Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Juni 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 64/02

(BPatG: Beschluss v. 04.06.2003, Az.: 32 W (pat) 64/02)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 11 - vom 7. Januar 2002 aufgehoben.

Gründe

I.

Die nach dem Madrider Markenabkommen (MMA) international für Appareils pour le traitement de l'eauregistrierte Marke 740 053 (Ursprungsland Österreich, Priorität vom 25. Februar 2000)

BIOCAT sucht um Schutz in Deutschland nach.

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat einen refus de protection erlassen und die Schutzverweigerung im nachfolgenden Beanstandungsbescheid wie folgt begründet: BIO sei die Abkürzung für biologisch, CAT für Katalysator. Die Gesamtbezeichnung sei somit beschreibend im Sinne von "biologisch wirksamer Katalysator". Die Markeninhaberin hat eine ausführliche Gegenäußerung eingereicht und u.a. auf eingetragene deutsche Marken mit dem Bestandteil CAT hingewiesen.

Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle hat die Schutzverweigerung mit Beschluss vom 7. Januar 2002 bestätigt. Die Angabe BIOCAT (= Biokatalysator = natürliche, biologische Wirkstoffe, die biochemische Reaktionen steuern) sei - abstrakt betrachtet - nur ein betriebsneutraler Hinweis auf bestimmte Eigenschaften von Waren. Der Begriff Biokatalysator finde sich auch in einem (Fach-)Wörterbuch für das Wasser- und Abwasserfach. Ein unmittelbarer Warenbezug sei daher gegeben. Außerdem habe eine Internetrecherche einen Hinweis auf "AROX Biokatalysatorsysteme" auf dem vorliegenden Warengebiet (Geräte zur Behandlung von Wasser) ergeben.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie trägt vor, die beanspruchten Geräte zur Wasseraufbereitung hätten mit Biokatalysatoren nichts zu tun, weil sie nach ganz anderen Prinzipien, etwa mit Magnetfeldern, Ionentauschern oder schwingenden Membranen arbeiteten. Biokatalysatoren seien natürliche Wirkstoffe, die biochemische Reaktionen in Organismen steuerten, z.B. Enzyme und Vitamine. Für diese werde kein Schutz beansprucht.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der IR-Marke BIOCAT steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft noch das der Merkmalsbezeichnung entgegen (§ 8 Abs. 2, Nr. 1, 2; § 113 Abs. 1 MarkenG).

1) Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH, BlPMZ 2002, 85 - Individuelle).

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Marke jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Sie kennzeichnet Geräte zur Behandlung von Wasser. Gegenstand solcher Geräte können Biokatalysatoren sein, da die Aufbereitung von Wasser durch Enzyme (= Biokatalysatoren) von statten gehen kann. Dass die Markeninhaberin solche nicht einsetzt, kommt im Warenverzeichnis nicht zum Ausdruck.

Die Bezeichnung BIOCAT ist weder im Deutschen noch in einer geläufigen Fremdsprache lexikalisch belegbar. Da auf die Schutzfähigkeit der Marke in ihrer Gesamtheit abzustellen ist, genügt es für die Schutzverweigerung nicht, dass seine Bestandteile BIO als geläufige Abkürzung für biologisch und CAT als nur in bestimmten Bereichen verwendetes Kürzel für einen Katalysator jeweils für sich betrachtet nicht geeignet sind, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen.

Es konnte nicht ermittelt werden, dass BIOCAT als Kurzform für Biokatalysator - im Inland oder international - in Gebrauch wäre. In allen vom Senat ermittelten Internetfundstellen wird das Wort Biokatalysator immer ausgeschrieben. Anders als etwa in der Kraftfahrzeugbranche hat sich hier das Kurzwort "CAT" oder "KAT" für Katalysatoren nicht eingebürgert. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass ein Teil des (Fach-)Verkehrs die "sprechende" IR-Marke mit den Begriffen Biokatalysator, Biokatalyse in Verbindung bringt. Dies reicht aber wegen ihrer Eigenschaft als unübliches Kunstwort nicht aus, um ihr jegliche betriebliche Unterscheidungskraft abzusprechen. Soweit BIOCAT hier nachweisbar war, erfolgte die Verwendung stets firmen- oder markenmäßig.

2) Die IR-Marke ist auch keine Produktmerkmalsbezeichnung i.S.v. § 113 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Wie oben dargelegt, dient BIOCAT gegenwärtig nicht dazu. Nachdem trotz intensiver und langjähriger Verwendung das Wort Biokatalysator im Hinblick auf Geräte zur Behandlung von Wasser immer noch nicht auf BIOCAT verkürzt wurde, kann eine zukünftige Entwicklung dahin nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden.

Winkler Rauch Viereck Ko/Fa






BPatG:
Beschluss v. 04.06.2003
Az: 32 W (pat) 64/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/86931e15746f/BPatG_Beschluss_vom_4-Juni-2003_Az_32-W-pat-64-02




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