punkt 5 der Tagesordnung - von der Gesellschaft nicht geschuldet. Wie sich aus der gesetzlichen Wertung in § 124 Abs. 3 Satz 4 AktG entnehmen lässt, hält der Gesetzgeber solche über den ausgeübten Beruf hinausgehenden Informationen über die berufliche Qualifikation von Organmitgliedern zumindest im Regelfall ohnehin nicht für erforderlich. Etwas anderes könnte nur bei Vorliegen von konkreten Anzeichen für eine mangelnde Eignung aufgrund fehlender beruflicher Qualifikation gelten (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1987, 55 1 f.; etwas eingeschränkt auch Lutter/K. Schmidt/Spindler, Aktiengesetz, 2. Auflage, § 131 AktG Rn 51 m.w.N.), an denen es hier jedoch ebenfalls fehlt.
bb) Die Beschlüsse über die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder in der Hauptversammlung vom 26. August 2010 können von den Klägern auch nicht deshalb unter dem Gesichtspunkt einer nicht ausreichenden Informationsgrundlage angefochten werden, weil der Aufsichtsrat seinen sich aus § 314 Abs. 2 AktG ergebenden Verpflichtungen nicht nachgekommen ist und den Bericht des Vorstands über die Beziehungen der Gesellschaft zu verbundenen Unternehmen entweder bereits nicht selbst geprüft oder zumindest über das Ergebnis dieser Prüfung in seinem schriftlichen Bericht an die Hauptversammlung (§ 171 Abs. 2 AktG) nicht in der notwendigen Art und Weise berichtet hat. Selbst wenn man eine derartige Verletzung von Informationspflichten für gegeben hielte - siehe dazu jedoch sogleich -, beträfe diese nicht die Entscheidungsgrundlagen für die streitgegenständlichen Entlastungs- und Wahlentscheidungen, sondern nur die Beziehungen der Beklagten zu den mit ihr verbundenen Unternehmen. Sie ist daher nicht unter dem Gesichtspunkt eines Verfahrensfehlers wegen einer nicht ausreichenden Information über die Grundlagen der Wahlentscheidungen, sondern allein unter dem Aspekt eines denkbaren Inhaltsmangels der angefochtenen Hauptversammlungsbeschlüsse weiter zu behandeln.
b) Die Beschlüsse über die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder in der Hauptversammlung vom 26. August 2010 können auch aufgrund ihres Inhalts nicht mit Erfolg angefochten werden.
Im Ansatz noch in Übereinstimmung mit den Klägern ist allerdings davon auszugehen, dass Beschlüsse über die Entlastung von Organmitgliedern in einer Aktiengesellschaft dann gemäß § 243 Abs. 1 AktG wegen eines Verstoßes gegen das Gesetz oder gegen die Satzung der Gesellschaft angefochten werden können, wenn Gegenstand der Entlastungsentscheidung ein Verhalten ist, das seinerseits eindeutig einen schwerwiegenden Gesetzes- oder Satzungsverstoß beinhaltet (BGHZ 153, 47 ff. = WM 2005, 533 ff. = juris Rn 15; BGHZ 160, 385 ff. = WM 2004, 2489 ff. = juris Rn 6). Das Vorliegen eines derartigen Verhaltens kann hier jedoch im Ergebnis für keines der von den angefochtenen Entlastungsbeschlüssen betroffenen Aufsichtsratsmitglieder festgestellt werden.
aa) Ein eindeutiger und schwerwiegender Verstoß der zu entlastenden Mitglieder des Aufsichtsrats gegen das Gesetz, der deren Entlastung für das Geschäftsjahr 2009/10 zwingend entgegen gestanden hätte, kann zunächst nicht darin gesehen werden, dass diese ihren sich aus § 314 Abs. 2 AktG ergebenden Verpflichtungen nicht nachgekommen sind und den Bericht des Vorstands über die Beziehungen der Gesellschaft zu verbundenen Unternehmen entweder bereits nicht selbst geprüft oder zumindest über das Ergebnis dieser Prüfung in seinem schriftlichen Bericht an die Hauptversammlung nach § 171 Abs. 2 AktG nicht in der erforderlichen Art und Weise berichtet haben. Im Ergebnis zu Recht rügt die Berufung der Beklagten insoweit, dass die sich aus § 314 Abs. 2 AktG ergebenden Anforderungen an den Inhalt des Berichts des Aufsichtsrates an die Hauptversammlung durch das Landgericht überspannt worden sind.
aaa) Ausgangspunkt der Beurteilung ist dabei die folgende, ihrem Inhalt nach unstreitige Passage auf der Seite 10 des Geschäftsberichtes der Beklagten (Anlage K 3):
„Prüfung und Billigung von Jahres- und Konzernabschluss und Abhängigkeitsbericht für das Geschäftsjahr 2009/10
Der Vorstand hat den Jahres- und den Konzernabschluss mit den Lageberichten für die AG und den Konzern aufgestellt. Der Jahres- und der Konzernabschluss mit den Lageberichten für die AG und den Konzern sind vom Abschlussprüfer EE. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüft und jeweils mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehen worden. Der Jahresabschluss der AG wurde nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches, der Konzernabschluss nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) und den ergänzend nach § 315a Abs. 1 HGB anzuwendenden handelsrechtlichen Vorschriften aufgestellt. Der vom Vorstand vorgelegte Bericht über die Beziehungen zu verbundenen Unternehmen für das Geschäftsjahr 2009/10 war ebenfalls Gegenstand der Prüfung durch den Abschlussprüfer. Der Abhängigkeitsbericht wurde mit folgendem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehen: „Nach unserer pflichtmäßigen Prüfung und Beurteilung bestätigen wir, dass die tatsächlichen Angaben des Berichts richtig sind, bei den im Bericht aufgeführten Rechtsgeschäften die Leistung der Gesellschaft nicht unangemessen hoch war, bei den im Bericht aufgeführten Maßnahmen keine Umstände für eine wesentliche andere Beurteilung als die durch den Vorstand sprechen.“
Mit den Jahresabschlüssen haben sich die Mitglieder des Aufsichtsrats in der Sitzung am 30. Juni 2010 befasst. Die Abschlussprüfer nahmen an den Beratungen des Aufsichtsrats sowie des Finanz- und Prüfungsausschusses über den Jahres- und Konzernabschluss am 30. Juni 2010 teil. Dabei berichteten die Abschlussprüfer über die wesentlichen Ergebnisse der Prüfungen unter Einbeziehung von im Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess etwa festgestellten Schwächen der internen Kontroll- und Risikomanagementsysteme der Bank, beantworteten Fragen und gaben ergänzende Auskünfte. Zudem informierten die Abschlussprüfer den Aufsichtsrat und den Finanz- und Prüfungsausschuss über Umstände, die ihre Befangenheit besorgen ließen, sowie über alle von ihnen zusätzlich zur Abschlussprüfung erbrachten Leistungen. Nach dem abschließenden Ergebnis der Prüfung durch den Finanz- und Prüfungsausschuss und der eigenen Prüfung des Jahres- und des Konzernabschlusses sowie der Lageberichte erhebt der Aufsichtsrat keine Einwendungen. Der Aufsichtsrat stimmt daher dem Ergebnis der Abschlussprüfung zu.
Den vom Vorstand mit Beschluss vom 8. Juni 2010 aufgestellten Jahresabschluss und mit Beschluss vom 24. Juni 2010 aufgestellten Konzernabschluss hat der Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 30. Juni 2010 gebilligt. Der Jahresabschluss ist damit festgestellt. Gegen die Erklärung des Vorstands am Schluss des Abhängigkeitsberichts wurden keine Einwendungen erhoben. Die Berichte des Abschlussprüfers hat der Aufsichtsrat zustimmend zur Kenntnis genommen.“
bbb) Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass in dieser Passage der Bestätigungsvermerk der Abschlussprüfer mit dem dort zusammengefassten Ergebnis der Prüfung des Vorstandsberichtes über die verbundenen Unternehmen in der gemäß § 314 Abs. 2 Satz 3 AktG geforderten Art und Weise wörtlich in den Bericht des Aufsichtsrates an die Hauptversammlung aufgenommen worden ist, dass der Aufsichtsrat darin sämtliche Berichte der Abschlussprüfer - und somit auch denjenigen über die Prüfung des Vorstandsberichts zu den verbundenen Unternehmen - zustimmend zur Kenntnis genommen hat und dass er danach schließlich auch gegen die sog. „Abschlusserklärung“ des Vorstandes am Ende des Abhängigkeitsberichtes gemäß § 312 Abs. 3 AktG keine Einwendungen erhoben hat, deren Wortlaut
„Unsere Gesellschaft hat bei den im Bericht über Beziehungen zu verbundenen Unternehmen aufgeführten Rechtsgeschäften und Maßnahmen nach den Umständen, die uns im Zeitpunkt, in dem die Rechtsgeschäfte vorgenommen oder die Maßnahmen getroffen oder unterlassen wurden, bekannt waren, bei jedem Rechtsgeschäft eine angemessene Gegenleistung erhalten und ist dadurch, dass Maßnahmen getroffen oder unterlassen wurden, nicht benachteiligt worden.“
ihrerseits auf der Seite 184 des Geschäftsberichts der Beklagten für das Geschäftsjahr 2009/10 (Anlage K 3) vollständig abgedruckt ist.
Selbst wenn die beanstandete Passage in dem Bericht des Aufsichtsrates die von den Klägern - jedenfalls sinngemäß - vermisste Aussage „Der Aufsichtsrat hat den Bericht des Vorstandes über die Beziehungen zu verbundenen Unternehmen (auch selbst) geprüft“ nicht explizit enthält, wird damit jedoch aus dem Sachzusammenhang zumindest in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem Beanstandungen an dem Inhalt des Abhängigkeitsberichts weder von den Abschlussprüfern noch von den Mitgliedern des Aufsichtsrates festgestellt worden sind, ausreichend deutlich, dass der Aufsichtsrat sich mit dem Inhalt des Abhängigkeitsberichts auch selbst auseinandergesetzt haben muss. Anderenfalls würde es nämlich zu kaum auflösbaren Widersprüchen zu den übrigen Aussagen des Aufsichtsratsberichtes kommen, weil es praktisch kaum möglich erscheint, dass ein Aufsichtsrat einerseits die Schlusserklärung des Vorstandes ausdrücklich billigt, ohne gleichzeitig auch den darin zusammengefassten Inhalt des Abhängigkeitsberichtes ebenfalls zur Kenntnis zu nehmen und zu billigen- mithin also in der erforderlichen Weise zu prüfen - und es ebenso auch fernliegt, dass der Aufsichtsrat den Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers über das Ergebnis der Prüfung des Abhängigkeitsberichts zustimmend zur Kenntnis nimmt, ohne sich nicht zugleich auch selbst mit dem Inhalt des Abhängigkeitsberichtes befasst zu haben. Jedenfalls in der konkreten, hier gegebenen Situation des Fehlens jeder Art von Beanstandungen konnte die von den Klägern gerügte Passage in dem Aufsichtsratsbericht daher bei lebensnaher Betrachtungsweise von den Adressaten dieses Berichts nur so verstanden werden, dass der Aufsichtsrat den Bericht des Vorstandes über die Beziehungen zu verbundenen Unternehmen auch selbst geprüft haben muss. Zu einer dahingehenden Auslegung des Aufsichtsratsberichtes - einer rechtsgeschäftsähnlichen Handlung, auf die nach allgemeiner Ansicht die Regeln über die Auslegung von Willenserklärungen entsprechend anzuwenden sind (BGH NJW 2001, 289 ff. = juris Rn 19 m.w.N.) -, ist der Senat entgegen der in der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2012 zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung des Klägers zu 1) auch methodisch berechtigt. Um eine unzulässige Schlussfolgerung dahingehend, dass sich Organe von Aktiengesellschaften stets zwingend rational verhalten müssten - wie der Kläger zu 1) gemeint hat - geht es bei der hier vorgenommenen Auslegung nicht.
ccc) Einer derartigen Beurteilung stehen auch die Ausführungen in dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. November 2002 - II ZR 133/01 - [= BGHZ 153 ff. = WM 2003, 533 ff. = juris Rn 18 bis 20] nicht entgegen. Anders als hier fehlte es in dem dort zur Entscheidung stehenden Fall nämlich nicht nur an der erforderlichen Wiedergabe des Bestätigungsvermerks der Abschlussprüfer über die Prüfung des Vorstandsberichts zu den verbundenen Unternehmen, sondern dieser Bericht war auch sonst in der entsprechenden Passage des Geschäftsberichts der Gesellschaft an keiner Stelle erwähnt, so dass der Leser dieses Berichtes im Ergebnis davon ausgehen musste, dass sich der Aufsichtsrat ausschließlich mit der Prüfung des Jahresabschlusses und des sonstigen Geschäftsberichts des Vorstandes, nicht aber auch mit dem Abhängigkeitsbericht und mit dessen Prüfung durch den Abschlussprüfer befasst hatte.
ddd) Zusätzlich bestätigt wird die hier vertretene Sichtweise auch durch die Kommentarliteratur zu den parallel gelagerten Vorschriften der §§ 171 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, 3 und 4 AktG, wonach der Aufsichtsrat - so wie nach § 314 AktG den Bericht über die verbundenen Unternehmen - auch den (sonstigen) Jahresabschluss der Gesellschaft zu prüfen und über das Ergebnis dieser Prüfung schriftlich an die Hauptversammlung zu berichten sowie bei zusätzlicher Prüfung des Jahresabschlusses durch einen Abschlussprüfer auch zu dieser zusätzlichen Prüfung Stellung zu nehmen und mitzuteilen hat, ob nach dem Ergebnis seiner Prüfung Einwendungen gegen den Jahresabschluss oder gegen das Ergebnis der Abschlussprüfung bestehen.
(1) Führt nämlich die Prüfung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat zu dem Ergebnis, dass gegen diesen keine Beanstandungen bestehen, dann ist für diesen - der hier gegebenen Situation parallel gelagerten - Fall jedenfalls von der bisher überwiegenden Ansicht anerkannt, dass die Schlusserklärung des Aufsichtsrates, wonach Beanstandungen gegen den Jahresabschluss nicht erhoben werden, bereits ausreicht und eine zusätzliche Aussage, dass dieser von dem Aufsichtsrat auch selbst geprüft worden ist, nicht verlangt wird (Hüffer, a.a.O., § 171 AktG Rn 13 und 14; MüKoAktG/Kropff, 2. Auflage, § 171 AktG Rn 149; Lutter/K. Schmidt/Drygala, a.a.O., § 171 AktG Rn 13; Adler/Düring/Schmaltz, Die Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Auflage, § 171 AktG Rn 74; teilweise a.A. allerdings eine von Drygala, a.a.O. als „im Vordringen befindlich“ bezeichnete Auffassung, wonach der Aufsichtsrat zumindest kurz anzugeben habe, wie er zu dem Ergebnis seiner Prüfung gelangt ist, Theisen BB 1988, 705 ff., 710; Theisen/Linn/Schöll, DB 2007, 2493 ff., 2500, Trescher DB 1989, 1981 ff., 1982, Lutter AG 2008, 1 ff., 3).
(2) Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2012 geäußerten Ansicht des Klägers zu 1) steht einer Übertragung der darin zum Ausdruck kommenden Wertung auf den hier vorliegenden Fall auch nicht entgegen, dass die Erklärung des Aufsichtsrates gemäß § 171 Abs. 2 Satz 4 AktG eine inhaltlich andere Reichweite hat als die Erklärung nach § 314 Abs. 3 AktG. Dass sich die Erklärung des Aufsichtsrates im Falle des § 172 Abs. 2 Satz 4 AktG unmittelbar auf die Prüfung des Jahresabschlusses bezieht, im Falle des § 314 Abs. 3 AktG dagegen nicht auf den Abhängigkeitsbericht des Vorstands, sondern nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Schlusserklärung am Ende dieses Berichts, ändert nämlich nichts daran, dass auch schon aus der Nichterhebung von Einwendungen des Aufsichtsrates gegen die Schlusserklärung des § 312 Abs. 3 AktG mit hinreichender Sicherheit entnommen werden kann, dass sich dieser auch mit dem Abhängigkeitsbericht selbst befasst haben muss, da er anderenfalls auch eine Aussage über die Schlusserklärung nicht hätte treffen können.
(3) Dass sich der Aufsichtsrat jedenfalls in dem hier vorliegenden Fall in Bezug auf die Prüfung des Jahresabschlusses sprachlich ausführlicher ausgedrückt und ausdrücklich von einer „eigenen Prüfung“ des Jahresabschlusses gesprochen hat - siehe obiges Zitat aus dem Geschäftsbericht (Anlage K 3, Seite 10) - ändert an dieser Beurteilung nichts, denn eine freiwillig ausführlichere Fassung des Geschäftsberichts in dieser Hinsicht kann der Beklagten jedenfalls im Zusammenhang mit den Anforderungen an ihren Bericht über die Prüfung des Abhängigkeitsberichtes nicht entgegen gehalten werden. Ein unterschiedlicher Informationsgehalt ist jedenfalls mit beiden Formen der Berichterstattung für den Leser im Ergebnis nicht verbunden (Lutter/K. Schmidt/Drygala, a.a.O., § 171 AktG Rn 13 a.E.).
eee) An den Inhalt der Berichts- und Prüfungspflichten des Aufsichtsrates im Zusammenhang mit dem Bericht über die verbundenen Unternehmen sind schließlich - auch unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Rechtsausführungen in dem als Reaktion auf die Ausführungen des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2012 noch nachgereichten Schriftsatz der Klägerin zu 3) vom 13. November 2012 - nicht etwa deshalb weitergehende Anforderungen zu stellen, weil sich die Beklagte in dem hier in Rede stehenden Berichtszeitraum in einer besonderen wirtschaftlichen Krisenlage befunden hat. Richtig ist zwar, dass sich der Umfang der Berichts- und Prüfungspflichten des Aufsichtsrates nach der konkreten wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft richtet und daher in einer wirtschaftliche Krisensituation unter Umständen auch eine besonders umfangreiche Prüfung und Berichterstattung angezeigt sein kann (vgl. für die Berichtspflichten über den Jahresabschluss nach § 171 Abs. 2 AktG z.B. OLG Stuttgart WM 2006, 861 ff. = juris Rn 59 ff. m.w.N.). Naturgemäß kann eine solche Intensivierung der Prüfung und Berichterstattung aber nur insoweit verlangt werden, als die zu prüfenden Geschäftsvorgänge auch mit der Erforschung oder der Überwindung der konkreten Krisensituation im Zusammenhang stehen, welche die erhöhte Prüfungs- und Berichtspflicht ausgelöst hat. Solche besonderen Geschäftsvorgänge sind von den Klägern aber jedenfalls für das Geschäftsjahr 2009/10 - um das es hier lediglich geht - und im Hinblick auf den hier ebenfalls nur in Rede stehenden Bericht über die Beziehungen zu den verbundenen Unternehmen nicht in nachvollziehbarer Weise dargelegt worden. Insbesondere die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Erwerb des Mehrheitsbesitzes an der Beklagten durch die W., die in dieser Hinsicht allenfalls von einem besonderen Interesse für die Hauptversammlung hätten sein können, haben sich nämlich bereits in einer Zeit vor Beginn des - vom 01. April 2009 bis zum 31. März 2010 dauernden - Geschäftsjahres 2009/10 der Beklagten abgespielt.
fff) Selbst wenn man die von den Klägern beanstandete Berichterstattung des Aufsichtsrates über die Prüfung des Abhängigkeitsberichtes entgegen der hier vertretenen Ansicht für nicht ausreichend halten würde, käme eine Anfechtung des Beschlusses über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates deswegen immer noch nicht in Betracht, weil es sich auch dann zumindest nicht um eine schwere und eindeutige Rechtsverletzung im Sinne der insoweit einschlägigen „Macroton“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 153, 47 ff. = WM 2003, 533 ff. = juris Rn 12 - 15) handeln würde. Von einer Rechtsverletzung mit dem danach für eine Anfechtung erforderlichen Gewicht ist nämlich nur dann auszugehen, wenn sich ein Gesellschaftsorgan über eine zweifelsfreie und eindeutig geklärte Rechtslage hinweggesetzt hat (BGH ZIP 2009, 2436 f. = juris Rn 2). Jedenfalls davon könnte aber angesichts der in diesem Zusammenhang in der Rechtsprechung und Literatur zumindest bestehenden Unklarheiten über die genaue Reichweite der Berichts- und Prüfungspflichten des Aufsichtsrates - siehe insbesondere auch die vorstehenden Ausführungen zu ddd) - hier im Ergebnis nicht die Rede sein, weil der Aufsichtsrat der Beklagten hiernach die von ihm gewählte Art und Weise der Berichterstattung über den Abhängigkeitsbericht für zumindest vertretbar halten durfte. Eine neuere, dem eindeutig entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die dem Aufsichtsrat der Beklagten hätte bekannt sein müssen, gab es - entgegen der dazu in der mündlichen Verhandlung von dem Kläger zu 1) geäußerten Ansicht - in dieser Hinsicht nicht.
bb) Eine die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder für das Geschäftsjahr 2009/10 hindernde Rechtsverletzung ergibt sich auch nicht daraus, dass die gemeinsame Entsprechenserklärung des Vorstands und des Aufsichtsrates vom 30. Juni 2010 den Anforderungen des § 161 Abs. 1 AktG nicht genügt hat, weil in dem jährlichen Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung gemäß § 171 Abs. 2 Satz 1 AktG vom gleichen Tage die Anforderungen von Ziffer 5.5.3 Satz 1 DCGK in der hier maßgeblichen Fassung vom 18. Juli 2009 im Hinblick auf die Berichterstattung über Interessenkonflikte nicht eingehalten worden sind.
Die in dem Bericht des Aufsichtsrates - Anlage K 3, Seite 10 Abs. 3 - in diesem Zusammenhang enthaltene Erklärung
„Bei den Beratungen des Aufsichtsrats traten im Geschäftsjahr 2009/10 und bis zum heutigen Tag keine Interessenkonflikte auf.“
war entgegen der Ansicht des Klägers zu 1) weder unvollständig noch falsch.
aaa) Die zitierte Erklärung über das Nichtauftreten von Interessenkonflikten in dem Bericht des Aufsichtsrates war nicht unvollständig. Insbesondere kann eine solche Unvollständigkeit nicht daraus entnommen werden, dass in der genannten Erklärung eine Aussage über das Auftreten von Interessenkonflikten außerhalb der Beratungen des Aufsichtsrates oder in den Ausschüssen des Aufsichtsrates nicht enthalten war. Denn die von dem Kläger zu 1) in diesem Zusammenhang angeführte Vorschrift in Ziffer 5.5.3 Satz 1 DCGK empfiehlt den Mitgliedern des Aufsichtsrates lediglich eine Berichterstattung über solche auf seine Person bezogenen Interessenkonflikte, die - insbesondere aufgrund einer Beratung oder Organfunktion bei Kunden, Lieferanten, Kreditgebern oder sonstigen Geschäftspartnern - tatsächlich auftreten können, nicht aber eine Negativerklärung auch für den Fall, dass solche Interessenkonflikte nicht zutage treten. Alle Erklärungen des Aufsichtsrates darüber, dass Interessenkonflikte nicht aufgetreten sind, sind daher rein freiwilliger Natur und könnten grundsätzlich auch ganz unterbleiben. War aber damit schon die Angabe in dem Bericht des Aufsichtsrates nicht erforderlich, dass Interessenkonflikte in den Beratungen des Aufsichtsrates nicht aufgetreten sind, so bedurfte es erst recht nicht noch zusätzlich auch einer Aussage über das (Nicht-)auftreten von Interessenkonflikten außerhalb der Beratungen des Aufsichtsrates oder in den Sitzungen der einzelnen Unterausschüsse, sofern eine solche Aussage nicht ohnehin von der gewählten Formulierung in dem Bericht des Aufsichtsrats bereits mit umfasst gewesen sein sollte.
bbb) Die Erklärung über das Nichtauftreten von Interessenkonflikten in dem Bericht des Aufsichtsrates war auch nicht - oder jedenfalls nicht nachweislich - falsch. Interessenkonflikte, über die eine Berichterstattung des Aufsichtsrates erforderlich gewesen wäre, haben nicht bestanden.
(1) Eigene Interessenkonflikte der Mitglieder des Aufsichtsrates, über die eine Berichterstattung notwendig gewesen wäre, können auf der Grundlage des Vortrages des Klägers zu 1) und der Beklagten nicht festgestellt werden.
(a) Derartige Interessenkonflikte können zunächst aus dem erstinstanzlichen Vortrag des Klägers zu 1) nicht entnommen werden.
(aa) Soweit sich der Kläger zu 1) in diesem Zusammenhang darauf berufen hat, „die Ursachen und Verantwortlichkeiten für den Zusammenbruch der Beklagten im Juli 2007“ seien in dem Geschäftsjahr 2009/10 „mehrfach Gegenstand der Beratungen des Aufsichtsrats“ gewesen, wobei zumindest alle am 30. Juli 2007 bereits amtierenden Mitglieder des Aufsichtsrates sich in einem Interessenkonflikt befunden hätten, bleibt der dahingehende Vortrag des Klägers zu1) bereits vollkommen pauschal. Darüber hinaus könnte sich ein derartiger Vorwurf ohnehin allenfalls auf die beiden in dem Geschäftsjahr 2009/10 amtierenden Mitglieder des Aufsichtsrates B. und Q. beziehen, weil lediglich diese dem Aufsichtsrat der Beklagten auch schon im Jahre 2007 angehört haben. Auch diese hatten sich zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Mitglieder des Aufsichtsrates in dem hier in Frage stehenden Geschäftsjahr aber allenfalls mit Verfehlungen der Mitglieder des Vorstandes in den früheren Geschäftsjahren zu befassen, die zu dem (Beinahe-)Zusammenbruch der Beklagten beigetragen haben könnten, nicht aber mit der Ordnungsmäßigkeit ihrer eigenen Überwachungstätigkeit in der Krisenphase. Für die Prüfung, ob sie selbst in dieser Hinsicht ihre Amtspflichten verletzt haben, ist allein der Vorstand zuständig.
(bb) Soweit sich der Kläger zu 1) zur Begründung eines Interessenkonflikts der Mitglieder des Aufsichtsrates weiter darauf berufen hat, der Geschäftsbericht 2009/10 weise selbst aus, dass die Beklagte im Berichtszeitraum mit Personen und Gesellschaftern, die ihren Organmitgliedern nahe standen, umfangreiche wirtschaftliche Beziehungen begründet oder diese massiv ausgeweitet habe, kann der Senat solche Geschäfte - zu dem nicht hierher gehörenden Sonderfall der Geschäfte mit der Beklagten verbundenen Unternehmen siehe sogleich zu (2) - dem Geschäftsbericht nicht entnehmen. Eine nähere Konkretisierung der insoweit erhobenen Vorwürfe wäre außerdem ohnehin zunächst Aufgabe des Klägers zu 1).
(b) Auch dem Vortrag des Klägers zu 1) in der Berufungserwiderung ist das Vorliegen eines berichtspflichtigen Interessenkonflikts bei den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Beklagten nicht zu entnehmen. Ein derartiger Interessenkonflikt kann insbesondere nicht daraus entnommen werden, dass diejenigen Mitglieder des Aufsichtsrates, die zugleich Mitarbeiter der Großaktionärin W. oder eines mit dieser verbundenen Unternehmens waren - in concreto also die Herren C. und O. - ihre Pflichten im Zusammenhang mit der Überprüfung des Abhängigkeitsberichts der Beklagten nicht in unbefangener Weise hätten ausüben können.
(aa) In dieser Hinsicht ist schon mindestens zweifelhaft, ob sich der Kläger zu 1) zur Begründung seiner Anfechtungsklage zum jetzigen Zeitpunkt- im Berufungsverfahren und lange nach Ablauf der materiellrechtlichen Ausschlussfrist des § 246 Abs. 1 AktG - auf das Vorliegen eines derartigen Interessenkonflikts schon aus prozessualen Gründen - sei es auch bloß alternativ oder hilfsweise - überhaupt noch berufen kann, nachdem er in der Klageschrift vom 27. September 2010 noch ausdrücklich behauptet hatte, eine Prüfung des Abhängigkeitsberichts durch den Aufsichtsrat sei ebenso unterblieben wie die außerdem erforderliche Berichterstattung über eine derartige Prüfung. Das nunmehr in diesem Zusammenhang allein noch gerügte Bestehen eines berichtspflichtigen Interessenkonflikts im Zusammenhang mit der Prüfung des Abhängigkeitsberichts setzt im Gegensatz zu diesem erstinstanzlichen Vortrag des Klägers zu 1) jedoch zumindest implizit voraus, dass eine derartige Prüfung eben doch stattgefunden hat. Ein derartiges Nachschieben eines neuen, zur Begründung einer Anfechtungsklage zunächst noch nicht herangezogenen Lebenssachverhalts nach dem Ende der Anfechtungsfrist ist jedoch unzulässig (BGH WM 2006, 402 ff. = juris Rn 24 m.w.N.). Dass das Nachschieben hier in der besonderen Form erfolgt ist, dass sich der Kläger zu 1) dabei den Vortrag der Beklagten zu der Prüfung des Abhängigkeitsberichtes zumindest hilfsweise zu eigen gemacht hat, ändert an dieser Unzulässigkeit nichts.
(bb) Hinzu kommt, dass die in diesem Zusammenhang von dem Kläger zu 1) gerügte Abhängigkeit mehrerer Mitglieder des Aufsichtsrats der Beklagten von deren Mehrheitsaktionärin auch aus rechtlichen Gründen von vornherein nicht dazu geeignet ist, einen berichtspflichtigen Interessenkonflikt im Sinne der Regelung von Ziffer 5.5.3 Satz 1 DCGK zu begründen. Denn jedenfalls die hier in Rede stehende Fassung dieser Vorschrift vom 18. Juli 2009 ist nach Auffassung des Senats dahingehend auszulegen, dass Verbindungen der Aufsichtsratsmitglieder zu einem Groß- oder Mehrheitsaktionär von dieser Vorschrift nicht erfasst werden.
(aaa) Der in Ziffer 5.5.3 DCGK verwendete Begriff des „Interessenkonflikts“ ist nämlich schon aus Gründen des systematischen Zusammenspiels der verschiedenen Vorschriften und wegen der im Zweifel auch sonst einheitlichen Verwendung derselben Begriffe in dem gesamten Regelwerk des DCGK ebenso zu verstehen, wie in der - ebenfalls in dem Abschnitt „Interessenkonflikte“ des DCGK angesiedelten - Vorschrift der Ziffer 5.5.2 DCGK. Danach hat jedes Aufsichtsratsmitglied Interessenkonflikte, insbesondere solche, die aufgrund einer Beratung oder Organfunktion bei Kunden, Lieferanten, Kreditgebern oder sonstigen Geschäftspartnern entstehen können, dem Aufsichtsrat gegenüber offenzulegen. Die genannten Fallgruppen bildeten dabei zwar keine abschließende Aufzählung der in Betracht kommenden Interessenkonflikte, jedenfalls der DCKG in seiner hier in Rede stehenden Altfassung sprach aber ganz bewusst nur bestimmte Sonderbeziehungen des Aufsichtsratsmitgliedes zu Dritten an, weil er damit zielgerichtet auf die verbreitete Praxis reagieren wollte, Aufsichtsratsposten mit Vertretern von Geschäftspartnern - wie z.B. von Hausbanken - zu besetzen (Ringleb/Kremer/Lutter/von Werder, DCGK, 4. Auflage 2010, Rn 1125, Wilsing, DCGK, Ziffer 5.5.2 Rn 13). Obwohl er diese schon aufgrund ihrer praktischen Häufigkeit kaum übersehen haben kann, fasste er Verbindungen zu den Groß- oder Mehrheitsaktionären der Gesellschaft dabei jedoch bewusst nicht ins Auge (Wilsing/Wilsing, DCGK, Ziffer 5..5.2 Rn 13; Wilsing/von der Linden, DStR 2012, 1391 ff., 1393).
(bbb) Für eine bewusste Entscheidung der Regierungskommission DCGK gegen die Erstreckung des Begriffs des Interessenkonflikts auf Fälle, in denen ein Aufsichtsratsmitglied gleichzeitig für einen Groß- oder Mehrheitsaktionär tätig wird, spricht zudem die Definition der „Unabhängigkeit“ in Ziffer 5.4.2 Satz 2 DCGK in der hier maßgeblichen Fassung. Als Ursache eines - die Unabhängigkeit ausschließenden - Interessenkonflikts kommen auch nach dieser Vorschrift nämlich nur Beziehungen des Aufsichtsratsmitgliedes zu dem Vorstand oder zu der Gesellschaft selbst in Betracht; Verbindungen zu Aktionären werden auch in dieser Hinsicht wiederum bewusst ausgespart (Wilsing/Wilsing, DCGK, Ziffer 5.5.2 Rn. 14).
(ccc) Schließlich stünde ein abweichendes Verständnis des Begriffes des „Interessenkonflikts“ in Abschnitt 5 des DCGK auch im Widerspruch zu der Systematik des Aktiengesetzes, in dessen Licht - und nicht im Widerspruch zu dem - die Vorschriften des DCGK im Zweifel ausgelegt werden müssen (Wilsing/von der Linden, DCGK, Präambel Rn 22). Bereits die Pflicht zu der Erstellung eines Abhängigkeitsberichtes wird nämlich nach § 312 Abs. 1 AktG nur dann ausgelöst, wenn die berichtspflichtige Gesellschaft von einer anderen Gesellschaft abhängig ist, diese also auf sie unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann (§ 17 Abs. 1 AktG). Im Ergebnis knüpft also das Gesetz die Pflichten von Vorstand und Aufsichtsrat gemäß den §§ 312, 314 AktG gerade an die Existenz eines Mehrheitsaktionärs, der es jedoch stets in der Hand hat, den Aufsichtsrat kraft seiner Stimmenmehrheit in der Hauptversammlung mit Personen seines Vertrauens zu besetzen. Dennoch hält der Gesetzgeber den Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft ohne Einschränkungen für geeignet, gemäß § 314 AktG den Abhängigkeitsbericht des Vorstands zu überprüfen, erkennt also offenbar in einer derartigen Konstellation als solcher grundsätzlich noch keinen Interessenkonflikt, der einer Befassung des Aufsichtsrates mit dem Abhängigkeitsbericht entgegenstehen würde. Hieran ändert sich auch durch die dieser Betrachtungsweise von dem Kläger zu 1) entgegen gehaltene Vorschrift des § 100 Abs. 5 AktG nichts, wonach dem Aufsichtsrat jedenfalls bei kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften i.S.d. § 264d HGB zumindest ein unabhängiger Finanzexperte angehören muss. Im Gegenteil zeigt vielmehr gerade diese Vorschrift, dass der Gesetzgeber die Gefahren einer Einflussnahme durch Groß- und Mehrheitsaktionäre offenbar durchaus gesehen, eine weitergehende Regelung dieses Problemfeldes aber dennoch nicht vorgenommen und daher auch nicht für angebracht gehalten hat.
(cc) Selbst wenn man den Aufsichtsrat - entgegen der vorstehend vertretenen Argumentation - dennoch für verpflichtet halten wollte, die Beziehungen seiner Mitglieder zu der Großaktionärin W. oder zu den mit dieser verbundenen Unternehmen als berichtspflichtige Interessenkonflikte zu behandeln, würde es auch im Hinblick auf eine unterstellte Pflichtverletzung des Aufsichtsrates in dieser Hinsicht wiederum zumindest an der für eine Anfechtung weiter erforderlichen Schwere und Eindeutigkeit der in Betracht kommenden Rechtsverletzung fehlen. Denn eine Auslegung von Ziffer 5.5.3 Satz 1 DCGK in dem von dem Kläger zu 1) vertretenen Sinne einer Ausweitung auch auf Verbindungen der Aufsichtsratsmitglieder zu einem Groß- oder Mehrheitsaktionär ist - selbst wenn sie zutreffend wäre - soweit ersichtlich bisher selbst in der Literatur noch nirgendwo vertreten worden. Insbesondere ist eine derartige Auffassung auch dem von dem Kläger zu 1) letztlich allein in diesem Zusammenhang zu seinen Gunsten angeführten Zitat aus der Kommentierung von Kremer in Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, a.a.O., Rn 1038 zu Ziffer 5.4.2 DCGK nicht zu entnehmen, wonach „eher der Vorstand vom Großaktionär abhängig“ sei als umgekehrt.
(2) Ebenso war die Erklärung über das Nichtauftreten von Interessenkonflikten in dem Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung der Beklagten schließlich auch nicht deshalb unrichtig, weil darin ein etwaiger Interessenkonflikt der Abschlussprüfer nicht aufgedeckt worden ist.
Die dahingehende Rüge des Klägers zu 1) ist schon deshalb nur zum Teil verständlich, weil der Bericht des Aufsichtsrates sich mit etwaigen Interessenkonflikten des Abschlussprüfers grundsätzlich überhaupt nicht zu befassen hat, sondern sich die einschlägige Vorschrift des § 171 Abs. 1 Satz 3 AktG ausschließlich an den Abschlussprüfer selbst richtet. Der Aufsichtsrat hat daher grundsätzlich auch über einen ihm bekannten Interessenkonflikt des Abschlussprüfers nicht ohne weiteres der Hauptversammlung zu berichten.
Hiervon abgesehen muss aber auch die bereits weiter oben zitierte Passage des Geschäftsberichts, die bei dem Kläger zu 1) und verschiedenen anderen Aktionären offenbar die Annahme ausgelöst hat, es habe ein Interessenkonflikt der Abschlussprüfer vorgelegen, unwiderlegt und in Übereinstimmung mit den Erklärungen, die den Aktionären dazu von der Verwaltung der Beklagten in der Hauptversammlung vom 26. August 2010 gegeben worden sind, in dem Sinne verstanden werden, dass es sich hier im Zweifel nur um eine missverständliche und formelhafte Wiedergabe der sich aus § 171 Abs. 1 Satz 3 AktG ergebenden Anforderungen des Gesetzes an den Abschlussprüfer in Bezug auf die Offenlegung ihn betreffender Befangenheitsgründe gehandelt hat, tatsächlich bestehende Interessenkonflikte von den Abschlussprüfern gegenüber dem Aufsichtsrat jedoch gerade nicht aufgedeckt worden sind. Etwas anderes wäre jedenfalls von dem Kläger zu 1) darzulegen und zu beweisen, dessen Vortrag hierzu sich jedoch letztlich in bloßen Vermutungen und Unterstellungen erschöpft. In einer solchen, lediglich verunglückten Formulierung des Geschäftsberichts liegt aber schon keine Pflichtverletzung des Aufsichtsrates, erst recht jedoch keine Pflichtverletzung von einer derartigen Schwere und Eindeutigkeit, dass damit eine Anfechtung der Beschlüsse über die Entlastung oder die teilweise Neuwahl der Mitglieder des Aufsichtsrates begründet werden könnte.
2. Die Angriffe des Klägers zu 1) auf die in der Hauptversammlung der Beklagten vom 26. August 2010 zu TOP 2 im Wege der Einzelentlastung gefassten Beschlüsse über die Entlastung der Mitglieder des Vorstandes R. , S. , T., U. und V. haben ebenfalls keinen Erfolg.
a) Eine Anfechtung der Beschlüsse über die Entlastung der Vorstandsmitglieder wegen einer möglichen Verletzung des Verfahrensrechts scheidet aus den im Zusammenhang mit der Entlastung des Aufsichtsrats bereits dargelegten und für die Entlastung des Vorstandes in entsprechender Weise geltenden Gründen aus.
b) Auch im Hinblick auf einen etwaigen Verstoß gegen materielles Aktienrecht kann im Wesentlichen auf die Ausführungen im Zusammenhang mit der Entlastung der Aufsichtsräte Bezug genommen werden.
aa) In Bezug auf einen etwaige Verletzung von Berichtspflichten aus § 314 Abs. 2 AktG kommt hinzu, dass jedenfalls die hier auch von den Klägern nur geltend gemachte Verletzung der Pflicht zur Prüfung und Berichterstattung in Bezug auf den Abhängigkeitsbericht des Vorstandes allenfalls dem Aufsichtsrat zur Last fallen könnte, weil sich die in Betracht kommenden Vorschriften nur an diesen richten. Der in diesem Zusammenhang in dem angefochtenen Urteil - wohl unter Verwechslung der verschiedenen Berichtspflichten - vorgenommene Verweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 04. März 1974 - II ZR 89/72 - (NJW 1974, 855 ff., 856) geht fehl, denn in dem dort zu entscheidenden Fall fehlte nicht nur - so wie hier von den Klägern behauptet - die Prüfung und Berichterstattung des Aufsichtsrates über den Abhängigkeitsbericht, sondern auch dieser - seinerseits von dem Vorstand aufzustellende - Bericht selbst, so dass schon unter diesem Gesichtspunkt zwangsläufig von einer Pflichtverletzung des Vorstandes auszugehen war.
bb) Ein Verstoß der Vorstandsmitglieder gegen § 161 AktG liegt aus den bereits dargelegten Gründen ebenfalls nicht vor, wobei die Ausführungen zu den Mitgliedern des Aufsichtsrates in der Weise entsprechend gelten, dass sich auch das im Jahre 2007 bereits amtierende Vorstandsmitglied U. - abgesehen von seiner fehlenden Ressortzuständigkeit - im Zusammenhang mit der Aufklärung der Ursachen und Folgen des Beinahe-Zusammenbruchs der Beklagten schon deshalb nicht in einem Interessenkonflikt befunden hat, weil etwaige Pflichtverletzungen der damals schon amtierenden Vorstandsmitglieder nicht durch die in dem Geschäftsjahr 2009/10 noch amtierenden Vorstände, sondern allenfalls durch die zu diesem Zeitpunkt im Amt befindlichen Mitglieder des Aufsichtsrats aufzuklären waren. Im Übrigen hat ein aufdeckungspflichtiger Interessenkonflikt bei den Organmitgliedern oder den Abschlussprüfern der Beklagten aus den bereits dargelegten Gründen nicht vorgelegen. Die gemeinsame Entsprechenserklärung von Vorstand und Aufsichtsrat über die Einhaltung des DCGK war daher zutreffend, so dass den Vorstandsmitgliedern auch in dieser Hinsicht keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann. Ebenso kann auch das durch die verunglückte Formulierung in dem Bericht des Aufsichtsrats erzeugte Missverständnis bei den Aktionären im Hinblick auf einen etwaigen Interessenkonflikt der Abschlussprüfer schon aus den oben dargelegten Gründen eine Anfechtung auch der Beschlüsse über die Entlastung der Vorstandsmitglieder nicht begründen, ganz davon abgesehen, dass dieses Missverständnis auch ohnehin allenfalls durch den Aufsichtsrat, nicht aber durch den - für den hier in Rede stehenden Teil des Geschäftsberichts überhaupt nicht zuständigen - Vorstand hervorgerufen worden ist.
3. Eine Anfechtbarkeit der Beschlüsse über die Wiederwahl der Aufsichtsräte C., D., E. und O. zu TOP 5 der Hauptversammlung vom 26. August 2010 kommt aus den bereits dargelegten Gründen zu den Entlastungsbeschlüssen, auf die in diesem Zusammenhang in vollem Umfang Bezug genommen werden kann, zwangsläufig ebenfalls nicht in Betracht.
4. Schließlich ist nach alledem auch die gegen den Beschluss über die Wahl des Abschlussprüfers zu TOP 4 der Hauptversammlung vom 26. August 2010 gerichtete Anfechtungsklage des Klägers zu 1) nicht gerechtfertigt. Auch in diesem Zusammenhang kann eine Anfechtung insbesondere nicht damit begründet werden, dass die Informationsgrundlage der Hauptversammlung für die zu treffende Wahlentscheidung nicht ausreichend gewesen ist, weil die Verwaltung der Beklagten die Fragen von Rechtsanwalt Y. nach dem Vorliegen von Interessenkonflikten der Abschlussprüfer nicht zutreffend beantwortet hat oder weil der Bericht des Aufsichtsrates über das Vorliegen derartiger Interessenkonflikte unrichtig gewesen ist. Aus den bereits dargelegten Gründen war nämlich die Antwort der Verwaltung auf die Fragen von Rechtsanwalt Y. nicht unrichtig und der Bericht des Aufsichtsrats allenfalls missverständlich. Auch das so bei zumindest einigen der Aktionäre entstandene Missverständnis ist aber jedenfalls für die Wahl der Abschlussprüfer nicht relevant geworden. Denn jedenfalls gegenüber den in der Hauptversammlung erschienen Aktionären ist das mögliche Missverständnis über das Vorliegen etwaiger Interessenkonflikte der Abschlussprüfer im Zusammenhang mit der Beantwortung der Fragen von Rechtsanwalt Y. durch die Verwaltung der Beklagten richtig gestellt worden und gegenüber den in der Hauptversammlung nicht erschienenen Aktionären konnte es allenfalls dazu führen, dass diese irrtümlich das Vorliegen eines tatsächlich nicht vorhandenen Interessenkonflikts der Abschlussprüfer unterstellt haben. Wenn sie aber auch eine derartige Fehlvorstellung nicht dazu veranlasst hat, an der Hauptversammlung teilzunehmen und ihre Stimme gegen die Wahl der von ihnen für befangen gehaltenen Abschlussprüfer abzugeben, ist das möglicherweise entstandene Missverständnis auch bei dieser Gruppe der Aktionäre zumindest im Ergebnis ohne für eine etwaige Anfechtung relevante Auswirkungen geblieben.
III.
1. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die Kosten der Nebeninterventionen ergibt sich aus § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO analog.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
3. Ein Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, noch ist die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Die im Zentrum des Rechtsstreits stehende Frage, ob der Aufsichtsrat bei seiner Berichterstattung die Voraussetzungen des § 314 Abs. 2 AktG eingehalten hat, erweist sich - soweit entscheidungserheblich - nach den obigen Ausführungen im Ergebnis maßgeblich als eine Frage der Auslegung des beanstandeten Aufsichtsratsberichts im konkreten Einzelfall. Die weitere Frage, ob der Begriff des „Interessenkonflikts“ im Sinne von Ziffer 5.5.3 DCGK a.F. auch Verbindungen eines Organmitgliedes zu den Groß- oder Mehrheitsaktionären der Gesellschaft mit umfasst, ist letztlich nicht entscheidungserheblich, weil selbst ein unterstellter Mangel der Berichterstattung des Aufsichtsrates in diesem Zusammenhang der Klage jedenfalls deswegen nicht zum Erfolg verhelfen könnte, weil es - wie schon dargelegt - zumindest an der erforderlichen Schwere und Eindeutigkeit einer derartigen Pflichtverletzung des Aufsichtsrates fehlen würde.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 100.000,00 € [= 2 x 25.000,00 € für die gegen die Entscheidung zu den Beschlüssen zu den TOP 2 und 3 gerichtete Berufung der Beklagten und 2 x 25.000,00 € für die gegen die Entscheidung zu den Beschlüssen zu TOP 4 und 5 gerichtete Anschlussberufung des Klägers zu 1)]
OLG Düsseldorf:
Urteil v. 22.11.2012
Az: I-6 U 18/12
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/852bdbd42b7f/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_22-November-2012_Az_I-6-U-18-12