Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Juli 2009
Aktenzeichen: 21 W (pat) 301/08
(BPatG: Beschluss v. 27.07.2009, Az.: 21 W (pat) 301/08)
Tenor
1.
Das Einspruchsverfahren ist in der Hauptsache erledigt.
2.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Auf die am 27. März 1997 beim Deutschen Patentund Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das Patent 197 13 075 (Streitpatent) mit der Bezeichnung "Verfahren und Vorrichtung zum lösbaren Befestigen eines Kraftfahrzeugrades an einer von einem Antriebsmotor antreibbaren Hauptwelle einer Radauswuchtmaschine" erteilt worden. Die Patenterteilung ist am 16. September 2004 veröffentlicht worden.
Die Einsprechende hat gegen das Streitpatent am 16. Dezember 2004 mit der Begründung Einspruch erhoben, sein Gegenstand sei nicht patentfähig, da er nicht neu sei, jedenfalls aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Patentinhaberin ist dem entgegengetreten.
In der mündlichen Verhandlung am 9. Dezember 2008 über den Einspruch hat der Senat der zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen US-amerikanischen Einsprechenden, die bis dahin keine (Original-) Vollmacht ihrer Inlandsvertreter vorgelegt hatte, eine Frist bis zum 12. Januar 2009 gesetzt, um dies nachzuholen, und beschlossen, dass eine Entscheidung an Verkündungs Statt zugestellt wird, nicht jedoch vor dem 14. Januar 2009. Die Vollmachtsurkunde ist am 12. Dezember 2008 eingereicht worden.
Am 23. Dezember 2008 hat die Patentinhaberin gegenüber dem Deutschen Patentund Markenamt auf das Streitpatent verzichtet.
Mit Verfügung vom 2. Februar 2009 ist die Einsprechende aufgefordert worden, sich dazu zu äußern, ob sie ein (besonderes) Rechtsschutzbedürfnis für die Fortführung des Einspruchsverfahrens geltend macht. Am 2. März 2009 hat die Einsprechende daraufhin mitgeteilt, dass sie angesichts des Verzichts der Patentinhaberin nicht beabsichtige, sich weiter zu äußern. Beide Beteiligten haben sich mit einer schriftlichen Fortsetzung des Verfahrens einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
1.
Da die Einspruchsfrist im vorliegenden Verfahren nach dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist, ist das Bundespatentgericht für die Entscheidung gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis einschließlich 30. Juni 2006 gültigen Fassung weiterhin zuständig (vgl. BGH GRUR 2007, 862 ff. -Informationsübermittlungsverfahren II; BPatG GRUR 2007, 449 f. -Rundsteckverbinder).
2.
Das Streitpatent ist gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 PatG aufgrund des am 23. Dezember 2008 beim dafür zuständigen Deutschen Patentund Markenamt eingegangenen Verzichts erloschen. Wegen des Erlöschens besteht kein Interesse der Allgemeinheit mehr an einem Widerruf des Patents für die Restlaufzeit (h. M., vgl. Schulte, 8. Aufl. 2008, § 59 Rn. 250; Benkard, 10. Aufl. 2006, § 59 Rn. 46c; Busse 6. Aufl. 2003, § 59 Rn. 28, jeweils m. w. N.). Da sich die Einsprechende nach dem Verzicht nicht dazu geäußert hat, ob ihr der in die Vergangenheit wirkende Widerruf des erloschenen Schutzrechts einen rechtlichen Vorteil bringen könnte (vgl. hierzu im Einzelnen Keukenschrijver in Busse, 6. Aufl. 2003, § 59 Rn. 28, § 81 Rn. 49, 51 m. w. N.), sie also weder ausdrücklich ein eigenes Rechtsschutzbedürfnisses für einen rückwirkenden Widerruf geltend gemacht hat noch ein solches erkennbar ist, ist das Einspruchsverfahren erledigt. Es ist weder unzulässig geworden, noch von Amts wegen fortzuführen. Die Erledigung ist aus Gründen der Rechtssicherheit in einem Beschluss auszusprechen, der der formellen Rechtskraft - im Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt der Bestandskraft - fähig ist.
2.1. Nach der bislang überwiegend vertretenen Auffassung erledigt sich ein Einspruchsverfahren grundsätzlich in der Hauptsache, wenn ein Patent erlischt und der Einsprechende kein eigenes Rechtsschutzbedürfnis für einen rückwirkenden Widerruf darlegen kann oder - wie im vorliegenden Fall - darlegt (vgl. Bussea. a. O. § 59 Rn. 28 mit zahlreichen Nachweisen).
Mit Beschluss vom 5. Juli 2006 (7 W (pat) 378/03) hat der 7. Senat des Bundespatentgerichts einen Einspruch in einem solchen Fall mangels Rechtsschutzbedürfnisses für unzulässig erklärt. Im Anschluss an Hövelmann, GRUR 2007, 283 ff. sind weitere Technische Beschwerdesenate des Bundespatentgerichts dazu übergegangen, wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses den Einspruch als unzulässig zu verwerfen (z. B. 20. Senat, Beschluss vom 19. November 2008, GRUR 2009, 612 -Auslösevorrichtung; 12. Senat, Beschluss vom 19. Januar 2009, 12 W (pat) 366/03; Beschluss vom 19. Februar 2009, 12 W (pat) 355/04; Beschluss vom 3. März 2009, 12 W (pat) 323/03; 9. Senat, Beschluss vom 9. März 2009, 9 W (pat) 405/04; Beschluss vom 9. März 2009, 9 W (pat) 354/05, Beschluss vom 15. April 2004, 9 W (pat) 305/05; Beschluss vom 15. April 2009, 9 W (pat) 381/04).
2.2. Der Umstand, dass ein Einsprechender nach Erlöschen des angegriffenen Patents das für die Fortsetzung des Einspruchsverfahrens erforderliche Rechtsschutzbedürfnis nicht dartun kann, führt nach Auffassung des erkennenden Senats nicht zur (nachträglichen) Unzulässigkeit des Einspruchs.
a) Die für gerichtliche und Verwaltungsverfahren allgemein geltenden Grundsätze, dass ein eigenes Rechtsschutzbedürfnis erforderlich ist, um diese Verfahren betreiben zu können (vgl. BGH GRUR 1997, 615 ff. - Vornapf, 617 unter II.2.c)), und dass dieses Rechtsschutzbedürfnis auch noch bei der Entscheidung oder bei Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vorhanden sein müssen (vgl. z. B. Thomas-Putzo, ZPO, 28. Aufl. 2007, Vorbem. § 253, Rn. 26 -28), können nicht auf das Einspruchsverfahren übertragen werden, da dieses Verfahren als Popularrechtsbehelf ausgebildet ist.
Für einen Popularrechtsbehelf kennzeichnend ist, dass er von jedermann ohne jegliches Rechtsschutzbedürfnis erhoben werden kann (h. M. Benkard/Schäfers, Patentgesetz, 10. Aufl. 2006, § 59 Rn. 5, Schulte/Moufang, Patentgesetz, 8. Aufl. 2008, § 59 Rn. 60; Busse/Schwendy/Keukenschrijver, Patentgesetz, 6. Aufl. 2003, § 59 Rn. 27, jeweils m. w. N.). Ein Einsprechender muss sein Rechtsschutzinteresse in keinem Fall nachweisen (vgl. BGH GRUR 1994, 439 -Sulfonsäurechlorid).
Nach § 59 Abs. 1 PatG kann jeder innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung der Erteilung gegen das Patent Einspruch erheben, der auf einen der Widerrufsgründe gestützt sein und der Substantiierungsund Begründungspflicht entsprechen muss. Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen (etwa in Form eines besonderen schutzwürdigen Interesses des Einsprechenden) stellt das Gesetz nicht auf, d. h. ein Einspruch, der diesen Erfordernissen genügt, ist grundsätzlich zulässig. Dass das Patent im Zeitpunkt der Einlegung des Einspruchs noch besteht, gehört ebenfalls nicht zu den Tatbestandsvoraussetzungen für die Zulässigkeit eines Einspruchs (vgl. BPatG BlfPMZ 1993, 62 f.; vgl. auch BGH GRUR 1995, 333 ff. - Aluminium-Trihydroxid). Dementsprechend kann auch ein Erlöschen des Patents ex nunc während des Einspruchsverfahrens nicht zum Wegfall eines (nie erforderlichen) Rechtsschutzbedürfnisses führen (kritisch insoweit zu Recht Moufang in Schulte, a. a. O., § 59 Rn. 250). Damit ist erst Recht ausgeschlossen, dass wegen des Erlöschens eines Patents das Rechtsschutzbedürfnis entgegen dem Wesen des Einspruchs als Popularrechtsbehelf zu einer (nachträglichen) Zulässigkeitsvoraussetzung wird.
Dass der Einspruch vom Gesetzgeber als Popularrechtsbehelf ausgestaltet ist, hat seinen Grund im Interesse der Allgemeinheit an der Klärung der Schutz(un)fähigkeit und der Beseitigung eines zu Unrecht erteilten, nicht schutzfähigen Patents. Dieses öffentliche Interesse ist aber nicht mit dem Rechtsschutzbedürfnis gleichzusetzen, das stets mit einem konkreten Rechtsträger verbunden ist. Die im öffentlichen Interesse getroffene gesetzgeberische Entscheidung bedeutet daher nicht, dass für die Zulässigkeit eines Popularrechtsbehelfs ein Rechtsschutzbedürfnis (der Öffentlichkeit) zugunsten desjenigen vermutet würde, der ihn ergreift (so aber offenbar van Hees/Breitmayer Verfahrensrecht in Patentsachen, 3. Aufl. 2008, S. 117, Rn. 496). Für die Zulässigkeit eines Popularrechtsbehelfs bedarf es - wie ausgeführt - keines individuellen Rechtsschutzbedürfnisses und somit keiner solchen Vermutung.
b) Das Erlöschen des Patents wird dementsprechend auch in den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Fortsetzung von Nichtigkeitsoder Einspruchsverfahren nach Erlöschen des Patents nicht als rückwirkender Wegfall des Rechtsschutzinteresses angesehen. Vielmehr wird stets (nur) gefordert, dass der Einsprechende/Nichtigkeitskläger für die Fortsetzung des Verfahrens ein eigenes Rechtsschutzbedürfnis darlegen muss. Die Begründung hierfür liegt nach ständiger Rechtsprechung darin, dass "das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung eines zu Unrecht erteilten, nicht schutzfähigen Patents oder Gebrauchsmusters auf dessen Vernichtung bzw. Löschung gerichtete Anträge nur solange rechtfertige, als das Recht noch wirksam und in Kraft ist. Ist es hingegen -insbesondere wie hier wegen Ablaufs der Schutzdauer -entfallen, kann es allenfalls noch Rechte einzelner betreffen. Hier kann ein Angriff auf das Schutzrecht daher mit Allgemeininteressen nicht mehr gerechtfertigt werden, so dass das Rechtsschutzinteresse für derartige Begehren gesondert dargelegt werden muss" (BGH GRUR 1997, 615 ff. - Vornapf; GRUR 1995, 342 ff. -Tafelförmige Elementem. w. N.).
c) Die Auffassung, nach der ein Einspruch unzulässig wird, wenn der Einsprechende kein Rechtsschutzbedürfnis für einen rückwirkenden Widerruf dartut, führt im Übrigen in den Fällen, in denen der Einspruch bereits vor dem Erlöschen des Patents zurückgenommen wurde, nicht zu einem befriedigenden Ergebnis. Denn nach § 61 Abs. 1 S. 2 PatG wäre dann das Einspruchsverfahren in jedem Fall fortzusetzen. Eine Verwerfung des zulässig eingelegten Einspruchs kommt nicht in Betracht (anders im Fall eines von vorneherein unzulässigen Einspruchs, vgl. BPatGE 31, 21 ff. einerseits und BPatGE 46, 247 f. andererseits), da der Beteiligte, auf dessen Rechtsschutzbedürfnis es für die Verwerfung ankommt, nicht mehr am Verfahren beteiligt ist.
d) Auch eine Fortsetzung von Amts wegen kann danach nicht mit dem Fortbestand eines Rechtsschutzbedürfnisses begründet werden (so aber Moufanga. a. O.).
2.3. Wenn ein Patent im Einspruchsverfahren, sei es wegen Zeitablaufs, Nichtzahlung von Jahresgebühren oder wie hier wegen Verzichts erlischt, führt dies zu einer verfahrensrechtliche Zäsur, nach deren Eintritt - vergleichbar mit dem Fall des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO - ein berechtigtes Interesse des Verfahrensbeteiligten erforderlich ist, um den Einspruch weiter verfolgen zu können. Fehlt das für die Fortsetzung erforderliche individuelle Rechtsschutzbedürfnis, ist das Einspruchsverfahren erledigt (a. A. Hövelmann a. a. O.). Anders als bei der Fortsetzungsfeststellungsklage ist in diesem Fall kein Raum, den (weiteren) Einspruch als unzulässig zu verwerfen. Denn zum Einen fehlt es an einem entsprechenden Antrag des Einsprechenden, der zum Anderen von sich aus nicht die Dispositionsbefugnis besäße, das Verfahren zu beenden.
a) Durch das Erlöschen des Patents ist das mit dem Einspruchsverfahren verfolgte Ziel erreicht, nämlich die Allgemeinheit vor zu Unrecht erteilten Patenten zu schützen. Diesem Interesse ist insofern Genüge geleistet, als von einem erloschenen Patent für die Zukunft keine einschränkenden Wirkungen für die allgemeine wirtschaftliche Betätigungsfreiheit mehr ausgehen können. Es hat somit seine Regelungswirkung, d. h. seine unmittelbar belastende Wirkung für die Öffentlichkeit verloren.
Da das Einspruchsverfahren als Popularrechtsbehelf nicht in erster Linie dem Schutz von Individualinteressen dient, stehen Rechtsschutzerwägungen gegenüber der danach abstrakt zu verstehende Allgemeinheit der Annahme einer Erledigung nicht entgegen. Eine Fortsetzung des Einspruchsverfahrens ist grundsätzlich nicht erforderlich, obwohl die Wirkungen des Patents, die es bis zu seinem Erlöschen insbesondere nach den §§ 9 ff., 33 und 139 ff. PatG entfaltet hat, bestehen bleiben. Dabei ist zum Einen zu berücksichtigen, dass eine vollständige Beseitigung der in der Vergangenheit liegenden Wirkungen eines Patents auch durch seinen Widerruf nicht erreichbar ist. Denn soweit Wettbewerber (die Allgemeinheit) ein Patent während seiner Existenz per se respektiert und ihr unternehmerisches Verhalten darauf abgestellt haben, ohne vom Patentinhaber dazu veranlasst worden zu sein, ändert sich daran auch durch einen Widerruf nachträglich nichts. Soweit zum Anderen konkrete Verletzungshandlungen in Betracht kommen, sind allenfalls Einzelne betroffen. Ob dies so ist, liegt aber im Ungewissen. Denn abgesehen davon, dass sich im Einspruchsverfahren nicht generell feststellen lässt, ob in der Vergangenheit überhaupt Benutzungshandlungen vorlagen, wäre zusätzlich noch erforderlich, dass der Patentinhaber gegen mögliche Verletzer auch tatsächlich Ansprüche geltend macht. Dass das erloschene Patent in der Vergangenheit noch Wirkungen entfaltet, ist daher - von dem Fall abgesehen, dass der Einsprechende selbst wegen seiner Inanspruchnahme ein besonderes Rechtsschutzinteresse an der Fortführung des Einspruchsverfahrens geltend macht - theoretischer Natur. Die bloß abstrakt bestehende Möglichkeit von Ansprüchen in der Vergangenheit rechtfertigt aber vor dem Hintergrund einer effektiven Verwaltung nicht die Fortsetzung eines Einspruchsverfahrens mit einem möglicherweise erheblichen Verfahrensaufwand. Dies umso weniger, als eventuell in Anspruch genommene Dritte auch nach einer Erledigung des Einspruchsverfahrens nicht rechtlos gestellt sind. Denn sie können ihre Individualinteressen im Rahmen eines Nichtigkeitsverfahrens geltend machen, unabhängig davon, ob sie sich am Einspruchsverfahren hätten beteiligen können oder nicht.
b) Allerdings wird dem Einspruchsverfahren durch das Erlöschen des angegriffenen Patents aufgrund der für die Vergangenheit bestehen bleibenden Wirkungen mit dem auslösenden Ereignis - hier dem Verzicht - nicht von vorneherein die Grundlage entzogen. Zeitlich tritt die Erledigung erst dann ein, wenn der Einsprechende kein besonderes Rechtsschutzinteresse an einem Widerruf ex tunc nachweist (vgl. auch für Markenverfahren BGH GRUR 2001, 337 ff. -EASYPRESS). Dieser Nachweis kann nicht dadurch "ersetzt" werden, dass das Rechtsschutzbedürfnis bereits dann vermutet wird, wenn der Patentinhaber den Einsprechenden nicht von Ansprüchen aus dem Patent für die Vergangenheit freistellt (vgl. hierzu BPatG 9 W (pat) 337/06; anderer Auffassung 14 W (pat) 325/05, unter Zitat von BGH GRUR 1985, 871 -Ziegelsteinformling II, dort lag aber ein Verletzungstatbestand zugrunde). Ebenso wenig kann vom Patentinhaber verlangt werden, ein Widerrufsverfahren nach § 64 Abs. 1, 1. Alt. PatG zu betreiben. Diese Möglichkeit besteht zwar seit 13. Dezember 2007. Dass ein Patentinhaber diesen Weg nicht beschreitet und auf sein Patent nur mit Wirkung ex nunc verzichtet oder es freiwillig oder versehentlich durch Nichtzahlung der Jahresgebühr erlöschen lässt, beinhaltet grundsätzlich keinerlei Aussage darüber, ob oder dass er gegen den Einsprechenden aus dem Patent für die Vergangenheit Rechte herleitet und kann daher auch nicht indiziell für das Bestehen eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses herangezogen werden.
c) Nachdem im vorliegenden Fall ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis nicht nachgewiesen ist, ist das Einspruchsverfahren als Popularverfahren in der Hauptsache erledigt, weil sein Zweck erreicht ist. Dem steht nicht entgegen, dass im Zivil-, Verwaltungsoder FGG-Verfahren andere Kriterien gelten. Nach § 99 Abs. 1 PatG sind Vorschriften der Zivilprozessordnung nur anzuwenden, soweit das Patentgesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Patentgericht enthält. Soweit wie im vorliegenden Fall das Patentgesetz keine besonderen Verfahrensvorschriften enthält und die grundsätzlich für entsprechend anwendbar erklärten Verfahrensvorschriften der Zivilprozessordnung wegen der Besonderheiten des patentgerichtlichen Verfahrens unanwendbar sind, soll das Patentgericht "sein Verfahren unter Berücksichtigung allgemeingültiger verfahrensrechtlicher Grundsätze frei gestalten können", wie bereits in der Amtlichen Begründung (vgl. BlPMZ 1961, 140, 155) zum Sechsten Gesetz zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes vom 23. März 1961 ausgeführt ist (BGH GRUR 1995, 577 ff. -Drahtelektrode). Dementsprechend kann die Frage, ob sich das Einspruchsverfahren erledigt hat, für das patentgerichtliche Verfahren ohne Weiteres in der oben dargestellten Weise gelöst werden. Aufgrund der entsprechenden Sachund Rechtslage gilt dies auch für das Verfahren vor der Patentabteilung (vgl. insoweit BGH a. a. O. - Vornapf).
2.4.
Um das Einspruchsverfahren förmlich abzuschließen und zur Klarstellung der Sachund Rechtslage im Interesse der Verfahrensbeteiligten sowie Dritter ist die Erledigung des Einspruchsverfahrens durch einen der förmlichen Rechtskraft fähigen Beschluss auszusprechen (vgl. Beschluss des 6. Senats vom 28. April 2009, 6 W (pat) 330/05 - Kugelgelenk, zur Veröffentlichung vorgesehen sowie Beschluss des 8. Senats vom 1. Juli 2008, 8 W (pat) 319/07). Denn solange ein Einspruchsverfahren noch nicht förmlich abgeschlossen ist, können Dritte gemäß § 81 Abs. 2 PatG keine Nichtigkeitsklage erheben und müssten, wenn sie die Voraussetzungen des § 59 Abs. 2 PatG erfüllen, dem Einspruchsverfahren beitreten, andernfalls könnten sie ihre Rechte nicht geltend machen. Um dies zu vermeiden, ist die Erledigung förmlich festzustellen. Ein Beschluss über die Verfahrenserledigung ist auf Antrag aus Gründen der Rechtssicherheit auch in Verfahren möglich, in denen eine Erledigung Kraft Gesetzes eintritt (vgl. z. B. Thomas-Putzo a. a. O. § 619 Rn. 4). Eines Antrags des Einsprechenden oder einer übereinstimmenden Erklärung beider Beteiligter bedarf es vorliegend aber nicht, vielmehr ergeht der Beschluss von Amts wegen. Denn die Beteiligten haben keine verfahrensrechtliche Möglichkeit, das Einspruchsverfahren zu beenden. Der Einsprechende hat nur das Recht, das Einspruchsverfahren einzuleiten, ansonsten steht ihm keine weitere Dispositionsbefugnis zu (vgl. § 61 Abs. 1 S. 2 PatG). Der Erledigungsgrund beruht auch nicht auf einer originären verfahrensrechtlichen Dispositionsbefugnis des Patentinhabers, sondern ist lediglich eine verfahrensrechtliche Folge der materiellrechtlichen Befugnis des Patentinhabers, das erlangte Schutzrecht aufzugeben (vgl. BGH GRUR 1999, 571 ff. -künstliche Atmosphäre).
3.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgt gemäß § 147 Abs. 3 S. 5 PatG a. F. i. V. m. § 100 Abs. 2 Nr. 2 PatG im Hinblick darauf, dass das Erlöschen des Patents im Einspruchsverfahren nach einem Teil der Rechtsprechung der Technischen Beschwerdesenate des Bundespatentgerichts zu einer Verwerfung des Einspruchs als unzulässig führt, teilweise zu einer förmlichen Feststellung der Erledigung durch Beschluss und teilweise die Erledigung im Wege eines Aktenvermerks durch den Rechtspfleger festgestellt wird.
Dr. Winterfeldt Baumgärtner Dr. Morawek Dr. Müller Pü
BPatG:
Beschluss v. 27.07.2009
Az: 21 W (pat) 301/08
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