Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Februar 2000
Aktenzeichen: 30 W (pat) 147/99
(BPatG: Beschluss v. 07.02.2000, Az.: 30 W (pat) 147/99)
Tenor
Die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde der aus der Marke 1 090 193 Widersprechenden ist derzeit gegenstandslos.
Gründe I.
Die Marke 396 46 838 siehe Abb. 1 am Endeist als Kennzeichnung für die Waren und Dienstleistungen
"Telekommunikation; Ausbildung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Datenverarbeitungsgeräte und Computer"
in das Markenregister eingetragen worden.
Widerspruch erhoben haben 1. die Inhaberin der rangälteren, unter anderem für
"Geräte für die Kommunikationstechnik; Datenverarbeitungsgeräte, Computer, Datenverarbeitungsprogramme; Entwicklung der vorgenannten Waren (soweit diese in Klasse 9 enthalten sind); Schulungen im Bereich der Datenverarbeitung; Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung"
eingetragenen Marke 2 000 966 KONTRON ELEKTRONIK sowie 2. die Inhaberin der unter anderem ebenfalls für Waren der Klasse 9 eingetra genen Marke 1 090 193 Compatron.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat eine Verwechslungsgefahr der jüngeren Marke mit der Widerspruchsmarke 1 (KONTRON ELEKTRONIK) bejaht und die Löschung des jüngeren Zeichens angeordnet. Den Widerspruch aus der Marke 1 090 193 (Compatron) hat sie zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die angegriffene Marke werde durch den Bestandteil "COMPTRON" geprägt, was zu klanglichen Verwechslungen mit dem in der Widerspruchsmarke 1 prägenden Bestandteil "KONTRON" führen könne. Die übrigen Bestandteile der Marken seien beschreibender Natur und ohne betriebskennzeichnende Eigenart. Bei Gegenüberstellung der prägenden Bestandteile seien die klanglichen Abweichungen jedoch angesichts der Waren- und Dienstleistungsnähe zu gering, um Verwechslungen hinreichend sicher auszuschließen. Bei der Widerspruchsmarke 2 hingegen würde das zusätzliche "a" in der Wortmitte zu einer unterschiedlichen Vokalstruktur führen, so daß insgesamt ein unterschiedliches Klangbild entstehe.
Der Inhaber der jüngeren Marke hat Beschwerde erhoben, diese jedoch nicht begründet.
Die Widersprechende 2 hat ebenfalls Beschwerde erhoben und auf die klangliche Nähe der gegenüberstehenden Marken hingewiesen.
Die Widersprechende 2 beantragt, den Beschluß der Markenstelle aufzuheben und die jüngere Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 090 193 zu löschen.
Die Widersprechende 1 beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und dem Inhaber der jüngeren Marke die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Auch sie weist auf die Klangnähe der prägenden Bestandteile der sich gegenüberstehenden Marken hin.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie auf den patentamtlichen Beschluß Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Inhabers der jüngeren Marke ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Zwischen der jüngeren Marke und der Widerspruchsmarke 1 besteht Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, so daß der Beschluß der Markenstelle zu Recht ergangen ist.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr bedeutet eine Gewichtung von in Wechselbeziehung zueinander stehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (stRspr, zB EuGH MarkenR 1999, 22 - Canon; BGH MarkenR 1999, 297 - HONKA).
Benutzungsfragen spielen im vorliegenden Verfahren keine Rolle, so daß bei den Waren und Dienstleistungen vom Register auszugehen ist. Hier stehen sich im Bereich der "Telekommunikation" und "Datenverarbeitungsgeräte und Computer" weitgehend identische Waren, im Bereich der "Ausbildung, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" erheblich ähnliche, wenn nicht sogar ebenfalls gleiche Dienstleistungen gegenüber. Der Entscheidung ist ein durchschnittlicher Schutzumfang der Widerspruchsmarke 1 zugrunde zu legen, da für eine Abweichung hiervon keine ausreichenden Anhaltspunkte vorliegen.
Unter Zugrundelegung dieser Situation ist seitens der jüngeren Marke zur Vermeidung von Verwechslungen ein deutlicher Markenabstand zu verlangen. Dieser wird jedoch nicht eingehalten. Auszugehen ist von dem Grundsatz, daß bei der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen abzustellen ist (stRspr, zB EuGH WRP 1989, 39 - Sabèl/Puma; BGH MarkenR 1999, 161 - LORA DI RECOARO). Dennoch können einzelne Zeichenbestandteile unter Umständen das gesamte Zeichen prägen, so daß bei einer bloßen Übereinstimmung von Zeichen in den jeweils prägenden Bestandteilen eine Verwechslungsgefahr zu bejahen ist (stRspr, zB BGH MarkenR 1999, 28 - Tour de culture). Bei der jüngeren Marke handelt es sich um eine Wort-Bild-Marke, wobei die Bildelemente graphisch untergeordnet sind und zurücktreten, so daß der Verkehr - wie in aller Regel bei Wort- und Bildelementen - sich vorwiegend an dem Wortbestandteil orientieren wird. Bei "COMPTRON COMPUTER" aber ist der Bestandteil "COMPUTER" in derart hohem Maß für die Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibend, daß er für den Verkehr als Produktkennzeichnung in den Hintergrund tritt. Selbständig kennzeichnende Stellung kommt damit dem Bestandteil "COMPTRON" zu, denn er beinhaltet die eigentliche Individualisierungsfunktion (vgl zur Prägung des Gesamteindrucks BGH, zuletzt MarkenR 2000, 20 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Auch bei der Widerspruchsmarke 1 ist der Bestandteil "ELEKTRONIK" aus denselben Gründen zur Produktkennzeichnung ungeeignet, so daß auch hier der weitere Bestandteil "KONTRON" das Gesamtzeichen prägt. Stehen sich aber "KONTRON" und "COMPTRON" gegenüber, so ist bei der nahen bzw identischen Waren- und Dienstleistungssituation mit klanglichen Verwechslungen zu rechnen.
Die Beschwerde des Inhabers der jüngeren Marke ist deshalb ohne Erfolg.
Eine Kostenüberbürdung der Verfahrenskosten auf den Inhaber der jüngeren Marke entgegen den Grundsätzen des § 71 Abs 1 MarkenG, wonach jeder der Beteiligten seine Kosten grundsätzlich selbst zu tragen hat, ist hier nicht veranlaßt. Das wäre nur dann der Fall, wenn der gesetzliche Regelfall aus besonderen Gründen nicht mehr der Billigkeit entspräche. Dazu reichen das Unterliegen im Prozeß, der Umstand, daß der Beschwerdeführer seine Beschwerde nicht begründet hat, wie auch das Nichterscheinen in dem auf hilfsweisen Antrag der Widersprechenden 2 anberaumten Verhandlungstermin nicht aus.
Über die Beschwerde der Widersprechenden 2 ist nicht zu entscheiden, nachdem die angegriffene Marke bereits wegen des Widerspruchs 1 gelöscht wird.
Dr. Buchetmann Schramm Schwarz-Angele Ko Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/30W(pat)147-99.1.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 07.02.2000
Az: 30 W (pat) 147/99
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