Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Februar 2006
Aktenzeichen: 17 W (pat) 64/03
(BPatG: Beschluss v. 23.02.2006, Az.: 17 W (pat) 64/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung:
"Verfahren zum Aufbauen einer adaptiven Zone eines Festplattenlaufwerks"
ist am 2. Juni 1997 unter Inanspruchnahme der Priorität der koreanischen Voranmeldung KR 25246/96 vom 28. Juni 1996 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.
Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 11 B des Deutschen Patent- und Markenamts durch Beschluss vom 14. April 2003 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Patentanspruch 1 auch unter Hinzuziehung der übrigen Unterlagen keine klare und vollständige Lehre zum technischen Handeln gibt.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 11 B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. April 2003 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 - 3 sowie Beschreibungsseiten 1 - 8, eingegangen am 22. März 1999 und 6 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 6, eingegangen am 18. August 1997.
Der Anspruch 1 lautet:
"Verfahren zum Anlegen einer adaptiven Zone in einem Festplattenlaufwerk, das eine Teil-Ansprech-Signalisier- und Maximal-Wahrscheinlichkeits-(PRML)-Erfassung anwendet, das die Schritte aufweist:
Erhalten (64) einer Impulsbreite durch Lesen (62) eines isolierten Impulses, der auf einer Platte (18) als ein Aufzeichnungsmedium geschrieben ist;
gekennzeichnet durch die folgenden Schritte:
Erhalten (66) eines Bit-Intervalls durch Berechnen des Verhältnisses zwischen der Kanal-Dichte entsprechend der PRML zu der Impulsbreite; und Auswählen (68) der optimalen Zonen-Daten-Rate aus einer Zonen-Tabelle, um sie auf einem Speicher aufzuzeichnen."
Zu den übrigen Unterlagen wird auf die Akte verwiesen.
Die Anmelderin führt aus, dass bei neueren Festplattenlaufwerken zur Erhöhung der Aufzeichnungsdichte ein PRML-(Partial Response Maximum Likelihood) Verfahren zur Aufzeichnung verwendet werde. Ausgehend von einem Festplattenlaufwerk, bei dem ein solches Aufzeichnungsverfahren benutzt werde, schlage der Patentanspruch 1 vor, in verschiedenen inneren und äußeren Zonen der Festplatte jeweils durch Aufzeichnen eines isolierten Impulses ein optimales Bitintervall zu ermitteln, daraus eine Zonen-Datenrate zu berechnen und in einer Zonentabelle aufzuzeichnen. Die Angaben im Anspruch 1 reichten auch aus, um dem Fachmann eine klare Lehre zu vermitteln, wie die Speicherkapazität von Festplattenlaufwerken erhöht werden könne.
II.
Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da in der Anmeldung eine Erfindung nicht so vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 21 Abs. 1 Satz 2 PatG).
In der Beschreibung der Anmeldung wird unter Hinweis auf den bekannten Stand der Technik einleitend ausgeführt, dass bei Festplattenlaufwerken zur Erzielung einer hohen Aufzeichnungsdichte PRML- und EPRML-(Extended Partial Response Maximum Likelihood) Detektoren zur Dekodierung von aufgezeichneten Signalen verwendet werden. Auf den Seiten 3, Abs. 3 bis S. 5 Abs. 1 i. V. m. den Figuren 3 und 4 wird die Arbeitsweise eines solchen Detektors im Einzelnen erläutert und dargelegt, dass die Impulsbreite des gelesenen Signals entsprechend der Flughöhe des Kopfes und der Position der Spur auf der Platte variiert. Sei die Impulsbreite des Detektors nicht richtig eingestellt, so hätte dies Datenfehler zur Folge. Den Ausführungen in der Beschreibungseinleitung und der auf S. 5, Abs. 2 explizit genannten Aufgabenstellung wird der Fachmann, ein Elektronikingenieur oder Physiker mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der magnetischen Massenspeicher, entnehmen, dass mit dem zum Patent angemeldeten Verfahren eine Erhöhung der Speicherkapazität von Festplattenlaufwerken erreicht werden soll, ohne dass die Datenfehlerrate erhöht wird.
Den Anmeldeunterlagen lässt sich jedoch nicht entnehmen, wie eine solche Erhöhung der Speicherkapazität oder eine anderweitige Verbesserung des Festplattenlaufwerks bewirkt werden kann.
Im Anspruch 1 ist eine Reihe von Verfahrensschritten zum Anlegen (i. S. v. Erstellen) einer "adaptiven Zone" in einem Festplattenlaufwerk angegeben. Dem ersten Schritt nach soll durch Lesen eines vorher aufgezeichneten isolierten Impulses die für die jeweilige Zone charakteristische Impulsbreite (PW50) bestimmt werden. Aus der charakteristischen Impulsbreite wird gemäß einem zweiten Schritt - nach dem auf S 7 in Formel (2) dargestellten Zusammenhang - aus dem Verhältnis von Kanaldichte (Dch) zu Impulsbreite ein optimales Bit-Intervall (Tch, Kanal-Bit-Periode) erhalten. Dabei kann der Wert der Kanaldichte entsprechend dem jeweils zum Einsatz kommenden PRML-Aufzeichnungsverfahren variieren, wie im Anspruch 3 angegeben. Schließlich wird aus dem Bitintervall mit Hilfe einer Zonen-Tabelle eine optimale Zonen-Daten-Rate bestimmt und auf einem Speicher aufgezeichnet. Insoweit sind die erläuterten Verfahrensschritte, jedenfalls unter Heranziehung der Ausführungen in der Beschreibung (vgl. insb. S. 7, letzter Abs. bis S. 8 i. V. m. Fig. 1), nachvollziehbar.
Das Resultat dieser Verfahrensschritte besteht allerdings nur in der Aufzeichnung einer optimalen Zonen-Daten-Raten für jeweils eine Zone der Festplatte. Die bloße Aufzeichnung dieser Rate hat jedoch keinen Einfluss auf die Arbeitsweise der Festplatte und kann sonach weder eine Erhöhung der Speicherkapazität noch eine anders gelagerte Verbesserung bewirken.
In Hinsicht darauf, wie die für eine Zone der Festplatte aufgezeichnete optimale Zonen-Daten-Rate ausgewertet wird und Einfluss auf die Arbeitsweise der Festplatte nimmt, findet sich auch in den untergeordneten Ansprüchen und den übrigen Unterlagen kein Hinweis. Das in der Beschreibung erläuterte Ausführungsbeispiel des beanspruchten Verfahrens endet mit dem Aufzeichnen bzw. Schreiben der optimalen Zonen-Daten-Rate in einem Speicher, wie sich insbesondere aus den Ausführungen auf S. 7, letzter Abs. und S. 8 i. V. m. Figur 1 ergibt. Der Fachmann kann sonach auch bei Berücksichtigung aller eingereichten Anmeldungsunterlagen nicht entnehmen, wie die gewünschte Verbesserung eines Festplattenlaufwerks bewirkt wird.
Die Anmelderin hat hiergegen argumentiert, dass schon die Aufzeichnung der optimalen Zonen-Daten-Rate als technisches Ergebnis des Verfahrens anzusehen sei.
Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen.
Ein solcher Schluss wäre lediglich dann zulässig, wenn der Fachmann aufgrund des ihm zuzuschreibenden Fachwissens ohne Weiteres und zweifelsfrei ergänzen könnte, wie mit der aufgezeichneten Zonen-Daten-Rate eine Verbesserung des Festplattenlaufwerks erreicht werden kann.
Eine solche eindeutige Ergänzung der unvollständig offenbarten Lehre ist im vorliegenden Fall aber nicht möglich, weil für den Fachmann eine Reihe von Möglichkeiten denkbar ist, mit denen die aufgezeichnete Zonen-Daten-Rate Einfluss auf die Arbeitsweise des Festplattenlaufwerks nehmen kann. So könnte die Aufzeichnungsdichte auf der Festplatte beispielsweise dadurch erhöht werden, dass die Aufzeichnungsgeschwindigkeit in einer Zone abhängig von der optimalen Zonen-Daten-Rate gesteuert wird. Eine andere denkbare Möglichkeit bestünde darin, unter Beibehaltung einer konstanten Aufzeichnungsgeschwindigkeit die optimale Zonen-Daten-Rate zur Beeinflussung der Filtercharakteristik der PRML-Erfassung zu verwenden, wodurch sich ebenfalls die Aufzeichnungsdichte erhöhen lässt. Beide Möglichkeiten sind bspw. in der zum Stand der Technik genannten DE 43 08 352 A1 erläutert (vgl. S. 3, Z. 52 - S. 4, Z. 7).
Ein Fachmann kann sonach auch aus der Gesamtheit aller eingereichten Unterlagen nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit alle wesentlichen Schritte entnehmen, die erforderlich sind, um eine Verbesserung des Festplattenlaufwerks zu bewirken.
Die Beschwerde der Anmelderin gegen den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 11 B des Deutschen Patent- und Markenamts war daher zurückzuweisen.
BPatG:
Beschluss v. 23.02.2006
Az: 17 W (pat) 64/03
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