Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. September 2005
Aktenzeichen: 6 W (pat) 320/02

(BPatG: Beschluss v. 08.09.2005, Az.: 6 W (pat) 320/02)

Tenor

Das Patent 199 03 185 wird widerrufen.

Gründe

I.

Gegen die am 14.3.2002 veröffentlichte Erteilung des Patents 199 03 185 mit der Bezeichnung "Pumpe mit vibrationsgedämpftem Kurbeltrieb" ist am 12.6.2002 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei nicht neu und beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

In der Einspruchsbegründung wird u. a. auf die französische Patentschrift 27 62 062 verwiesen, zu der auch eine deutsche Übersetzung eingereicht worden ist.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent 199 03 185 in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent 199 03 185 unbeschränkt aufrechtzuerhalten.

Sie ist der Auffassung, dass der erteilte Anspruch 1 die Erfordernisse der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit erfülle.

Der erteilte Anspruch 1 lautet:

"Pumpe, miteinem Kurbeltrieb und einem mit einem Pleuel (1) des Kurbeltriebs verbundenen oszillierenden Pumpmittel (2), wobei der Kurbeltrieb aufweist:

eine Kurbelwelle (6), ein mit der Kurbelwelle (6) mitrotierendes Rotations-Ausgleichsgewicht (5), und ein über einen Hubzapfen (4) exzentrisch mit der Kurbelwelle (6) verbundenes Pleuel (1), wobei ein Oszillations-Ausgleichsgewicht (3) derart vorgesehen ist, dass der Massenschwerpunkt aller oszillierenden Massen (1, 2, 3) in der zur Kurbelwellenachse (8) exzentrischen Hubzapfenachse (7) liegt, undwobei das mit der Kurbelwelle (6) mitrotierende Rotations-Ausgleichsgewicht (5) so ausgebildet ist, dass der Schwerpunkt aller um die Kurbelwellenachse (8) rotierenden Massen in der Kurbelwellenachse (8) liegt."

Wegen der auf den Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 und 3 sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs 3 Ziff 1 PatG durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist ausreichend substantiiert und zulässig.

3. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt keine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG dar.

3.1. Die zweifelsfrei gewerblich anwendbare Pumpe nach dem erteilten Anspruch 1 ist nicht neu.

In der französischen Patentschrift 27 62 062 ist eine Pumpe mit sämtlichen im erteilten Anspruch 1 angegebenen Merkmalen erläutert. Im Folgenden wird aus Vereinfachungsgründen auf die deutsche Übersetzung der französischen Schrift Bezug genommen, deren Richtigkeit seitens der Beteiligten nicht angezweifelt worden ist. Insbesondere aus Fig. 1 geht hervor eine Pumpe (vgl. S. 1, Abs. 1), miteinem Kurbeltrieb und einem mit einem Pleuel 1 des Kurbeltriebs verbundenen oszillierenden Pumpmittel 2, wobei der Kurbeltrieb aufweist:

eine Kurbelwelle 4, ein mit der Kurbelwelle 4 mitrotierendes Rotations-Ausgleichsgewicht 12 und ein über einen Hubzapfen 8 exzentrisch mit der Kurbelwelle 4 verbundenes Pleuel 1, wobei ein Oszillations-Ausgleichsgewicht 9 derart vorgesehen ist, dass der Massenschwerpunkt aller oszillierenden Massen 1, 2, 9 in der zur Kurbelwellenachse 01 exzentrischen Hubzapfenachse 02 liegt (vgl. S. 1, Abs. 11), undwobei das mit der Kurbelwelle 4 mitrotierende Rotations-Ausgleichsgewicht 12 so ausgebildet ist, dass der Schwerpunkt aller um die Kurbelwellenachse 01 rotierenden Massen in der Kurbelwellenachse 01 liegt (vgl. S. 1, Abs. 13).

Die Patentinhaberin hat zwar vorgetragen, dass ein Fachmann bei der französischen Schrift davon ausgehe, dass die dort beschriebene Vorrichtung nur bei mehrzylindrischen Verbrennungsmotoren sinnvoll einsetzbar sei, da sich die Ausführungsbeispiele nur auf solche bezögen, sie verkennt aber dabei, dass auf S. 1 in Abs. 1 als Anwendungsgebiet für die in der französischen Schrift beschriebene Erfindung ausdrücklich "Pumpen" genannt sind und dass weiterhin im letzten Absatz auf S. 1 darauf hingewiesen wird, dass die der Erfindung entsprechende Vorrichtung auch bei Motoren mit nur einem Zylinder einsetzbar ist. Eine Verwendung ausschließlich bei mehrzylindrischen Verbrennungsmotoren - wie sie die Patentinhaberin sieht - ist somit nicht gegeben.

Weiterhin hat die Patentinhaberin vorgetragen, die Pumpe gemäß dem erteiltem Anspruch 1 sei deshalb gegenüber der Vorrichtung nach dem französischen Patent neu, da erfindungsgemäß sowohl ein Ausgleich aller oszillierenden Massen als auch ein Ausgleich aller rotierenden Massen erfolge. Dies sei bei der Vorrichtung nach der französischen Schrift nicht der Fall.

Dieser Vorhalt vermag jedoch nicht zu greifen. Denn für die Annahme, bei der Vorrichtung nach der französischen Schrift erfolge weder ein Ausgleich aller oszillierenden noch ein Ausgleich aller rotierenden Massen, fehlen nicht nur jegliche Anhaltspunkte, sie steht auch in direktem Widerspruch zur Beschreibung. Dort ist nämlich auf S. 1, Abs. 11 angegeben, dass der Schwerpunkt des Systems "Pleuel-Kolben" unter bestimmten Bedingungen mit dem Mittelpunkt des Kurbelwellenzapfens zusammenfällt. Der Begriff "System Pleuel - Kolben" kann aber nur so verstanden werden, dass damit alle oszillierenden Massen gemeint sind. Wenn somit angegeben ist, dass der Schwerpunkt des Systems "Pleuel-Kolben" mit dem Mittelpunkt des Kurbelwellenzapfens zusammenfällt, kann das nur als Ausgleich aller oszillierenden Massen verstanden werden. Jede andere Interpretation würde dem gewünschten Massenausgleich zuwiderlaufen.

Weiterhin ist auf S. 1, Abs. 13 angegeben, dass die Kurbelwelle Ausgleichsgewichte besitzt, die mit denen klassischer Kurbelwellen verglichen werden können. Dies wiederum kann nur so verstanden werden, dass der Schwerpunkt aller um die Kurbelwellenachse rotierenden Massen in der Kurbelwellenachse liegt und dass somit auch in der französischen Schrift ein Ausgleich aller rotierenden Massen erfolgt. Denn der Sinn und Zweck von Ausgleichsgewichten besteht ja gerade darin, einen Massenausgleich aller Massen zu erzeugen, da es andernfalls zu Unwuchten käme, die aber gerade vermieden werden sollen.

Zusammenfassend ergibt sich somit, dass der französischen Patentschrift 27 62 062 eine Pumpe mit sämtlichen im erteilten Anspruch 1 angegebenen Merkmalen zu entnehmen ist.

Der erteilte Anspruch 1 ist somit nicht bestandsfähig.

3.3. Zusammen mit dem Anspruch 1 fallen auch die auf ihn rückbezogenen Unteransprüche 2 und 3.

Lischke Riegler Schneider Müller Cl






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Beschluss v. 08.09.2005
Az: 6 W (pat) 320/02


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