Landgericht Hamburg:
Urteil vom 29. November 2005
Aktenzeichen: 407 O 295/05
(LG Hamburg: Urteil v. 29.11.2005, Az.: 407 O 295/05)
Tenor
Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 5. Oktober 2005 wird aufgehoben. Der zugrunde liegende Antrag wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Antragsteller wird gestattet, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Antragsgegner vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leisten.
Tatbestand
Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin wegen angeblichen Wettbewerbsverstoßes auf Unterlassung in Anspruch.
Der Antragsteller hat vorgetragen, er sei selbst Briefmarkenhändler und betreibe den An- und Verkauf professionell.
Der Antragsgegnerin zu 2), der einer der Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1) ist, sei ebenfalls professioneller Briefmarkenhändler, trete aber nach außen beim Ankauf von Briefmarken wettbewerbswidrig auf. In seinem Internetauftritt www...de weise der Antragsgegner zu 2) auf die Firma ...GmbH dadurch hin, dass er mitteile, die Abbildung von Briefmarken erfolge mit freundlicher Genehmigung dieses Unternehmens.
Die Firma ... betreibe auch den Ankauf von Briefmarken.
Die Firma ... GmbH weise in ihrem Internetauftritt unter der Domain "...de" auf die Domain "...de" hin, deren Inhaberin die Antragsgegnerin zu 1) sei. Auf "... de" werde auch verlinkt. Hierbei handele es sich um einen Online-Briefmarkenhandel. Als Inhaberin werde im Impressum eine Frau ... aus Norderstedt genannt.
In seinem Internetauftritt nenne der Antragsgegner zu 2) eine Telefonnummer, bei der es sich um einen Anschluss in den Räumlichkeiten der Antragsgegnerin zu 1) handele.
Der Antragsteller habe von der Tätigkeit des Antragsgegners zu 2) Ende Juli/Anfang August 2005 Kenntnis erhalten.
Mit Schreiben vom 17. August 2005 ließ der Antragsteller die Antragsgegnerin zu 1) anwaltlich abmahnen. Diese ließ die Abmahnung mit Schreiben vom 22. August 2005 zurückweisen unter Hinweis darauf, dass der Text des Internetauftritts des Antragsgegners zu 2) geändert worden sei.
Mit weiterer Abmahnung vom 27. September 2005 ließ der Antragsteller beide Antragsgegner u. a. zur Unterlassung im Sinne der einstweiligen Verfügung auffordern. Im Hinblick auf den dargestellten Sachverhalt erging die einstweilige Verfügung der Kammer vom 5. Oktober 2005, mit der den Antragsgegnern unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten worden ist,
im geschäftlichen Verkehr für den An- und Verkauf von Briefmarken, insbesondere im Internet, Herrn ... als privaten Sammler werbend für den Ankauf von Briefmarken in Erscheinung treten zu lassen.
Hiergegen wenden sich die Antragsgegner mit ihrem Widerspruch.
Sie tragen vor:
Der Antragsteller sei gar kein Briefmarkenhändler, so dass die Aktivlegitimation bestritten werde.
Der Antragsgegner zu 2) kaufe Briefmarken nur als Privatperson an. Er betreibe dieses Geschäft nicht gewerblich.
Die Antragsgegnerin zu 1) biete EDV-Lösungen an. Sie handele nicht mit Briefmarken. Sie habe eine Software für die Firma P. GmbH entwickelt, die Online- Briefmarkenkataloge anbiete. Im Auftrag der Firma ... die ebenfalls nicht mit Briefmarken handelt, habe sie einen Online-Shop für Briefmarkenhändler entwickelt. Eine Demonstrationsversion dieses Online-Shops habe sie unter der Domain "p....de" ins Internet gestellt. Es handele sich hierbei um eine reine Demo-Version, die eine Abwicklung von Geschäften nicht zulasse. Hierauf werde nunmehr im Internetauftritt auch ausdrücklich hingewiesen. Die im Impressum der Seite genannte Frau ... sei lediglich als "Platzhalter" eingesetzt worden, sie habe hiervon nichts gewusst.
Die Antragsgegner sind der Meinung, dem Antragsteller stehe auch ein Verfügungsgrund nicht zur Seite, das Kenntnis vom Internetauftritt des Antragsgegners zu 2) bereits seit Ende Juli 2005 bestand, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung jedoch erst am 30. September 2005 bei Gericht eingegangen ist.
Die Antragsgegner beantragen,
die einstweilige Verfügung vom 5. Oktober 2005 aufzuheben und den zugrunde liegenden Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die einstweilige Verfügung der Kammer vom 5. Oktober 2005 zu bestätigen.
Er verteidigt den Bestand der einstweiligen Verfügung mit dem Vortrag, der zu ihrem Erlass geführt hat, und vertieft diesen.
Wegen der Sachdarstellung im Übrigen, insbesondere der Glaubhaftmachungsmittel der Parteien wir ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 5. Oktober 2005 ist aufzuheben; der zugrunde liegende Antrag ist zurückzuweisen.
Die einstweilige Verfügung vom 5. Oktober 2005 hat sich unter Berücksichtigung des Vortrags der Parteien im Widerspruchsverfahren nicht als gerechtfertigt erwiesen. Dem Antragsteller stehen weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund zur Seite.
1. Der Antragsteller ist aktivlegitimiert. Angesichts seiner eidesstattlichen Versicherung sowie der Tatsache, dass eine Gewerbeanmeldung vorliegt, ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es sich bei dem Antragsteller um einen Mitbewerber im Sinne von §§ 8 Abs. 3 Nr. 1 und 2 Abs. 1 Nr. 3 handelt.
Die Kammer sieht es angesichts der von den Parteien eingereichten Glaubhaftmachungsmittel jedoch nicht als hinreichend wahrscheinlich an, dass der Antragsgegner zu 2) in dem hier allein streitgegenständlichen Internetauftritt unlauter im Sinne von §§ 3, 4 oder 5 UWG handelt.
Der Antragsteller stützt den Vorwurf der Wettbewerbswidrigkeit darauf, dass der Antragsgegner zu 2) sich als privater Interessent am Ankauf von Briefmarken ausgebe, während er tatsächlich professioneller Händler sei. Hiervon kann nach Einschätzung der Kammer angesichts des glaubhaft gemachten Vortrag der Antragsgegner jedoch nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden.
Der Antragsgegner zu 2) erklärt seiner eidesstattlichen Versicherung, er verdiene seinen Lebensunterhalt ausschließlich als Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1). Weder diese noch er selbst handele mit Briefmarken. Diese kaufe er ausschließlich zu privaten Zwecken.
Soweit sich der Antragsteller für seinen Vortrag, der Antragsgegner zu 2) betätige sich gewerblich im Bereich des Briefmarkenhandels, auf Indizien stützt, können diese nach Lage der Dinge, insbesondere auch im Hinblick auf die weiteren eingereichten eidesstattlichen Versicherungen S.-W., H. und K., den Vorwurf nicht tragen.
Nach dem glaubhaft gemachten Vortrag der Antragsgegner ist es als überwiegend wahrscheinlich anzusehen, dass der Antragsgegner zu 2) Briefmarken lediglich für private Zwecke ankauft. Ferner ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin zu 1) ebenfalls keinen Handel mit Briefmarken betreibt, sondern lediglich die Firma P. im Bereich der EDV betreut und in diesem Zusammenhang auf Veranlassung der Firma P. unter "p....de" einen Online-Shop zu Demonstrationszwecken installiert hat. Dies ergibt sich insbesondere aus der eidesstattlichen Versicherung des ... wie auch aus der eidesstattlichen Versicherung des ....
Ob und inwieweit die Antragsgegner fremden Wettbewerb fördern, ist nicht Gegenstand des Verfügungsantrages. Bei diesen geht es lediglich um ein Vorschieben des Antragsgegners zu 2) als Privatperson für gewerbliche Zwecke. Für ein solches wettbewerbswidriges Verhalten ist - wie dargestellt - eine überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht anzunehmen.
2. Dem Antragsteller steht auch kein Verfügungsgrund zur Seite. Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG ist durch das Zuwarten über 8 ½ Wochen von der Kenntniserlangung des beanstandeten Verhaltens bis zum Eingang des Verfügungsantrages beim Gericht widerlegt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
LG Hamburg:
Urteil v. 29.11.2005
Az: 407 O 295/05
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