Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 25. Januar 2008
Aktenzeichen: 1 ZU 84/07
(AGH des Landes Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 25.01.2008, Az.: 1 ZU 84/07)
Tenor
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin werden dem Antragsteller auferlegt.
Der Gegenstandswert wird auf 50.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist durch Urkunde vom 17.07.1990 zur Anwaltschaft zugelassen worden.
Bereits im Jahre 2003 kam es zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Antragsteller wegen Forderungen des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte sowie einer T2 GmbH wegen deren Forderung von 154,33 Euro. In der Folgezeit nahmen die Vollstreckungsmaßnahmen zu, und zwar wiederholt auch wegen geringfügiger Beträge von unter 500,- Euro. Wegen einer Forderung von 1.472,94 Euro (Nr. 4 der der Widerrufsverfügung beigefügten Forderungsaufstellung der Antragsgegnerin), einer weiteren Forderung von 3.129,50 Euro (Nr. 17 der Forderungsaufstellung) und einer weiteren von 234,68 Euro (Nr. 18 der Forderungsaufstellung) waren jeweils Haftbefehle erlassen und nach Zahlung wieder gelöscht worden. Der derzeitige Forderungsbestand, für den der Antragsteller Zahlungen nicht belegt hat, beläuft sich auf ca. 50.000,- Euro. Hauptgläubiger sind das Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande NW mit einer letzten Forderung von 13.596,89 Euro (Nr. 1 der Forderungsaufstellung), das Finanzamt C mit einer Forderung von derzeit 12.593,67 Euro (Nr. 2 der Forderungsaufstellung) und die G e.G. mit einer Forderung von 10.181,32 Euro (Nr. 19 der Forderungsaufstellung). Alle drei Gläubiger haben Haftbefehle beantragt, die daraufhin unter dem 03.08.2007 bzw. 17.10.2006 bzw. 09.08.2007 erlassen worden sind. Auch die Gläubigerin x, der der Antragsteller aus einem Urteil vom 20.06.2006 noch 93,75 Euro und aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.09.2006 weitere 326,12 Euro schuldet, hat gegen ihn u.a. unter dem 03.08.2007 einen Haftbefehl erwirkt (Nr. 3 der Forderungsaufstellung). Am 21.09.2007 hat der Antragsteller hierzu sowie bzgl. der unter Nr. 1, 2 und 19 der Forderungsaufstellung aufgeführten Gläubiger die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Gleiches gilt noch für eine Forderung der WEG Dr. T-Str. in G2 (Nr. 21 der Forderungsaufstellung), die wegen Forderungen von 534,29 Euro, 254,42 Euro und 1.120,99 Euro (Teilforderung) die Vollstreckung betreibt. Letztgenannte Gläubigerin hat zudem Antrag auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses gestellt und erhebt gegen den Antragsteller den Vorwurf der Fremdgeldveruntreuung wegen 1.250,- Euro.
Nach wiederholten Anhörungen des Antragstellers, auf die hin er vereinzelt Erledigungsnachweise beigebracht hatte, hat die Antragsgegnerin durch Verfügung vom 22.08.2007 den Widerruf der Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ausgesprochen und sich zur Begründung insbesondere auf die vier von den Gläubigern Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande NW, Finanzamt C, x und G eG erwirkten Haftbefehle, auf den Vorwurf der Fremdgeldveruntreuung und allgemein auf die schlechten finanziellen Verhältnisse des Antragstellers berufen.
Gegen die ihm am 23.08.2007 zugestellte Widerrufsverfügung wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 19.09.2007, eingegangen bei Gericht am 22.09.2007. Er macht geltend, dass weder der angenommene Vermögensverfall noch eine Gefährdung der rechtsuchenden Bevölkerung bestehe. Eine weitere Begründung des Antrags ist nicht erfolgt.
Mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 29.10.2007 ist der Antragsteller unter Fristsetzung zum 20.11.2007 u.a. aufgefordert worden, umfassend zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen vorzutragen und dies sowie die Tilgung der gegen ihn gerichteten Forderungen durch geeignete Unterlagen zu belegen. Dem ist er nicht nachgekommen.
II.
Der zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Antragstellers ist unbegründet. Die Widerrufsverfügung der Antragsgegnerin ist nicht zu beanstanden.
Die Antragsgegnerin hat zu Recht die Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls bejaht.
Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn sich der Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet, es sei denn, dass dadurch die Vermögensinteressen der Rechtsuchenden nicht gefährdet werden. Ein Vermögensverfall liegt etwa dann vor, wenn ein Rechtsanwalt in ungeordnete schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist und seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann. Er wird darüber hinaus vermutet, wenn ein Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis eingetragen ist.
Der Antragsteller befand sich zur Zeit des Erlasses des Widerrufsbescheides der Antragsgegnerin vom 01.03.2007 in Vermögensverfall. Dieser ist auch in der Folgezeit nicht wieder entfallen.
1.
Vorliegend greift bereits die Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ein.
Gegen den Antragsteller sind in der Vergangenheit - wie in der angefochtenen Widerrufsverfügung ausgeführt - eine Reihe von Haftbefehlen ergangen. Zur Zeit des Erlasses der angefochtenen Widerrufsverfügung bestanden noch 4 Haftbefehle betreffend die Gläubiger Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande NW, Finanzamt C, x und G gegen ihn. Hierzu sowie in Bezug auf die weitere Gläubigerin WEG Dr. T-Str. in G2 hat der Antragsteller dann jeweils unter dem 21.09.2007 die eidesstattliche Versicherung abgegeben.
Die damit begründete Vermutung für den Vermögensverfall hat der Antragsteller in keiner Weise ausgeräumt.
2.
Darüber hinaus ist der Vermögensverfall aber auch positiv festzustellen.
Die von der Antragsgegnerin in der Widerrufsverfügung aufgelisteten Verfahren belegen deutlich, dass der Antragsteller es in der Vergangenheit immer wieder auch wegen ganz geringfügiger Beträge zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen hat kommen lassen, die mehrfach sogar zum Erlass von Haftbefehlen geführt haben. Eine Erledigung seiner Verbindlichkeiten ist nicht ersichtlich. Da der Antragsteller auch weder seine Einkommens- noch seine sonstige Vermögenssituation dargelegt hat, kann nur davon ausgegangen werden, dass seine finanziellen Verhältnisse nach wie vor ungeordnet und desolat sind. Anhaltspunkte, aus denen auf eine alsbaldige nachhaltige Konsolidierung geschlossen werden könnte, fehlen gänzlich.
3.
Von einer Gefährdung Rechtsuchender ist vorliegend ebenfalls auszugehen. Besondere Umstände, die eine abweichende Betrachtung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Das gilt umso mehr, als gegen den Antragsteller sogar der Vorwurf der Veruntreuung von Fremdgeld erhoben worden ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 201 BRAO, 13a FGG.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats in Zulassungssachen.
IV.
Soweit der Antragsteller ausweislich eines Vermerkes der Geschäftsstelle dort um 10:15 Uhr angerufen und mitgeteilt hat, dass er sich im Stau befunden habe und nunmehr der Motor des PKW versage, konnten diese ohnehin nicht weiter konkretisierten Ausführungen nicht berücksichtigt werden. Denn zur Zeit des Anrufes war die für 9:30 Uhr angesetzte Sitzung plangemäß bereits beendet und die Entscheidung verkündet.
AGH des Landes Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 25.01.2008
Az: 1 ZU 84/07
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