Landgericht Köln:
Urteil vom 1. September 2011
Aktenzeichen: 31 O 349/11

(LG Köln: Urteil v. 01.09.2011, Az.: 31 O 349/11)

Tenor

Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 17.06.2011 (31 O 349/11) wird bestätigt.

Die weiteren Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Antragsteller ist als branchenübergreifend und überregional tätiger Verband, der sich die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs zur Aufgabe gemacht hat, anerkannt, die Antragsgegnerin ist ein österreichisches Unternehmen, das Schokoladen- und Waffelprodukte herstellt. Sie unterhält eine Niederlassung in Köln.

Die Antragsgegnerin vertrieb auf dem deutschen Markt u.a. das Produkt „A“, bei dem es sich um Waffelröllchen mit einer Füllung aus Nougatcrème handelt, in der in die nachstehend wiedergegebene einstweilige Verfügung eingeblendeten Aufmachung, die sich u.a. durch die Abbildung eines Blocks Nougat und die fettgedruckte Angabe „Nougat“ auszeichnet.

Der Antragsteller, der von dieser Produktgestaltung in der zweiten Aprilhälfte 2011 Kenntnis erlangte, ist der Auffassung, durch diese Verpackungsaufmachung werde der Verkehr darüber getäuscht, dass das Produkt nicht Nougat, sondern nur weniger hochwertige Nougatcrème enthalte. Er hat mit Schriftsatz vom 13.05.2011, gerichtet an das Landgericht Berlin, wo er am 16.05.2011 eingegangen ist, den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Nachdem das Landgericht Berlin unter dem 19.05.2011 zunächst auf materielle Bedenken hingewiesen hatte, hat es am 26.05.2011 telefonisch auf die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Berlin hingewiesen, woraufhin der Antragsteller noch am selben Tag Verweisung an das Landgericht Köln beantragt hat. Das Landgericht Berlin hat das Verfahren sodann mit Beschluss vom 30.05.2011 an das Landgericht Köln verwiesen, wo die Akte am 14.06.2011 eingegangen ist.

Die Kammer hat unter dem 17.06.2011 nachfolgende, im Beschlusswege ergangene einstweilige Verfügung erlassen:

31 O 349/11

Landgericht Köln

BESCHLUSS

(einstweilige Verfügung)

hat der Antragsteller die Voraussetzungen für die nachstehende einstweilige Verfügung glaubhaft gemacht durch Vorlage einer Produktverpackung sowie weiterer Unterlagen.

Die vorgerichtliche Korrespondenz und die Schutzschrift Landgericht Berlin, 52 AR 139/11 haben vorgelegen.

Auf Antrag des Antragstellers wird gemäß den §§ 3, 5, 8, 12, 14 UWG, 91, 890, 936 ff. ZPO im Wege der einstweiligen Verfügung, und zwar wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung folgendes angeordnet:

1. Die Antragsgegnerin hat es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr auf dem deutschen Markt das Produkt „A“ Waffel-Röllchen mit Nougatcreme mit der nachfolgenden Abbildung und dem Hinweis „Nougat“ zu bewerben und/oder zu vertreiben:

(Es folgt eine Darstellung)

wie nachfolgend wiedergegeben:

(Es folgt eine Darstellung)

2. Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Streitwert: 20.000,00 Euro.

Köln, den 17. Juni 2011

Landgericht, 31. Zivilkammer

Nachdem die Antragsgegnerin gegen diese einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt hat, beantragt der Antragsteller nunmehr,

- wie erkannt -.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 17.06.2011 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, es fehle bereits an einem Verfügungsgrund, weil der Antragsteller den Antrag zunächst bei einem unzuständigen Gericht angebracht habe. In der Sache sei Nougat keineswegs hochwertiger als Nougatcrème. Der Verkehr erkenne schon anhand der Produktabbildung, dass das Produkt nicht mit Blocknougat, sondern mit Nougatcrème gefüllt sei, zumal er aufgrund anderer Produkte, zu denen die Antragstellerin im Einzelnen vorträgt, daran gewöhnt sei, dass Produkte, die mit Nougatcrème gefüllt seien, unter der Bezeichnung „Nougat“ angeboten würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Parteien wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die einstweilige Verfügung ist zu bestätigen, weil sich ihr Erlass auch in Ansehung der Widerspruchsbegründung als gerechtfertigt erweist, §§ 936, 925 ZPO.

I. Der Verfügungsgrund wird gemäß § 12 Abs. 2 UWG vermutet. Die Dringlichkeitsvermutung ist nicht dadurch widerlegt, dass der Antragsteller den Antrag zunächst beim unzuständigen Landgericht Berlin gestellt hat. Die wenn auch fahrlässige Verkennung der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, kann einer Selbstwiderlegung der Dringlichkeitsvermutung durch Verzögerung der Antragstellung nicht gleich gestellt werden. Das gilt jedenfalls, wenn sich die antragstellende Partei auf entsprechenden Hinweis des angerufenen Gerichts unverzüglich um Abgabe an das zuständige Gericht bemüht, was der Antragsteller hier durch Stellung des Verweisungsantrags noch am Tag des telefonischen Hinweises getan hat. Die sich daran anschließenden Verzögerungen insbesondere bei der Ausführung des Verweisungsbeschlusses des Landgerichts Berlin fallen nicht in den Verantwortungsbereich des Antragstellers und können daher nicht dringlichkeitsschädlich sein.

Der Antragsteller war auch nicht gehalten, zur Beschleunigung der Angelegenheit den Antrag beim Landgericht Berlin zurückzunehmen und beim Landgericht Köln erneut zu stellen. Abgesehen davon, dass in diesem Fall zweifelhaft wäre, ob dem erneuten Antrag nicht unter dem Gesichtspunkt des „forum shopping“ das Rechtsschutzinteresse fehlen würde, kann es nicht zu Lasten der antragstellenden Partei gehen, wenn sie sich des vom Gesetzgeber vorgesehen Verfahrens bedient, um Zuständigkeitsbedenken des angerufenen Gerichts Rechnung zu tragen.

II. Der Verfügungsanspruch folgt aus §§ 3, 5 Abs. 1, 8 Abs. 1 UWG.

Die Antragsgegnerin bildet auf der streitgegenständlichen Verpackung hervorgehoben neben dem Produkt selbst einen Nougatblock ab und betont diesen noch einmal durch die farblich abgesetzte, fett gedruckte Angabe „Nougat“. Tatsächlich enthält das Produkt Nougatcrème. Hierdurch wird bei den angesprochenen Verkehrskreisen, zu denen auch die Kammer zählt, der unzutreffende Eindruck hervorgerufen, die Waffelröllchen enthielten jedenfalls auch Nougat, wie er auf der Verpackung abgebildet ist. Die Bezeichnung „A“, die Angabe „cremig“ und die Abbildung eines durchgebrochenen Waffelröllchens, die ansatzweise eine cremige Füllung erkennen lassen, reichen zur Aufklärung nicht aus. Sie lassen angesichts der daneben stehenden Abbildung und der Angabe „Nougat“ die Interpretationsmöglichkeit offen, dass das Produkt an anderer Stelle bzw. in anderer Form (Block-)Nougat enthält, etwa in Form von kleinen Stücken in der Füllung. Auch die Angabe „mit feiner Nougatcreme“ unter der Produktabbildung reicht zur Aufklärung nicht aus. Zum einen ist sie deutlich kleiner als die Angabe „Nougat“ und der am Blickfang teilhabende Nougatblock und wird im Regelfall vom Verbraucher allenfalls dann wahrgenommen, wenn er das Produkt bereits in der Hand hält, so dass sie jedenfalls eine Anlockwirkung nicht ausreichend ausschließen kann. Auch diese Angabe lässt zudem die Interpretationsmöglichkeit offen, dass neben Nougatcrème auch (Block-)Nougat im Produkt enthalten ist.

Eine Irreführung wird auch nicht durch die Kennzeichnung der von der Antragsgegnerin angeführten Konkurrenzprodukte ausgeschlossen. Soweit die Abbildungen überhaupt von hinreichender Qualität sind, um eine Beurteilung zuzulassen, fehlt bei den meisten Produkten jeweils die Abbildung eines Nougatblocks, so dass die Produktaufmachungen schon vom Ansatz her nicht vergleichbar sind. Bei der auf Bl. 71 d. A. abgebildeten „Latte B“ handelt es sich um ein Getränk und damit um eine ganz andere Produktkategorie, zumal hier die Angabe „Nougat“ fehlt. Das verbleibende Produkt „C Nugat“, auf dem ebenfalls ein Nougatblock abgebildet ist und das ausweislich der Verpackung „Nugat Creme“ enthält, reicht nicht aus, um die Verkehrserwartung derart zu prägen, dass eine Irreführung durch das streitgegenständliche Produkt ausgeschlossen wäre.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus dem Sinn und Zweck der einstweiligen Verfügung.






LG Köln:
Urteil v. 01.09.2011
Az: 31 O 349/11


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